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Kreisschreiben des

Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend die Ausführung der Art. 2, 3, 5 und 6 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1917 über die Stempelabgaben.

(Vom 20. Februar 1918.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Nachdem mit dem 3. Januar 1918 die Referendumsfrist für das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1917 über die Stempelabgaben unbenutzt abgelaufen ist, haben wir mit Beschluss vom 15. Januar 1918 dieses Gesetz, mit Ausnahme der Vorschriften über die Stempelabgaben auf Frachturkunden, auf den 1. April 1918 in Kraft gesetzt. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes erwachsen den Kantonen eine Reihe von Aufgaben, die im einzelnen darzulegen Aufgabe dieses Kreisschreibens ist. Wie auf allen Gebieten unseres bundesstaatlichen Lebens, wo immer Gesetzgebungskompetenzen und "Verwaltungsfunktionen des Bundes und der Kantone sich nahe berühren, wird auch hier eine gegenseitige freundeidgenössische Rücksichtnahme erforderlich sein, sollen sich nicht anders vom Bundesgesetzgeber nicht gewollte Überlastungen des wirtschaftlichen Verkehrs auf der einen, Rechtsungleichheit von Kanton zu Kanton und Minderung der fiskalischen Erfolge des Gesetzes auf der ändern Seite ergeben, die zu verhindern Bund und Kantone das gleiche Interesse haben.

Wir behandeln nachstehend unter: A. die Einwirkung des Bundesgesetzes auf die geltende Stempelgesetzgebung der Kantone ; B. die Mitwirkung kantonaler Organe und Beamten beim Vollzuge des Gesetzes; C. die Beschaffung der Grundlagen für die Verteilung des den Kantonen vorbehaltenen Fünfteils des Abgabenertrages.

A.

Nach Art. 67, Absatz 2, des Gesetzes haben die Kantone -die durch den Erlass dieses Gesetzes, notwendig gewordenen Änderungen ihrer kantonalen Stempel- und Registrierungsgesetz-

290 gebung vorzunehmen. Der Inhalt dieser Änderungen wird bestimmt durch Art. 2 des Gesetzes : ,,Ist nach Massgabe dieses Gesetzes eine Urkunde mit einer Abgabe belastet oder als abgabefrei erklärt, so darf weder diese Urkunde selbst, noch eine andere Urkunde, welche dasselbe Rechtsverhältnis betrifft, von den Kantonen mit Stempel- oder Registrierungsabgaben belastet werden."

Keiner Erörterung bedarf die Frage, welche Urkunden, weil sie durch Bundesge&etz mit einer Abgabe belastet oder als abgabefrei erklärt worden sind, fortan nicht mehr Gegenstand kantonaler Stempel- oder Registrierungsabgaben sein können ; sie ist eindeutig aus dem Wortlaut des Gesetzes zu beantworten.

Erläuterungsbedürftig erscheinen dagegen die Fragen: wie weit der Kreis derjenigen Urkunden zu ziehen ist, welche, weil sie dasselbe Rechtsverhältnis wie eine vom Bundesgesetzgeber erfasste Urkunde betreffen, vom Kanton nicht mehr belastet werden dürfen, und wie weit die Kompetenz der Kantone reicht, auf solchen Urkunden Stempel- und Registrierungsgebühren zu erheben?

1. Hat der Bund die Erhebung einer Abgabe auf einer Urkunde, oder die Abgabefreiheit dieser Urkunde verfügt, so sind damit alle dasselbe Rechtsverhältnis betreffenden Urkunden der Forderung einer weitern Stempel- oder Rcgistrierungsabgabe durch die kantonale Gesetzgebung entzogen, mögen sie vor oder nach der durch Bundesgesetz erfassten Urkunde zur Ausgabe gelangen. Beispiele mögen den Grundsatz veranschaulichen. Wird eine Grundpfandverschreibung oder ein Schuldbrief errichtet, um ein Pfandrecht für Anleihensobligationen zu bestellen, so dürfen Grundfnndverschreibung und Schuldbrief mit einer kantonalen Stempel- oder Registrierungsabgabe nicht-belastet werden, denn sie betreffen dasselbe Rechtsverhältnis wie die durch Bundesgesetz mit einer Abgabe belasteten Anleihensobligationen. -- Der Gesellschaftsvertrag einer Aktiengesellschaft betrifft dasselbe Rechtsverhältnis wie die Aktie selbst, und aus demselben Rechtsverhältnis leitet sich auch die Forderung des Aktionärs ab, welche der Dividendencoupon beurkundet ; Gesellschaftsvertrag und Dividendencoupon sind beide gleichermassen der Forderung einer kantonalen Stempel- oder Registrierungsabgabe entzogen.

