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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung.

70. Jahrgang.

Bern, den 12. Juni 1918.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis lü franken Im Jahr, 0 franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr", Einrückungsgebühr : 16 Rappen die Zeile oder deren Baum. -- Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stämpfli £ de. in Bern.

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Bericht

zu 856

der

Kommission des Nationalrates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1917.

(Vom

14.

Moi 1918.)

Herr Präsident, Herren Nationalräte!

Wir beehren uns, Ihnen über unsere Prüfung der Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1917 Bericht zu erstatten.

Nachdem laut Beschluss der Bundesversammlung die Massnahmen, welche der Bundesrat kraft seiner Vollmacht getroffen hat, durch die Kommissionen für die Massnahmen zur Sicherung der Neutralität geprüft und in den eidgenössischen Räten in eingehendster Weise behandelt worden sind, haben wir unsere Prüfung auf diejenigen Geschäfte beschränkt, über welche der Bundesrat Bericht erstattet, wobei wir es vermieden haben, Fragen zu berühren, welche bereits bei Behandlung des sogenannten Neutralitätsberichtes Gegenstand der Beratung waren.

Geschäftsführung des Bundesrates.

Allgemeine Verwaltung.

Die gesetzgebenden Räte hielten im Berichtsjahre 4 Tagungen, mit 75 Sitzungen des Nationalrates, 61 des Ständerates, 5 der vereinigten Bundesversammlung.

Diese Zahl der Sitzungen überschreitet weit das bisherige Mittel, wobei naturgemäss die Inanspruchnahme des Nationalrates eine weit höhere war als diejenige des Ständerates.

Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. III.

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308

Trotz wesentlicher Überschreitung der reglementarischen Sitzungsdauer und fleissiger Vorbereitung der Geschäfte durch die Kommissionen konnten eine Reihe ordentlicher Geschäfte nur verspätet, eine grosse Zahl von Postulaten, Motionen und Interpellationen im Berichtsjahre durch den Nationalrat gar nicht erledigt werden.

Die Verhandlungen über die Massnahmen zur Sicherung der Neutralität nahmen eine aussergewöhnliche Ausdehnung an; die Zahl der Motionen und Postulate vermehrte sich progressiv. Eine weise Ökonomie der Kräfte in der Diskussion dürfte sich ohne Zweifel empfehlen und die Priorität in der Verhandlung, wenn immer möglich, den ordentlichen Geschäften zufallen.

Eine Vermehrung oder Ausdehnung der Tagungen würde sehr schätzenswerten Kräften des Nationalrates ein Verbleiben im Rate wegen ihrer übrigen amtlichen und geschäftlichen Tätigkeit schwer oder unmöglich machen, was im Interesse des Landes zu bedauern wäre.

Der Bericht des Bundesrates enthält im Jahre 1916 eine Zusammenstellung, enthaltend : 1. die im Berichtsjahre beschlosseneu Postulate; 2. die im Berichtsjahre vorgekommenen Erledigungen ; 3. die noch unerledigten Postulate.

Die Postulate, welche sich auf die durch den Krieg geschaffene Lage beziehen, sind hierbei nicht aufgeführt.

Obwohl im Jahre 1917 37 Postulate ihre Erledigung gefunden haben, war am Ende des Berichtsjahres noch die gleiche Zahl unerledigt.

Verschiedene derselben datieren noch aus dem Anfange des Jahrhunderts: Der eine oder andere der Autoren dürfte vielleicht in liebenswürdiger Weise daraus seine Konsequenzen ziehen.

Die Geschäftslast des Bundesrates war auch im Berichtsjahre eine aussergewöbnlich grosse. Die Zahl der Sitzungen beläuft sich auf 155, während diese in den 3 Jahren vor dem Kriege 108, 116 und 111, im vorhergehenden Jahre 143 betrug.

In den Sitzungen von 1917 wurden 3472 Geschäfte behandelt, 1916: 2782.

Die Zahl der Geschäfte war in den Jahren 1911--1913 ein» wesentlich höhere, desgleichen auch die Zahl der eingegangenen, und ausgegangenen Schreiben.

309 Die Ursache liegt wohl in der Hauptsache in den dem Buudesrate eingeräumten ausserordentlichen Vollmachten, welche vielfach zu einem direkten Verkehr mit den einzelnen Departementen führten.

Ï. Abteilung für Auswärtiges.

1. Mit Beschluss vom 26. Juli 1917 betreffend die Abänderung der Organisation des Politischen und des Volkswirtschai'tsdepartements wurde durch den Bundesrat festgeselzt, dass der Bundespräsident, als solcher, Vorsteher des Politischen Departements sei, mit dem Zusätze, dass für das Jahr 1917 das Politische Departement einem Mitgliede des Bundesrates übertragen werden könne, das nicht das Amt eines Bundespräsidenten bekleidet. Da ein Wechsel in der Leitung des Volkswirtschaftsdepartements für ein halbes Jahr nicht tunlich erschien, so wurde das Politische Departement Herrn Bundesrat Ador übertragen. Der Bundesrat bestellte ferner aus seiner Mitte eine Delegation für auswärtige Angelegenheiten, welcher im Berichtsjahre die Herren Bundespräsident Schulthess, Vizepräsident Calonder und Bundesrat Ador angehörten.

Die HandelsabteiLung wurde vom Politischen Departement abgetrennt und dem Volkswirtschaftsdepartement angegliedert.

Den 31. August 1917 hat der Bundesrat beim Politischen Departement eine neue Abteilung für Vertretung fremder Interessen und Internierung geschaffen, welcher die Behandlung der Aufgaben zufiel, die der Schweiz durch die Übprnahmo der Interessenvertretungen und der Internierung von Gefangenen erwachsen ist.

Diese Abteilung beschäftigte ein Personal von 24 Beamten und Angestellten. Es ist diese Institution keine bleibende, und sie wird nach Friedenssehluss wieder verschwinden.

2. Die Entwicklung der politischen Verhältnisse in Russland veranlassten das Politische Departement wiederholt zu Schritten zum Schütze schweizerischer Interessen im genannten Staate. Die daherigen Verhandlungen waren aussergewöhnlich schwierig und führten nur teilweise zu dem gewünschten Erfolge.

Mit vollem Rechte hat der Bundesrat Schweizer im Auslande, welche in schuldhafter' Weise die Bezahlung der Militärsteuern unterliessen, von den Lebensmittelsendungen an die Schweizer im Auslande ausgeschlossen.

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3. Die Grenz- und Gebietsverletzungen haben sich im Berichtsjahr im Vergleich zu den vorhergehenden Kriegsjahren vervielfacht. Deren Zahl betrug 313.

Die meisten Grenzverletzungen erfolgten durch Flieger. Besonders schwere Fälle sind die durch französische Flieger erfolgten Bombenabwürfe von Kallnach, Muttenz, Menziken und Pruntrut und die Erschiessung des schweizerischen Grenzwächters Zumsteg durch einen deutschen Dragoner.

Das Politische Departement hat jeweilen bei den verantwortlichen Regierungen gegen die auf schweizerischem Gebiete erfolgten Bombenabwürfe energischen Protest erhoben. Der in Pruntrut entstandene Sachschaden wurde durch die französische Regierung gedeckt und die Witwe des Zollbeamten durch die deutsche Regierung abgefunden.

Diese sich progressiv mehrende Zahl von Grenz- und Gebietsverletzungen führt zu starker Beunruhigung besonders der Grenzgebiete, und der Bundesrat wird auch in Zukunft mit Energie diesen Vorkommnissen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden haben.

4. Der Krieg hat im Berichtsjahre stets schärfer seine Ausdehnung auf das wirtschaftliche Gebiet genommen und für den schweizerischen Handel grosse Schwierigkeiten geschaffen, die das Departement bestmöglich .zu beseitigen versuchte.

Unter dieser Ausdehnung des Krieges auf das wirtschaftliche Leben litten nicht nur die Kaufleute im Auslande, sondern auch vielfach im eigenen Lande.

Durch Handelsverbote über schweizerische Firmen, Errichtung schwarzer Listen, Zensurierung schweizerischer Korrespondenzen und ähnlichem ist dem schweizerischen Handel schwerer Schaden zugefügt worden, und das Politische Departement wird auch in Zukunft durch seine Intervention diese Schädigungen »uf ein ertragbares Mass zu reduzieren suchen müssen.

5. Die Lage der Schweizer in den kriegführenden Staaten ist vielfach eine recht schwierige. Die Verhaftungen von Schweizern in allen kriegführenden Staaten sind häufige und werden von diesen regelmässig mit der Sicherheit des in Frage kommenden Landes begründet.

Das Politische Departement intervenierte in zahllosen Fällen durch unsere Gesandtschaften in den betreffenden Staaten und direkt bei den bezüglichen Gesandtschaften in Bern. Diese Interventionen waren nur zum Teile von Erfolg begleitet und scheiterten oft am Argumente der. öffentlichen Sicherheit der bezüglichen kriegführenden Staaten.

311

Der Bundesrat stellt fest, dass er im Berichtsjahre, gestützt auf seine Verfügung vom 2. Juli 1915, in zwei Fällen ein Vertriebsverbot von Presserzeugnissen für die Dauer des Krieges erliess und dass kürzer befristete Einstellungen, Verwarnungen und Beschlagnahme einzelner Nummern von Pressprodukten, sowie Ausstellungsverbote von im Auslande erschienenen Druckschriften ia vielen Fällen verfügt werden mussten.

Es steht ausser Frage, "dass das neutralitätswidrige Verfahren eines Teiles der schweizerischen Presse in den kriegführenden Staaten eine gewisse Missstimmung wachgerufen hat, welche im wirtschaftlichen Verkehre mit denselben zum fühlbaren Ausdruck kam. Käme bei einem Teile der Presse Verstand und ruhige Überlegung mehr zur Geltung als leidenschaftliche Voreingenommenheit für oder gegen die einen oder andern kriegführenden Staaten und wäre das Verantwortlichkeitsgefühl dem eigenen Vaterlande gegenüber ein grösseres, so würde der grösste Teil der vorkommenden Pressausschreitungen verschwinden.

Bei aller Respektierung der Pressfreiheit unterstützt die Kommission den Bundesrat in seinem Bestreben, die Ausschreitungen der Presse gegen die Neutralität unseres Landes in unparteiischer Weise zu unterdrücken.

6. Der Reiseverkehr ist im Berichtsjahre von den kriegführenden Staaten sehr erschwert und eingeschränkt worden.

Auch die neutralen Staaten sahen sich gezwungen, zu dem Sjstem des kontrollierten Reiseverkehrs überzugehen.

Der ßundesrat hat durch die Gesandtschaften das Aus- und Einreisen von Schweizerbürgern aus und in die kriegführenden Staaten bei diesen zu vermitteln und damit persönliche und geschäftliche Interessen zu wahren gesucht.

7. Die ausserordentlichen Zeitverhältnisse brachten einen bedeutenden Wechsel in unsern Gesandtschaften und dem diplomatischen Korps.

Die Gesandtschaftsposten von Berlin, Paris, Washington, Buenos Aires wurden durch neue Minister besetzt und im Haag ein besonderer Gesandter ernannt.

8. DieFrage der G r ü n d u n g eines V ö l k e r b u n d e s zum Zwecke der k ü n f t i g e n F r i e d e n s s i c h e r u n g und speziell auch die weitere Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die S c h w e i z einem solchen Bunde beitreten könnte, bildeten Gegenstand der Besprechung sowohl im Schosse der Kommission als auch mit dem Vorsteher des Politischen Departements.

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Mit Befriedigung kann konstatiert werden, dass der letztere dem Studium dieser Frage bereits seine Aufmerksamkeit zugewendet hat. Gewiss aus guten Gründen. Denn nicht bloss die Grossmächte, sondern n a m e n t l i c h auch die K l e i n s t a a t e n haben das allergrösste Interesse daran, dass der Weltfriede in Zukunft unter den starken Schutz eines solchen Völkerbundes gestellt werde und dass durch letzteren die zur Feststellung, Vermittlung und Entscheidung künftiger internationaler Streitsachen durchaus notwendigen Organe und völkerrechtlichen lustitutioneri geschaffen werden.

Die neutralen Staaten dürfen sich jetzt schon ohne Bedenken mit diesen Fragen beschäftigen, weil ja a l l e Kulturstaaten berufen sind, an der Vorbereitung und Erledigung derselben mitzuwirken, und weil die hervorragendsten Staatsmänner der beiden kriegführenden Mächtegruppen einen solchen Völkerbund als eia erstrebenswertes Ziel bezeichnet haben. N u r auf dieser G r u n d lage w i r d e i n e a l l g e m e i n e A b r ü s t u n g m ö g l i c h u n d d u r c h f ü h r b a r sein.

Es wäre daher sehr zu begrüssen, wenn der Bundesrat entweder allein oder in Verbindung mit andern neutralen Regierungen die geeigneten Schritte tun würde, um eine Abklärung der mit der Gründung eines Völkerbundes zusammenhängenden Fragen zu veranlassen.

II. Innerpolitisch.© Abteilung.

. l. Betreffend das E i n b ü r g e r u n g s w e s e n wurde die Frage besprochen, ob der Bundesratsbesehluss vom 30. November 1917 nicht zu weit gehe, wenn er in Zukunft allen solchen Bewerbern, welche erst seit Kriegsausbruch in der Schweiz wohnhaft sind, die Einbürgerungsbewilligung nur nach einem v i e r j ä h r i g e n W o h n s i t z in unserm Lande erteilen will, resp. ob es nicht genügt hätte, diese Voraussetzung als R e g e l aufzustellen, um in wohlbegründeten Ausnahmefällen den gesetzlichen Grundsatz eines, bloss zweijährigen Wohnsitzes zur Anwendung bringen zu können.

Es wurde aber eingewendet, dass die Möglichkeit der Berücksichtigung von Ausnahmefällen in der Praxis vielleicht zu willkürlichen Entscheiden verleiten könnte.

2. Zum Abschnitt ,, I n t e r k a n t o n a l e A r m e n p f l e g e a ist bezüglich der Vereinbarung über w o h n ö r t l i c h e a l l g e m e i n e N o t u n t e r s t ü t z u n g während der Dauer des europäischen Krieges ergänzend hervorzuheben, dass die schweizerischen "Armendirek-

313 ·feoren in zwei Konferenzen im Bundeshause den Entwurf eines b l e i b e n d e n Konkordates betreffend wohnörtliche Unterstützung bereinigt haben. Durch dasselbe soll nach dem Kriege den Mängeln der heutigen interkantonalen Armenpflege begegnet werden.

Der Bundesrat wird Ende 1918 feststellen, ob der für das Zustandekommen dieses Konkordates vorgesehene Beitritt von mindestens sechs Kantonen, von denen vier eine Wohnbevölkerung von über 100,000 Seelen aufweisen müssen, stattgefunden habe.

Neun Kantonsregierungen haben vorläufig dem Bundesrate ihre Absicht kundgegeben, den zuständigen Instanzen ihrer Kantone den Beitritt zu beantragen. Tatsächlich beigetreten ist aber zurzeit nur der Kanton Schwyz. Sodann hat die Landsgemeinde von Appenzell A.-Rh. den Kantonsrat ermächtigt, den Beitritt zu erklären, und im Kanton Bern findet über diese Frage eine Volksabstimmung statt. Dagegen scheint in den übrigen Kantonen nichts geschehen zu sein.

\ Es wäre bedauerlich, wenn infolge der Untätigkeit der kantonalen Departemente und Regierungen der kritische Zeitpunkt für das Zustandekommen des Konkordates, nämlich der 31. Dezember 1918, unbenutzt verstreichen und das begrüssenswerte Projekt dahinfallen würde.

3. Von grosser Bedeutung sind die Mitteilungen des politischen Departements unter dem Titel ,, A u s w a n d e r u n g s w e s e n a, hauptsächlich die betreffenden s t a t i s t i s c h e n E r h o b u n g e n . Allein in den durch den Bericht des Departements mitgeteilten Zahlen sind, wie es sich herausgestellt hat, auch alle diejenigen ausländischen Auswanderer inbegriffen, welche entweder nur die schweizerischen Agenturen für die Auswanderung in Anspruch nahmen oder im Auftrage fremder Agenten im Transit befördert wurden, ohne dass dieselben vorher in der Schweiz domiziliert gewesen wären.

Die Zahl der in den Jahren 1912 und 1913 ausgewanderten Schweizer und in der Schweiz wohnhaft gewesenen Ausländer betrug nur 5871 resp. 6191 Personen, ging dann aber in den Kriegsjahren 1916 und 1917 auf 1464 resp. 656 Personen zurück.

Aus diesen Zahlen muss geschlossen werden, dass nach einer vierbis fünfjährigen Dauer des Weltkrieges in den ersten Friedensjahren jährlich ca. 10,000 Personen aus der Schweiz auswandern werden. Diese Zahl dürfte eher zu niedrig als zu hoch angeschlagen sein. Denn es kommen nach
dem Kriege nicht bloss die überseeischen Länder als hauptsächlichste Auswanderungsziele in Betracht, sondern namentlich auch e i n i g e z u r z e i t k r i e g f ü h r e n d e

314

L ä n d e r E u r o p a s mit ihren .furchtbaren Zerstörungen an Bauwerken aller Art, an Kommunikationsmitteln, an landwirtschaftlichem Grundbesitz usw. Es sei nur an Belgien, Frankreich, Polen und Rumänien erinnert; und gerade diese Länder haben einen gewaltigen Verlust an eigenen Arbeitskräften erlitten.

