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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Sommersession 1918).

(Vom 1. Mai 1918.)

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten, Ihnen über folgende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen: 1. Joseph MUller, geb. 1901, Laboratoriumsgehülfe, Wohlen (Aargau).

(Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen vom 24. Juni 1902.)

Das Bezirksgericht Bremgarten verurteilte am 7. Juli 1917 Joseph Müller in Anwendung des Art. 57 des genannten Gesetzes BU zwei Tagen Gefängnis und einer Geldbusse von Fr. 50 unter Kostenfolge, weil er Leitungsdrähte der Signaleinrichtungen der Bundesbahnen mit denjenigen von Telephon und Telegraph unbefugterweise derart miteinander verbunden hatte, dass mehrfache Störungen eintraten.

Geldbusse und Kosten sind bezahlt, hingegen bezweckt das Begnadigungsgesuch den Erlass der Gefängnisstrafe.

Das Gesuch verweist hierzu auf die dem Verurteilten teilweise nicht ungünstigen Feststellungen und Erwägungen des Bezirksgerichtes Bremgarten. Namentlich wird das jugendliche Alter des Verurteilten geltend gemacht und ausführlich ersucht, den Makel einer Gefängnisstrafe von ihm abzuwenden.

Aus den Akten ergibt sich, dass Müller zur Zeit der Gesetzesübertretung das 16. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hatte.

Anderseits zeigen die Urteilserwägungen, dass dies, sowie der gute Leumund, die mangelnde böse Absicht, der bekannte Hang des Jünglings, im elektrischen Fach zu pröbeln, bereits als Strafminderungsgründe berücksichtigt worden sind.

845 Angesichts der schwerwiegenden Gefährdung der Sicherheit des Bahnverkehrs ist die richterliche Entscheidung in der Tat wohlerwogen. Wenn wir trotzdem der Begnadigungsbehörde den Erlass der Gefängnisstrafe beantragen, so geschieht es vornehmlich aus den gleichen Gesichtspunkten, wie sie der Vorentwurf eines schweizerischen Strafgesetzbuches für die Behandlung der Jugendlichen kennt und in der Erwartung, dass auch ohne Verbüssung der Gefängnisstrafe der Gesuchsteller von ähnlichem Unfug abgehalten werde.

A n t r a g : Erlass der Gefängnisstrafe.

2. Gottlieb Roth, geb. 1882, Landwirt, Oberlangenegg (Bern).

3. Rudolf Weibel, geb. 1850, Landwirt, Effingen (Aargau).

("Widerhandlung gegen das Bundesgesetz betreifend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905.)

Es wurden verurteilt: «. Gottlieb Roth am 17. November 1917 .vom Gerichtspräsidenten von Thun in Anwendung des Art. 36 des genannten Gesetzes korrektioneil zu 14 Tagen Gefängnis und einer Busse von Fr. 100 ; b. Rudolf Weibel am 8. September 1917 vom Bezirksgericht Brngg in Anwendung des Art. 40 leg. cit. zu einer Busse von Fr. 8.

Roth ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, Weibel um Erlass der Busse.

Zu a: Gottlieb Roth hat während mehreren Monaten andauernd die der Berna Milk Co. in Thun gelieferte Milch verwässert; der Wasserzusatz der begutachteten Probe betrug mindestens 15 °/o.

Zur Begründung des Gesuches wird angebracht, dass einer der drei Brüder Roth, die gemeinsam die Landwirtschaft betreiben, im Herbst 1916 einen schweren Unfall erlitten habe und seither arbeitsunfähig sei. Die andauernde Krankheit dieses Bruders, die grossen ärztlichen Auslagen, die daherige Sorge um die Zukunft hätten Gottlieb Roth zu der schweren Verfehlung verleitet, deren er sich erst nachträglich so recht bewusst geworden sei.

Ferner wird auf den guten Leumund des Roth verwiesen, was auch vom Gemeinderat von Oberlangenegg bescheinigt wird.

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Dem gegenüber stellt der korrektioneile Einzelrichter von Thun fest, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gottlieb Roth nicht derart bedenklich seien, wie er zu behaupten pHege.

Weiter lassen sich die Erwägungen dahin vernehmen, dass es geradezu auffallend sei, wie sich in letzter Zeit die Milchfälschungen wiederholen (zu vergleichen auch Bundesblatt 1917, Band IV, 8. 665 ff.).

Wenn unter diesem Eindruck und angesichts der besondern Schwere der Verfehlung des Gottlieb Roth, die in der ununterbrochenen, fortgesetzten Milchfälschung liegt, der Richter neben einer Busse auf Gefängnis erkannte, ist dies nur zu billigen.

Besondere Verumständungen, die eine Begnadigung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor, da die Anbringen des Gesuchstellers nicht zwingend sind, wie im gerichtlichen Verfahren "dargetan wurde.

Zu b : Rudolf Weibel verliess trotz ausdrücklichem Verbot des Aufsichtsbeamten den Raum, in dem die Erhebung von Milchproben vorgenommen wurde.

Das Gesuch verweist auf das hohe Alter des Weibel, seine Übelhörigkeit und behauptet, es habe keine Absicht vorgelegen, das Verbot zu missachten.

Wie sich aus den Aussagen Weibels im gerichtlichen Verfahren ergibt, wurde er auch von dritter Seite aufmerksam gemacht, dass er zu bleiben habe. Das Gericht hat dementsprechend die Schuldfrage bejaht. Anderseits ist mit Rücksicht auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der betreffenden Lebensmittelpolizeivorschriften darauf zu halten, dass die Aufsichtsbeamten in ihrer Tätigkeit nicht gehemmt werden. Zudem hat das Gericht in Würdigung der verschiedenen Umstände nur auf eine Busse von Fr. 8 erkannt, und es liegt kein Grund vor, weiterzugehen.

A n t r a g : Abweisung in beiden Fällen.

4. Hans Regez, geb. 1883, Küher, Oberwil (Bern).

5. Ferdinand Blum, geb. 1865, Landwirt, Saanen (Bern").

6. Benjamin Vögtli, geb. 1852, Landwirt, Hochwald (Solothurn).

(Übertretungen des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902.)

Es sind verurteilt worden: a. Hans Regez vom Polizeirichter von Niedersimmenthal am 9. Oktober 1917 zu folgenden zwei Bussen:

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a. Fr. 10, in Anwendung der Art. 29 und 46, Ziffer 6 leg. cit., ß. Fr. 322, gemäss Art. 46, Ziffer 7 leg. cit; b. Ferdinand Blum vom Polizeirichter von Saanen am 5. Juli 1917 in Anwendimg des Art. 46, Ziffer 7 leg. cit. zu Fr. 486 Busse; c. Benjamin Vögtli vom Amtsgericht Dorneck-Thierstein am 7. November 1917 in Anwendung der Art. 29 und 46, Ziffer 7 leg. cit. zu Fr. 80 Busse.

Zu a : Regez hat auf seinem Besitztum Kirgeli (Diemtigen) Holz geschlagen und verkauft, ohne eine Holzschlagsbewilligung eingeholl zu haben.

Er ersucht um Erlass ,,in gewissem Umfang" und führt an, er sei in gutem Glauben gewesen, das Holz schlagen zu dürfen, da es sich nicht um offenen Wald, sondern um Zaunbann gehandelt habe. Ferner wird dargelegt, der Militärdienst habe den Gesuchsteller zurückgebracht, und der Holzschlag sei erfolgt, um geschuldete Zinse aufzubringen.

Auf Tatbestandsfragen und die behauptete Gesetzesunkeuntm's ist hier nicht einzutreten, überdies werden die betreffenden Anbringen vom zuständigen Kreist'örster widerlegt, der Abweisung des Gesuches beantragt und darauf verweist, dass trotz den Bussen Regez vorteilhaft verkauft habe. Der Oberforstinspekloi' gelangt desgleichen zu einem Abweisungsantrag.

Aus diesen Gründen kann auch ein teilweiser Erlass nicht befürwortet werden. Dem steht auch die Verfügung zweier getrennter Bussen nicht entgegen, die wohl formell Art. 33 des Bundesstrafrechtes nicht entspricht, aber im Ergebnis dein Alinea l und .einer sachentsprechenden Ahndung nicht zuwiderläuft.

Endlich ist auf die grosse Zahl forstpolizeilicher Übertretungen ahnlicher Art hinzuweisen, die den Bundesrat sogar dazu führten, die Bussenandrohungeu bei verbotenen Abholzungen beträchtlich zu erhöhen (vergleiche Bundesratsbeschluss vom 20. April 1917, A. S. 33, S. 212).

Zu o : Ferdinand Blum hat, wie sich aus den Strafakten und Anträgen der kantonalen Forstbeamten ergibt, ohne Bewilligung und in schonungsloser Weise Holzschläge vorgenommen, die einer gröblichen Raubwirtschaft gleichkommen. Kennzeichnend ist, dass er, nachdem einmal das Strafverfahren gegen ihn eingeleitet war, die Gesetzesverletzung unbekümmert fortsetzte.

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Nichtsdestoweniger ersucht Blum um teilweisen Erlass der Busse und schildert zu diesem Zwecke seine wirtschaftliche Lage als äusserst bedrängt.

Seine Darlegungen werden jedoch von den kantonal en Organen, die alle Abweisung des Gesuchstellers beantragen, weitgehend entkräftet. Seine misslichen Verhältnisse sind zudem bereits in den richterlichen Erwägungen ausdrucklich berücksichtigt worden.

Blum ist rückfällig, und die kantonalen Amtsstellen lassen sich dahin vernehmen, dass ein Entgegenkommen für ihn und andere eine wahre Aufmunterung bedeuten würde.