Die bundesrechtliche Stempelabgabe auf dem Umsatz von Wertpapieren belastet das Wertpapier, das Gegenstand eines
auf Übertragung von Eigentum gerichteten Rechtsgeschäftes ist; in den, Kantonen, in welchen bisher eine Börsen- oder Effektenumsatzsteuer bezogen wird, meist durch Stempelung der Bordereaux oder der Börsenregister, ist deren Fortbezug nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes ausgeschlossen. -- Dasselbe Rechts-

291 Verhältnis wie die zum Gegenstande einer bundesrechtlichen Stempelabgabe erklärte Prämienquittung betreffen auch: der schriftliche Antrag auf Abschluss oder Verlängerung einer Versicherung, die Police, Veränderungen und Nachträge zur Police ; die auf diesen Urkunden bisher bezogenen kantonalen Stempel- und Registrierungsabgaben fallen dahin. -- Mit Hinblick auf die starke Verbreitung kantonaler Quittungsstempel sei besonders noch hervorgehoben, dass der Anspruch des zahlenden Schuldners auf eine Quittung noch demselben Rechtsverhältnis entspringt, auf Grund dessen die Zahlung geleistet wird, dass folglich ein kantonaler Quittungsstempel nicht mehr erhoben werden darf, wenn eine andere, der Aufzeichnung desselben Rechtsverhältnisses dienende Urkunde durch Bundesgesetz belastet oder befreit ist. Die Quittung, welche etwa der Obligationengläubiger anlässlich der Rückzahlung der Obligation ausstellt ; die Quittung des Emittenten für Teilzahlungen auf die von ihm ausgegebenen Wertpapiere ; die Quittung der Genossenschaft über Einzahlungen auf den Stammanteil ; die Quittung des Versicherungsnehmers oder seiner Erben oder Rechtsnachfolger über die Auszahlung der Versicherungssumme; die Quittung, welche der Wechselschuldner, der eine Teilzahlung geleistet hat, und die quittierte Retourrechnung, welche der zahlende Regresspflichtige fordern darf; die Quittung des Frachtführers über den Frachtbetrag ; all diese und ähnliche Quittungen mehr sind inskünftig der Forderung einer kantonalen Quittungsstempelabgabe unzugänglich.

2. Die Erhebung von Stempel- und Registrierungsabgaben auf Grund der kantonalen Gesetzgebung ist stets dann, aber auch nur dann ausgeschlossen, wenn die Urkunde ihrem Inhalte nach dasselbe Rechtsverhältnis wie die durch das Bundesgesetz erfasste betrifft; sie ist nicht ausgeschlossen, wenn zwischen den beiden Urkunden wohl eine gewisse Beziehung besteht, die Tatsache aber, welche die durch das kantonale Gesetz belastete Urkunde aufzeichnet, nicht als rechtliche Voraussetzung, als Bestandteil oder als Konsequenz des Rechtsverhältnisses anzusprechen ist, dessen Aufzeichnung die durch Bundesgesetz erfasste Urkunde dient. So wird z, B. der Kanton, der seine "Handänderungssteuer in der Form eines Urkundenstempels erhebt, die Stempelabgabe auch dann fordern dürfen, wenn die Übertragung des
Eigentums an Liegenschaften im Gesellchaftsvertrage einer Aktiengesellschaft oder in einem zwischen zwei Aktiengesellschaften abgeschlossenen Fusionsvertrage beurkundet wird, wiewohl die Gründung oder Fusion die Ausgabe von Aktien zur Folge hat, welche Gegeastand einer bundesrechtlichen Stempelabgabe sind.