Es liegt daher auf der Hand, dass nach dem Kriege die Auswanderung von geeigneten Arbeitskräften aus der Schweiz rerhältnismässig grosse Dimensionen annehmen dürfte und das» dadurch unsere Industrie, unsere Landwirtschaft und einzelne Gewerbe nicht unerheblich geschädigt werden könnten, wenn nicht rechtzeitig geeignete Massnahmen ergriffen werden sollten^ um die Auswanderung innert angemessenen Schranken zu halten.

Es genügt nicht, die Versorgung unserer Industrie mit Rohstoffen sicherzustellen, gute und konkurrenzfähige Fabrikate zu schaffen und eine Steigerung des Exportes anzustreben, sondern eine HauptToraussetzung für das wirtschaftliche Gedeihen unseres Landes liegt in einer ausreichenden Anzahl geeigneter Arbeitskräfte.

Es wäre daher sehr zu hegrüssen, w e n n der B u n d e s r a t die Frage p r ü f e n würde, welche M a s s n a h m e n getroffen werden sollten, um die nach dem Kriege drohende Ausw a n d e r u n g geeigneter und die E i n w a n d e r u n g ungeeigneter A r b e i t s k r ä f t e nach M ö g l i c h k e i t z u v e r h i n d e r n .

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Departement des Inumi.

1. Gesetzgebung.

3.

Förderung und Hebung der angewandten Kunst.

Der Bundesrat meldet, dass der Bericht für 1918 über die Ausführung des Bundesbeschlusses betreffend die Förderung und Hebung der angewandten (industriellen und gewerblichen) Kunst Aufschluss geben werde. Es ist zu wünschen, dass diese Massnahmen sobald als möglich getroffen weiden. Im Hinblick auf den nach Kriegsende zu erwartenden gewaltigen Aufschwung der Industrie kommt es sehr darauf an, dass sie mit der Kunst in engster Fühlung bleibt.

I. Abteilung für Kultur, Wissenschaft und Kunst.

4. Eidgenössische Technische Hochschule.

a. Technische Hochschule.

1. S t u d i e r e n d e . Die Kommission hat von den besondern Massnahmen für die Diplomkandidaten, die wegen des Heeresdienstes an den ordentlichen Prüfungen nicht teilnehmen konnten, mit Befriedigung Kenntnis genommen. Sie wünscht, dass diese Anordnung während der ganzen Dauer des Krieges aufrechterhalten werde.

7. V e r s c h i e d e n e s : Maturitätszeugnisse schweizerischer M i t t e l s c h u l e n . Gegenwärtig wird an einer Abänderung des Maturilätsprogramms gearbeitet. Im Verlaufe dieses Krieges haben eine grosse Anzahl Mittelschulen die Maturitätsprüfung infolge Einberufung von Lehrern zürn Heeresdienste wenigstens für einzelne Fächer fallen lassen müssen. Um diese Lücke auszufüllen, sind die Maturitätszeugnisse im Einverständnis mit dem schweizerischen Schulrate für gewisse Fächer auf Grund der Durchschnittsnoten des Jahreszeugnisses aufgestellt worden.

Dieses Vorgehen ist zu begrüssen. Man wird gut tun, es auch bei den künftigen Maturitätsprüfungen anzuwenden.

b. Annexanstalten. Meteorologische Zentralanstalt.

Der Geschäftsbericht enthält Angaben über die Vermehrung der Niederschlagssammler im Hochgebirge. Alles was in dieser Hinsicht wird getan werden können, ist nur zu billigen. Dergleichen verdienen die Vorarbeiten zur Einführung des Windmotors für die landwirtschaftlichen Betriebe im schweizerischen Mittelland gefördert zu werden.

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IL Oberbauinspektorat.

Es fällt auf, dass Fragen, welche die Wasserwerke an Grenzgewässern und die Seeregulierungen betreffen, sowohl im Abschnitt II (Oberbauinspektorat) als im Abschnitt V (Wasserwirtschaft), also doppelt, behandelt sind. Es erklärt sich dies aus dem Umstand, dass die Abteilung Wasserwirtschaft" früher eine Unterabteilung des Oberbauinspektorates war, dem auch die Behandlung der wasserwirtschaftlichen Fragen zustand. Das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesverwaltung vom 16. März 1914 erhob die Wasserwirtschaft zu einer selbständig organisierten Abteilung des Departements. Ihr steht in der Hauptsache die Behandlung der wasserwirtschaftlichen Fragen, d. h. der Vollzug des mit dem 1. Januar 1918 in Kraft getretenen neuen eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes zu, während der Geschäftskreis des Oberbauinspektorates auf den Vollzug des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge, sowie auf die Behandlung der Subventionsgesuche für Strassen- und Brückenbauten, Gewässerkorrektionen, Schiffahrtseinrichtungen etc. beschränkt bleibt. Eine vollständig klare Scheidung der Geschäfte zwischen Oberbauinspoktorat und Wasserwirtschaft besteht noch nicht. Sie wird sich auch kaum je einmal durchführen lassen.

Gewisse Berührungspunkte werden stets vorhanden sein, die ein enges Zusammenarbeiten der beiden Abteilungen bedingen. Die wasserwirtschaftlichen Fragen können nicht ohne Rücksicht auf die wasserbaupolizeilichen behandelt und erledigt werden und umgekehrt. Es wird Sache des Departementes sein, einerseits das notwendige intensive Zusammenarbeiten der beiden selbständigen Abteilungen sicherzustellen, anderseits aber auch dafür zu sorgen, dass Doppelspurigkeiten namentlich auch in der Berichterstattung vermieden werden.

c. Allgemeines Wasserbauwesen.

Der Bericht des Oberbauinspektorates gibt der Ansicht Ausdruck, es wäre mit Rücksicht auf die jetzigen Lohnsätze und Materialpreise angezeigt, die Anordnung von Korrektions- und Verbauungsarbeitcn auf das Notwendigste zu beschränken. Gewiss legen diese Verhältnisse in Verbindung mit dem jetzt herrschenden Arbeitermangel einen solchen Wunsch nahe. Allein anderseits tun doch die neuen Vorlagen, welche eine Steigerung der Kostenvoranschläge für Korrektionen um Fr. 800,000 herbeigeführt haben, die Notwendigkeit und das Bedürfnis nach der Durchführung von Korrektions- und Verbauungsarbeiten dar, die ebon an vielen Orten die Voraussetzung bilden für die Ausführung

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von Entsumpfungsprojekten und für die Durchführung zweckmässiger Bodenverbesserungen überhaupt. Wenn trotz der hemmenden Wirkung der hohen Löhne und Materialpreise und des Arbeitermangels solche Korrektionsprqjekte von den Kantonen aufgegriffen werden, so liegt darin der Beweis für ihre Dringlichkeit und Notwendigkeit, und es ist zu hoffen, dass der Bund in diesen Fällen den Unternehmungen seine Unterstützung nicht versagt. Es muss dies auch mit Rücksicht auf die drohende Arbeitslosigkeit gewünscht werden.

Wasserstand des Langensees.

Es hat sich herausgestellt, dass das aussergewöhnliche Ansteigen des Wasserstandes des Langensees. das in den beteiligten Gegenden des Kantons Tessin einige Beunruhigung hervorrief, auf natürliche Einflüsse zurückzuführen ist.

III. Baudirektion.

Gr. B e s c h a f f u n g v o n B u r e a u l o k a l e n f ü r d i e Z e n t r a l v er w a l t u n g . Mit Bezug auf die vom Bund erworbene Besitzung ,,Villa Schöaburg" spricht die Kommission den Wunsch aus, dass in Zukunft in ähnlichen Fällen anders vorgegangen werde, als es hier geschehen ist. Es dürfte sich empfehlen, die erforderlichen Kredite wie gewohnt von der Bundesversammlung zu verlangen.

IV. Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei.

Nach dem Geschäftsbericht sind die Holznutzungen aus den öffentlichen Waldungen im Jahre 1917 um weitere 29,037 m 3 gestiegen. Trotzdem unsere Forststatistik noch in den Kinderschuhen steckt, ergeben doch die von den Kantonen eingezogenen allerdings noch unvollständigen Erhebungen, dass in den S t a a t s w a l d ü n g e n 5 Kantone Übernutzungen von 9,8% der normalen Jahresnutzung und bei den G e m e i n d e - u n d K o r p o r a t i o n s w al d ü n g e n 16 Kantone, von welchen ein einigerrnassen zuverlässiges Material erhältlich war, eine Gesamttibernutzung von 4 °/o der normalen Jahresnuteung aut'weisen.

Viel schlimmer steht es in den P r i v a t W a l d u n g e n , in welchen die Mehrnutzungen gegenüber dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre vor dem Kriege das Sechsfache dieser Jahresnutzung betragen. Vergleicht man damit noch die Ein- und Ausfuhr von Holz in den letzten Jahren, so kann man sich der Einsicht, dass der Krieg eine starke Übernutzung unserer Wälder -/.ur Folge hat, nicht verschliessen.

318 In den Jahren 1914--1916 hat die Holzeinfuhr abgenommen um 350,000 q im Wert von Fr. 10,650,000; die Ausfuhr dadagegen nahm zu um 658,000 q im Wert von Fr. 67,570,000 und die Mehrausfuhr nahm zu um 1,008,000 q im Wert von Fr. 78,220,000.

Das Verhältnis der Einfuhr zur Ausfuhr war im Jahre 1914 .

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Während unsere M e h r e i n f u h r vor dem Kriege 40--43 Millionen betrug, haben wir einzig im Jahr 1916 für rund 60 Millionen mehr Holz aus- als eingeführt. Unsere Volkswirtschaft hat daher im genannten Jahr aus dem Wald rund 100 Millionen mehr bezogen als früher. So erfreulich einerseits diese Bedeutung, welche der schweizerische Wald in volkswirtschaftlicher Hinsicht erlangt hat, auch sein mag, so drängt sich doch die Frage auf, ob unsere Waldungen den in solchem Mass gesteigerten Anforderungen ohne ernstliche Gefährdung ihrer Existenz genügen können.

Die Stimmen mehren sich, welche der Zukunft nicht ohne Besorgnis entgegensehen. Schon vor dem Krieg waren wir jährlich für 700,000 m3 auf die Einfuhr angewiesen. Eine baldige Einfuhr von Holz im Vorkriegsumfang ist nicht zu erwarten, und überdies sind wir für unsere Brennstoffversorgung je länger je mehr auf die eigene Produktion angewiesen.

Die Holzpreise haben infolge der starken Ausfuhr und der verminderten Einfuhr von Holz und Kohle eine für die unbemittelte und wenig bemittelte Klasse der Bevölkerung fast unerschwingliche Höhe erreicht. Soll dieser Zustand nicht andauern, so muss möglichste Einschränkung, oder noch besser die vollständige Sistierung des Holzexportes angestrebt werden.

Ein Mittel, das Gleichgewicht zwischen der Produktion und dem Holzkonsum herzustellen, liegt in der intensiveren Bewirtschaftung der Wälder. Nach der bemerkenswerten Schrift des Oberforstinspektorates über die Holznutzungen in den Jahren 1914--1916 beträgt die Nutzung in den Staatswaldungen, welche von Forsttechnikern bewirtschaftet werden, pro ha 5,3 m8, während sie in den Gemeinde- und Korporationswaldungen, in welchen der grossen Ausdehnung der Forstkreise wegen der Forstbeamte die Wirtschaft nicht unmittelbar leiten kann, nur 3,2 m 3 beträgt, also um mehr als 2 m 3 zurückbleibt. Da die Gemeinde- und Korporationswaldungen einen Flächeninhalt von 600,000 ha aufweisen, so würde eine Steigerung des Ertrages um l,i m 3 per

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ha und Jahr hinreichen, um den eigenen Holzbedarf der Schweig, wie er vor dem Krieg bestund, zu decken.

Bisher wird nur ein Zehntel der öffentlichen Waldungen der Schweiz von Forsttechnikern verwaltet; im übrigen Teil derselben ist die Verwaltung in der Hauptsache auf die Durchführung der forstpolizeilichen Vorschriften beschränkt. Die Einführung einer intensiveren Wirtschaft, durch welche aus dem Waldboden der grösstmögliche Material- und Geldertrag erzielt werden kann, bedingt eine Vermehrung der -Forstbeamten und die Unterstellung der Gemeindewälder unter direkte fachmännische Verwaltung.

In neuester Zeit sind die Kantone Waadt und Neuenburg in diesem Sinne vorgegangen und haben ihr technisch gebildetes Personal verdoppelt.

Wir laden den hohen Bundesrat ein, dieser Bewegung möglichst Vorschub zu leisten, wenn nötig selbst auf dem Wege der Revision des eidgenössischen Forstgesetzss von 1902.

In diesem Sinne begrüssen wir auch den Bundesratsbeschlusa vom 23. Februar 1917 betreffend Überwachung der Holznut/.ung in den privaten Nichtschutzwaldungen, wonach ohne Bewilligung ·der zuständigen kantonalen Behörden keine Kahlschläge in Hochwaldungen und keine erheblichen Holznutzungen zum Verkauf «der für ein eigenes industrielles Gewerbe, zu dessen Betrieb hauptsächlich Holz verwendet wird, vorgenommen werden dürfen, und .ebenso die durch Bundesratsbeschluss vom 20. April 1917 festgesetzte Erhöhung der Bussen für verbotene Abholzungen.

Diese Beschlüsse stützen sich auf die ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates zum Schütze des Landes und sind vorläufig von begrenzter Dauer, wie die Vollmachten selbst. Bei der Unzulänglichkeit unserer Holzproduktion sind aber unsere Wälder sämtlich als Schutzwälder zu betrachten, und es ist zu .erwägen, ob nicht wenigstens der Beschluss vom 23. Februar 1917 auch nach dem Kriege in Kraft bleiben sollte.

Die Vermehrung der Waldfläche durch Aufforstungen im Gebirge ist im Berichtsjahr in eine rückläufige Bewegung eingetreten, indem im Schutzwald 149,17 ha gerodet und nur durch 35,54 Aufforstungen ersetzt, im Nichtschutzwald 43,86 ha gerodet und nur durch 22,73 Aufforstungen ersetzt worden sind.

Die Zunahme der Rodungen ist auf Ausdehnung des landwirtschaftlichen Anbaues behufs. Vermehrung der Nahrungsmittelproduktion zurückzuführen und betrifft hauptsächlich Auwälder mit geringem Holzbestand.

320 Nachdem unsere Holzproduktion schon jetzt ein Defizit aufweist, darf die Waldfläche nicht vermindert werden, und es ist darüber zu wachen, dass die Waldausreutungen nicht weiter zunehmen.

V. Abteilung für Wasserwirtschaft.

Mit dem am 1. Januar 1918 in Kraft getretenen neuen eidgenössischen Wasserrechtsgesetz hat das Departement des Innern und speziell die Abteilung für Wasserwirtschaft eine neue, schöne, interessante und volkswirtschaftlich bedeutungsvolle Aufgabe übernommen. Von der Art und Weise des Vollzugs wird es abhangen, ob das Gesetz die daran geknüpften Erwartungen erfüllen wird.

Aus den bisher angeordneten Vollzugsmassnahmen spricht das Bestreben, die wasserwirtschaftlichen Fragen, welche das Gesetz stellt und der Vollzug desselben mit sich bringt, gemeinschaftlich mit den kantonalen Behörden und Organen zu lösen. Ein vernünftiges Zusammengehen und Zusammenarbeiten mit den kantonalen Behörden wird dazu beitragen, das Misstrauen zu beseitigen, das dem neuen, in vielen Teilen nicht überaus klaren Gesetz in weiten Kreisen noch entgegengebracht wird.

Die wichtigeren Erlasse zur Ausführung des neuen Wasserrechtsgesetzes fallen nicht mehr in das Berichtsjahr. Im Jahr 1917 sind nur erlassen worden : 1. Die Verordnung über die Organisation der schweizerischen Wasserwirtschaftskommission.

2. Die Verordnung betreffend die beschränkte Anwendung des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte auf kleinere Wasserwerke.

3. Der Bundesratsbeschluss betreffend die hängigen Verleihungsbegehren, welche Erlasse zu keinen besondern Bemerkungen Anlass geben.

Durch die Übertragung des Gesetzgebungsrechts über die Schifffahrt auf den Bund, welche durch die Vorlage des Bundesrates vom 16. Oktober 1917 vorgeschlagen wird, würde der Geschäftskreis der Abteilung für Wasserwirtschaft eine neue bedeutsame Erweiterung erfahren. Wir möchten nur wünschen, dass sie möglichst bald zur Tatsache wird.

Seeregulierungen.

Die Bestrebungen für die Seeregulierangen sind sehr zu begrüssen. Mit Recht werden sie von der Abteilung für Wasser-

321 Wirtschaft und vom Departement des Innern unterstützt. Das neue Wasserrechtsgesetz ist berufen, hierbei wertvolle Dienste zu leisten.

Diesen Bestrebungen kommt in der heutigen Zeit der immer zunehmenden Koblennot besondere Bedeutung zu, sollen doch durch diese Seeregulierungen die Wasserstände der Flüsse während der wasserarmen Zeit gehoben und dadurch die Produktion der elektrischen Energie in der Zeit des starken Bedarfs gehoben werden.

Die beim Genfersee mit Erfolg praktizierte p r o v i s o r i s c h e Regulierung des Abflusses soll deshalb bei anderen Seen, die als Akkurnulierungsbecken in Frage kommen, unter Umständen als ausserordentliche Kriegsmassnahme für die Zeit der Kohlennot ebenfalls versucht werden. Es ist sehr zu begrüssen, wenn, wie wir in Erfahrung gebracht haben, neben der Abteilung für Wasserwirtschaft auch die Abteilung für Kriegswirtschaft beim Volkswirtschaftsdepartement in der gleichen Richtung tätig ist.