Zu c: Vögtli erhielt 1916 die Bewilligung, in seinem Walde räumungsweise 80 Ster Brennholz und Holz für 500 Wellen zu schlagen. Von dieser Bewilligung machte er im Jahre 1916 nur teilweise Gebrauch, weil er infolge Militärdienstes seiner zwei Söhne niemanden hatte, der das Holzschlagen besorgte. Im Jahre 1917 hat der Verurteilte dann den Rest geschlagen, in der Meinung, es sei dies ohne erneute Bewilligung gestattet.

Angesichts der dem Verurteilten nicht ungünstigen Verumständungen kann entsprechend der Vernehmlassung der schweizerischen Inspektion für Forstwesen ein teilweiser Erlass beantragt werden.

A n t r ä g e : Abweisung des Regez und Blum, Herabsetzung der Busse auf Fr. 40 im Falle Vögtli.

7. Hans Riesen, geb. 1900, Knecht in Gerzensee (Bern).

8. Johann Wüthrich, geb. 1899, 9. Fritz Wüthrich, geb. 1900,

10. Christian WQthrich, geb. 1902, 11. Rudolf Röthlisberger. geb. 1899, alles Landwirte, Langnau (Bern).

(Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz vom 24. Juni 1904.)

Es wurden, gestützt auf das Jagdgesetz, verurteilt: «. Hans Riesen vom Polizeirichter von Seftigen am 5. November 1917 in Anwendung'des Art. 21, Ziffer 4, lit. a, zu einer Busse von Fr. 50 ; o. die Brüder Wüthrich und Rudolf Röthlisberger vom Polizei, richter von Signau am 19. Dezember 1.917 in Anwendung

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der Art. 6, lit. d, 7, 21, Ziffer 4, lit. a, 22, 23, Ziffer 3 leg. cit. und kantonaler Ausführungsvorschriften polizeilich: a. Johann Wüthrich und Rudolf Röthlisberger je zu Fr. 55 ; ß. Fritz Wüthrich zu Fr. 50; j. Christian Wüthrich zu Fr. 40 Busse.

Zu a: Der 17jährige Knecht Riesen wurde an einem Sonntag mit einem Flobert auf der Hofstatt seines Meisters betroffen. Zur Rede gestellt, erklärte er, beabsichtigt zu haben, auf Spatzen zu schiessen, um die dem Meister gehörende Waffe zwecks Ankaufs zu erproben.

Angesichts der harmlosen Verumständungen der Übertretung, des jugendlichen Alters des Verurteilten, seines geringen Verdienstes und des befriedigenden Leumundes kann entsprechend dem Antrag des Regierungsstatthalters von Seftigen ein teilweiser Erlass empfohlen werden.

Zu b : Wüthrich und Konsorten.

Die drei Brüder Wüthrich und Rudolf Röthlisberger wurden von Landjägern an einem Sonntag im Rindlisbachwald bei Signau betroffen, alle, ausser Fritz Wüthrich, mit geladenen Flinten versehen, ferner von einem Wolfshund begleitet. Ein Schuss hatte ·die Landjäger auf die vier aufmerksam gemacht. Röthlisberger konnte unter Zurücklassen seiner Flinte entwischen, während die Brüder Wüthrich eingeholt wurden, nachdem sie vergeblich versucht hatten, ihre Waffen zu verstecken.

Die Gesuehsteller bitten um ganzen oder doch teilweisen Erlass ' der ausgesprochenen Bussen, und bringen wie im richter· liehen Verfahren vor, sie hätten bloss ein verwildertes Kaninchen, das sie auf andere Weise vergeblieh einzufangen versucht hätten, unschädlich machen wollen. Dass sie sich mit ihrem Vorgehen einer Gesetzesübertretung schuldig machten, sei ihnen nicht bewusst gewesen. Sie ersuchen, . ihnen aus der Not zu helfen, damit sie ,,nicht auch der Landflucht die Hand reichen müssten".

Der Regierungsstatthalter von Signau beantragt Abweisung des Gesuches.

Die Darlegungen der Gesuchsteller sind in den Erwägungen des Polizeirichters von Signau eingehend gewürdigt worden, und es ist nicht Sache der Begnadigungsinstanz, darauf zurückzukommen.

Das erstinstanzliche Urteil hätte von den Angeschuldigten aul dem Wege der Appellation vor die I. Strafkammer dos bernischen Obergerichtes gebracht werden können, wenn sie sich dabei nicht beruhigen wollten. Es ist auch darauf zu verweisen, dass sie

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gegen das der Bevölkerung ganz allgemein bekannte Verbot der Sonntagsjagd gehandelt haben.

Wie sich aus den Bemerkungen des Regierungsstatthalters ergibt, ist die Bezahlung der Bussen für die Verurteilten keineswegs derart drückend, wie es das Gesuch darstellen möchte.

A n t r ä g e : Herabsetzung der Busse auf Fr. 10 bei Riesen, Abweisung der übrigen.

12. Adolf Amstutz, geb. 1880, Säger in Zäziwil (Bern).

(Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888.)

Amstutz wurde am 29. September 1917 vom Polizeirichter von Konolfingen in Anwendung des Art. 5, Ziff. 7 des Fischereigesetzes verurteilt zu Fr. 50 Busse.

Amstutz, der um Erlass der Busse ersucht, hat in seiner Eigenschaft als Werkführer der Tägertschisäge den Sägebach trockenlegen und ausputzen lassen, weil Störungen im Botrieb vorgekommen waren. Dabei unterliess er, den Fischereiberechtigten vorher Kenntnis zu geben.

Wie sich aus den Akten ergibt, ist Amstutz überdies des Fischfrevels beschuldigt, jedoch in diesem Punkte, anders als sein Angestellter, mangels Beweises freigesprochen worden.

In dem Begnadigungsgesuch wird ausgeführt, die Trockenlegung und Reinigung des Baches sei erfolgt, weil jede Störungim Betriebe für den Gesuchsteller eine Einbusse an Verdienst bedeute. Die Benachrichtigung der Fischenzenpächter sei aus Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen unterblieben. Ferner werden die Familieuverhältnisse als misslich geschildert, kostspielige Krankheitsfälle angeführt, und die Leistung der Busse als übermässig drückende Last dargestellt.

Die Gerneinderäte von Tägertschi und Bowyl stellen dem Gesuchsteller ein günstiges Zeugnis aus. Demgegenüber beantragt die Forstdirektion des Kantons Bern Abweisung des Gesuches, indem sie zwar bestätigt, dass Amstutz eine siebenköpfige Familie habe, anderseits jedoch anführt, seine Armut scheine nicht in dem geschilderten Masse vorhanden zu sein, da er Leiter der Sägerei sei, ein eigenes Heim und beispielsweise zwei Kühe besitzt1.

851 · Namentlich wird aber festgestellt, dass Amstutz wegen der Trockenlegung des Baches mehrfach verwarnt und auf die Folgen seines Treibens aufmerksam gemacht worden sei.

Unter diesen Verumständungen erscheinen die Anbringen des Gesuchstellers in einer Weise entkräftet, dass eine Begnadigung nicht befürwortet werden kann, da das Verhalten des Verurteilten jeweils eine erhebliche Gefährdung des Fischbestandes bedeutete.

A n t r a g : Abweisung.

13. Emilie Nägelin-Ramstein, geb. 1879, Handelsfrau, Aarau.

14. Gottfried Schäfer, geb. 1867, Prokurist, Küttigen.

15. Gottlieb Knoblauch, geb. 1857, Sägereibesitzer, Oberentfelden.

16. Emil Knoblauch, geb. 1880, Fabrikant, Oberentfelden.

17. Hans Biland, geb. 1890, Ziegeleibesitzer, Hellingen.

(Widerhandlung gegen Höchstpreisvorschriften.)

Die Vorgenannten sind vom Bezirksgericht Aarau am 25. August 1917 in Anwendung von Ziffer 2 und 3 der Verfügung des Schweizerischen Militärdepartementes betreffend die Höchstpreise für Hafer und Gerste und deren Mahl- und Umwandlungsprodukte vom 18. November 1916 verurteilt worden je zu einer Busse von Fr. 25.

Frau Nägelin-Ramstein hat gebrochenen Hafer zum Preise von Fr. 49. 50 verkauft, während der Haferhöchstpreis im Grosshandel für 100 kg damals Fr. 47. 50 betrug. Die Übrigen haben den ungesetzlichen Preis widerspruchlos bezahlt.

Alle ersuchen um Erlass der Bussen.

Das gemeinsame Gesuch führt aus, die Käufer hätten sich in einer wirtschaftlichen Zwangslage befunden und in Unkenntnis des Gesetzes unbesehen den geforderten Preis geleistet. Was die Verkäuferin anbetreffe, so seien die Höchstpreise derart, dass sie infolge der unvermeidlichen Kosten den Händler zu verlustreichen Geschäften oder aber, wenn er dies vermeiden wolle, zu einer Umgehung des Gesetzes nötigten.

Die bezüglichen eidgenössischen Erlasse werden als ,,Vexation des Publikums" bezeichnet. Es wird behauptet, die Gewerbefreiheit sei dadurch gröblich verletzt. Ferner wird in einer

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einem Begnadigungsgesuche wenig entsprechenden Schreibweise den vom Schweizerischen Militärdepartement erlassenen Höchstpreisen die Rcchtmässigkeit abgesprochen und schliesslich wird als unbillig bezeichnet, dass ein anderer Bezüger freigesprochen wurde, der bei Zustellung der Nachnahme die Überschreitung der Höchstpreise erkannt und sich deswegen mit einer Einfrage an das Oberkriegskommissariat gewandt hatte. In letzterm Punkt wird beanstandet, dass die Bundesanwaltschaft gegen den Freispruch nicht vorgegangen sei.