292 Ebenso darf der Kauton, der Stempelabgaben auf Faustpfandverschreibungen oder Bürgschaftserklärungen erhebt, eine solche Abgabe, wiewohl der Wechsel durch Bundesgesetz mit einer Stempelabgabe belastet ist, dennoch fordern, wenn gleichzeitig mit der Faustpfandverschreibung ein Lombardwechsel ausgefertigt oder wenn die Bürgschaft für eine Wechselforderung erklärt wird; denn weder die Faustpfandverschreibung noch die Bürgschaft sind rechtliche Voraussetzungen, Bestandteile oder Konsequenzen des seinem Inhalte nach allein durch den 29. Titel des Obligationenrechtes bestimmten wechselrechtlicheu Verhältnisses. -- Desgleichen wird der Kanton, der Stempelabgaben auf Faustpfandverschreibungen oder Zessionen erhebt, diese Abgabe bei Verpfandung einer Police fordern dürfen, selbst wenn der Versicherer Pfandgläubiger sein sollte, oder bei Abtretung der Rechte aus einem Versicherungsvertrage, denn diese Rechtsgeschäfte liegen nicht mehr in der Sphäre des durch die Versicherung begründeten Rechtsverhältnisses zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer, und allein die dieses letztere Rechtsverhältnis betreffenden Urkunden sind der kantonalen Abgabeforderung entzogen.

3. Untersagt ist den Kantonen die Erhebung von Stempeloder Registrierungsabgaben auf einer Urkunde, welche dasselbe Rechtsverhältnis wie eine durch Bundesgesetz erfasste Urkunde betrifft ; nicht untersagt ist ihnen aber die Erhebung von Abgaben auf solchen Urkunden, wenn die Erhebung nicht m a t e r i e l l an die Aufzeichnung eines bestimmten Rechtsverhältnisses oder Rechtsgeschäftes anknüpft, sondern an die Tatsache, dass die Urkunde in einer bestimmten F o r m , etwa der einer Notariats- oder Gerichtsnrkunde, errichtet wird. Beispielsweise wird in einem Kanton, der eine Stempelabgabe auf Notariatsakten fordert, auf der von einem Notar errichteten Grundpfandverschreibung für ein Obligationenanleihen, oder auf dem von einem Notar errichteten Gesellschaftsvertrag einer Aktiengesellschaft, oder auf dem von einem Notar aufgenommenen Wechselprotest die Stempelabgabe an den Kanton zu entrichten sein. Und gleichermassen wird das Gerichtsurteil, das in einem Prozess zwischen den Aktionären einer Aktiengesellschaft und dieser Gesellschaft selbst ergeht, der kantonalen Forderung einer Stempelabgabe auf Gerichtsakteri nicht entzogen, wiewohl
der Inbegriff der Mitgliedschaftsrechte, deren Inhalt gerichtlich festgestellt werden soll, durch die Aktie beurkundet, und diese mit einer bundesrechtlichen Abgabe belastet ist. Da aber all diese Abgaben nur insoweit fortbezogen werden dürfen,

293 als sie, ohne Rücksicht auf den materiellen Inhalt der Urkunde, ausschliesslich an die Urkundenform anknüpfen, da folglich der allein dem Inhalt der Urkunde zu entnehmende ,,Wert des Gegenstandes"', der Betrag der Forderung oder Leistung, auf welche die Urkunde sich bezieht, der Veranlagung der Abgabe nicht mehr zugrunde gelegt werden darf, so kann für die Erhebung solcher Abgaben inskünftig nur ein Fix- oder Formatstempel, nicht aber ein Skala- oder Proportionalstempel in Frage kommen. Ob die Aktiengesellschaft mit Fr. 50,000,000 oder mit Fr. 5000 errichtet wird, ob der protestierte Wechsel auf Fr. 20 oder Fr. 200,000 lautet, die Stempel- oder Registrierungsabgabe, welche auf dem Gesellschafts vertrag oder auf dem Wechselprotest deshalb erhoben wird, weil es Notariatsurkunden sind, muss in beiden Fällen gleich hoch sein. -- Die Abgabehoheit des Kantons erfährt in dieser Richtung noch eine weitere Einschränkung : ist eine Urkunde mit Hinblick auf ihren Inhalt gemäss Art. 2 des Bundesgesetzes der kantonalen Forderung einer Stempel- oder Registrierungsabgabe entzogen, so darf der Kanton aus fiskalischen Erwägungen nicht mehr bestimmen, dass sie als Notariatsurkunde errichtet werden müsse, und darf aus fiskalischen Erwägungen nicht mehr fordern, dass sie registriert werde. Eine solche Bestimmung oder Forderung bleibt ihm gewiss im öffentlichen Interesse vorbehalten; aber Sicherung des Rechtsverkehrs, die zur Begründung derartiger Forderungen gelegentlich in den Vordergrund gerückt wird, ist kein vom Kanton wahrzunehmendes öffentliches Interesse; welche Urkunden um der Sicherheit des Rechtsverkehrs willen einer bestimmten Form bedürfen, vor einem Notar errichtet oder amtlich registriert werden müssen, ist seit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches der Entscheidung des kantonalen Gesetzgebers entzogen.