Es ist jedoch darauf zu achten, dass dabei jede Doppelspurigkeit vermieden wird.

Ausnutzung von Grenzgewässern.

Verleihung neuer internationaler Konzessionen für die Ausnüteung der Riieinwasserlcräfte.

Es ist im Bericht von neuen Konzessionsgesuchen die Rede.

Solche neue ernsthafte Konzessionsgesuche sind anhängig für die Wasserkräfte bei Schwörstadt, Säckingen, Dogcrn, Kadelburg und Reckingen.

Durch die Verwirklichung aller dieser Projekte würde der ganze Rhein mit Ausnahme der Stromschnellenstrecke unterhalb des Wehres Rheinfelden von Äugst bis Eglisau in zweckmässiger Weise ausgenützt und für die Grossschiffahrt hergerichtet. Aus dieser Feststellung erhellt die Bedeutung dieser Projekte und das Interesse an ihrer baldigen Verwirklichung.

Nach den vorliegenden Projekten kämen die Zentralen bei allen diesen Werken auf badische Seite zu liegen, was den schweizerischen Interessen in verschiedener Beziehung nicht dienen kann. Es sollte geprüft werden, ob nicht einzelne der Projekte für neue Wasserwerke am Grenzfluss Rhein derart geändert werden könnten, dass die Zentralen auf die schweizerische Seite zu liegen kommen. Ist dies nicht möglich und mit einer richtigen und wirtschaftlichen Ausnützung der Wasserkräfte nicht vereinbar,

322 so sollte durch die rechtzeitige Vorbereitung und durch den Abschluss besonderer Abkommen mit den Behörden des andern Uferstaates auf eine angemessene Wahrung der verschiedenen schweizerischen Interessen bei der Erstellung und dem Betrieb dieser Grenzwasserwerke hingewirkt werden. Bis jetzt zeigten die badischen Behörden keine grosse Neigung, auf Verhandlungen über die Konzessionierung der neuen Wasserkräfte oder auf eine Nutzbarmachung derselben überhaupt einzutreten. Hieraus erklärt sich die Verzögerung der Behandlung der Projekte. Mit den Interessen der Schweiz ist aber diese Verzögerung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte von Basel aufwärts nicht vereinbar.

Es wird deshalb der Wunsch ausgesprochen, es möchte der Bundesrat, gestützt auf die der Schweiz zustehenden Rechte, seine Bemühungen für eine baldige Ausnützung der Rheinwasserkräfte, die auch für die Schiffahrt von Basel aufwärts von grosser Bedeutung ist, fortsetzen.

Binnenschiffahrt.

Der Bund hat sich vor dem Ausbruch des Krieges an der Veranstaltung des internationalen Wettbewerbs für die Schiffbarmachung des Rheines von Basel bis zum Bodensee beteiligt. Auf Wunsch der badischen Regierung ist dann einer Verzögerung der Frist zur Einreichung der Entwürfe bis nach Beendigung des Krieges zugestimmt worden.

Wenn dieser Wettbewerb durch die Entwicklung nicht überholt werden und damit seine Bedeutung nicht verlieren soll, so darf er nicht weiter hinausgeschoben werden. Er soll bald zum Abschluss gebracht werden. Eventuell sollte geprüft werden, ob. auf die Durchführung des Wettbewerbs unter Entschädigung der dadurch geschädigten Firmen nicht besser verzichtet würde.

Für die Schifîbarmachung des Rheins und für die Lebensfähigkeit der Schiffahrt auf dem Oberrhein von grosser Bedeutung ist, was auf der Strecke u n t e r h a l b Basel geschieht. Deutscherseits herrscht die Absicht, den Rhein unterhalb Basel zu Kraftwecken auszunützen. Diese Absicht ist in Verhandlungen der badischen 2. Kammer und im Reichstag zum Ausdruck gekommen.

Ihre Verwirklichung müsste bei uns in doppelter Beziehung Bedenken erregen. Einmal würde durch die Kanalisation des Rheins unterhalb Basel nach der Ansicht von Fachleuten unter Umständen die Rheinschiffahrt beeinträchtigt, der durch eine Verbesserung der Fahrrinne und durch eine Niederwasserregulierung besser gedient wäre, und sodann bildet diese Absicht eine grosse Gefahr

323 für die baldige Ausnützung der Wasserkräfte auf der Strecke von Basel bis Neubausen, an denen die Schweiz zur Hälfte und mehr beteiligt ist, und damit auch eine Gefahr für die Fortsetzung der Schiffahrtstrasse bis zum Bodensee. Es stehen somit für die Schweiz grosse Interessen auf Spiel. Es ist zu hoffen, dass es dem Bundesrat gelingen wird, diese in den darüber notwendig werdenden Verhandlungen mit den deutschen Behörden zu wahren.

Die R h e i n schiffahrtsakt e v o n 1868, die auf den Wienerkongress zurückgeht und die Uferstaaten zur Freihaltung des Rheins von allen Schiffahrtshindernissen verpflichtet, wird ihm dabei die wertvollsten Dienste zu leisten imstande sein.

Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. III.

22

Justiz- und Polizeidepartement.

I. Justizabteilung.

A. Bundesgesetzgebung.

IV. B ü r g e r l i c h e s S t r a f g e s e t z b u c h . Die Expertenkommission für den Entwurf eines Schweiz. Strafgesetzbuches ist mit ihrer Arbeit fertig. Der Entwurf wird nächstens mit der Botschaft dem Buudesrate zugehen und nach seiner Durchberatung durch diesen an die eidg. Räte gelangen. Wir verdanken dem Vorsteher des Justizdepartementes und den Mitgliedern der Expertenkommission die grosse Arbeit und möchten wünschen, dass über den bevorstehenden Beratungen des Entwurfes in der Bundesversammlung ein ebenso günstiger Stern leuchten werde wie seinerzeit über denjenigen des Entwurfes unseres Schweiz.

Zivilgesetzbuches.

V. M i l i t ä r s t r a f g e s e t z b u c h . Noch dringlicher als die Vollendung des Schweiz. Strafgesetzbuches scheint der Kommission die Revision unseres veralteten und in vielen Bestimmungen exorbitant harten Militärstrafgesetzbuches zu sein. Der erste Teil des von Herrn Professor Dr. Hafter ausgearbeiteten Entwurfes ist von der Expertenkommission durchberaten, und der zweite Teil des Entwurfes hat die erste Lesung passiert. Der dritte Teil des Entwurfes liegt auch bereits zur Beratung vor, so dass bis zum Herbst des laufenden Jahres die Expertenkommission mit der Beratung des ganzen Gesetzentwurfes fertig sein dürfte.

Die Kommission wünscht, dass dieser möglichst bald an die eidg.

Räte gelange, und ist der Meinung, dass zweckmässigerweise die gleichen Kommissionen beider Bäte sowohl den Entwurf des Strafgesetzbuches als auch denjenigen des Militärstrafgesetzbuches vorberaten sollten, weil die allgemeinen Bestimmungen in beiden Entwürfen in den Hauptpunkten übereinstimmen müssen.

VIII. V e r w a l t u n g s - u n d D i s z i p l i n a r g e r i c h t s ! ^ L Die beförderliche Ausarbeitung und Durchberatung1 einer diesbezüglichen Gesetzesvorlage scheint der Kommission notwendig, weil die Bundesverwaltung einen immer grössern Umfang angenommen hat, so dass der ßundesrat mit den daraus resultierenden Streitigkeiten immer stärker belastet wird. Angesichts seiner sonstigen ausserordentlich grossen Arbeitslast erscheint die Verweisung der Verwaltungsstreitigkeiten an ein besonderes Verwaltungsgericht um so notwendiger, als der Nationalrat die Verminderung der Belastung der einzelnen Mitglieder des Bundes-

Tabelle U.

1

Persönliche Ausrüstung für die Rekruten sowie die neuernannten Unteroffiziere des Jahres 1914.

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Oies'onstand., J£inlTilii*u.n£>i) alii*

FUsiliere Fahrer und der Infanterie- Infanterie.

Mitrailleure Mifrailleure (FUhrer (Trompeter Inbegriffen) Inbegriffen)

Guiden, GebirgsDragoner Kanoniere artillcristen und und der Kavallerie* Feldartillerie Säumer aller Truppen Mitrailleure

Schützen

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Käppi 88/98 mit Garnitur, Kav. 83/98 Feldmütze 98 mit Einteilungskokarde . .

Waffenroek 93/98 m i t Achselklappen . . .

Waffenrock 93/98 mit Achselschuppen Bluse 9 8 m i t Achselklappen . . .

Hosen 92/98 für Pusstruppen, dunkelblaue Stiefelhosen 93/98 (die Hose mit Tuchbesatz der Kavallerie nach d e r Rekrutensehule ersetzt) .

. . .

Fahrhose 92/98 für Radfahrer Keilhose 11 mit Besatz und 1 n h n c Besatz Kaput 9 8 (Mantel) [Mantelkragen] .

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Krawatte 9 8 . . .

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Lcder^amaschen 11 Sporen, Kav. 93, Fahrer und Train 75, Ordonnanzen Anschnallsporen 08, Paar

Fahrer der TrainFeld- uad Soldaten Fussartillerie Hufschmiede Ordonnanzen Hufschmiede j. Trompeter J. Trompeter Inbegriffen) Inbegriffen)

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Tornister 74 für Train und Ordonnanzen Tornister 75 (Felltornister) Kochgeschirr 98 aus Alumininm Kochgeschirr 82 aus Stahlblech . .

Gamelle 75 Brotsaek 98 für Fusstruppen Brotsack 98 für Artillerie und Train 00 (Kavallerie Brotbeutel) Feldflasche 98 mit Becher Mannsputzzeug 98 a)

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A. Bekleidung.

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C. Waffen und Zugehör.

Gewehrt (G = Gewehr 11 oder 96/11), K = Karabiner /Füs. G3)l 11 oder 00/11) mit Kiemen und Laufspiogel . . . \Milr.K t 2 4- Patrontaschen 98, zweiteilige + r.adcr.säcklein 75 (Reserve) . . . .

1 + Leibgurt 98 -- + Gabeltragriemen ü.l -- + Gabeltragriemen 11 1 + Putzzciigtäschchen 89 für die Walle 4- Patronenbaudelier 9 8 . . . .

-- 1 + Soldatenmesser 90 + Säbel 96/02 für Kavallerie und Fahrer (für letztere ungeschärft), m i t Koppel u n d Schlagband1" . . . .

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+ Revolver m i t Futteral -- . . . .

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+ Pistole m i t Futteral .

1 ") + Dolchbajonutt mit Scheidetasche · 1.')

Milr.

| + Slichbajonett mit Scheide""" und Tusche --- + Ooppelscheidetasclie 4- Geniesäbel mit Scheide + Sagebajonett 81 (Spielleutesäbel) mit Scheide und ScheidenSpiel tusche + Faschinenmesser 75, mit Seheide und Scheidentascbe .

·fr Unteroffizierssäbel 83, mit Lederscheido, Scheidentasche und 1 -'O wollener Quaste f ü r höhere Unteroffiziere 5) . . .

·fr Offizicrssabel mit Feldgurt und Gabeltragriemen und wollener Quaste für höhere Unteroffiziere '') . . .

* Feldpostpackor: Faschineumcsser] u m | K( . VO | VC| . , . ,,,,,, Keklposlordunuanzen : ,, 1 ·b

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i i Wegen der Meubewaffnung der gewchrtragenden Truppen mllsson vorübergehend noch an einen Teil der Rekrulen allere Gewehre abgegeben werden.

§ Nur für Klisiliere.

§§ Nur für Mitrailleure.

') Train- und Ordonanzrekruten erhalten wie ehemals, neue Lcdertornieter 74, Fahrer, Trompeter und Radfahrer einen Felltornister 75, letztern aus der Reserve.

') Enthält- 1 Kleidcrhürstc, 1 Sthiihliürstc, 50 g Seife, 1 Kamm, 1 Nadelbüchsclien mit zweierlei Faden und S Nadeln, 4 grosse und 2 kleine üniformknapfe, 6 Hosenlmopfe, 1 Sllmischlcdnr, 1 niuimwolllunrieii, 1 Flanclllappon, 2 m Schnur Ks pi-lialrcu iihordins Truppen mit arili««! Knöpfen: 1 Knopfschcra ; Fahrer und Train: 1 Paar Stege', mit Doppclknopf. Sämtliche Rekruten erhalten 1 Rüchse Sdmhfctt, 1 Sliir.lt Kiiüiieuwadm, die FahriT, '1 rahi und H a c l l n h i v r K.inlein uoeli i:i'ni! Hüchsc schwarz« Uicincnwichsc. Truppcu mit KaschiueiiraessiM', din Fahrer- und die Geniereltruten überdies 1 Büchschen Patüpniniulc. Diese Fett- und l'utzmittcl werden vciu ilor Krlcgsmalorlalvcrwallung grati» an »V kantonalen Ausrüstungsverwaltuugen abgegeben und sind in die Putzzeuge der Rekruten einzufüllen.

:l ) Wachtmeister, Korporale und Soldaten (Train, Fahrerwachtmeister und Fahrcrkorporale der Fussartillerie, ausgenommen).

') Feldweibel, Fouriere und Trompeter der Kavallerie; berittene Unteroffiziere, Trompeter una rlufschmiede der Artillerie und des Train; Wachtmeister, Falirerkorporalc, Fahrer, Trompeter, Battii1!' und llul'arhmicdo der InlirrmliMi Iiifantcric-Mitrailleure; Fuhrer, Trainsoldateu, Sattler und Hufschmiede der Gcliirgs-Infantcrie-Mitraillcnrc.

*) Adjutant-Unteroffiziere, Feldweihel und Fouriere.

' ·) Wachtmeister. Fahrkorporal und Trompeter.

') Fahrer, Sattler und Hufschmied.

* Erhalten ein Maunaputzzeug ans der Ueservc, sowie ein aur Korpsausrüstung gehörendes besonders zusammengestelltes Putzzeug.

** Sämtliches Ledcrzeug ist braun abzugeben ; Kavallerie- und Fahrrckrutou erhalten alle den Säbel 9G/02.

**"" Infanterie-Mitraillcnre, Radfahrer und FnstiingBtriippcii : Stabischeide anstatt der Ledcrscheide.

NB. Die Huklciduiüjj- nini Packiuigsgegcnstäiidc werden von den Kantonen angeschafl't und vom Hund nach Tarif vergütet (vide T). Der Hund beschafft die Waden mit ziignliilrigcm I.i'di'i'/Mig (vide -fr). Si-buhwi'rk unii Uihwllschc
hat der Mann auf eigene ÌCoiteu anzuschalten. Die G.irnitureu für die Tornister und Brotsäcke werden vom Bunde einheitlich beschallt und den Kantonen zum Selbstkostenpreis abgegeben.

325 rates durch Vermehrung der Zahl der Bundesräte abgelehnt hat.

Aber nicht nur die Überlastung der Mitglieder des Buudesrates, sondern besonders auch das Verlangen des Schweizervolkes nach einer möglichst sichern, selbständigen und unabhängigen Rechtsprechung auch auf dem Gebiete des Verwaltungsrechtes ruft dringend der baldigen Errichtung eines Verwaltungsgerichtes.

Die Kommission wünscht deshalb, dass die daherigen Vorarbeiten nach Möglichkeit beschleunigt werden.

Auch die Errichtung eines Disziplinargerichtshofes erweist sich als dringend nötig angesichts der sehr starken Vermehrung der Zahl der Bundesbeamten und der Bundesangestellten. Es bestehen eine Menge von Vorschriften für das Bundespersonal, und damit wächst auch die Möglichkeit der Verletzung derselben und damit die Zahl der sogenannten Disziplinarfälle. Deren letztinstanzliche Erledigung wird aber richtiger einem selbständigen und unbeteiligten Disziplinargerichtshofe als dem als oberster Vorgesetzter doch ab und zu nicht ganz unbefangenen Bundesrate übertragen. Es sollten deshalb auch die diesbezüglichen Vorarbeiten beschleunigt werden.

Eine wichtige Frage 'wird dabei sein, ob ein besonderer Verwaltungs- und Disziplinargerichtshof errichtet werden soll (mit Sitz in Bern), oder ob ein solches Gericht der staatsrechtlichen Abteilung des Schweiz. Bundesgerichtes angegliedert werden könnte. Die Kommission neigt der letztern Ansicht zu, wenigstens soweit es sich um den Verwaltungsgerichtshof handelt.

Dagegen bedarf wohl die Frage, ob nicht der Disziplinargerichtshof im Interesse einer möglichst raschen Erledigung der Fälle nach Bern verlegt werden sollte, noch einer sorgfältigen Prüfung.

X. V i e h v e r p f ä n d u n g . Die vom Bundesrat am 30. Oktober 1917 erlassene Verordnung betreffend die Viehverpfändung bestimmt in Art. 2, dass die Ermächtigung zum Abschlüsse von Viehverschreibungen nur Geldinstituten und Genossenschaften erteilt werden dürfe, die vertrauenswürdig sind und sich verpflichtet haben, keine Bürgschaften, Solidarverbindlichkeiten und ähnliche Sicherheiten neben dem Pfandrechte anzunehmen, und die nicht offenbar unbillige Ansprüche an den Schuldner stellen oder sonst in ihrem Geschäftsgebahren zu Aussetzungen Anlass geben. Wenn diese Voraussetzungen fehlen, soll auch eine schon erteilte Ermächtigung wieder entzogen
werden.

Die Kommission begrüsst diese Bestimmungen, weil sie einerseits geeignet sind, die Viehbesitzer vor unbilligen und ruinösen Bedingungen von Geldgebern zu schützen, und weil sie anderseits

326

dem Geldgeber eine genügende Sicherheit für das Darlehen gewährleisten.