Das Schweizerische Oberkriegskommissariat, welchem das Begnadigungsgesuch zur Ansichtsäusserung übermittelt wurde, beantragt Abweisung der Gesuchsteller, indem es von vornherein auf die Haltlosigkeit der behaupteten Verfassungswidrigkeit der Höchstpreisfestsetzungen hinweist, was durch Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 8. August 1916 über die Höchstpreise für Getreide usw. dargetan wird. Weiter stellt das Oberkriegskommissariat fest, dass die Gesuchsteller die Möglichkeit hatten, das bezirksgerichtliche Urteil auf dem Rechtsmittelweg an das aargauische Obergericht zu ziehen.

Diesen Ausführungen ist beizufügen, dass es die Begnadigungsbehörde ablehnen muss, an Stelle des ordentlichen Rechtsmittelganges und oberer Gerichtsinstanzen zu treten und dass es nicht ihre Sache ist, verfahrensmässig festgestellte Tatbestandsfragen, sei es nach der objektiven oder nach der subjektiven Seite hin, erneut zu überprüfen. Ferner ist festzuhalten, dass das-, mangelhafte Bewusstsein der Rechtswidrigkeit an sich nich entschuldigt; auch ist das Bestehen von Getreidehöchstpreisen ganz allgemein bekannt und besteht namentlich für Käufer im Grosshandel die selbstverständliche Pflicht, sich um deren Höhe anhand der amtlichen Blätter und überdies der Tagespresse zu bekümmern.

Der Behauptung, der Händler werde gezwungen, mit Verlust zu arbeiten, wenn er die Höchstpreise einhalten wolle, ist hier mit dem Bezirksgericht und dem Oberkriegskomrnissariat entgegenzuhalten, dass Frau Nägelin-Ramstein sich die Verteuerung des Hafers selbst zuzuschreiben hatte, weil sie unnötigerweise das Brechen desselben selbst übernahm, statt dies den Abnehmern anheimzustellen.

Der JEinwand der verletzten Gewerbefreiheit kann angesichts der wirtschaftlichen Lage unseres Landes und der allgemeinen bundesrätlichen Vollmachten kaum ernsthaft erhoben werden.

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Die Stellungnahme des Gesuches, die Haltung der Bundesanwaltschaft betreffend, erledigt sich damit, dass diese Amtsstelle gemäss bestehender Gesetzgebung gegenüber erstinstanzlichen Entscheiden in einer Rechtssache, die durch Gesetz den kantonalen Gerichten zur Beurteilung zugewiesen ist, kein Rechtsmittel einlegen kann (vgl. Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893, Art. 162 im Gegensatz zu den Art. 153 und 158). Hierin ist es mit den Bundesratsbeschlüssen, die gestützt auf den Bundesratsbeschluss betreffend Massnahmen zum Schütze des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität vom 3. August 1914 ergehen, gleichzuhalten.

Die verschiedenen, teilweise weit hergeholten Anbringen des gemeinsamen Gesuches erweisen sich somit als ungeeignet, was in Verbindung mit der Tatsache, dass weder ärmliche Verhältnisse noch andere besondere Verumständungen vorliegen und dass es sich nur um Bussen im Betrage von je Fr. 25 handelt, Abweisung der Gesuchsteller rechtfertigt.

A n t r a g : Abweisung aller Gesuchsteller.

18. Joseph Ruckli, geb. 1859, Wirt, Luzern.

19. Otto Brandt, geb. 1872, Schmied, Lengnau (Aargau).

(Bundesratsbeschluss betreffend den Handel mit Heu und Stroh.)

Es sind verurteilt worden 1. Joseph Ruckli vom Obergericht des Kantons Luzern am 29. September 1917 in Anwendung des Art. 12 des Bundesratsbeschlusses betreffend den Handel mit Heu und Stroh und des Art. 4 der Verfügung des Schweizerischen Militärdepartementes betreffend Höchstpreise für Heu und Stroh, beide Erlasse vom 6. Oktober 1916, zu einer Busse von Fr. 800.

2. Otto Brandt vom Bezirksgericht Zurzach am 31. Oktober 1917 in Anwendung des Art. 5 des Bundesratsbeschlusses betreffend den Handel mit Heu und Stroh vom 18. Juni 1917 zu einer Busse von Fr. 10.

Zu l : Ruckli hat durch Verkauf von Heu an verschiedene Landwirte zu stark übersetztem Preise die Höchstpreisvorschriften missachtet. Zudem war er überhaupt nicht im Besitze einer Handelsbewilligung. Sein unrechtmässiger Gewinn betragt Fr. 400.

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Er ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Busse und behauptet, dio Festsetzung von Höchstpreisen sei ihm unbekannt gewesen. Ferner- habe er bei den Behörden die nachgesuchte Vorkaufsbewilligung erhalten, wobei wiederum von Höchstpreisen nichts gesagt worden sei.

Diesen Anbringen gegenüber ist einmal zu sagen, dass die Berufung auf Gesetzesunkenntnis von der Begnadigungsbehörde nicht zu überprüfen ist. Es ist diesbezüglich auf die obergerichtlichen Urteilscrwägungen zu verweisen, wonach Ruckli als Bürger und Wirt zum Halten und Lesen des Kantonsblattes gehalten war. Ferner ergibt sich aus den Akten, dass Ruckli ausdrücklich auf seine ungehörigen Verkaufspreise aufmerksam gemacht wurde, was ihn aber nicht hinderte, sie beizubehalten, wohl wissend, dass seine Käufer angesichts der Heunot in einer Zwangslage waren.

Das Obergericht des Kantons Luzern hat ebenfalls festgestellt, dass Ruckli mit rechtswidrigem Vorsatz gehandelt habe und das erstinstanzliche Urteil in allen Teilen bestätigt.

Auch die Behauptung des Gesuchstellers über eine behördlich erfolgte Verkaufsbewilligung erwies sich schon im gerichtlichen Verfahren als unhaltbar.

Ausgehend von dem widerrechtlichen Gewinn von Fr. 400, -dem unlautern Gebahren des Verurteilten und dem eigenartigen Versuch, sich damit entschuldigen zu wollen, dass die amtlichen Höchstpreise ganz allgemein umgangen würden, ist die Strafausmessung der luzernischen Gerichte nur zu begrüssen.

Zu 2 : Brandt ist geständig, einem Fuhrhalter 20 Kilozentner Heu verkauft und zugeführt zu haben, obschon er wusste, dass dasselbe vom Gomeinderat Lengnau zuhanden der Armee beschlagnahmt worden war.

Das Gesuch um Erlass der Busse, das die Erwägungen des bezirksgerichtlichen Urteils wiederholt, verweist auf die Notlage der Familie und auf die Tatsache, dass Brandt durch die Beschlagnahmung um die Möglichkeit gebracht worden sei, durch einen raschen Heuverkauf zu dringlich benötigten Barmitteln zu gelangen.

Aus den Akten ergibt sich allerdings, dass Brandt betrieben war. Die Meinungsäusserung der Gemeindebehörden von Lengnau ist aber nicht ausser Acht zu lassen, wonach das Betreibungsamt amtlich hätte benachrichtet werden können, dass es später aus dem Erlös des beschlagnahmten Heues befriedigt werde. Statt dessen versteifte sich, wie der Gemeinderat von Lengnau aus-

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führt, Brandt auf seinen Eigensinn und verkaufte in wissentlicher Missachtung der gesetzlichen Anordnungen. Aus diesem Grunde erklärt sich auch die Verfügung der Staatsanwaltschaft .des Kantons Aargau, die verlangte, dass Brandt empfindlich bestraft werde.

Demgegenüber ist Brandt nur mit Fr. 10 gebüsst worden und aus den Erwägungen des Bezirksgerichtes geht hervor, dass es sich weitgehend von den dem Angeschuldigten teilweise günstigen Veruraständungen leiten liess.

Ein ferneres Entgegenkommen im Begnadigungswege ist daher nicht gerechtfertigt.

A n t r a g : Abweisung beider Gesuche.

20. Emil Gasser, geb. 1859, Landwirt in Nunningen (Solothurn).

(Kartoffelversorgung.)

Emil Gasser wurde vom Amtsgericht Dorneck-Thierstein am 16. Mai 1917 in Anwendung der Verfügung des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 7. März 1917 betreffend den Anbau von Kartoffeln und Kartoffelhöchstpreise in Verbindung mit Artikel 10 des Bundesratsbesehlusses vom 16. Januar 1917 betreffend die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion und kantonaler Ausführungsvorschriften verurteilt zu einer Busse von FT. 20.

Ein Begnadigungsgesuch, gerichtet an den Regierungsrat des Kantons Solothurn, wurde ^mangels ausreichender Bussennachlassgründe und in Würdigung des renitenten Verhaltens des Bestraften" abgewiesen.

Mit Zuschrift vom 8. November 1917 stellte Gasser in der gleichen Sache an den Regierungsrat des Kantons Solothurn ein Wiedererwägungsgesuch. Von letztem wurde dasselbe an die Bundesbehörden weitergeleitet, mit dem Hinweis, dass die vorliegende Begnadigungssache in den Bereich der Bundesversammlung falle, da es sich um eine Verurteilung gestützt auf eidgenössische Rechtssätze handle, so das die seinerzeitige Behandlung durch die solothurnischen Behörden dahinzufallen habe.

In der Eingabe vom 8. November 1917, die als Begnadigungsgesuch zu behandeln ist, ersucht Gasser um Erlass der Busse.

B'mdesblatt. 70. Jahrg. Bd. II.

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Es steht fest, dass Gasser sich geweigert hat, hei ihm beschlagnahmte Saatkartoffeln abzuliefern. Das Verhalten des Verurteilten bedeutet eine grobe Widersetzlichkeit. Das Begnadigungsgesuch selbst entbehrt jeder Grundlage.

A n t r a g : Abweisung.