4. Durch Art. 2 des Gesetzes erfährt die Befugnis des Kantons, Stempel-und Registrierungs a b g a b e n zu erheben, eine Einschränkung, nicht aber seine Befugnis zur Erhebung von Stempel- und Registrierungs g e b ü h r e n. Fordert der Kanton anlässlich der Inanspruchnahme von behördlicher Tätigkeit durch einzelne Private von diesen ein Entgelt nach dem Grundsatze von Leistung und Gegenleistung, und fordert er die Zahlung dieses Entgeltes in der Form der Steinpelung einer Urkunde oder im Anschlüsse
an deren Registrierung, so wird dieses Forderungsrecht nicht durch den Umstand beeinträchtigt, dass die Urkunde selbst Gegenstand einer bundesrechtlichen'Abgabe oder durch Bundesgesetz als abgabefrei erklärt ist, oder dass sie

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dasselbe Rechtsverhältnis -wie eine solche betrifft. Soll ein kantonaler Beamter die Unterschrift auf einem Wechsel beglaubigen; soll der kantonale Grundbuchbeamte im Grundbuch ein Grundpfaridrecht eintragen, das zur Sicherung von Anleihensobligationen bestellt wird, oder soll er im Grundbuch die als Urkunden des Handelsverkehrs ausgegebenen und deshalb mit einer bundesrechtlichen Sternpelabgabe belasteten Serienschuldbriefe eintragen; wird vor einem kantonalen Gericht ein wechselrechtlicher oder ein Prozess aus einem Versicherungsvertrage geführt; oder soll der Richter das Verfahren zur Amortisationserklärung eines Wechsels oder eines mit einer bundesrechtlichen Stempelabgabe belasteten Wertpapiers einleiten : in all diesen und ähnlichen Fällen wird der Anspruch des Kantons auf Zahlung einer Verwaltungs- oder Gerichtsgebühr auch nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes fortbestehen und auch dann fortbestehen, wenn der Kanton die Zahlung dieser Gebühr durch Stempelung einer Urkunde oder im Anschlüsse an deren Registrierung fordert.

Voraussetzung für die Vereinbarkeit eines solchen Anspruches mit Art. 2 des Gesetzes ist aber, dass die Höhe der geforderten Gebühr dem Prinzipe der Gebührenbemessung nach dem Interesse oder nach der Kostenverursachung nicht widerspreche; erfolgte die Bemessung der Gebühr im Widerspruche gegen dieses Prinzip, so würde die Gebühr faktisch zu einer Verkehrssteuer und mit Art. 2 des Gesetzes unvereinbar.

Die vorstehenden Ausführungen dürften als Wegleitung für die notwendig gewordene Revision der kantonalen Stempel- und Registrierungsgesetze genügen. Zur Vermeidung künftiger fiskalischer Kompetenzkonflikte laden wir Sie ein, die Vorlagen zur Abänderung dieser kantonalen Gesetze unserm Finanz- und Zolldepartement zur Kenntnisnahme und Begutachtung zu unterbreiten.

Wir bemerken, dass es nicht notwendig ist, diese Vorlagen bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes zu verabschieden oder auch nur einzubringen, denn infolge der derogatorischen Kraft des eidgenössischen Rechtes sind mit dem Tage des Inkrafttretens des Bundesgesetzes die seinem Art. 2 widersprechenden Bestimmungen der kantonalen Gesetzgebung aufgehoben. Zur Information der beteiligten Kreise wird es sich aber empfehlen, wenn in jedem Kanton, in welchem Stempel- oder Registri erungsabgaben erhoben werden, die
Kantonsregierung in einer amtlichen Publikation bekannt gibt, welche bisher erhobenen Abgaben dieser Art nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes nicht mehr zur Erhebung gelangen. Auch zur Begutachtung dieser Publikation stellen

295 wir Ihnen die Mitwirkung unseres Finanz- und Zolldepartements zur Verfügung.