C. Anwendung von Gesetzen und Verordnungen des Bundes.

IV. Z i v i l s t a n d s w e s e n . Der Bericht des Bundesrates rügt die unzweckmässige Ordnung und Aufbewahrung der Belege zu den Zivilstandsregistern in einer Reihe von Kantonen. Wir halten dies für einen wichtigen Übelstand, denn die erwähnten Belege sind von grösster Bedeutun'g für alle Streitfragen bezüglich des Zivilstandes einer Person. Es wäre deshalb zu begrüssen, wenn das Departement einheitliche Vorschriften betreffend die Ordnung und Aufbewahrung dieser Belege erlassen würde und wenn künftig wieder jedes Jahr in mindestens drei Kantonen die Zivilstandsämter durch den eidgenössischen Inspektor inspiziert würden.

D. Internationales.

V. V o l l s t r e c k b a r k e i t s e r k l ä r u n g von Kostenurt e i l e n . Die bisherigen Erfahrungen der Gerichte und der Prozessparteien haben gezeigt, dass die Befreiung der Ausländer von der Leistung von Prozesskautionen durch die internationale Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom 17. Juli 1905 in vielen Fällen die Uneinbringliehkeit der Gerichtskosten und der der obsiegenden Partei zugesprochenen Prozessentschädigung zur Folge hat. Wir sind deshalb der Meinung, dass die Beseitigung der Prozesskautionen durch jene Übereinkunft ein Fehler war und zudem eine unbegründete Bevorzugung der Ausländer gegenüber denjenigen Inländern bedeutet, die in Kantonen wohnen, die dem Konkordate über die Befreiung von Prozesskautionen nicht beigetreten sind. Diese müssen für die mutmasslichen Gerichtskosten und eventuelle Prozessentschädigungen an die Gegenpartei Sicherheit leisten, wenn sie nicht im Kantone des Gerichtsortes, sondern in einem andern Schweizerkantone wohnen. Der Ausländer aber, der einem Staate angehört, der jener Übereinkunft beigetreten ist, muss keine Prozesskaution leisten, auch wenn er nicht in der Schweiz wohnt und deshalb weit schwerer belangt werden kann als der in einem Schweizerkanton wohnhafte Inländer. Der Bundesrat sollte deshalb beförderlichst die Änderung jener Übereinkunft anstreben, im Sinne der Wiedereinführung der Prozesskautionen für ausländische Prozessparteien.

327

E. Outachten und Mitfoerichte, Verschiedenes.

I. G u t a c h t e n und M i t b e r i c h t e . Wir möchten nachdrücklichst darauf hinweisen, wie sehr die Zahl der Gutachten und Mitberichte seit Kriegsbeginn angewachsen ist (von durchschnittlich 71 in den Jahren 1910--1914 auf 159 im Jahre 1916). Es rührt dies her von den vielen juristischen Fragen, die gerade die Kriegszeit und die dafür zu treffenden ausserordentlichen Massnahmen aufgeworfen haben und die vom Justizdepartement ex officio begutachtet werden mussten. Es ist ohne weiteres klar, dass das Departement hierdurch sehr stark belastet und in der Erledigung anderer Arbeiten gehemmt wurde, so dass man wünschen muss, dass auch mit Rücksicht auf diese unliebsame Erscheinung die abnormen Verhältnisse der Kriegszeit recht bald ein Ende nehmen.

II. Grundbuchamt.

Der Bundesrat teilt in seinem Berichte mit, dass er auf Grund der Motion Bertoni betreffend die Förderung der Güterzusammenlegungen umfangreiche Erhebungen veranstaltet hat, aus denen sich ergibt, dass der Flächeninhalt der Gebiete, in denen Güterzusammenlegungen nötig sind, 403,185 ha beträgt.

Der Bundesrat erklärt sich bereit, diese Vorkehrungen in zweifacher Weise zu begünstigen. Er will verlangen, dass die Grundbuchvermessung über Gebiete, deren Zusammenlegung angezeigt ist, bis nach der Durchführung dieser Arbeiten hinauszuschieben sei. Gleichzeitig gedenkt er, den Beitrag an Güterzusammenlegungen zu erhöhen. Dieser beträgt gegenwärtig 25 bis 30% und würde um die Summe erhöht, die der Bund dadurch erspart, dass die Grundbuchvermessung über das zusammengelegte Gebiet in Angriff genommen wird. Dieses Vorgehen ist sinnreich, wird es doch gestatten, den Gesamtbeitrag bis zu einem Höchstbetrage von 50% der Kosten zu erhöhen.

Die Kommission hat mit Genugtuung festgestellt, dass der Bundesrat das Werk der Güterzusammenlegung entschlossen durchzuführen gedenkt. Dies ist für unsere ländlichen Wirtsehaftsverhältnisse von grossem Vorteil, während die übermässige Zerstückelung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes, leider nur zu oft das Werk gewöhnlicher Gewinnsucht, für die Landwirtschaft eine Gefahr bedeutet.

328

IV. Bundesanwaltschaft.

Der Bericht meldet, dass in den Jahren 1916 und 1917 an verschiedenen Orten in der Schweiz, namentlich in Lausanne, Rheinfelden, Chippis, Thayngen und Zürich, Bomben gefunden worden sind.

Die Kommission ladet den Bundesrat und die Bundesanwaltschaft ein, gegen die Urheber der hier in Frage kommenden Verbrechen mit allem Nachdruck vorzugehen. In den meisten Fällen sind es Ausländer, die, die ihnen auf unserm Staatsgebiete gewährte Gastfreundschaft missbrauchend, Personen und Sachen den höchsten Gefahren aussetzen. Sie verdienen strenge Bestrafung, die in den Fällen, wo es Ausländer betrifft, durch die Landesverweisung verschärft werden soll.

V. Versicherungsamt.

Bekanntlich hat der Bundesrat am 5. Oktober 1915 einen Besehluss erlassen, der jede ausländische, in der Schweiz konzessionierte Lebensversicherungsgesellschaft verpflichtet, ausser einer festen Summe von 100,000 Franken das von der Gesellschaft für ihren schweizerischen Versicherungsbesfcand zurückzustellende Deckungskapital zu hinterlegen. Allein dieser Bundesratsbeschluss ist nur eine vorläufige Massnahme und muss durch ein Gesetz ersetzt werden, das alle Gesellschaften, ob schweizerische oder ausländische, zur Kautionshinterlegung verpflichtet.

Dieses Gesetz liegt zur Beratung vor den gesetzgebenden Räten.

Die Kommission wünscht, dass das Gesetz sobald als möglich unter Dach gebracht werde, um die Versicherungsnehmer zu beruhigen, die sich ob der langen Kriegsdauer und der für die Versicherungsgesellschaften daraus entstehenden beträchtlichen Belastung zu ängstigen beginnen.

32»

mit Die Berichterstattung des Militärdepartements im ordentlichen Geschäftsbericht befasst sich nur mit denjenigen Geschäften, die das Departement nicht bereits in den Neutralitätsberichten erwähnt hat.

Die Geschäftsprüfungskommission trägt in nachfolgender Berichtertattung dieser Abgrenzung Rechnung.

Eine Frage, die sowohl die Armeeleitung als auch den Bundesrat berührt und von allgemeiner Bedeutung ist, und deren Erwähnung sich infolgedessen auch beim ordentlichen Geschäftsbericht rechtfertigt, ist diejenige der Stellung des Generals im Verhältnis zum Militärdepartement bzw. Bundesrat. Die Prüfung dieser Frage ist durch die erheblich erklärte Motion des Herrn Fazy angeregt und vom Militärdepartement aufgenommen worden.

Zu einem abschliessenden Ergebnis ist diese Prüfung noch nicht gelangt. Die Kommission spricht den Wunsch aus, es möchte der Bundesrat seinen Bericht und Antrag über die Motion des Herrn Fazy den eidgenössischen Räten möglichst bald unterbreiten.

Schon wiederholt war von der Wahrscheinlichkeit eines erheblichen Zurückgehens der Militärausgaben nach dem Krieg die Rede. Es ist mit einem solchen Zurückgehen bei der Erörterung der Finanzfrage schon gerechnet worden. Eine namhafte Reduktion der Militärausgaben ist aber nur zu erwarten, wenn einschneidende Sparmassnahmen rechtzeitig vorbereitet und durchgeführt werden und wenn die Behörden auch beizeiten zu der Frage und der Möglichkeit einer Einschränkung der militärischen Rüstungen Stellung nehmen.

Die Kommission stellt deshalb folgendes Postulat : Der Bundesrat wird eingeladen zu prüfen, welche Sparmassnahmen im Militärwesen besonders durch Einschränkung der ordentlichen Rüstungen nach Beendigung des Krieges getroffen werden können und wie die Kriegsindustrie allmählich in die Friedenswirtschaft übergeleitet werden kann.

1. Teil: Verwaltung und Rekrutierung.

I. Allgemeines.

Die gesetzgeberischen Erlasse des Bundsrates und des Militärdepartementes betreffen die Truppenordnung, die Bewaffnung,

330

Bekleidung und Ausrüstung, die Ausbildung, das Sold- und Verpflegungswesen und das Rechnungswesen der Armee.

Die Erlasse sind aus den Bedürfnissen und den Erfahrungen herausgewachsen und auf das Bestreben zurückzuführen, die Kriegsbereitschaft der Armee zu erhöhen.

II. Personelles.

Die Wafienchefs der verschiedenen Abteilungen haben sich auch im abgelaufenen Jahre teilweise in ihren Beamtungen durch Truppen- oder Instruktionsoffiziere vertreten lassen, weil sie selbst bei der Armeeleitung oder in andern Stellungen in Anspruch genommen waren. Würden die Verhältnisse nicht gestatten, dass die Waffenchefs ihre ordentlichen Funktionen wieder übernehmen, was ja nicht hindern würde, dass sie teilweise auch noch auf andern Gebieten tätig bleiben? Eine Rückkehr zu den normalen Verhältnissen sollte auch aus Ersparnisrücksichten angestrebt werden.

Infolge der durch die Verhältnisse bedingten Zunahme der Aufgaben und der Arbeit war eine Vermehrung des Personals auf den verschiedenen Abteilungen des Militärdepartementes unvermeidlich. Diese Personalvermehrung nahm namentlich auf dem Oberkriegskommissariat, auf der kriegstechnischen Abteilung und der Kriegsmaterialverwaltung einen erheblichen Umfang an.

Wenn sich diese Tatsache auch nicht vermeiden liess, drängt sich doch der Wunsch auf, es möchte in der Anstellung neuen Personals möglichste Zurückhaltung Platz greifen und durch geeignete Massnahmen überdies auf eine Reduktion des Personale hingearbeitet werden.

2. Teil: Vorunterricht; Turnwesen.

Dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, dass das Turnwesen in erfreulicher Entwicklung begriffen ist und dass insbesondere auch der Zudrang zu den verschiedenen Ausbildungskursen nichts zu wünschen übrig lässt. Weniger erfreulich ist, dass mit dieser Entwicklung die Leistungen des Bundes nicht im Einklang stehen und der Bericht selber feststellen muss, dass die verfügbaren Mittel je länger je mehr hinter dem Bedarf zurückbleiben.

Es wäre zu bedauern, wenn infolge einer ungenügenden UnterStützung seitens des Bundes der weitern Entwicklung und Ausgestaltung des für das Wehrwesen und die körperliche Ertüch-

331 tigung unseres Volkes gleich bedeutsamen Turnwesens Schwierigkeiten bereitet würden.

Schiesswesen ausser Dienst.

Für freiwillige Übungen wurden dem eidgenössischen Schützenverein 1,500,000 Patronen zur Verfügung gestellt, welche die Durchführung der Feldsektionswettschiessen ermöglichten. Auch dies Jahr sind den Schiessvereinen 20 Patronen pro Mann bewilligt worden. Diese Munitionsdotation genügt nicht, um das freiwillige Schiesswesen anzuregen und die ausserdienstliche Schiessausbildung zu fördern. Und doch iat unsere Schiessausbildung trotz der vermehrten Dienstleistung auf die Tätigkeit der Schiessvereine angewiesen. Die Kommission möchte deshalb wünschen, dass der freiwilligen Schiesstätigkeit, sobald die Verhältnisse es gestatten, wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt und auch mehr Munition zur Verfügung gestellt wird.

II. Rekruten- nnd Kaderschulen.

Die Ausbildung der Kader durch die mobilen Divisionen und zum Teil während der Ablösungsdienste ist zu begrüsscn.

Vielen wird dadurch der Besuch der Kaderschulen ermöglicht, die davon absehen müssten, wenn sie neben den Ablösungsdiensten auch noch die Kaderschulen .besuchen müssten. Noch mehr als bisher sollte deshalb auf solche Erleichterungen Bedacht genommen werden, was in der Weise geschehen könnte, dass die Ausbildungs- und Kaderkurse noch mehr als bisher mit den Ablösungsdiensten verbunden würden oder dass die Kader, welche Kaderschulen zu bestehen haben, für die entsprechende Zeit von den Ablösungsdiensten befreit und hier durch Stellvertreter ersetzt würden.

IV« Oberkriegskommissariat.

Die Vorschriften über den Handel mit Heu und Stroh wurden im Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 1917 festgesetzt.

Der Bund sicherte sich seinen Heubedarf durch Beschlagnahme und Requisition.

Die Beschlagnahme des Heus sollte nicht auf abgelegene Gegenden, namentlich Gebirgsgegenden ausgedehnt werden, weil hier die Requisition von Heu für die Armee schon wegen der schwierigen Transportverhältnisse nicht in Frage kommt. >

332 In den Ausführungsbestimmungen des Militärdepartementes zu diesen Vorschriften vom 17. Juli und 15. September wurde ausdrücklich bemerkt, dass diese Höchstpreise für die Ernte 1917 gelten und eine Erhöhung dieser Höchstpreise bis zur Heuernte 1918 ausgeschlossen sei. Auf Grund dieser Erlasse wurde dann die Heurequisition für den Bund und die Heuversorgung überhaupt durchgeführt. Trotz der bestimmten Erklärung, dass eine weitere Erhöhung der Höchstpreise für Heu ausgeschlossen sei, wurden dann doch am 31. Januar solche Erhöhungen vorgenommen und sogar für gewisse Heulieferungen rückwirkend erklärt, was viele Inkonvenienzen und Unbilligkeiten nach sich zog und die künftige Versorgung der Armee und des Landes · mit Heu nicht erleichtern wird. Solche Fehler sollten vermieden werden.

Die ständerätliche Geschäftsprüfungskommission hat letztes Jahr auf die Wünschbarkeit einer raschern P r ü f u n g der R e c h n u n g e n hingewiesen.

Es darf hier festgestellt werden, dass diesem Wunsch durch die Einführung der sogenannten F e l d r e v i s i o n e n , die schon während des Dienstes einsetzen und unmittelbar nach Beendigung des Dienstes abgeschlossen werden, Rechnung getragen worden ist.

Durch diese schon bei mehreren Divisionen eingeführten Feldrevisionen, die allerdings eine Vermehrung des Personals bedingten, war es möglich, den Übelstand zu beseitigen, der darin lag, dass die Bemerkungen und Beanstandungen zu den einzelnen Rechnungen den Rechnungsführern erst nach Jahr und Tag, d. h. zu einer Zeit zur Kenntnis gebracht werden konnten, da Nachweisungen nicht mehr oder nur mit vielen Umständen möglich sind.

Bei diesem Anlasse sei die Frage aufgeworfen, ob nicht eine Vereinfachung der Rechnungsprüfung dadurch erreicht werden könnte, dass die Revisionen mehr als bisher in die Truppen verlegt würden und Quartiermeister und Kriegskommissäre während des Dienstes mehr als bisher zu denselben herangezogen werden könnten und dass die Kontrolle der Rechnungen durch die Organe des Finanzdepartementes eingeschränkt oder ganz fallen gelassen werden könnte. Die Prüfung der Rechnungen durch die militärischen Instanzen bis hinauf zum Brigadequartiermeister und Divisionskriegskommissärs, die ganz einlässliehe und allseitige formelle und materielle Prüfung der gleichen Rechnungen durch die dazu berufenen Organe des Oberkriegskommissariates und dann die weitere, ebenso gründliche Prüfung durch die

333

·Organe der Finanzkontrolle scheint des Guten zu viel zu sein.

Ohne den Wert und die Bedeutung einer genauen und gut funktionierenden Kontrolle zu unterschätzen, muss doch auch durch möglichste Vereinfachung dafür gesorgt werden, dass nicht zu viele Arbeitskräfte durch diese prüfende und wenig schöpferische und fruchtbare Tätigkeit absorbiert werden. Eine Vereinfachung ist auch aus Ersparnisrücksichten angezeigt.

V. Kriegsmaterialverwaltung.

Der der Kommission zugestellte vertrauliche Bericht gibt Auskunft über die grossen Schwierigkeiten, welchen die Beschaffung der Kriegsmaterialien aller Art trotz der weitgehenden Heranziehung der Privatindustrie begegnet. Die Kommission hat aus dem Bericht und der Besichtigung der eidgenössischen Fabriken und Werkstätten in Bern und Thun die Überzeugung gewonnen, dass alles getan worden ist, um diese Schwierigkeiten .zu überwinden und um die nötigen Kriegsmaterialien bereitzustellen.

Die Verordnung des Bundesrates vom 20. Juni 1917 betreffend Sicherung des Materialbedarfes des Heeres hat dabei gute Dienste geleistet.