21. Arnold Rohr, geb. 1856, Landwirt und Viehinspektor in Mägenwil (Aargau).

22. Heinrich Wülser, geb. 1868, Bahnwärter, Baden (Aargau).

(Widerhandlung gegen den Bundesratsbeschluss betreffend den Verkehr mit Vieh vom 13. April 1917.)

a. Arnold Rohr ist vom Bezirksgericht Baden arn 4. Dezember 1917 in Anwendung der Artikel 2 und 30 des genannten Bundesratsbeschlusses verurteilt worden zu Fr. 25 Busse ^ ö. Heinrich Wülser hat einen bedingten Strafbefehl des Gerichtspräsidenten von Baden vom 15. Dezember 1917 angenommen, lautend auf eine Busse von Fr. 10.

Zu a: Rohr hat am 5. Oktober 1917 einem Albert Seiler in Magenwil einen Gesundheitsschein für ein verkauftes Kalbausgestellt, ohne zu bescheinigen, dass dasselbe im Betriebe des Seiler geboren sei. Nachträglich wurde die Bescheinigung noch angebracht. Rohr ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlassr der Busse und führt als Begründung an, es sei niemand zu Schaden gekommen, es handle sich um einen geringen Formfehler und die Busse nehme ihm einen erheblichen Teil des Verdienstesv» Diesem ist entgegenzuhalten, dass von Amtspersonen vor allem verlangt werden muss, dass sie die in ihre Tätigkeit einschlagenden Bestimmungen beherrschen und anwenden. Im übrigen sind die Anbringen des Gesuches nicht derart, dass sie eine Begnadigung rechtfertigen könnten.

Zu b : Wülser hat anlässlich eines eidgenössischen Schlachtviehankaufs in Baden ein Stück Vieh aufgeführt ohne im Besitze eines Gesundheitsscheines zu sein.

Der Gesuchsteller führt an, es sei nicht seine Absicht gewesen ohne Gesundheitsschein zu verkaufen und eine gesetzlicheVorschrift zu verletzen. Überdies sei der Schein nachträglich gelöst worden.

857 Hierzu ist zu bemerken, dass diese Anbringen an sich nicht geeignet wären, eine Begnadigung zu begründen, und dass es sich zudem um eine ganz geringfügige Ordnungsbusse handelt.

Besondere Gründe werden nicht angebracht.

A n t r a g : Abweisung in beiden Fällen.

23. Jean Keller, geb. 1884, Webermeister, Basel.

24. Arnold Tschan-Oertlin, geb. 1882, Fabrikarbeiter, Grenzach (Baden).

(Übertretung der Ausfuhrverbote.)

«. Die eidgenössische Oberzolldirektion verfügte gegen Jean Keller am 21. Dezember 1917 wegen Widerhandlung gegen den Bundesratsbeschluss betreffend Ausfuhrverbote vom 30. Juni 1917 eine Busse von Fr. 450, nebst Fr. 180 Wertersatz für die ausgeschmuggelte Ware; b. in Anwendung desselben Bundesratsbeschlusses verfügte das eidgenössische Zolldepartement am 3. November 1917 gegen Arnold Tschan-Oertlin eine Busse von Fr. 600, Konfiskation der teilweise beschlagnahmten Ware, Fr. 1000 Wertersatz für die ausgeschmuggelte Ware, alles unter Kosten* folge und gestützt auf Artikel 3 des Bundesratsbeschlusses vom 30. Juni 1917 unter solidarischer Haftbarkeit mit den Miturhebern Bloch und Frei.

Zu a : Es konnte Keller nachgewiesen werden, dass er Waren im Betrage von Fr. 389. 50 ausgeschmuggelt hat.

Das Gesuch um gänzlichen Erlass der Busse macht geltend, Keller sei aus Not zum Schmuggel übergegangen ; die Notlage selbst sei Folge des vielen Militärdienstes.

Die Direktion des ersten Zollkreises, der sich die eidgenössische Oberzolldirektion anschliesst, gelangt in ihrer eingehenden Vernehmlassung zum Antrag, das Begnadigungsgesuch abzuweisen.

Die Oberzolldirektion gibt zu den Akten eine Bekanntmachung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes, - wie sie in den Grenzgebieten angeschlagen wird und welche eindringlich vor Widerhandlungen gegen die Ausfuhrverbote warnt ; auf die scharfe Massregelung wird darin ausdrücklich hingewiesen.

Zum vorliegenden Fall insbesondere bemerken die Zollbehörden, Keller betreibe den Schmuggel gewerbsmässig, Beweggrund sei weniger die Notlage als die Aussicht auf leichten und

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reichlichen Gewinn, und der nachgewiesene Schmuggel betreffe ganz offenbar nur einen geringen Teil dessen, was alles von ihm geschmuggelt wurde.

Erschwerend fällt in Betracht, dass Keller, der Meister in einer Seidenweberei in Hüningen ist, überdies einen ihm untergebenen minderjährigen Seidenweber zum Schmuggel angestiftet hat.

Aus diesen Gründen und namentlich unter dem Einfluss der Erwägung, dass der Ausfuhrschmuggel stark überhand genommen hat, beantragen wir in Übereinstimmung mit den Zollbehörden Abweisung des Gesuches.

Zu 6: Der deutsche Landsturmmann Bloch, der einige Zeit in Grenzach in Dienst stand, verabredete mit dem in Grenzach wohnenden Fabrikarbeiter Tschan einen bedeutenden Ausfuhrschmuggel von Gummibändern. Hierzu setzte sich Tschan in Verbindung mit dem in derselben Fabrik arbeitenden Peter Frei.

Bloch beschaffte die Gummibänder von Zürich her, im ganzen bei 2500 Meter im Werte von etwa Fr. 1500, in Basel wurden sie von Tschan und Frei übernommen, in die Wohnung des Frei verbracht und in der Folge zum grössten Teil von den beiden unter den Kleidern v ersteckt nach Grenzach ausgeschmuggelt.

Der Rest wurde bei Frei beschlagnahmt.

Ein Wiedererwägungsgesuch des Tschan wurde von der Oberzolldirektion am 20. Januar abgewiesen.

In seinem nunmehrigen Begnadigungsgesuch bittet Tschan um gänzlichen Erlass der ausgesprochenen Busse und des Wertersatzes oder doch um Herabsetzung auf den Betrag des letztern unter Aufhebung der verfügten Solidarhaft.

Zur Begründung wird angebracht, der Gesuchsteller müsse mit seinem Fabriklohn seine Familie erhalten, die Bezahlung der genannten Beträge würde seinen wirtschaftlichen Untergang bedeuten und seine Familie ins Elend bringen. Er sei von Bloch übertölpelt worden und hätte die Tragweite seines Verhaltens nicht überblickt.

Die Schweizerische Oberzolldirektion verweist in ihrer ausführlichen Berichterstattung auf die Angemessenheit der Verurteilung, und in der Tat lässt sich das Treiben des Tschan in keiner Weise entschuldigen. Anhand ihrer Darlegungen erweisen sich ferner die im Gesuch angebrachten Behauptungen als unrichtig.

Ganz haltlos und nicht zu hören ist der Einwand des "b Gesuchstellers, die Folgen seiner Handlungsweise verkannt zu

859 haben ! Aber auch die wirtschaftlichen Verhältnisse werden entgegen den Tatsachen geschildert. Einmal ist Tschan in kinderloser Ehe und hat nur für sich und seine Frau aufzukommen.

Ferner ist erbracht, dass er in geordneten Verhältnissen lebt, mehrere Tausend Mark Guthaben hat und überdies beträchtlichen Anwartschaften entgegensieht.

Unter diesen Verumständungen stellt sich das Begnadigungsgesuch als gänzlich unbegründet heraus, da einerseits die aufgestellten Behauptungen der Wahrheit widersprechen, anderseits eine scharfe Ahndung des Ausfuhrschmuggels am Platz ist, namentlich wenn, wie hier, die Gesetzesübertretung auf gewissenlose Gewinnsucht zurückgeführt werden muss.

A n t r ä g e : Abweisung in beiden Fällen.

25. Fritz RUegsegger, geb. 1881, Metzger und Hengsthalter, Riggisberg (Bern).

26. Hans Schnegg, geb. 1882, Landwirt, Zimmerwald (Bern).

27. Karl Brönnimann, geb. 1891, Landwirt, Rüeggisberg (Bern).

(Widerhandlung gegen die Verfügung des Militärdepartementes betreffend die Befreiung von Zuchtstuten von der Mobilmachung vom 8. Januar 1917.)

Vom Polizeirichter des Amtsbezirks Seftigen wurden am 8. Februar 1918 in Anwendung der genannten Verfügung verurteilt : a. Fritz Rüegsegger zu einer Busse von Fr. 40 ; b. Karl Brönnimann und Hans Schnegg je zu einer Busse von Fr. 30.

Nach den Vorschriften des Militärdepartementes haben Pferdebesitzer, die ihre gewissen Bedingungen entsprechenden Stuten zur Zucht verwenden wollen, dieselben jeweils innerü bestimmter Frist unter Vorweisung der entsprechenden Belege bei der Gemeindebehörde ihres Wohnortes anzumelden. Diese stellen den Besitzern der angemeldeten Stuten eine Ausweiskarte zur Legitimation bei der Hengststation aus. Die Belegung der Stute ist auf der Ausweiskarte vom Hengsthalter zu bescheinigen.

Die Stutenbesitzer Schnegg und Brönnimann haben die Anmeldung unterlassen. Der Hengsthalter Rüegsegger liess die Stuten decken ohne die Ausweise abzuverlangen und die nötige Bescheinigung vorzunehmen.