B.

Das Bundesgesetz sieht in Art. 5, Absatz 2, eine Mitwirkung der bei der Inkraftsetzung des Gesetzes bestehenden kantonalen Amtsstellen (d. h. der kantonalen Stern pel bureaux) beim B e z u g der Stempelabgaben vor. Der Ihnen gleichzeitig zugehenden Vollziehungsverordnung werden Sie entnehmen, dass die besondere Art der durch dieses Gesetz eingeführten Abgaben eine Trennung des B e z u g e s von der F e s t s e t z u n g der Abgaben, die gemäss Art. 4 des Gesetzes und der Vollziehungsverordnung aussehliesslich der eidgenössischen Steuerverwaltung obliegt, in den meisten Fällen nicht gestattet. Möglich ist der Bezug durch eine kantonale Amtsstelle nur, vvenn eine amtliche Festsetzung der Abgabe nicht erforderlich ist; dies ist der Fall bei der Abgabe auf Wechseln, deren Entrichtung keine amtliche Festsetzung vorausgeht, und bei der Abgabe auf Kassenobligationen und Kassenscheinen, welche in den in Art. 16 £f.

der Vollziehungsverordnung vorgesehenen Fällen ebenfalls ohne amtliche Festsetzung entrichtet wird. Wir vollziehen Art. 5, Absatz 2, des Gesetzes, indem wir uns der bestehenden kantonalen Stempelämter als Verkaufsstellen für unsere Wechsel- und Obligationenstempelmarken bedienen, wobei wir uns vorbehalten, gestützt auf Art. 5, Absatz 2, des Gesetzes denselben im Bedarfsfälle später noch weitere Aufgaben zuzuweisen. Wir vergüten für den Verkauf der Marken eine Verkaufsprovision in der Höhe von l °/o.

Wir ersuchen diejenigen Kantonsregierungeu, welche uns ihre kantonalen Stempelämter als Verkaufsstellen für unsere Stempelmarken zur Verfugung stellen wollen, hiervon bis zum 10. März dieses Jahres der eidgenössischen Steuerverwaltung Mitteilung zu .machen.

Wir verweisen bei diesem Anlass auf den Bundesratsbeschluss vom 22. Januar 1918 betreffend die Organisation der eidgenössischen Steuerverwaltung (A. S. n. F. XXXIV, 115).

Neben der Mitwirkung der Kantone beim Bezüge der Stempelabgaben sieht das Gesetz, Art. 6, eine weitere Mitwirkung insoferne vor, als es den Verwaltungs- und Gerichtsbeamten der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden, den Betreibungs- und Konkursbeamten, den Notaren, den mit notariellen Funktionen betrauten Personen und den Protestbeamten die Pflicht auferlegt, jede Übertretung des Gesetzes, von welcher sie in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Kenntnis erhalten, der zuständigen Behörde anzuzeigen. Als zuständige Behörde bezeichnen wir hiermit die Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. I.

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296 eidgenössische Steuerverwaltung. Diese Anzeigepflicht ist eiao den kantonalen und Gemeindehehörden durch Bundesgesetz auferlegte Dienstpflicht, deren Verletzung nach Massgabe der kantonalen Gesetze disziplinarisch verfolgt werden soll. Von besonderer Bedeutung für den Vollzug des Gesetzes ist die Erfüllung dieser Dienstpflicht seitens der Notare und der Protestbeamten (0. R., Art. 814). Wir laden die Kantonsregierungen ein, durch eine besondere amtliche Publikation den Notaren und Protestbeamlen diese Dienstpflicht zur Kenntnis zu bringen und deren peinlich genaue Erfüllung einzuschärfen. Wir möchten Ihnen auch dringend empfehlen, eine Vorschrift zu erlassen, die den Notaren und Protestbeamten die Verpflichtung auferlegt, im Protestregister bei jedem eingetragenen Wechsel anzumerken, ob derselbe gestempelt ist und welches Entwertungsdatum die Stempelmarken tragen. Der zur Führung des Protestregisters, 0. R., Art. 817, Verpflichtete, ist verpflichtet, der eidgenössischen SteuerVerwaltung Anzeige zu machen, so oft er in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit wahrnimmt, dass ein Wechsel oder ein« zum Umlauf bestimmte Wechselkopie nicht oder nicht genügend gestempelt ist. Wir machen besonders darauf aufmerksam und empfehlen Ihnen, auch in Ihrer Publikation darauf aufmerksam zu machen, dass der zur Anzeige Verpflichtete .sich von der Erfüllung dieser Pflicht nicht befreien kann, indem er den Stempel Pflichtigen zur Nachzahlung der Abgabe anhält, oder indem er, als Notar, die hinlerzogene Abgabe für Rechnung seines Klienten durch nachträgliche Stcmpelung der Urkunde selbst entrichtet. Ist ein Wechsel nicht oder nicht genügend gestempelt in Verkehr gesetzt worden, so ist das Gesetz übertreten, und es steht dem zur Erstattung der Anzeige Verpflichteten nicht zu, den Fehlbaren der Strafe zu entziehen.