Die Kommission erkundigte sich nach dem Stand der gerichtlich anhängigen Militärtuchangelegenheit. Es ist zu hoffen, dass sie bald einmal ihre Erledigung finden werde. An der nötigen Zeit hierzu hätte es nicht gefehlt. Durch einezu lange Verschleppung solcher Affären, welche die Öffentlichkeit beschäftigen, wird das Ansehen weder der zuständigen Gerichte noch der Verwaltung erhöht.

Die fünf Firmen, gegen die das Strafverfahren wegen vertragswidrigen Lieferungen anhängig ist, wurden letztes Jahr bei der Verteilung der Militärtuchlieferungen nicht berücksichtigt.

Als eine zweckmässige Anordnung darf die Verfügung bezeichnet werden, wonach beide vom Wehrmann unentgeltlich geüassten Schuhe im Zeughaus des Corpssammelplatzes deponiert werden müssen. Zwei Vorteile wurden dadurch erreicht : eine höhere Marschbereitschaft in bezug auf das Schuhwerk und dia Sicherheit, dass die vom Bunde unentgeltlich bezogenen Schuhe gut unterhalten und nur während der Militärdienste getragen werden. Für den Bund dürfte sich überdies aus dieser Massnahme schliesslich eine Ersparnis ergeben.

Das Verfahren betreffend die A u s r ü s t u n g und die Bek l e i d u n g der Rekruten ist das nämliche geblieben wie bisher.

334

Es sollte aber geprüft werden, ob es nicht einer Verbesserung fähig wäre dadurch, dass der Bund an Stelle der 24 kantonalen Zeughausverwaltungen den Einkauf der Materialien und Stoffe selbst besorgen und diese zur Verarbeitung wie bisher an die kantonalen Zeughäuser und Werstätteh abgeben würde. Diese Konzentration des Einkaufes in der Hand des Bundes hätte zumal in der heutigen Zeit eine Reihe von Vorteilen, ohne dass die in Betracht fallenden gesetzlichen Bestimmungen irgendwie berührt oder die Interessen der Kantone irgendwie geschädigt würden.

Nach einem Vertrag, den das schweizerische Militärdepartement mit der Militärdirektion des Kantons Zürich abgeschlossen hat, ging die Zeughausverwaltung mit dem 1. Januar 1918 an den Bund über.

Schön früher hatte der Bund bei sich bietender Gelegenheit folgende kantonale Zeughausverwaltungen übernommen : Langnau 1909; Bern 1913 (obne Gebäude); Tavannes 1913 (ohne Gebäude); Wallenstadt 1914.

Durch Übernahme der kantonalen Zeughausverwaltungon sucht der Bund die Konflikte zu vermeiden, die sich aus der Doppelspurigkeit der eidgenössischen und kantonalen Kriegsmaterialverwaltungen am gleichen Orte ergeben und die nicht geeignet sind, dem Interesse der Armee und der Kriegsbereitschaft zu dienen.

Es ist fraglich, ob dieser schrittweisen Überführung der kantonalen Zeughausverwaltungen in die Hand des Bundes nicht eine grundsätzliche Lösung vorzuziehen wäre, wie sie auch schon versucht worden ist. Der Umstand, dass nach den gemachten Erfahrungen die in Art. 181 der M. 0. vorgesehene Oberaufsicht des Bundes über den Dienst in den kantonalen Zeughäusern und Munitionsmagazinen und die Aufsicht über die kantonalen.

Ausrüstungsbestände nicht geniigen, um eine durchwegs einwandfreie und sachgemässe Verwaltung und Instandhaltung der Kriegsmaterialien sicherzustellen, dürfte diese Lösung gelegentlich nahelegen.

335

Finanz- und Zolldepartemeni I. Finanzverwaltung.

Über die einschlägigen Gcsetzgebungsfragen, Postulate, die Finanzkontrolle und das Kassen- und Rechnungswesen ist letztes Jahr und anlässlich der Neutralitätsberichte ausführlich berichtet worden, und es ist aus dem Berichtsjahre in dieser Hinsicht nichts Besonderes hervorzuheben.

Natioualbank.

Die Nationalbank hat dem Bunde bei seinen Finanzoperationen sehr schätzenswerte Dienste geleistet und zugleich einen bei erheblichen Abschreibungen und Reservestellungen bisher noch nie erreichten Reingewinn von Fr. 7,958,137 erreicht (31,83 °/o des einbezahlten Aktienkapitals), wovon nach Ausrichtung der immer noch 4 % betragenden Dividende (Fr. 1,000,000 und Fr. 500,000 in den Reservefonds) Fr. 6,458,137 der eidgenössischen Staatskasse zur Verfügung gestellt werden können.

Die Kantone erhalten davon gemäss Gesetz, Art. 28, Fr. 2,676,186.15. Für die Verwendung des Restes von 3,785,950 Franken kommt zum erstenmal, da die gemäss Art. 23 des Nationalbankgesetzes vom Bunde geleisteten Vorschüsse liquidiert sind, Art. 27, Ziffer 2, zur Anwendung, wonach 1/a dem Bunde und 2/s den Kantonen im Verhältnis ihrer Wohnbevölkerung nach Massgabe der letzten Volkszählung zufallen, also dem Bunde Fr. 1,260,650, den Kantonen Fr. 2,521,300 oder auf den Kopf der Bevölkerung ungefähr 67 Rappen.

Liegenschaften.

Das Areal der Waffenplätze wurde reichlich zur Urproduktion und anderen Einrichtungen herangezogen, so dass sich militärische Instanzen (zu Unrecht) unter dem Titel der Landesverteidigung dagegen auflehnten. Von besonderem Interesse ist dabei die Erscheinung, dass man vorläufig in Thun vom landwirtschaftlichen Regiebetrieb abkam und die Bewirtschaftung der beiden Güter in Pacht gab, in der Erkenntnis, auf Grund von sachverständigen Gutachten, dass der Privatbetrieb dem Staatsbetriebe doch überlegen sei.

II. Zollverwaltung.

Über die allgemeine Zollpolitik haben wir unsere Bemerkungen unten unter Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements berichtet.

336

Angesichts des ständigen Rückganges der Zolleinnahmen wäre es doch angezeigt, dass der Bundesrat eine Erhöhung der Zölle auf Luxusartikel, speziell den Tabak, worüber man doch allgemein einverstanden ist, von sich aus vornehmen würde.

Der ausgedehnte Ausfuhrschmuggel machte die Verstärkung der Zollorgane durch Truppen notwendig. Sie geschah in richtiger Weise auf Anordnung des Bundesrates, nicht wie im Geschäftsbericht des Bundesrats steht (pag. 370 unten) ,,gemäss Weisung des Armeekommandosa.

Für die Versorgung der Internierten leistet die Schweiz auch in Hinsicht auf die Zollbefreiung ganz Erhebliches; doch wir sollen dies gern tun, es ist ein Geringes im Verhältnis zu dem, was die Kriegführenden in diesen für sie selbst so schweren.

Zeiten für die Schweiz getan haben. Sehr schwierig gestaltet sich die Ausfuhrzollbehandlung von Umzugsgut etc. und Reiseeffekten.

Die von der Oberzolldirektion aufgestellten Richtlinien sind nicht zu beanstanden, aber die praktische Anwendung in manchen Fällen ist nicht leicht und kann zu Härten führen.

Im allgemeinen muss gesagt werden, dass die üble Kritik am Grenzwachtkorps nicht gerechtfertigt war.

Für die Aburteilung von Übertretungen der Ausfuhrverbote ist man, soweit sie nicht administrative Erledigung finden, wieder auf den Standpunkt zurückgekehrt, sie durch die Militärgerichte untersuchen und aburteilen zu lassen.

III. Kriegssteuer und weitere Aufgabe^.

Die Abrechnung der Kriegssteuer im Berichtsjahre hat das Ergebnis derselben noch um 2'/s Millionen, für den Bund also auf 98 Millionen erhöht. Beschwerden sind in verschwindend kleiner Zahl eingegangen, ein Zeichen, dass der Besitz das Opfer gern getragen hat. Betroffen von der Kriegssteuer wurden 9.is °/o der Gesamtbevölkerung. Gesetze dieser Art können jedenfalls auch weiter auf Annahme rechnen. Noch überraschender als das Ergebnis der Kriegssteuer war dasjenige der Kriegsgewjnnsteuer.

Dasselbe betrug auf Ende 1917 140 Millionen. Da die Ausbeute des Landes wohl nahe an der Grenze angelangt ist, kann auf Ende 1918 nur mehr auf weitere 40 Millionen, im ganzen also auf ca. 180 Millionen gerechnet werden.

Dieser Betrag von zusammen 280 Millionen ist doch schon ein recht schöner Teil der Mobilisationsschuld. Das eidgenössische Finanzprogramm,das mit einer Mobilisationsschuld von etwa einer

337

Milliarde rechnete, bedarf einer gründlichen Revision, da infolge der Weiterdauer der Weltkatastrophe jedenfalls der 1 1 /% fache Betrag zu decken sein wird. Allein bevor man in Beratungen darüber eintritt, ist es angezeigt, das Resultat der Abstimmung über die Initiative betreffend die Einführung einer direkten Bundessteuer abzuwarten.

IV. Statistisches Bureau.

Die Zuverlässigkeit der Statistik ist keine unbestrittene. Das ist ganz besonders der Fall in den Berechnungen für die Massriahmen der gegenwärtigen Volkswirtschaft, Lohn-, Preis-, Lebensmittel-, Anbaustatistik etc. Allein es ist wohl zu unterscheiden zwischen der Technik der Statistik und dem Material, das ihr zur Bearbeitung geboten wird. Wenn letzteres unrichtig oder unvollständig ist, kann natürlich kein richtiges Resultat herauskommen.

Eine zuverlässige Basis für eine richtige Aufstellung der vielumstrittenen Lohnstatistik wird nun die Unfallanstalt in Luzern zu liefern in der Lage sein.

An Stelle der Berechnung der mittleren Lebensmittelpreise im Bulletin der monatlichen Zusammenstellung der Preise werden dieselben jetzt aus 33 Ortschaften der Schweiz, wie sie tatsächlich sind, aufgeführt. Dieselbe gibt ein sehr düsteres Bild unserer Volksernährung.

Um für die Inlandsproduktion an Lebensmitteln (Kartoffeln, Fette, Milch, Getreide, Fleisch etc.) eine zuverlässige Statistik zu erhalten, ist es notwendig, dass die Rationierung der Produzenten selbst höher bemessen wird als bisher, denn sie war tatsächlich ungenügend und muss, wenn sie nicht geändert wird, notstandshalber zu Unterschleifen führen.

Die Ergebnisse der Volkszählung sind bisher immer viel zu spät erschienen^ so dass sie, wenn sie einmal herauskamen, vielfach durch die Zeit überholt waren. Es ist deshalb sehr zu wünschen, dass die Vorarbeiten für die Volkszählung im Jahre 1920 so rechtzeitig getroffen werden, damit dem Übelstande abgeholfen wird.

338

Volkswirtsehaftsdeparteraent.

I. Handelsabteilung.

Nachdem Italien schon im Dezember 1916 unsern Handelsvertrag auf Ende 1917 gekündigt hatte, erfolgte ein Gleiches von Seiten Russlands in bezug auf unsern Niedeiiassungs- und Handelsvertrag, und vor einiger Zeit kam von Paris die Nachricht, dass Frankreichs Regierung beschlossen habe, alle Handelsverträge, 52 an der Zahl (die Schweiz hat 26), zu kündigen. Der Zweck ist ein intensiver Wirtschaftskrieg (wirtschaftliche Offensive) gegenüber den Zentralmächten. Auch für die Neutralen ,,soll dies eine heilsame Mahnung seina. Die Stellung der Neutralen wird auch in diesem wirtschaftlichen Kriege keine leichte sein, denn da gelten die Grundsätze der politischen Neutralität nicht mehr, und wird es eine grosse Frage sein, ob eine solche aufrecht erhalten werden kann. Jedenfalls gehört das Prinzip der Meistbegünstigung für Staaten, auch neutrale, soweit sie sich nicht im Ringe der einen oder andern Wirtschaftsgruppe befinden, der Vergangenheit an. Es ist daher hohe Zeit, mit Rücksicht auf diese Verhältnisse, die Vorarbeiten für einen neuen Zolltarif und für die Handelsverträge in Hinsicht auf die politischen Konstellationen energisch an die Hand zu nehmen.

Angesichts dieser wirtschaftlichen Verhältnisse braucht die Landwirtschaft keine Besorgnisse zu haben, dass die ausländische Konkurrenz sie niederdrücke. Aber auch abgesehen hiervon, darf der Schweizerbauer die Zuversicht haben, dass das Schweizervolk, wenn es notwendig werden sollte, den Zollschutz gewähren wird, der nötig sein sollte für eine Änderung des durch den Krieg zur Ernährung des Landes zwangsweise eingeführten Wirtschaftsbetriebes. Die seinerzeit angeregte, den modernen Verhältnissen entsprechende Interpretation des Art. 29 B. V. (Zollartikel) dürfte daher durch die Macht der Verhältnisse sich von selbst ergeben.

Von ganz besonderm Interesse ist die aktive Handelsbilanz der Schweiz im Jahre 1916 (vgl. Bericht des B. R., pag. 429) im Betrage von 69,a Millionen Franken oder 2,9 °/o Mehrausfuhr als Einfuhr.

Dieses starke Anschwellen der Ausfuhr im Jahre 1916 war durch ausserordentliche Umstände begünstigt, indem die Schweiz aus verschiedenen Gründen alles hergegeben hat, was sie irgendwie entbehren zu können glaubte.

Schon das Jahr 1917 weist wieder eine Unterbilanz von 3,48% (82,i9 Millionen Franken) auf, und im Jahre 1918 wird

339 dieselbe noch weiter steigen. In den Jahren 1894 bis 1913 ' betrug dieselbe durchschnittlich 25--31 %. Die günstige Handelsbilanz der Jahre 1916 und 1917 lässt jedenfalls den Schluss zu, dass das Nationalvermögen als solches nicht wesentlich zurückgegangen ist. Einige Hanptposten dieser Überbilanz sind erwähnenswert : Ausfuhr.

1913

1916

1917

Werte in Millionen Franken

Nutzvieh 9,2 Eisenwaren l einschliesslich \ 21,2 Kupferwaren / Kriegsmaterial t 4,c Holz und Holzwaren . ° . .

5,?

71,0 76,s 136,3 72,*

23,a . 91,s 214,3 80,i

Total dieser 4 Posten . . . 40,7 356,5 409,4 Anzeichen für die Fortsetzung der Unterbilanz in den folgenden Jahren ergeben sich aus folgenden Zahlen : 1913 1916 1917 Werte in Millionen Franken

Textilfabrikate 535,8 822,9 747,4 Tierische Nahrungsmittel . . 125,7 142.9 86,3 Schokolade, Zuckerwaren . .

69,s 109,3 ' 85,t Zur Beruhigung der Konsumenten muss beigefügt werden, dass im Jahre 1916 Lebensmittel eingeführt wurden für Franken «01,926,000 und ausgeführt für Fr. 279,833,000, Mehreinfuhr Fr. 522,093,000.

II. Abteilung für Industrie und Gewerbe.

.1. Das Bundesgesetz über die A r b e i t in den F a b r i k e n vom 18. Juni 1914 beauftragt in Art. 96 den Bundesrat, den Beginn der Wirksamkeit für die einzelnen Bestimmungen dieses Gesetzes festzustellen. Durch den Ausbruch des Krieges ist dieso Vollziehung verzögert worden, in der ersten Zeit infolge der ·tiefgehenden Umgestaltung aller wirtschaftlichen Verhältnisse, bei denen die Anpassung an die durch den Krieg bewirkten Veränderungen sowohl die Industrie selbst, als die Verwaltung vor eine Fülle neuer dringender Aufgaben stellte, so dass sich die für die Vollziehung unumgängliche Aufstellung einer Vollzugsverordnung weiter hinauszog, als unter normalen Verhältnissen.

Immerhin liegt diese Vollzugsverordnung nunmehr im Entwurf vor; sein französischer Text ist nahezu fertiggestellt, und die Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. III.

23

340

Verordnung soll sodann der fachmännischen Beratung durch dieFabrikinspektoren unterstellt werden. Dieser allgemeinen Vollziehungsvorbereitung vorgängig wurden am 28. März 1917 zunächst die Art. 36 bis 39 über die eidgenössische Werkstättenkommission und ihre Zusammensetzung in Kraft gesetzt und am 14. August die darin vorgesehenen drei ständigen Mitglieder gewählt, so dass das Organ, das zur Untersuchung und Begutachtung von Beschwerden vorgesehen ist, die von Arbeitern eidgenössischer Werkstätten ausgehen und sich auf allgemeine Arbeitsverhältnisse beziehen, von nun an auch funktionieren kann.

Sodann hat sich aus dem durch die Kriegsverhältnisse bedingten Fabrikbetrieb die Notwendigkeit herausgestellt, die bisher zulässige, normale Arbeitsdauer zu verkürzen und damit gleichzeitig zu den Normen des neuen Fabrikgesetzes überzuleiten.