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Die Gesuchsteller ersuchen um gänzlichen Erlass der Bussen und bringen gemeinsam an, sie hätten ohne böse Absicht gehandelt und halten dafür, es liege lediglich ein belangloser Formfehler vor.

Dem gegenüber muss einmal auf die Wichtigkeit der betreffenden Vorschriften für die Mobilisationsbereitschaft hingewiesen werden und ferner darauf, dass die Besitzer von Pikettstuten sehr wohl wissen, dass sie gewissen Vorschriften des schweizerischen Militärdepartementes unterstellt sind. Besondere Gründe werden keine geltend gemacht. Angesichts der nicht übermässigen Ordnungsbussen liegt daher zu einer Begnadigung keine Veranlassung vor.

A n t r a g : Abweisung aller Gesuchsteller.

28. Friedrich Schlieriger, geb. 1881, Schuhmacher in Ölten (Solothurn).

29. Léon Cachelin, geb. 1883, Polisseur, Noirmont (Bern).

30. Albert Haberthür, geb. 1885, Schalenmacher, La Chaux-deFonds (Neuenburg).

31. Pius Kissling, geb. 1892, Tiefbautechniker, Bern.

32. Robert Feller, geb. 1884. Drechsler, Bern.

33. Rudolf Zimmermann, geb. 1889, Schreiner, Bern.

34. Charles William Berner, geb. Ì896, Schneider, Morges (Waadt).

(Nichtentrichtung des Militärpfüchtersatzes.)

Wegen schuldhafter Nichteutrichtung des Militärpflichtersat/es sind in Anwendung des Bundesgesetzes betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz vom 29. März 1901 verurteilt worden : a. Friedrich Schlienger von Amtsgericht Olten-Gösgen am 25. April 1917 zu 3 Tagen Gefängnis, wegen Nichtentrichtung des Pflichtersatzes für 1916; 0. Léon Cachelin vom Juge de Police du District des FranchesMontagnes am 1. Dezember 1917 zu 2 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot wegen Nichtentrichtung des PflichtersatMss für 1917; c. Albert Haberthür vom Tribunal de Police du District de La Chaux - de - Fonds am 6. Oktober 1917 zu 4 Tagen Gefängnis wegen Nichtentrichtung des Pflichtersatzes für 1915;

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d, Pius Kissling vom Gerichtspräsidenten IV von Bern am 15. Juni 1917 korrektionell zu 4 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot wegen Nichtentrichtung des Pflichtersatzes für 1916 ; e. Robert Feiler auf seine Appellation hin von der I. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Bern am 18. August 1917 in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils vom Gerichtspräsidenten IV von Bern korrektionell zu 3 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot wegen Nichtentrichtung des Pflichtersatzes für 1916; /. Rudolf Zimmermann vom Gerichtspräsidenten V am 24. September 1917 korrektionell zu 2 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot wegen Nichtentrichtung des Pflichtersatzes fllr 1913; g. Charles William Berner vom Président du Tribunal du District de Morges am 27. September 1917 zu 5 Tagen Gefängnis wegen Nichtentrichtung des Pflichtersatzes für 1916.

Alle ersuchen um Erlass der Gefängnisstrafen.

Zu a und b. Mit Bezug auf Schlienger und Cacheliu ist festgestellt, dass beide den geschuldeten Betrag vor der Urteilsfällung bezahlt haben, so dass nach ständiger Übung die Begnadigung beantragt werden kann.

Zu c. Bei Haberthür handelt es sich um einen nicht bezahlten Betrag von Fr. 39 für das Jahr 1915.

Die Verurteilung erfolgte erst am 6. Oktober 1917, so dass Haberthür bei einigermassen gutem Willen seine Schuld hätte begleichen können. Angesichts der Anforderungen, die an die Diensttuenden namentlich in den Jahren 1914 und 1915 gestellt wurden, kann eine Begnadigung nur befürwortet werden, wenn ganz ausserordentliche Verumständungen dafür sprechen. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall.

Zu d und e. Kissling und Feller haben den Militärpflichtersatz für 1916 erst nach erfolgter Verurteilung bezahlt.

Kissling hat sich, wie aus den Akten hervorgeht, äusserst saumselig benommen. Ausser den zweimaligen Mahnungen der militärischen Verwaltungsbehörden Hess er auch den richterlichen Aufschub ausser acht, trotzdem er im Termin vorn 4. Mai 1917 versicherte, am nächsten Zahltag seinen Verpflichtungen nachkommen zu wollen. Er ist ledig und hatte die Monate vor der Verurteilung beständig Arbeit. Bei gutem Willen wäre es ihm

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·

möglich gewesen, die Fr. 49. 30 aufzubringen, was sich unter anderem daraus ergibt, dass ihn die erfolgte Verurteilung sofort zur Zahlung brachte, wie ein Eintrag im Dienstbüchlein vom 2. Juli 1917 ergibt.

Die Behauptung, der Strafvollzug werde ihn um seine Anstellung bringen, wird durch den Bericht der Strafvollzugsbohörden widerlegt, denen es anheimgestellt werden kann, diesbezüglich Rücksicht zu nehmen.

Feller betreffend ergibt sich aus den erst- und oberinstanzlichen Akten, dass die Arbeitsverhältnisse es dem Gesuchsteller sehr wohl gestattet hätten, den rückständigen Militärpflichtersatz zu entrichten. Beide Instanzen haben die Schuldfrage bejaht.

Angesichts der Erklärung Fellers, wonach er bis zum 5. Juni 1917 die Steuer ganz sicher vollständig bezahlen könne, und der vorhandenen Arbeitsgelegenheit erscheinen die Gesuchsangaben, die schlechten Verdienst behaupten und auf guten Leumund hinweisen, nicht als geeignet, eine Begnadigung herbeizuführen.

Unrichtig ist, grundsätzlich auf Begnadigung anzutragen, wie es hier im Gegensatz zum Regierungsstatthalter die begutachtende Gemeindebehörde versucht, sobald hergestellt ist, dass nach verschiedenen Mahnungen, gerichtlichem Aufschub, erstund oberinstanzlicher Verurteilung · der Ersatzpflichtige endlich doch noch zur Zahlung veranlasst wurde. Eine solche Betrachtungsweise würde der Verschleppung und Nachlässigkeit Tür und Tor öffnen.

Zu f. Rudolf Zimmermann lässt in dem durch das ArbeiterSekretariat Bern ausgefertigten Gesuche anbringen, er sei längere Zeit wegen Krankheit verdienstlos gewesen, unterstütze regelmässig seine betagte Mutter und den 78jährigen Stiefvater, und es sei unbegreiflich, dass diese Verhältnisse nicht berücksichtigt worden seien.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern beantragt Abweisung des Gesuches, desgleichen der Regierungsstatthalter I.

Amtliche Erhebungen haben die Darstellung des Gesuchstellers nicht bestätigt, vielmehr erbracht, dass Zimmermann sich zeitweise dem Trunk ergibt, arbeitsscheu ist und wegen liederlichen Lebenswandels verwarnt werden musste. Die behauptete Unterstützung der Eltern erweist sich als massige Entschädigung für Kost und Wohnung, die zudem vom Gesuchsteller zeitweise überhaupt nicht geleistet wurde. Angesichts dieser Feststellungen ist das Begnadigungsgesuch ohne Grundlagen.

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Zu g. Charles William Berner, zur Zeit der Gesuchstellung in den Sehneiderwerkstätten der Etappensanitätsanstalt Ölten, bringt lediglich an, er sei Familienvater, sei seit dem 13. Juli 1917 im Militärdienst und betont seine gute soldatische AufführuDg.

Da in keiner Weise widerlegt wird, dass der Militärpflichtersatz für das Jahr 1916 sohuldhaft nicht entrichtet wurde und besondere Verumständungen nicht vorzuliegen scheinen, vermögen diese Anbringen eine Begnadigung nicht zu begründen.

A n t r ä g e : Erlass der Gefängnisstrafen in den Fällen Schlienger und Cachelin, Abweisung der übrigen.

35. Heinrich Z wähl. geb. 1876, Coiffeur und Huthändler, Lenzburg, 36. Joseph Johann Niggli, geb. 1866, Coiffeur, Ennetbaden, 37. Jean Keller, geb. 1866, Konditor, Baden, 38. Friedrich Wanner, geb. 188'2, Bäcker und Konditor, Baden, alle im Aargau.

(Widerhandlung gegen die Massnahmen zur Einschränkung des Verbrauchs an Kohle und elektrischer Energie.)

Es sind in Anwendung des bezüglichen Bundesratsbeschlusses vom 9. Oktober 1917 verurteilt worden : d. Heinrich Zwahl vom Bezirksgericht Lenzburg am 26. November 1917 zu einer Busse von Fr. 15; b. Joseph Johann Niggli, c. Jean Keller, d. Friedrich Wanner, alle vom Bezirksgericht Baden am 28. Dezember 1917, Niggli zu Fr. 10, Keller zu Fr. 35 und Wanner zu Fr. 15 Busse.

Alle ersuchen um Erlass der Bussen.

Zu a. Zwahl ist Inhaber eines Coiffeur- und eines Hutgeschäftes Beide Räume befinden sich im Erdgesehoss des gleichen Hauses und sind unter sich durch eine Türe verbunden, ausserdem hat jedes Geschäft einen getrennten Eingang.

Zwahl wurde verurteilt, weil er gleichzeitig mit dem Coiffeurgeschäft auch den Hutladen um 8 Uhr öffnete, während letzterer bis 8'/2 Uhr geschlossen zu halten war. Dabei bezeichnete das Gericht die Behauptung, der Angeschuldigte müsse seinen

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.Hutladen gleichzeitig öffnen, als Ausrede, indem es darauf verwies, dass beide Geschäfte allerdings miteinander verbunden ·seien, aber überdies jedes durch einen besonderen Eingang getrennt betreten werden könne.