Es ist vorauszusehen, und die überall im Auslande gesammelten Erfahrungen bekräftigen diese Voraussicht, dass die dem Inkrafttreten des Gesetzes nächstfolgenden Jahre eine Reihe von Prozessen zwischen dem eidgenössischen Stempeltiskus und den zur Zahlung der Abgaben Verpflichteten bringen werden.

Da es sich hierbei zunächst um prinzipielle Entscheidungen handeln wird und jede solche Entscheidung bedeutsame Konsequenzen nach sich zieht, so haben beide Parteien ein erhebliches Interesse an möglichst rascher
Ausbildung einer einheitlichen Spruchpraxis und an oberstgerichtlichen Entscheidungen strittiger Stempelrechtsfragen. Um die Erfüllung dieses Interesses zu gewährleisten, werden wir in allen Fällen, in welchen Urteile kantonaler Gerichte mit der Auslegung des Gesetzes durch die

297 mit seinem Vollzuge betrauten Organe der Bundesverwaltung nicht übereinstimmen, gemäss Art. 18 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1849, betreffend das Verfahren bei Übertretung fiskalischer und polizeilicher Bundesgesetze, das Rechtsmittel der Kassation geltend machen. Als die Stelle, welcher sämtliche auf Grund des Bundesgesetzes Über die Stempelabgaben vom 4. Oktober 1917 ergehenden Urteile kantonaler Gerichte, sowie sämtliche die Anklage wegen Übertretung dieses Gesetzes ablehnenden Entscheide der kantonalen Üherweisungsbehörden zu übermitteln sind, bezeichnen wir hiermit die eidgenössische Steuerverwaltung.

C.

Wir laden die Regierungen derjenigen Kantone, in welchen ' auf Grund der kantonalen Gesetzgebung Stempel- oder Registrierungsabgaben erhoben werden, ein, der eidgenössischen Steuerverwaltung bis zum 1. Oktober dieses Jahres eine spezifizierte Aufstellung des jährlichen Ertrages dieser Abgaben in den Jahren 1.911 bis 1915 zu übermitteln. Wir laden Sie ferner ein, erstmalig für das Finanzjahr 1918 und alsdann alljährlich bis und init 1928 jeweilen innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach erfolgter Genehmigung der Staatsrechnung durch die zuständige kantonale Behörde der eidgenössischen Steuerverwaltung eine spezifizierte Aufstellung über den Jahresertrag der Stempel- und Registrierungsabgaben zu übermitteln. Wir benötigen diese Aufstellungen, um die gemäss Art. 67 des Gesetzes einzelnen Kantonen etwa zustehendeu Ersatzansprüche zu berechnen. Wir machen Sie insbesondere noch aufmerksam auf Art. 67, Absatz 2, des Gesetzes, demzufolge der Anspruch des Kantons auf Ersatz einer Mindereinnahme durch jede materielle Änderung seiner Stempelund Registrierungsgesetzgebung während der auf das Inkrafttreten des Gesetzes folgenden drei Jahre verwirkt wird.

Wir benützen den Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 20. Februar 1918.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Calonder.

Der Kanzler der' Eidgenossenschaft : Sckatzmaim.

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend die Ausführung der Art. 2, 3, 5 und 6 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1917 über die Stempelabgaben. (Vom 20. Februar 1918.)

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27.02.1918

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