Die Gründe hierzu liegen in der Hauptsache in den ausserordentiichen Verschiebungen der Arbeitsgelegenheiten ; auf der einen Seite die grosse Anziehung gut gehender Betriebe, speziell der Metallindustrie, mit ihren ausserordentlichen Lohnsteigerungen und gleichzeitiger Betriebsintensität, anderseits in der Kehrseite, dem gleichzeitigen Arbeitermangel in andern Betrieben und der grossen Gefahr der Verdienstlosigkeit bei der Wiederkehr normaler Verhältnisse. Aus diesen Gründen wurde, auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten, nicht als Vollziehung des Fabrikgesetzes, aber in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen, durch Bundesratsbeschluss vom 30. Oktober 1917 der Maximalarbeitatag von 10 Stunden bzw. von 10*/2 Stunden (bei freiem Samstagnachmittag) für Fabriken allgemein eingeführt. Für die Tage vor Sonn- und Feiertagen gelten 9 Stunden. Die Pausen, sowie die englische Arbeitszeit sind im Sinne des neuen Gesetzes geordnet, ebenso die Grenzen der normalen Tagesarbeit. Eine weitere Gruppe von Vorschriften bezweckt die Einschränkung der Überzeit-, Nacht- und Sonntagsarbeit. Sie werden auch in dieser Beziehung den Übergang zu normalen Verhältnissen in den industriellen Betrieben erleichtern.

2. G e w e r b l i c h e und i n d u s t r i e l l e B e r u f s b i l d u n g , , kommerzielle Bildung und hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts^ Die unter zwei Malen, 1915 und 1916, auf dem Budgetwege vorgenommenen starken Reduktionen der
Bundessubventionen sind auch im Berichtsjahre festgehalten worden. Ihre finanziellen.

Wirkungen lassen sich am besten nachweisen, wenn die Zahl der Anstalten und die auf sie entfallenden Bundesbeiträge, sowohl.

341 des Jahres 1915, wo die Subventionen um 10°/o, des Jahres 1916, wo sie um weitere 10% verkürzt wurden, als auch des Jahres 1917, wo diese Reduktion festgehalten wurde, mit dem Jahre 1914 in Vergleichung gesetzt werden, 'wo die frühern Ansätze noch wirksam waren.

Auf dieser Grundlage ergibt sich folgendes Bild: Zahl Bundesbeiträge Gewerbliche und industrielle Bildungsanstalten . . . .

1914 402 1,561,078

Kommerzielle Bildungsanstalten

Hauswirtschaftliche und weibl.

Berafsbildungsanstalten . .

1915 1916

377 379

1,312,234 1,116,825

1917 1914

382 177

1,282,829 1,068,115

1915 1916

171 165

1,038,272 1,014,828

1917

169

1,090,086

1914 1915 1916 · 1917

573 541 563 595

598,468 482,685 443,868 511,926

Der überall zu konstatierende starke Rückgang der Schulen und .Kurse im Jahre 1915 ist zwar in der Hauptsache wohl auf die lähmende Wirkung des Kriegsausbruchs zurückzuführen, ist aber durch die .in diesem Jahr gleichzeitig einsetzende Subventionsverkürzung zweifellos mitbeeinflusst worden, und wenn seither die Zahl der Anstalten bzw. Veranstaltungen wieder ständig, wenn auch langsam zugenommen hat, so ist dies nur dem Umstand zu verdanken, dass der diese Bildungsanstalten treffende Stoss fast ausnahmslos von den Kantonen und Gemeinden aufgefangen worden ist, welche den Ausfall durch vermehrte Subventionen ihrerseits deckten, um die organische Entwicklung dieser volkswirtschaftlich so wichtigen Lehranstalten nicht allzu empfindlich stören zu lassen. Immerhin · ist die in den Jahren 1914 subventionierte Zahl noch nirgends wieder erreicht worden, mit Ausnahme der hauswirtschaftlichen und weiblichen Berufsbildungsanstalten, wo die wirtschaftlich so schwierig gewordenen Verhältnisse hier auf die Notwendigkeit vermehrter Bildungsgelegenheit besonders nachdrücklich hinweisen. Ein volkswirtschaftlicher Gewinn ist die Verminderung der Subventionen auf keinen Fall, und deshalb ist dringend zu wünschen, dass der

342 Bund in absehbarer Zeit wieder in der Lage sein werde, in früherem Umfange helfend und fördernd eingreifen zu können.

3. Die s c h w e i z e r i s c h e L a n d e s a u s s t e l l u n g hat ein Schlussergebnis gebracht, das nach den durch den Kriegsausbruch, verursachten schweren Störungen als ein unerwartet günstiges bezeichnet werden muss. Das ganze Garantiekapital konnte zurückbezahlt werden. Im Einverständnis mit den Garanten wurde der verbleibende Überschuss von rund Fr. 30,000 zu 8/4 der Kunsthalle und zu */4 dem Alpinen Museum zugewendet.

III. Bundesamt für Sozialversicherung.

1. Der Berieht erfasst das Bild der anerkannten K r a n k e n k a s s e n statistisch nach Zahl, Art und Grosse der Kassen, ihrer Versicherungsleistungen mit Bezug auf die Art der genussberechtigten Mitglieder, der Versicherungsleistungen, ihrer Einschränkung durch Karenzzeit und Wartefristen und ihrer Unterscheidung bezüglich Krankenpflege und Krankengeldversicherung, kurz, die Statistik gibt die ganze Vielgestaltigkeit des auf dem Bod*en der Freiwilligkeit entstandenen Krankenkassenwesens unseres Landes wieder, und die Entwicklung selbst zeigt, dass die Vorteile der Unterstellung unter die eidgenössischen Vorschriften in steigendem Masse erkannt werden. Nach dem vom Industriedepartement veröffentlichten Werke ,,Die gegenseitigen Hilfsgesellschaften in der Schweiz1'' waren am 31. Dezember 1903 in 1812 Krankenkassen 432,798 Mitglieder versichert, während die Zahl der 1914 in 449 anerkannten Krankenkassen versicherten Mitglieder bereits 445,862 betrug. 1915 stieg die Zahl der Kassen auf 533 mit 482,896 und 1916 auf 711 mit 530,329 Mitgliedern. Es ist zu bedauern, dass die allgemeine Statistik des Jahres 1903 nicht fortgeführt wurde bzw. nicht fortgeführt werden konnte, da sie in Verbindung mit der nach allen Richtungen ausgebauten Statistik der anerkannten Krankenkassen die Wirkungen des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes bezüglich der Krankenversicherung in lehrreicher Weise ergänzen würde.

Die bisherigen statistischen Erhebungen ergeben in einzelnen Punkten auffallende Unterschiede mit Bezug auf die Belastung durch die weiblichen Mitglieder, die bei den meisten Kassen in Übereinstimmung mit den anderwärts gemachten Erfahrungen grösser ist als bei den männlichen Mitgliedern, bei den Betriebskassen mit längerer Unterstützungsdauer aber das umgekehrte Verhältnis aufweisen. Es dürfte sich deshalb empfehlen, hier noch weitere Statistiken abzuwarten, bevor ein e n d g ü l t i g e s

343

Urteil über die Höhe der finanziellen Mehrbelastung der Kassen durch die weiblichen Mitglieder abgegeben wird. Die Kassen selbst behandeln diese Mehrbelastung als feststehende Tatsache und machen in einer Eingabe an den Bundesrat vom 3. Dezember 1917 geltend, dass ein Bundeszuschuss von Fr. 2 für jedes weibliehe Mitglied und eine ausserordentliche Zulage von Fr. 20 für jedes Wochenbett notwendig sei und verlangen zu diesem Zwecke einen ausserordentlichen Beitrag von Fr. 350,000 pro 1917, 1918 und eventuell 1919.

Eine konferenzielle Besprechung ist angeordnet. Wünschbar ist jedenfalls, eine Lösung zu finden, die berechtigten Klagen in dieser Beziehung Rechnung trägt und damit zu verhüten, dass Kassen auf die Anerkennung verzichten, um sich namentlich von der Wochenbettversicherung zu befreien, die die kleinen Krankenkassen -- darüber herrscht kein Zweifel -- schwer in Mitleidenschaft zieht.

Neben der immer fester wurzelnden Krankenversicherung darf als eine erfreuliche Wirkung des staatlichen Unterstützungsprinzips das wachsende Interesse festgestellt werden, das die Kassen belebt und sie veranlasst, neben der Ausrichtung der Versicherungsleistungen und der Überwachung der kranken Mitglieder auch den vorbeugenden Massregeln, namentlich der zweckmässigen Unterbringung der Kranken in Heilanstalten, ihre Aufmerksamkeit in vermehrten Masse zu widmen und die Gründung eigener Sanatorien für die Aufnahme ihrer tuberkulösen Mitglieder anzustreben ; es ist nur zu wünschen, dass diese Pläne von Erfolg gekrönt sein möchten.

2. Mit Bezug auf die U n f a l l v e r s i c h e r u n g war das Berichtsjahr den Vorbereitungsarbeiten gewidmet, namentlich der Unterstellung der Versicherungspflichtigen Betriebe unter das Gesetz. Die Verfügungen der Anstalt zeitigten zahlreiche Rekurse.

Entscheide von allgemeiner Bedeutung werden in die von der Anstalt geführten, periodisch herausgegebenen Sammlungen aufgenommen, und einige Entscheide, die auch für weitere Kreise von Interesse sein dürften, sind, einem Wunsche der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates folgend, im Geschäftsbericht selbst angeführt. Sie bieten zu keinen abweichenden Äusserungen Anlass.

3. V e r s c h i e d e n e s . Der Geschäftskreis des Amtes umfasst nicht nur die Kranken- und Unfallversicherung, sondern ihm sind organisatorisch auch die Vorarbeiten auf andern Gebieten der Sozialversicherung sowie die Vorbereitung von Verträgen mit

344

dem Ausland zugewiesen. Um diesen weitem Aufgaben gerecht werden zu können, hat das Amt die Anregung gemacht, ihm mit der Zeit eine S e k t i o n für I n t e r n a t i o n a l e s anzugliedern.

Der Gedanke ist zweifellos ernstlicher Prüfung wert. Wenn eine schweizerische Amtsstelle durch Betätigung mit internationalen Fragen der Sozialversicherung, vorläufig mittels Sammlung und Bearbeitung des Materials,« periodischer Veröffentlichungen und Auskunfterteilung das Interesse an der Herbeiführung internationaler Beziehungen auf diesem Gebiet wecken würde, so könnte auch die Sache selbst gefördert und für ein internationales Institut, an das im jetzigen Moment freilich gar nicht gedacht werden kann, auch der Keim zur spätem Errichtung gelegt werden.

Auch innerpolitisch hat sich die Initiative des Amtes betätigt, indem es die Formulierung einer Volksinitiative anregte, mit der durch Schaffung eines eidgenössischen J a g d r e g a l s neue Mittel zum Ausbau der schweizerischen Sozialversicherung beschafft werden sollten. So bestechend der Gedanke im ersten Augenblick erscheint, so aussichtslos wird seine Verwirklichung, wenn man sich die Widerstände vergegenwärtigt, die ein solches Regal trotz der sozialen Zweckbestimmung im Volke auslösen würde. Wenn auch formell die Frage noch bei den Krankenkassen liegt, so ist doch kaum anzunehmen, dass deren Entscheid zu einem positiven Versuche führen wird.

V. Abteilung für Landwirtschaft, l.

In der jetzigen Zeit müssen sich alle lebendigen Kräfte der schweizerischen Landwirtschaft vereinigen, um dem heimischen Boden zur Sicherung der Volkseruährung die grösste Menge von Erzeugnissen abzugewinnen. Der vorliegende Geschäftsbericht bildet den besten Beweis für die Sorgfalt und die Rührigkeit unserer leitenden Behörden, diese wichtige Aufgabe mit Hülfe aller Bevölkerungsschichten zu lösen.

Auf dem Gebiete des Unterrichtswesens heben wir vor allem die Bewilligung von Geldbeiträgen an Studierende der landwirtschaftlichen Abteilung der eidgenössischen Technischen Hochschule in der Höhe von 1,700 Franken hervor. Die Kantone Bern, Thurgau, Waadt und Wallis haben den derart Bedachten einen ebenso hohen Betrag ausbezahlen lassen. Daneben hat der Bund gleich dem schweizerischen Bauernverband einem geprüften Studierenden der nämlichen Abteilung für das Studium der landwirt-

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schaftlichen Unfallversicherung in Deutschland eine Unterstützung von 250 Franken gewährt.

Den vier Schulen Strickhof, Rutti, Ecône und Cernier ist wie bisher die Hälfte ihrer Ausgaben für Unterrichtszwecke vergütet worden.

Die Kosten beliefen sich: 1916 auf Fr. 105,718. 98, der Bundesbeitrag auf Fr. 52,859. 48 1917 ,, ,, 112,347.85, ,, ., ,, ,, 56,173.92 Diese vier Schulen sind im Berichtsjahre von 22 Schülern mehr als im Vorjahre besucht worden.

Sollte diese erfreuliche Tatsache ein Vorzeichen der Rückkehr zum Landbau sein? Wir würden es sehr begrüssen.

Die Gartenbauschule in Genf hat weitere Fortschritte zu verzeichnen. Mit ihren 54 Schülern hat sie die letztjährige Besuchsziffer um 8 Zöglinge überflügelt. Der Bundesbeitrag, gleich der Hälfte der Unterrichtskosten, hat die Summe von Fr. 19,368. 55 erreicht.

Die landwirtschaftlichen Winterschulen, wie im Vorjahre 20 an der Zahl, haben einen Zuwachs von 236 Schülern zu verzeichnen. Auch diese Erscheinung zeugt von dem löblichen Bestreben .unserer Landwirte, sich die neuzeitlichen Errungenschaften auf dem Gebiete der Bodenkultur zunutze zu machen.

Der nach erfahrungsmässigen Regeln wirtschaftende Bauer wird bald nur noch in der Erinnerung leben und das ganze Land dabei um so besser gedeihen.

Diese Winterschulen haben den Bund einen Aufwand an Beiträgen von Fr. 173,887. 45, also Fr. 15,609.84 mehr als im Vorjahre gekostet, was der Hälfte der Erziehungskosten der unterstützten Anstalten entspricht. Die Mehrausgaben sind in der Hauptsache eine Folge der Verteuerung der Lebensbedingungen sowie im Voranschlag nicht vorgesehener Zufälligkeiten.

Die Abteilung für Landwirtschaft widmet der landwirtschaftlichen Berufsbildung fortgesetzt ihre volle Aufmerksamkeit.

Die von ihr zu Anfang des Krieges ins Auge gefassten Arbeiten für eine weitere Förderung dieser Berufsbildung müssen auf bessere Zeiten verschoben werden.

Auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 16. Februar 1917 betreffend die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion sind zahlreiche Wandervorträge und Spezialkurse veranstaltet worden.

Der für solche Veranstaltungen veranschlagte Betrag von Fr. 40,000 hat nicht ausgereicht, um den Kantonen die Hälfte

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der daherigen Kosten zurückzuverguten. Der Bundesrat hat da» Volkswirtschaftsdepartement ermächtigt, die Mehrleistung zu übernehmen.

Die Gesamtausgaben für diese Veranstaltungen betragen Fr. 95,329. 90 oder Fr. 35,276. 35 mehr als im Vorjahre. Die von 19 Kantonen beanspruchte Bundesbeihiilfe erforderte einen Aufwand von Fr. 54,028. 89.

Unter der Rubrik : ,,Kantonale Weinbauversuchsanstaltena stellen wir eine Verminderung der vom Bunde im Berichtsjahre geleisteten Beiträge fest. Die den in Frage kommenden Kantonen zurückvergiiteten halben Kosten belaufen sich auf Fr. 46,389. 24, während sie im Vorjahre Fr. 47,793. 60 ausmachten.

Die Kantone Freiburg und Aargau haben auf Beiträge für Weinbauversuche verzichtet.

Noch sei die Erstellung des Winzergebäudes im Versuchsweinberg in Pully hervorgehoben, das der Weinbauversuchsanstalt in Lausanne unterstellt ist und ihr zweifellos grosse Dienste leisten wird.

Der neuenburgischen Versuchsanstalt Auvernier ist ein Bundesbeitrag von Fr. 83,330. 58 zugesprochen worden.

Zum Leiter der durch Herrn Dr. Käppeli in den Jahren 1912 und 1913 neugeordneten Zentralverwaltung der landwirtschaftliehen Versuchs- und Untersuchungsanstalten ist infolge seiner Berufung auf den Posten des Chefs der Abteilung für Landwirtschaft Herr Dr. A. Schmid gewählt worden.

Herr Dr. A., Volkart ist zum Vorsteher der .SamenunteJrsuchungs- und Versuchsanstalt in Zürich befördert worden. Er ersetzt Herrn Dr. Stebler, der nach 39jähriger gewissenhafter Amtstätigkeit in den Ruhestand tritt.

Im Berichtsjahre standen 86 Häuser für den Vertrieb von Dünge- und Futtermitteln und 60 für den Vertrieb von Sämereien unter Bundesaufsicht.

Es sei hier noch auf den Bundesratsbeschluss vom 22. Dezember 1917 betreffend Förderung und Überwachung der Herstellung und des Vertriebes von Düngemitteln, Futtermittteln und andern Hülfsstoffen der LandwirtsehaftunddereuNebengewerbeaufmerksam gemacht.

Auf die im Geschäftsberichte enthaltenen ausführlichen Angaben über die Arbeiten auf den Versuchsfeldern im einzelnen einzugehen, ist hier nicht der Ort. Wir möchten bloss auf die umfangreiche Tätigkeit der agrikulturchemischen Anstalten in

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Örlikon, Bern und Lausanne, sowie ihrer Schwesterinstitute für Samen Untersuchung hinweisen.

Die an sie gestellten Anforderungen nehmen immer zu.

Mit unermüdlicher Hingebung widmen sie sich der wichtigen Aufgabe, die Lebensmittelproduktion des Landes möglichst zu fördern.

Bei einer Gesamtausgabe von Fr. 435,155. 30 haben die Anstalten im Berichtsjahre Fr. 111,373.11 gegen Fr. 109,086. 45 eingenommen.