Dem gegenüber begnügt sich das Begnadigungsgesuch mit der unbegründeten Behauptung, eine strafbare Handlung liege .nicht vor. Dies wird jedoch bereits durch die Urteilserwägungen widerlegt, und da weiter nichts vorgebracht wird, fehlt dem Begnadigungsgesuch jede Rechtfertigung.

Zu b. Es steht fest, dass Niggli am Vorabend vor Aller'heiligen 1917 sein Coiffeurgeschäft erst nach 8l/s Uhr geschlossen hat.

Das Gesuch weist darauf hin, es hätten die noch warteaden Kunden nicht unbedient weggewiesen werden können.

Wie sich aus den Urteilsmotiven ergibt, hat sich das Ge·richt bereits von dieser Erwägung leiten lassen, so dass es nur die geringfügige Busse sprach.

Anderseits kann es aber nicht angehen, Erlasse einfach zu missachten, wenn sie ungelegen kommen.

Besondere Gründe, die eine Begnadigung befürworten könnten, ·werden nicht geltend gemacht.

Zu c. Keller hat an zwei Sonntagen im letzten November .seine Konditorei offen gehalten, trotzdem er von amtlicher Seite verwarnt worden war.

Das Gesuch betont die Notlage des Konditorenstandes und behauptet, anderorts sei das Öffnen der Geschäfte geduldet wor·den. Gleichzeitig anerkennt aber der Gesuchsteller, schon damals vernommen zu haben, dass der aargauische Regierungsrat eine Vorlage ausarbeite, die den Konditoren entgegenkommen sollte.

Unter diesen Umständen konnte es daher Keller um so eher zugemutet werden, sich gleich ändern mit der vorläufigen getsetzlichen Regelung abzufinden, und es darf wie im Falle Niggli nicht zugelassen werden, dass Vorschriften, die der einzelne als lästig empfindet, ohne weiteres umgangen werden.

Aus begreiflichen Gründen hat sich ein Berufsgenosse bei den Behörden über das eigenmächtige Verhalten Kellers beschwert, ·und es liegt kein Grund vor, der Auffassung des Fehlbaren im 'Wege der Begnadigung entgegenzukommen.

Zu d. Es ist nicht bestritten, dass Wanner Sonntags den 4. November 1917 seine Konditorei vormittags offenhielt.

In dem Begnadigungsgesuch wird das Verhalten der aargauaschen Regierung bemängelt, der vorgeworfen wird, sie habe

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längere Zeit die in Betracht kommenden Bundesratsbeschlüsse ·nicht vollzogen. Gemeint ist offenbar die in Art. l des Bundesratsbeschlusses vom 10. November 1917 vorgesehene Ermächtigung, zu bestimmen, dass Konditoreien Sonntags und an Feiertagen geöffnet werden dürfen. Davon hat aber die aargauische Regierung bereits am 19. November Gebrauch gemacht, so dass ·die Auslassungen Wanners unbegründet sind.

Ferner behauptet der Gesuchsteller, eine strafbare Handlung ·überhaupt nicht begangen zu haben, da er in seinem Geschäft weder geheizt noch Licht verwendet habe. Diese Einwendung, die sich überdies mit einem Hinweis auf den Wortlaut des Art. l des Bundesratsbeschlusses vom 9. Oktober 1917 erledigt, wonach an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen sämtliche Läden geschlossen bleiben, hätte von Wanner im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden können, wenn ihm das erstinstanzliche Urteil nicht zutreffend schien.

Der Berufung des Gesuches auf die Falschmeldung der Konditorenzeitung, die anzunehmen gestattete, es sei erlaubt, Sonntags zu öffnen, ist entgegenzuhalten, dass dieser Umstand laut den Urteilserwägungen bereits zu der geringen Ordnungsbusse Anlass gab, so dass eine weitere Berücksichtigung unterbleiben kann.

A n t r a g : Abweisung in allen Fällen.

39. Joseph Huwyler, geb. 1863, 40. Johann Zwimpfer, geb. 1884, beide in Merenschwand (Aargau), 41. Arthur Vontobel, geb. 1890, Hellingen (Aargau), 42. Johann Stöckli, geb. 1857, Wettingen (Aargau), 43. Gottfried Johann Witschi. geb. 1878, Bern, alles Bäcker.

(Widerhandlung gegen den Bundesratsbeschluss betreffend das Verbot des Verkaufs von frischem Brot vom 18. Juni 1917.)

Es wurden verurteilt : a. Joseph Huwyler und Johann Zwimpfer vom Bezirksgericht Muri am 19. November 1917 in Anwendung des genannten Bundesratsbeschlusses je zu einer Busse von Fr. 25; b. Arthur Vontobel vom Bezirksgericht Baden am 30. November 1917 in Anwendung desselben Bundesratsbeschlusses zu Fr. 40 Busse und

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e. Johann Stöekli am 28. Dezember 1917 in Anwendung desselben Bnndesratsbeschlusses und ferner des Bundesratsbeschlusses betreffend Ergänzung des Bundesratsbeschlusses vom 21. August 1917 über die Einschränkung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie vom 9. Oktober 1917 zu einer Busse von Fr. 60; d. Gottfried Johann Witschi vom Gerichtspräsidenten V von Bern am 15. Dezember 1917 in Anwendung der Art. l und 6 des Bundesratsbeschlusses vom 18. Juni 1917 und des Bundesratsbeschlusses über die Verwendung und Vermahlung von Brotgetreide und über die Vermahlung und den Verkauf der Mahlprodukte vom 29. Mai 1917 polizeilich zu Fr. 300 Busse.

Witschi ersucht um Herabsetzung, die übrigen um Erlass der Bussen.

Zu a. Huwyler und Zwimpfer haben zugestandenermassen am 30. September 1917 ihren ganzen Brotvorrat verkauft und in der Folge am 1. Oktober -- einem Montag -- wiederum frisches Brot abgegeben.

Die Gcsuchsteller verweisen auf die bekannte damalige Bestürmung der Bäckereien und die allgemeine Übertretung der Vorschriften durch die Bäcker, um daraus zu folgern, es wäre unbillig, wenn nur gerade sie bestraft würden.

Schliesslich behaupten sie, sie hätten am fraglichen MontagKunden bedienen wollen, denen es ihre Verhältnisse nicht gestattet hätten, sich an den Vortagen über den notwendigsten Bedarf hinaus zu versehen.

Diesbezüglich -- um die Behauptung vorweg zu widerlegen -- kann auf die gerichtlichen Aussagen der Gesuchsteller verwiesen werden, woraus sich ergibt, dass tatsächlich an jenem Montag fast gar kein Brot verkauft werden konnte, weil eben sozusagen jedermann ungehörig versorgt war!

Das schweizerische Oberkriegskommissariat, dem die Akten überwiesen wurden, gelangt in seiner Vernehmlassung zu einem Abweisungsantrage. Namentlich wird darauf verwiesen, dass gerade vor dem Zeitpunkt der Übertretung die Vorschriften von den kantonalen Behörden gehörig in Erinnerung gerufen wurden.

Ferner wird die volkswirtschaftliehe Bedeutung der. Brotvorschriften betont, die allen Ernstes verlangt, dass denselben Nachachtung verschafft wird.

Wir sehliessen uns diesen und den übrigen Erwägungen an, in der Meinung, dass es nicht Sache der Begnadigungsbehörde

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sein darf, dem Bestreben der'Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, die wirtschaftlichen Erlasse des Bundes durchzusetzen auf dem Wege der Begnadigung entgegenzutreten.

Es wäre dies auch eine Verletzung des Rechtsgefühls derjenigen Bevölkerungskreise, die bemüht sind, ihr Verhalten mit den an sie gestellten Anforderungen in Einklang zu bringen.

Davon ausgehend ist auch die Berufung der fehlbaren Gesuchsteller auf die angeblich ungeahndet gebliebene Verfehlung anderer abzulehnen.

Besondere Verumständungen, die eine Begnadigung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Zu b. Auch Vontobel hat frisches Brot verkauft, zudem die Backkontrolle nicht ordnungsgemäss geführt.

Das Oberkriegskommissariat gelangt in seiner Ansichtsäus·serurig zu einem Abweisungsantrag unter Hinweis auf die Wichtigkeit der Befolgung der Vorschriften über Backkontrolle und Brotverkauf.

Wie sich aus Akten und Begnadigungsgesuch ergibt, hat der noch nicht 18jährige Vontobel die Bäckerei seines letzten Oktober verstorbenen Vaters übernommen. Die schlechte Führung der Backkontrolle fällt in die Zeit der Krankheit des letztern. Anderseits muss aber dem Angeschuldigten der Verkauf von frischem Brot zu Last gelegt werden. Der Hinweis, die Kunden hätten gedrängt, kann nicht als Entschuldigung gehört werden.

Ein gänzlicher Erlass der Busse scheint und daher in Übereinstimmung mit dem Schweizerischen Oberkriegskommissariat nicht am Platze, dagegen beantragen wir unter Berücksichtigung der besondern Verhältnisse Herabsetzung auf Fr. 20.

Zu c. Stöckli hat, wie sich aus seiner Einvernahme in der Voruntersuchung vom 17. November 1917 ergibt, in vollem Bewusstsein seiner strafbaren Handlungsweise Brot verkauft, welches das gesetzlich vorgeschriebene Alter nicht hatte. Sein Vorhalten, ist nicht leicht zu nehmen.