Die Versuchsanstalt in Wädenswil hat Fr. 120,452. 08 ausgegeben und Fr. 41,489. 05 vereinnahmt. Der vom Bund au leistende Zuschuss beträgt demnach Fr. 78,963. 03.

Die an dieser Anstalt abgehaltenen Kurse sind von 670 Teilnehmern, gegen 295 Teilnehmer im Vorjahre, besucht worden.

Diese hohe Besuchsziffer spricht eine beredte Sprache.

Die drei Molkereischulen in Rutti (Bern), Pérolles (Freiburg) und Moudon (Waadt), die von 105 Schülern besucht worden sind, haben Fr. 40,607. 25 aus der Bundeskasse erhalten! Diese Schulen, die von 17 Schülern mehr besucht worden sind als im Vorjahre, werden von den hierfür in Betracht kommenden Kreisen sehr geschätzt.

II.

Die Bemühungen für die Hebung der Pferdezucht haben unverkennbare Fortschritte zu verzeichnen. Man ist den Wünschen der Züchter entgegengekommen. Mit Genugtuung stellen wir fest, dass sich die Freibergcr Rasse eines zunehmenden Vorzuges erfreut.

Im Berichtsjahre wurden 14,654 Stuten von 205 Hengsten gedeckt, 82 "/p der Stuten sind trächtig, 18 % unträchtig geblieben, 3,5 */o haben verworfen und 0,5 % sind als trächtig umgekommen.

Das Hengsten- und Fohlendepot in Avenches weist einen Bestand von 100 auf Fr. 418,000 geschätzten Hengsten auf.

Sie waren im Berichtsjahre auf 53 Stationen verteilt.

Auf 31. Dezember 1917 besass das Depot 33 Kastraten im Werte von Fr. 42,600. Es ist erfreulich, die erzielten hohen Preise für verkaufte Fohlen, die zum Durchschnittspreise von Fr. 2,148 für 2- und 2'/ajährige Tiere, Fr. 2,564 für 3- und SVïjahrige Tiere und Fr. 2,564 für Hengstkastraten veräussert wurden, feststellen zu können.

Zu den Versteigerungen von Depotpferden stellen sich immer jnehr Käufei* ein. Die richtigen Kenner machen sich vielfach

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die Zuchttiere streitig, haben sie doch ihre vorzüglichen Eigenschaften längst erkannt.

Das Fohlengestüt zählte arn Ende des Berichtsjahres 98 Hengstfohlen mit einem Inventarwert von Fr. 125,950. Dieser Bestand, dessen Stamtnregister sorgfältig geführt wird, ist berufen, unsere einheimische Pferdezucht in erspriesslicher Weise zu heben und zu fördern.

Die Ausgaben des Depots betragen Fr. 361,884. 18, die Einnahmen Fr. 193,632.65, und die Inventarvermehrung wird mit Fr. 19,258.30 gebucht. Als Betriebsfehlbetrag sind für 1917 zu verzeichnen Fr. 148,993. 30; im Vorjahre waren es Fr. 154,961. 95.

Dank der guten Pflege, die die Hengstfohlen erhalten haben, blieben sie auch dieses Jahr von der Drusenkrankheit verschont.

Die Verwendung von Teertorfstreue hat im Hinblick auf ihre desinfizierenden Eigenschaften für die Atmungswege den Gesundheitszustand der Tiere ohne Zweifel günstig bêeinflusst.

Wir fühlen uns verpflichtet, die Verdienste der Direktion des Depots in Avenches lobend hervorzuheben. Wir glauben, Herrn Dr. Gisler ohne seiner Bescheidenheit zu nahe zu treten das Zeugnis ausstellen zu können, dass er es verstanden hat, unsrer Pferdezucht zu dem für · eine vernünftige Entwicklung erforderlichen Aufschwung zu verhelfen. Er stellt seine ganze Erfahrung bereitwilligst in ihren Dienst, und alle, die sich bemühen, unseren Lande das den verschiedenartigen Bedürfnissen angepasste Pferd zu liefern, wissen ihm Dank für diese Hingebung. Das richtige Pferd liefert uns ohne Zweifel die Freiberger Rasse.

Unter der Rubrik ,,Prämiierung von Stutfohlen und Zuehtstuten" ist einzig der Kanton Bern mit Fr. 780 für 5 Zuchtstuten verzeichnet, die keiner Genossenschaft angehören. Dagegen haben sich 66 Pferdezuchtgenossenschaften, 5 mehr als im Vorjahre, an den im Herbst 1917 abgehaltenen Genossenschaftsprämiierungen beteiligt, nämlich 18 Genossenschaften für die Zucht des Sattelpferdes und 48 Genossenschaften für die Zucht des Zugpferdes.

Zwei Genossenschaften haben die Zucht des Reitpferdes aufgegeben und widmen sich der Zucht des Zugpferdes.

Einen von der letztjährigen GeschäftsprüfungskommissioB geäusserten Wunsch wiederholend, möchten M'ir die Aufmerksamkeit des Departements auf die Vorteile hinweisen, die darin bestehen würden, dem Depot in Avenches einen Stamm von etwa 20 mit Sorgfalt ausgewählten Stutfohlen zuzuteilen. Während diese Stuten zu landwirtschaftlichen Arbeiten auf dem Guj;e verwendet

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würden, könnten sie gleichzeitig vorteilhaft Zuchtzwecken dienen.

Die männlichen Zuchterzeugnisse würden im Depot verbleiben und so einen den verfolgten Zuchtbestrebungen entsprechenden Fortpflanzungsstamm darstellen. Unter solchen Umständen vermöchte die Zuchtanstalt ihrer Aufgabe der Aufzucht einer heimischen Rasse besser nachzukommen.

Unseres Erachtens sollten die Vorschriften für die Prämiierung von Zuchtreitpferden und Zuchtzugpferden im Einvernehmen mit dem Direktor des Depots in Avenches und Mitgliedern der Preisgerichte einheitlich gestaltet werden. Die darauf bezüglichen Ausführungsbestimmungen sollten in diesem Sinne abgeändert werden. Wir ersuchen den Herrn Departements Vorsteher, diesem berechtigten Wunsche Rechnung zu tragen.

Die Zucht des Reitpferdes ist im Abnehmen begriffen. Sie dient mehr dem Sport, während die Zucht des Zugpferdes der Landwirtschaft und der Armee treffliche Hülfsdienste leistet. Das Pferd der Freiberger Rasse ist frühreif, folgsam, ausdauernd und kann sehr früh ohne Nachteil als Zugtier verwendet werden.

Es hat sich während der Mobilisation glänzend bewährt. Die Züchter müssen darnach trachten, seine hervorragenden Eigenschaften zu erhalten und aus diesem schweizerischen Zuchttier das zum Reiten wie zum Ziehen verwendbare Pferd heranzuzüchten.

Der Weg ist vorgezeichnet, er braucht nur beschritten zu werden.

Möge das Volkswirtschaftsdepartement den Wünschen der Züchter Rechnung tragen. Sie werden ihm dafür dankbar sein.

Wir bitten das Departement dringend, auch der Maultierzucht seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden. Es sollte dem Kanton Wallis eine grössere Anzahl Zuchtesel zugeteilt werden. Hier wird die Zucht, wie wir besonders hervorheben, in Ehren gehalten.

Die nachstehenden Zahlen, die keiner weitern Erörterung bedürfen, bestätigen die Wichtigkeit der Zucht von Zugpferden.

3740 Stuten und 2487 Fohlen, die 48 Genossenschaften für die Zucht von Zugpferden gehören, sind im Stammbaumregister eingesehrieben. Von den 18 Genossenschaften für die Zucht von Reitpferden sind 861 Stuten und 595 Fohlen zur Eintragung ins Stammbaumregister angenommen worden.

An die von der Landwirtschaftsgenossenschaft des Amtsbezirkes Freibergen veranstaltete interkantonale Fohlenausstellung in Saignelégier ist ein Beitrag von Fr. 1000 bewilligt worden.

Solche Aufmunterungen sollten unsres Erachteus auch spätem Veranstaltungen mit ähnlichen Zielen gewährt werden, was wir hiermit der zuständigen Behörde ans Herz legen möchten.

350 , Im Berichtsjahre sind auf 92 Weiden 2007 Fohlen gesommert worden. An die daherigen Kosten hat der Bund Fr. 77,339 oder Fr. 18,740 mehr als im Vorjahre bezahlt. Diese Tatsache ist ein Zeugnis für den erfreulichen Aufschwung, den unsre Pferd e-r zueht trotz der Schwierigkeiten der Futtermittelbeschaffung zu verzeichnen hat.

Mit Bezug auf die R i n d v i e h z u c h t ist nichts Besonderes hervorzuheben. Die Zuchtstierausstellurigsmürkte in Zug und Ostermundigen hat der Bund mit je Fr. 2000 unterstützt, und an die Prämiierung von Zuchtstieren hat er EV. 352,319. 75, an die von weiblichen Zuchttieren Fr. 37,564, für Zuchtbestände Fr. 90,520. 87 bezahlt.

An 12 neue Viehzuchtgenossenschaften sind als Beitrag an die Gründungskosten im ganzen Fr. 3250 ausgerichtet worden.

Für das K l e i n v i e h hat der Bund im Berichtsjahre als Beiprämie bezahlt : Fr. 20,952. 25 für Zuchteber, Fr. 16,630. 75 für Ziegenböcke, Fr. 10,385. 25 für Widder.

An die Kosten der im Mai 1917 in Freiburg abgehaltenen interkantonalen Kleinviehausstellung ist dem Verband der romanischen Schweiz zur Veredlung des Kleinviehs ein Beitrag von Fr. 3000 bezahlt worden. Der Verband zentralschweizerischer Schweinezuchtgenossenschaften erhielt für den Zuchtebermarkt in Langenthal Fr. 850, und an die Zuchteberrnärkte in Weinfelden und Zug wurden zusammen Fr. 1650 beigesteuert. Zwei andre Kleinviehausstellungen sind im ganzen mit Fr. 800 unterstützt worden, und der Verband schweizerischer Schafzuchtgenossenschaften hat für den Widder- und Zuchtsehafmarkt in Burgdorf' Fr. 600 bezogen.

Für die den Kleinviehgenossenschaften bezahlten Prämien verweisen wir auf Seiten 580/81 des Geschäftsberichts. Die bewilligten Summen betragen für die Schweinezuchtgenossenschaften Fr. 4724. 20,. für die Ziegenzuchtgenossenschaften Fr. 12,935. 97.

Die 22 Kleinviehzuchtgenossenschaften gewährten Gründungsbeiträge machen im ganzen Fr. 1750 aus.

Die Mastviehausstellungen in Wintherthur, Langenthal und Freiburg sind für 451,589 kg Lebendgewicht der aufgeführten Tiere zusammen mit Fr. 6000 bedacht worden.

Der Bund hat für B o d e n v e r b e s s e r u n g e n , denen er eine durch die gegenwärtigen Verhältnisse vollauf gerechtfertigte aufmunternde Sorgfalt widmet, Fr. 809,600. 76 ausgegeben.

Die Landwirte können nicht genug zur Vermehrung der einheimischen Lebensmittelproduktion "angespornt werden. Die Meh-

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rung der Bodenerzeugnisse ist aine vaterländische Pflicht, der wir uns bewusst sein müssen.

In seiner Berichterstattung über die die l a n d w i r t s c h a f t l i c h e P r o d u k t i o n b e d r o h e n d e n S c h ä d e n stellt d e r Bundesrat in den Kantonen Waadt, Neuenburg und Aargau eine Verminderung der Reblausverheerungen fest. Die Kantone Zürich und Bern weisen eine geringe Vermehrung der verseuchten Gemeinden und Rebstöcke auf.

Die Bekämpfung des falschen Meltaues der Reben wird fortgesetzt. Die Preise für das Kupfervitriol sind stark im Steigen begriffen. So wurde denn dessen Verkaufspreis für die Kantone auf Fr. i .90 für das Kilo festgesetzt. Er vermag aber die Selbstkosten des Bundes nicht zu decken.

Die 16 Kantone, die für die Bekämpfung dieses Schädlings unsrer Weinberge Bundesbeiträge beanspruchten, erhielten im ganzen Fr. 505,411.17. Demnach ist der hierfür in den Voranschlag für 1917 eingesetzte Betrag von Fr. 200,000 um Fr.

305,411.17 überschritten worden.

Die an 21 Kantone bezahlten Hagelversicherungsbeiträge belasten die Bundeskasse mit Fr. 325,487.45, gegen Fr. 258,687. 97 im Vorjahre.

An Beiträgen für die obligatorische V i e h v e r s i c h e r u n g sind wie bisher Fr. l für das versicherte Grossvneh und 40 Rp.

für jede versicherte Ziege bezahlt worden. Der Bund hat für die Versicherung von Grossvieh Fr. 805,769. 68 und von Ziegen Fr. 9616. 60 beigesteuert.

Die E r n e u e r u n g der W e i n b e r g e hat an Beiträgen für 5 Kantone Fr. 54,069.09 erfordert. Der Erneuerungsfonds hat die Summe von Fr. 2,379,584. 82 erreicht.

Den l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Vereinen und Genoss e n s c h a f t e n sind folgende Beiträge bezahlt worden: a. Dem schweizerischen landwirtschaftlichen Verein Fr. 24,000 b. dem Verband landwirtschaftlicher Vereine der romanischen Schweiz .n 13,500 c. dem landwirtschaftlichen Verein des Kantons Tessin ,, 3,500 d. dem schweizerischen al p wirtschaftlichen Verein ,, 6,500 e. dem schweizerischen Gartenbauverein . . ^ 7,500 Der Geschäftsbericht behandelt auch verschiedene von den eidgenössischen Räten gestellte P o s t u l a t e . Die Revision des

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Bundesgesetzes über die Förderung der Landwirtschaft soll verschoben werden.

Die Frage der Einführung des Getreidemonopols wird auf Grund des von Herrn Prof. Dr. Milliet ausgearbeiteten Entwurfs geprüft. Für die Förderung der Getreidezucht (Selektion) ist im Voranschlag für 1918 ein Betrag von Fr. 10,000 ausgesetzt.

Dies ist in kurzen Zügen eine Zusammenfassung der ausdauernden Arbeit der Abteilung für Landwirtschaft. Sie werden mit uns die von ihr bewältigte grosse Arbeit würdigen. Sie hat Anspruch auf unsern aufrichtigen Dank.

VI. Veterinäramt.

Allgemeines. Nachdem die Referendumsfrist für das Tierseuchengesetz unbenutzt abgelaufen war, hat der Bundesrat den Art. 39, der ihn ermächtigt, für die Seuchenforschung und die seuchenpolizeiliche Versuchs- und Untersuchungstätigkeit eine Anstalt zu errichten und Bestrebungen auf diesen Gebieten zu unterstützen, sofort in Kraft erklärt.

Am 22. Dezember 1917 hat der Bundesrat Herrn Dr. E. Gräub in Bern zam wissenschaftlichen Mitarbeiter des Veterinäramts ernannt uni dieses ermächtigt, sich mit dem schweizerischen Serum- und Impfinstitut in Bern zur Herstellung von Rotlaufund Rauschbrandimpfstoffen in Verbindung zu setzen.

Die Schwierigkeit, Impfstoffe aus dem Auslande einzuführen, rechtfertigt diese Massnahme, und das Land wird daraus Nutzen ziehen.

Über den V i e h v e r k e h r im I n n e r n geben uns zwei Tabellen des Geschäftsberichtes Aufschluss. Die eine führt die den Kantonen für geschlachtetes Vieh bezahlten Bundesbeiträge auf, und die andere weist die wegen Übertretung viehseuchenpolizeilicher Vorschriften ausgesprochenen Bussen und .Strafen nach. Für die Abschlachtung von 714 Stück verseuchtes Grossvieh und 342 Stück verseuchtes Kleinvieh sind Fr. 182,999.47 Entschädigungsbeiträge bezahlt worden.

Die Maul- und Klauenseuche ist in 4 Fällen durch aus Italien eingeführte Tiere eingeschleppt worden.

Die V i e h e i n f u h r ist um 2622 Stück Rindvieh, 21.209 Schweine und 28 Ziegen gegenüber dem Vorjahre zurückgegangen.

An Gefrierfleisch sind 89,417 kg eingeführt worden.

353 Die Fleischschau ist in der vorgeschriebenen Weise durchgeführt worden. Die grossen öffentlichen Schlachthäuser suchen sich ein wenig von überall her zu versorgen.

Basel-Stadt hat im November mit der Anlegung einer Gefrierfleischreserve begonnen. Bis Ende des Berichtsjahres hatte der Kanton zu diesem Zwecke 3186 Stück Grossvieh schlachten lassen.

Am Schlüsse seines Berichtes gibt das Veterinäramt in einer Anzahl Tabellen allerlei Auskunft über sein Tätigkeitsgebiet.

Wir ersehen daraus u. a., dass im Berichtsjahre 96,860,570 kg Fleisch inländischer Herkunft und 1,649,490 kg Fleisch ausländischer Herkunft, also im ganzen 98,442,725 kg Fleisch verbraucht worden sind.

Zum Schlüsse hat sich die Subkommission der angenehmen Pflicht zu entledigen, dem Departementsvorsteher und seinen Abteilungs vorständen für die Hingebung, mit der sie die schweizerische Landwirtschaft, diesen für unsre LanJesversorgung so wichtigen Zweig, gefördert haben, ihren verbindlichen Dank auszusprechen.

Die Zeiten sind hart, die Schwierigkeiten mehren sich. Lasst uns die, die wacker an der Bresche stehn, unsrer Anerkennung versichern. Das Land wird sich uns anschliessen.

Post- und EisenbahndeparteraeDt.