Die Anbringen des Gesuchstellers, es sei in Unkenntnis des Gesetzes geschehen, stehen in Widerspruch mit seinen Aussagen, im Strafverfahren. Was die Verurteilung wegen Übertretung des Bundesratsbeschlusses vom 9. Oktober 1917 anbetrifft, so kann davon abgesehen werden, das Verhalten der Konkurrenz, die nach den Angaben des Gesuchstellers einen Knaben zweimal nach Ladenschluss schickte mit dem Auftrag Brot zu kaufen, um erstem

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dann zu verzeigen, strafmildernd zu würdigen; denn laut den Erwägungen des Bezirksgerichtes Baden ist diese Übertretungnur als unbedeutender Strafschärfnngsgrund betrachtet worden.

Zu einer Begnadigung liegen daher keine Gründe vor.

Zu d. Witschi wurde verurteilt, weil er Mehl in Mengen, über 2 kg verkaufte, ohne im Besitze einer Bewilligung zum Mehlhandel zu sein und ferner wegen Verkaufs von Gebäck (Zupfen) in drei Fällen vor dem zweitnächsten Tage nach der Herstellung.

Das Begnadigungsgesuch wiederholt einen Teil der im gerichtlichen Verfahren angebrachten Behauptungen. Der Verkauf zweier Säcke Mehl wird zugegeben, jedoch Unkenntnis der diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen vorgeschützt. Der Verkauf von zu frischem Gebäck wird bestritten unter erneutem Hinweis, die mehrfachen Anzeigen seien das Ergebnis eines aufsätzigen Polizeiangestellten. Den stattgefundenen Sachverständigenaussagen, gegenüber wird angedeutet, dass sie von der Konkurrenz stammen..

Schliesslich wird geltend gemacht, die Busse von Fr. 300 sei zu hoch gegriffen, auch wenn eine Verurteilung an und für sich am Platze wäre.

Die kantonalen Behörden empfehlen übereinstimmend Ab' Weisung des Gesuchstellers, und seine Ausführungen sind in derTat als Grundlagen eines Begnadigungsgesuches ungeeignet.

Auf die Bemängelung des gerichtlichen Beweisverfahren» ist nicht einzutreten ; überdies ergibt sich ihre Haltlosigkeit ohne.weiteres anhand der sorgfältigen Voruntersuchung und der eingehenden Urteilserwägungen. Ferner kann dahingestellt bleiben,, ob der Verurteilte durch einen Polizeiangestellten offensichtlich, überwacht wurde; denn das durchgeführte Strafverfahren hat den möglicherweise vorhandenen Verdacht als richtig bestätigt..

Der Berufung auf Gesetzesunkenntnis, den unerlaubten Mehlhandel betreffend, ist entgegenzuhalten, dass es selbstverständliche Pflicht eines Gewerbetreibenden ist, die in seinen Beruf einschlagenden Vorschriften zu überblicken. Es stand Witschi frei, das ganze erstinstanzliche Verfahren auf dem Wege der Appellation überprüfen zu lassen. Dies ist unterblieben und aus allgemeinen Grundsätzen über die Bedeutung eines rechtskräftigen Entscheidesund über das Wesen des Begnadigungsrechtes hat die Bundesversammlung es abzulehnen, die Strafsache im Sinne einer nachträglichen allseitigen Überprüfung zu behandeln.

Die Behauptung, die ausgesprochene Busse sei auf alle Fällezu hoch, nötigt, das Treiben des Gesuchstellers hervorzukehren..

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Witschi ist bereits wegen Verkaufs von frischem Brot vorbestraft ; in drei Fällen musste er freigesprochen werden, weil wiegesagt wird, ,,wegen der allzu formellen Beweisvorsohriftena dee bernischen Strafverfahrens der Richter in seinem Entscheid gehemmt war. Im vorliegenden Verfahren standen zur Beurteilung der unerlaubte Mehlhandel und drei neue Übertretungen der Vorschriften über den Brotverkauf.

Aus diesen Gründen drängte sieh dem Richter die Überzeugung auf, Witschi setze sich unbedenklich über die notwendig gewordenen behördlichen Massnahmen hinweg, und es ist wie in den bereits dargestellten Begnadigungssachen Huwyler und Zwimpfer kein Grund vorhanden, die wohlbegründete Strafausmessung abzuändern.

Anträge : Herabsetzung auf Fr. 20 bei Vontobel, Abweisung der ändern.

44. Johann von Allmen, geb. 1882, Landwirt und Postablagehalter in Gimmelwald (Bern).

45. Johann Rothacher, geb. 1877, Bäcker und Krämer, Blumenstein (Bern).

(Überschreiten von Höchstpreisen.)

Es sind verurteilt worden : «. Johann von Allmen vom Polizeirichter von Interlaken am, 1. November 1917 in Anwendung des Artikel 14 des Bundesratsbeschlusses betreffend die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten vom 18. April 1917 und Artikel 4 und 8 der zudienenden Verfügung des Volkswirtschaftsdepartementes vom 31. Mai 1917 zu Fr. 400 Busse; b. Johann Rothacher vom Polizeirichter von Thun am 9. März 1918 in Anwendung des Artikel 9 des Bundesratsbeschlussesüber die Höchstpreise von Getreide usw. vom 8. August 1916 und der bezüglichen Verfügung des Müitärdeparte>mentes vom 2. Juli 1917 zu Fr. 30 Busse.

Von Allmen ersucht um Erlass der noch zu leistenden Fr. 200, Rothacher um Erlass der Fr. 30 oder aber Gewährung des bedingten Strafaufschubes.

Zu a. Von Allmen hat im Juni, Juli und August 1917 von den Berganteilern zweier Alpen Butter bezogen. Er hat zugegeben, sie zum Preise von Fr. 6 in die Umgegend und teilweisenach Zürich, Bern weiter verkauft, überdies aber noch Trink-

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gelder verlangt zu haben, so dass durchschnittlich das Kilogramm Butter l Fr. über den Höchstpreis zu stehen kam.

Das Begnadigungsgesuch macht geltend, die Butter sei damals in der Gegend ganz allgemein zu diesen Preisen gehandelt worden. Von Allmen habe die Butter stundenweit auf den Alpen abgeholt, und angesichts des Aufwandes an Mühe und Zeit sei ·der Gewinn hart verdientes Geld. Die persönlichen Verhältnisse hätten zu der Gesetzesübertretung gefuhrt : es sei bekannt, dass die Besoldung eines Postablagehalters nicht genüge und zu Nebenverdienst zwinge. 200 Fr. habe der Gesuchsteller bereits bezahlt.

Das Gesuch wird vom Regierungsstatthalter von Interlaken ohne Begründung empfohlen.

Anhand der ausführlichen Urteilserwägungen ergibt sich, dass der Polizeirichter von Interlaken die Verumständungen der Strafsache sorgfältig gewürdigt hat. Es muss festgehalten werden, dass die Busse nicht zu hoch erscheint, wenu von dem richtigen Gedanken ausgegangen wird, dass sie zu dem widerrechtlich bezogenen Gewinn, der hier über 300 Fr. beträgt, in einem angemessenen Verhältnis stehen soll. Ferner ist zu betonen, dass von Allmen während mehreren Monaten die Höchstpreise überschritten hat. Dass er mindestens teilweise selbst zu teuer kaufte, ihn seine Einkommensverhältnisse zu Nebenverdienst veranlassen und er die Butter weither holen musste, ist mildernd in Erwägung gezogen worden. Erschwerend fällt in Betracht, wie von Allmen seine Machenschaften zu verschleiern suchte, indem er die Fakturen auf geringere Beträge ausstellte, sich überdies Zuschläge, Porti zahlen liess und mit einem Zürcher-Abnehmer geradezu auf vorhergegangene Verabredung hin gehandelt hat.

Dies alles rechtfertigt die vorgenommene empfindliche Bestrafung.

Zu b. Rothacher, der im Januar 1918 die Maisverteilung der Gemeinde Blumenstein besorgte, wurde vom Gemeindepräsidenten dem Richter verzeigt, weil er trotz Verwarnung fortgesetzt den Höchstpreis für Mais überschritt, indem er ungerade Rappenbeträge nach oben aufrundete.

Der Gesuchsteller führt aus, er hätte über den Verkaufspreis keine Weisungen erhalten und sich deshalb bei dem Gemeindepräsidenten, der vorher die Maisverteilung besorgt hatte, erkundigen wollen. In dessen Abwesenheit habe ihm die Ehefrau dann mitgeteilt, die ungeraden Rappen könnten auf den nächsten Fünfer aufgerundet werden. Derart werde ermöglicht, sich für den Gewichtsverlust und das Verabreichen von Papier-

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tüten schadlos zu halten. In dieser Weise seien allerdings insgesamt Fr. 2. 74 über den Höchstpreis vereinnahmt worden, die übrigens inzwischen zurückerstattet worden seien. Ferner hält der Gesuchsteller dafür, bei dieser Sachlage sei ein Strafverfahren übertrieben und ungerechtfertigt gewesen; statt für den übernommenen Maisvertrieb eine kleine Entschädigung herausschlagen zu können, habe er nur Schaden erlitten, Solcherlei könne vom Gesetzgeber kaum gewollt sein.

Namens des Gemeinderates von Blumenstein wird das Gesuch vom Vizepräsidenten empfohlen.

Es steht fest, dass die im Kleinhandel auf 76 Rp. für das Kilogramm bestimmten Höchstpreise überschritten worden sind.

Erschwerend ist, dass trotz amtlicher Warnung darauf bestanden wurde. Rothacher kannte die Höchstpreise; sollte er, was nicht nachgeprüft zu werden vermag, die Verteilungs- und Berechnungsart gemäss der erhaltenen Auskunft vorgenommen haben, so kann ihn das nicht entschuldigen. Mit der Festsetzung von Höchstpreisen will der Gesetzgeber gerade verhindern, dass diese und jene Unkosten noch auf den Preis der Ware geschlagen werden, indem er dafür hält, in den amtlichen Preisfestsetzungen diese bereits berücksichtigt zu haben. Es ist zuzugeben, dass es sich um einen geringen Gewinn handelt ; dies ist aber nicht ausschlaggebend. Wesentlich ist, dass der Verurteilte trotz Verwarnung nicht dazu gebracht werden konnte, dem ungesetzlichen Handel ein Ende zu machen.

Unter diesen Gesichtspunkten, und da anderweitige Umstände nicht vorliegen, ist weder die gänzliche noch eine teilweise Begnadigung zu befürworten, so dass davon abgesehen werden kann, zu entscheiden, ob ein Begehren um bedingten Strafaufschub einer Geldbusse an und für sich im Begnadigungsverfahren zulässig ist.

A n t r ä g e : Abweisung beider Gesuchsteller.

46. Josef Nietlisbach, geb. 1881, Landwirt, Sinserhöfen, 47. Josef Brun, geb. 1860, Zimmermeister, Benzenschwil, · 48. Josef Stenz, geb. 1885, Bäcker, Muri, alle im Kanton Aargau.

(Holzversorgung.)

Gestützt auf die in Ausführung des Bundesratsbeschlusses betreffend die Versorgung des Landes mit Brennholz vom 14. Juli Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. II.

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1917 und der einschlägigen Verfügung des schweizerischen De parlementes des Innern vom 30. Juli 1917 vom Regierungsrat des Kantons Aargau erlassene Verordnung vom 17. August 1917 sind vom Bezirksgericht Muri verurteilt worden : a, Josef Nietlisbach am 11. Februar 1918 zu Fr. 25 Busse; ö. Josef Brun und Josef Stenz am 21. Februar 1918 je zu einer Busse von Fr. 10.

Nietlisbach stellt das Gesuch um gänzlichen Erlass oder doch Herabsetzung auf Fr. 10, die ändern ersuchen um Erlass der Strafen und der Staatsgebühr. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Behandlung dieser Gesuche ist vorhanden, denn sämtliche Übertretungen der Vorschriften betreffend die Versorgung des Landes mit Brennholz, kantonale Ausführungserlasse mit inbegriffen, sind gestützt auf Artikel 10 des genannten Bundesratsbeschlusses vom 14. Juli 1917 zu ahnden.

Zu a. Nietlisbach hat am 31. Dezember 1917 ein Fuder Reiswellen von Sins nach dem Kapton Zug geführt, ohne die für den interkantonalen Verkehr erforderliche Transportbewilligung eingeholt zu haben.

Der Gesuchsteller gibt zu, tatsächlich die bestehenden Vorschriften übertreten zu haben.

Dagegen hebt er hervor, dass der Verkauf der in Frage stehenden Reiswellen bereits im Juni 1917 erfolgte, wobei die Lieferung lediglich aus Mangel an Zeit unterblieb, bis sie schliesslich von den nunmehr erlassenen Einschränkungen betroffen wurde. Ferner wird entschuldbare Unkenntnis der bezüglichen Vorschriften vorgeschützt und daraus der Anspruch auf ganze oder doch teilweise Begnadigung abgeleitet.

Das erste Anbringen erledigt sich anhand der gesetzlichen Bestimmungen (zu vergleichen Artikel 8 der genannten Verfügung vom 30. Juli 1917), die diesbezüglich nun einmal vorsehen, dass sämtliche zur Zeit ihres Inkrafttretens abgeschlossenen Holzlieferungsvertrüge, die Seitens des Verkäufers noch nicht gänzlich vollzogen sind, im interkantonalen Verkehr der Genehmigung der eidgenössischen Zentralstelle bedürfen.

Gegenüber der behaupteten Gesetzesunkenntnis ist, ganz abgesehen davon, dass die Begnadigungsbehörde meist ausser Stande wäre, derartige Anbringen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, daran festzuhalten, dass auf dem Boden des geltenden Rechtes das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit nicht Deliktsmerkmal ist, und dass Unkenntnis des Gesetzes nicht entschuldigt. Übrigens war im De-

873 zember 1917 mindestens das bekannt, dass die Brennholzversorgung gewissen Vorschriften unterstellt sei. Ferner muss gerade in diesen ausserordentlichen Zeiten von jedem Bürger verlangt werden, dass er sich mit erhöhter Sorgfalt bemüht, die Kenntnis der behördlichen Erlasse zu erlangen.

Anderweitige Verumständungen, die zu einer Begnadigung führen könnten, werden nicht geltend gemacht, so dass sich angesichts der keineswegs übermässigen Busse eine Begnadigung nicht empfehlen lässt.

Zu b. Entgegen dem Einspruch des Vizeammanns von Benzenschwil hat Stenz mit Einwilligung der Angehörigen des abwesenden Zimmermeisters Brun am 31. Dezember 1917 einen Wagen Brennholz nach Muri geführt.

Die beiden Gesuchsteller bestreiten dies nicht, machen aber wie im gerichtlichen Verfahren geltend, das Holz sei von Brun der Tochter im September 1917 anlässlich ihrer Heirat mit Stenz geschenkt worden. Es hätte deshalb zum Hausrat gehört, sei schon im Besitz der Eheleute Stenz gewesen und abgeführt worden, als es benötigt wurde.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach Artikel 7 der Departementsverfügung vom 30. Juli 1917 und entsprechend § 14 der kantonalen Verordnung mangels besonderer Regelung für derartige Holztransporte eine schriftliche Bewilligung erforderlieh ist.

Es ist ohne weiteres zuzugeben, dass die zur Brennholzversorgung des Landes aufgestellten Bestimmungen dem einzelnen lästig fallen können; das hindert aber nicht, dass die notwendig gewordenen Einschränkungen beobachtet werden müssen. Gerade vorliegend ergibt sich aus den Akten, dass in Benzenschwil von Gemeindegenossen dringend Holz benötigt wurde.

Besonders darf nicht gebilligt werden, dass Stenz trotz Einspruch des zuständigen Beamten auf dem Holztransport bestand.

Dagegen kann in dieser Beziehung Brun zugutegehalten werden, dass er damals abwesend war. Soweit die Gesuchsteller auf Erlass der Staatsgebühr antragen, ist auf das Gesuch nicht einzutreten, da die Begnadigung sich ihrem Wesen nach nur auf die Straffolgen bezieht.

A n t r ä g e : Abweisung des Nietlisbach und Stenz, Erlass der Busse bei Brun.

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49. Ernst Hirschi, geb. 1879, Hülfsmaschinist, Thun (Bern), 50. Joseph Guédat, geb. 1860, Taglöhner, Ocourt (Bern).

(Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei vom 21, Dezember 1888.)

Es sind in Anwendung des Fischereigesetzea verurteilt worden : a. Ernst Hirschi vom Polizeirichter des Amtsbezirks Thun am 13. Februar 1918 gestützt auf Artikel 31, Ziffer 2, zu Fr. 60 Busse; b. Joseph Guédat vom Polizeirichter des Amtsbezirks Pruntrut am 25. Januar 1918 zu Fr. 50 Busse.

Hirschi ersucht um gänzlichen Erlass, Guédat um Herabsetzung auf Fr. 10.

Zu a. Hirschi hat mit einer Doppelangel Fische in der bekannten Weise durch Jucken der Schnur gefangen, dass er die Rute hob und senkte, um dann mit einem plötzlichen Ruck den Fisch mit der Angel zu schlitzen.

Auf den Versuch, den Tatbestand im Gesuch möglichst harmlos darzustellen, ist nicht einzutreten. Es fragt sich deshalb lediglich, wieweit die missliche wirtschaftliche Lage und die schweren Familienlasten des Gesuchstellers (der sieben Kinder hat und dessen Frau beständig krank sei) im Wege der Begnadigung zu berücksichtigen seien, wobei aber festgehalten werden muss, dass das Treiben Hirschis um so verwerflicher ist, als derselbe Mitglied des Fischereivereins Thun ist.

Eine empfindliche Bestrafung ist deshalb geboten; Unter diesen Gesichtspunkten halten wir in Übereinstimmung mit der Forstdirektion des Kantons Bern eine bloss teilweise Herabsetzung für angebracht, in der Meinung, eine Busse von Fr. 40 bedeute für den Verurteilten angesichts seiner Verhältnisse immerhin eine genügende Abschreckung.

Zu b. Guédat wurde mit einem Korb Forellen ertappt, die er in der vorhergehenden Januarnacht im Doubs gefangen hatte.

Die Gesetzesübertretung ist nie bestritten worden und ist auch vorhanden, da der Kanton Bern die Schonzeit für Forellen auf den ganzen Monat Januar erstreckt hat. Guédat begründet sein Gesuch einzig mit seinen unerfreulichen Verhältnissen, bringt an, er sei infolge eines Unfalles, der ihm eine Hand arg hergenommen habe, nicht voll arbeitsfähig, seine Familie werde

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öffentlich unterstützt, und es sei ihm nicht möglich die Busse aufzubringen. Schliesslich verweist er auf seinen guten Leumund.

Das Gesuch wird vom Gemeinderat von Ocourt empfohlen.

Die Forstdirektion des Kantons Bern, der wir uns anschliessen, bemerkt hierzu, sie könne eine teilweise Begnadigung nur mit Rücksicht auf die geschilderten Verhältnisse des Gesuchstellers zugeben; jedenfalls solle die Busse nicht weniger als Fr. 30 betragen, da im Hinblick auf die schwierigen Aufsichtsverhältnisse im Doubsgebiet nicht angängig erscheine, den Fischfrevel durch weitgehendes Entgegenkommen zu begünstigen.

A n t r ä g e : Herabsetzung der Bussen auf Fr. 40 bei Hirschi, auf Fr. 30 bei Guédat.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 1. Mai 1918.

Im Namen-des sc'hweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Calonder.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmanu.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Sommersession 1918). (Vom 1. Mai 1918.)

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