I. Eisenbahnwesen.

A. Allgemeines.

1. Organisation und Personal.

Auf Ablauf des Jahres 1917 ist Herr Bundesrat Dr. Ludwig Forrer als Mitglied des Bundesrates und damit von der Leitung des Eisenbahn- und Postdepartements zurückgetreten, welch letzterem er während 10 Jahren vorgestanden ist., Ihm gebührt für seine vorbildliche, erfolgreiche Tätigkeit der Dank des Landes.

AR seine Stelle trat mit 1. Januar 1918 Herr Bundesrat Dr. Haab.

2. Gesetze, Verordnungen nnd Postulate.

Das Postulat auf R e o r g a n i s a t i o n des E i s e n b a h n d e p a r t e m e n t s stammt aus dem Jahre 1903. Es ist das drittälteste der noch unerledigten Geschäfte der Bundesversammlung.

Ina letztjährigen gedruckten Bericht des Ständerates über die Ge-

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schäftsführung des Bundesrates heisst es, dass die Vorlage des Departements über die Reorganisation des Eisenbahndepartements vom Bundesrat bis nach dem Friedensschluss zurückgelegt worden sei. Der Aufschub dürfte in der Voraussetzung erfolgt sein, dass der Friede bald eintreten werde. Die Erwartung hat sich nicht erfüllt. Vom derzeitigen Departetnentsvorstand erfahren wir, dass er die Arbeit an die Hand genommen habe und in der Lage sei, eine Reorganisationsvorlage, welche naturgemäss viel Mühe und Zeit erfordert, in nicht allzu ferner Zukunft einzubringen. Es ist die in Aussicht gestellte Förderung sehr zu begrüssen, weil die jetzigen schwerfälligen, vielfach überlebten Einrichtungen aus Gründen der Vereinfachung und Ersparnis dringend einer Revision bedürfen.

Die Vorarbeiten für die Revision des T r a n s p o r t g e s e t z e s vom 29. März 1893 und des T r a n s p o r t r e g l e m e n t s vom 11. Dezember 1893 sind ebenfalls im Gange und reifen ihrem baldigen Absehluss entgegen. Das Departement wird sich angelegen sein lassen, die vielfach veralteten Bestimmungen dieser Gesetzesmaterie mit den modernen Verhältnissen und Anforderungen in Einklang zu bringen. Es herrscht auf dem Gebiete stellenweise eine arge Diskrepanz zwischen geschriebenem und angewandtem Recht. Dieser Zustand schafft Unsicherheit und gibt Anlass zu Rechtsstreitigkeiten und Schädigungen, welche vermieden werden sollten und könnten.

L e h r l i n g s w esen. Hier möchten wir einer Neuerung das Wort reden. Bei den Bundesbahnen werden Lehrlinge mit blosser Sekundavschulbildung neben solchen aufgenommen, welche eine zweikursige Eisenbahn- oder Verkehrsschule absolviert haben. Die letztern befinden sich in überwiegender Mehrheit. In Eisenbahnund Verkehrsschulen wird neben allgemeinen Disziplinen vorwiegend auch Fachunterricht erteilt. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass es den jugendlichen, im durchschnittlichen Alter von 16 Jahren eintretenden Zöglingen der Fachschulen mangels jeder einschlägigen praktischen Erfahrung · schwer fallen muss, die abstrakten Lehren über den weitläufigen Eisenbahnbetrieb zu erfassen. Stünde denselben eine gewisse praktische Einsicht zu Gebote, so würden die Schüler den theoretischen Unterricht viel leichter und rascher begreifen. · Dabei würde kostbare Zeit gewonnen, welche zur Hebung der
allgemeinen Bildung nützlich verwendet werden könnte. Vermehrte Freude und tieferes Verständnis vom Unterricht wären im Gefolge und müssten dessen Wirkung zu einem ungleich erspriesslichern und nachhaltigem gestalten. Aus solchen Gründen pflegen andere, besonders die

355 wissenschaftlich-technischen Berufsarten dem Fachstudium eine praktische Lehrzeit vorausgehen zu lassen. So könnte man es auch bei den Lehrlingen im Eisenbahnbetrieb halten. Dieselben Würden nach Absolvierung der Sekundärschule die praktische Lehre durchmachen, um nachher eventuell in die Fachschule einzutreten. Die Lehrzeit im ganzen würde so nicht länger dauern, als es beim derzeitigen Lehrgang der Fall ist. Mit der befürworteten Neuerung wären weitere Vorteile verbunden. Beim jetzigen Verfahren gehen die jungen Leute auf gut Glück hin in die Fachschulen. Nach zweijährigem Besuch derselbea und bestbestandener Abgangsprüfung erhalten sie oft keine Aufnahme als Lehrlinge, weil es an Plazierungsgelegenheit mangelt. So kommen sie in den Fall, unter Einbusse kostbarer Zeit und beträchtlicher Auslagen, nachträglich einen andern Beruf wählen zu müssen.

Diese bemühendste Seite des gegenwärtigen Systems würde bei dem von uns ins Auge gefassten Verfahren verschwinden, weil die Bahn Verwaltung zum \ornherein nicht mehr Lehrlinge einstellen würde, als sie später verwenden kann. Die jetzige Einrichtung schafft auch eine ungehörige Vorzugsstellung der bemittelten Bevölkerungsklasse gegenüber der unbemittelten. Wir beschränken uns auf das Gesagte, in der Meinung, dass es genügen möchte, um zuständigenorte Anlass zu geben, die Anregung einer nähern Prüfung zu unterziehen.

P e n s i o n s w e s e n . Nach bisherigen statutarischen Bestimmungen war den Pensionsberechtigten jeder anderweitige dauernde Erwerb ohne Einschränkung in Abzug zu bringen. Hierin lag zum mindesten kein Ansporn zur Betätigung der Arbeitsfähigen.

Dieser Übelstand ist mit einer zeitgemässen teilweisen Statutenrevision beseitigt worden. Wenn nunmehr ein voll pensionierter Invalide aus dauerndem Arbeitsverdienst ausserhalb der Bundesbahnverwaltung ein Einkommen erzielt, das zusammen mit der Pension seinen frühern Gehalt übersteigt, so kann die Pension um dieses Mehr verkürzt werden. Diese Einschränkung hört mit dem zurückgelegten 60. Altersjahr auf.

T e u e r u n g s z u l a g e n . Die Bundesversammlung hat für die Beamten, Angestellten und ständigen Arbeiter des IJundes, einschliesslich der Bundesbahnen, in den Beschlüssen vom 3. Oktober 1916 und 27. Juni 1917 die Ausrichtung von Kriegsteuerungszulagen und ausserordentlichen Kriegsbeihülfen
dekretiert. Die auf'Grund dieser Beschlüsse dem Personal der Bundesbahnen im Jahre 1917 ausgerichteten Zulagen belaufen sich auf rund Fr. 17,242,000. Für die im Jahre 1918 zu gewährenden Kriegsteuerungszulagen gibt der Bundesbeschluss vom 22. Dezember 1917 Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. III.

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die Wegleitung. Derselbe tritt an die Stelle der früheru Beschlüsse und geht um ein Beträchtliches über dieselben hinaus. Er gewährt eine Teuerungszulage auch den pensionierten ehemaligen Beamten, ständigen Angestellten und Arbeitern der Bundesbahnen.

Die Ausführung dieser Seite des Beschlusses hat eine Ausgabe von Fr. 1,372,000 erfordert.

C. Technische Kontrolle.

Bahnbau.

E l e k t r i s c h e r B e t r i e b . Die Einführung desselben bei misera'Eisenbahnen kann unter, dem Einfluss des Krieges unmöglich so gefördert werden, wie es notwendig und wünschbar wäre. Insbesondere ist das erforderliche Material entweder gar nicht oder nur zu,,fast unerschwinglich hohen Preisen erhältlich.

Die Elektrifikation der Gotthardbahn marschiert. Die erwähnten Einflüsse machen sich auch bei diesem Unternehmen in hemmender und verzögernder Weise geltend.

D. Administrative Kontrolle.

Tarif- und Transportwesen.

Das Tarifwesen ist normalerweise im Bundesgcsetz vom 27. Juni 1901 geregelt. Die Kriegsverhältnisse, haben auch diese Materie in den Kreis der ausserordentlichen Generalvollmachten des Bundesrates gestellt. Der Bundesrat hat von der diesfallsigen Vollmacht wiederholt Gebrauch gemacht und versucht, das infolge vermehrter Ausgaben gestörte finanzielle Gleichgewicht der Bundesbahnen durch Vermehrung der Einnahmen soweit möglich herzustellen. Er hat bei den meisten Tarifpositionen eine erhebliche, zürn Teil weit über das gesetzliche Maximum hinausgehende Steigerung vorgenommen, deren Ergebnis sich in die Millionen beläuft. In der Geschäftsprüfungskommission wurde geltend gemacht, dass die ausserordentlichen Tarifmassnahmen des Bundesrates, besonders in bezug auf die Tarifdifferenzierung, zur Kritik Anlass geben und in einer so wichtigen Angelegenheit die Mitwirkung der Bundesversammlung nicht länger ausgeschaltet bleiben sollte. Gegen diese Auffassung vermochte in der Kommission der hauptsächliche Einwurf mehrheitlich nicht aufzukommen, dass die Behandlung der Tarifmassnahmen durch die Bundesversammlung in der jetzigen ausserordentlichen Zeit zu schwerfällig und zeitraubend wäre und zu Inkonvenienzen und grossen finanziellen

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Schädigungen des Bundes führen müsste. Mit Stimmenmehrheit beschloss die Kommission, in ihrem Bericht den Wunsch auszudrücken, es möchte der Bundesrat die Tariffragen inskünftig der Bundesversammlung vorlegen. Eine beträchtliche Minderheit der Kommission hat sich gegen den Mehrheitsbeschluss ausgesprochen.

II. Posfverwalfung.

Der Bericht der P o s t v e r w a l t u n g verzeichnet pro 1917 bei einem Einnehmen von Fr. 66,789,218. 50 und einem Ausgeben von Fr. 66,913,727. 95 einen Betriebsverlust von Fr. 124,509. 36.

Das Ergebnis stellt sich gegenüber demjenigen von 1916 um Fr. 1,465,666. 42, .gegenüber dem Voranschlag pro 1917, der einen Betriebsverlust von Fr. 6,239,700 vorsah, sogar um Fr. 6,115,190. 64 günstiger. Dabei sind auf dem Wertschriftenbestand des Postscheckdienstes Fr. 500,000 abgeschrieben worden statt nur Fr. 200,000, wie vorgesehen war. Es ist aber festzuhalten, dass diesmal die Kriegsteuerungszulagen und Ausgaben für Kriegsbeihülfe, im Betrage von Fr. 8,046,804, noch nicht in der Rechnung der Postverwaltung figurieren. Würden sie darin figurieren (1918 wird dies erstmals der Fall sein, und man bemisst die daherige Ausgabe auf .13 Millionen Franken), so würde der Betriebsausfall, statt Fr. 124,509. 36, Fr. 8,171,313. 36 ausmachen. Die tatsächliche Lage ist also weit ungünstiger als im Vorjahr, und das budgetierte Defizit ist in Wirklichkeit, d. h.

bei Berücksichtigung der Teuerungszulagen, noch sehr erheblich überschritten.

Wenn ohne Rücksicht auf Kriegsteuerungszulagen und Kriegsbeihülfe das Resultat von 1917 als ein verhältnismässig befriedigendes erscheint, so ist das dem Umstände zuzuschreiben, dass in der Bewilligung von Ausgaben äusserste Zurückhaltung geübt wurde.

Speziell auch bei den Personenpostkursen wird grösste Sparsamkeit beobachtet. Zahlreiche Einschränkungen, die bei Kriegsausbruch angeordnet wurden, bleiben aufrechterhalten. Die einschlägigen Ausgaben waren 1917 um zirka Fr. 2,100,000 geringer als 1913. Die Postpferdehalter machen Schwierigkeiten und kündigen massenhaft die Verträge wegen andauernder Teuerung der Futtermittel. 11 Postkurse konnten wegen Eröffnung von Eisenbahnen und Kraftwagenkursen (von denen jetzt 26 im Betrieb stehen) dahinfallen. Anderswo leiden jedenfalls abgelegene Gemeinden beträchtlich unter den' heutigen Postverhältnissen, und

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wir empfehlen, ihnen für den Verkehr mit der Aussenwelt nach bester Möglichkeit .Rechnung zu tragen.

Gegenwärtig wird die Frage geprüft, ob es wünschbar sei, in Ausführung des Bundesgesetzes über Kranken- und Unfallversicherung eine besondere Krankenkasse für das gesamte Postpersonal zu gründen. Die Prämien der Unfallversicherung werden die Postverwaltung bei der eidgenössischen Anstalt in Luzern rund Fr. 150,000 mehr kosten als bisher bei der Selbstversicherung der eidgenössischen Post. Es soll auf eine Herabsetzung der Prämien hingewirkt werden. Der Versicherungsfonds der Postverwaltung bleibt bestehen, hat sich 1917 wieder um rund Fr. 43,000 vermehrt und soll weiter geäufnet werden zum Zweck, neben den Erfordernissen für die Haftpflicht gegenüber Privatpersonen auch die aus der Promesse Comtesse dem Postpersonal gegenüber erwachsenden Verpflichtungen zu bestreiten.

Auf Ende des Berichtsjahres bestanden 23,980 Postecheckrechnungen, 3147 mehr als am Schluss des Vorjahres. Das gesamte Guthaben der Rechnungsinhaber belief sich auf Fr. 93,069,309. 90 und hat im Berichtsjahr um nicht weniger als Fr. 27,164,009. 09 zugenommen ; durchschnittliches Guthaben eines Rechnungsinhabers Fr. 3881.10. Die meisten Rechnungsinhaber (5320) weist das Bureau Zürich auf; es folgen Basel, Bern, St. Gallen, Lausanne, Genf usw. Von den Guthaben sind rund Fr. 20,000,000 in Anleihen des Bundes, der Bundesbahnen, der Kantone und Gemeinden, in Obligationen beglaubigter inländischer Bankinstitute und in ausländigen Effekten angelegt, rund 40 Millionen bestehen als Guthaben beim schweizerischen Finanzdepartement und 34 Millionen als Guthaben bei der schweizerischen Nationalbank und Zuschuss an das Betriebskapital der Postverwaltung. Die Wertschriften befinden sich in Verwahrung der schweizerischen Nationalbank ; die daherigen Depotscheine liegen bei der Oberpostdirektion.

Der Postverkehr im Inland, vom ausländischen nicht zu reden, bekam den Krieg in allen Formen zu spüren : Ersetzung der Gasbeleuchtung durch elektrische Beleuchtung in einer Reihe von Postgebäuden der Sehweizerstädte, grösste Sparsamkeit in bezug auf Heizmaterial, Schalterschluss abends 7 Uhr statt 8 Uhr ab 1. März, ab 1. November dann Beschränkung der Schalterstunden der Poststellen auf die Zeit von 8 1 /s Uhr morgens bis 6 1 /z Uhr abends, Schliessung
der Schalter in den Bureaux I. u. II. Klasse während einer Stunde über Mittag, gänzliche Schliessung unwichtigerer Filialen, möglichste Einschränkung der Nachtarbeit, O

359 Späterlegung des ersten und Früherlegung des letzten Besfcellganges der Briefträger, Reduktion der werktäglichen Bestellgänge für Briefpost in den Städten auf 3, teilweise sogar auf 2, Aufhebung der Briefvertragung an Sonn- und Feiertagen, Eilsendungen ausgenommen, eine Massnahme, die bald wieder zurückgenommen werden musste, während man andere Massnahmen zu mildern gezwungen war, da die Volksseele zu kochen anfing. Alle diese Vorkehren bewirkten eine Ersparnis an Heizmaterial um 25 % und bedeutende Minderaufwendungen an Licht. Die Zugseinschränkungen der Bahnen hatten auch eine erhebliche Einschränkung der Bahnpostverbindungen und vielfach eine Verlängerung der Beförderungszeit für die Postsendungen zur Folge. Das Personal wie die Bahnpostwagen waren länger unterwegs; man brauchte deshalb ab Oktober 15 Wagen und 46 Beamte und Angestellte mehr " als vorher. Keinerlei hemmende Einflüsse äusserte der Krieg, wie die oben mitgeteilten Zahlen beweisen, auf den Postscheckverkehr ; vielmehr entwickelte er sich in erfreulicher Weise.

Mit ausländischer Propagandaliteratur wurden wir fortwährend überschwemmt; eigenartige Erscheinungen auf diesem Felde bedeuteten die eingeschmuggelten gefälschten Nummern der ,,Strassburger Posta und der .^Frankfurter Zeitung". Soweit sie der Wachsamkeit der Poststellen entgangen waren, wurden sie nachher beschlagnahmt. Fortgesetzt kommt die Post in die Lage, der vom Bundesrat geschaffenen Presskontrollkommission neutralitätswidrige Drucksachen, oder solche, die eines neutralitätswidrigon Inhalts verdächtig sind, zu unterbreiten. Auch wird auf Veranlassung der Bundesanwaltschaft der Postverkehr Spionageverdächtiger Personen überwacht. Die krass neutralitätswidrigen Ansichtspostkarten gehen an Zahl stetig zurück und scheinen allgemach verschwinden zu wollen. Anderseits beschwert sich der Bericht mit Grund über die Willkür ausländischer Zensurbehörden, welche Privat- und Handelsbriefschaften aus und nach der Schweiz nach Gutünden öffnen und beschlagnahmen, ohne dass es bis jetzt gelungen wäre, solche Eingriffe zu beseitigen.

Wir empfehlen dem Bimdesrat, in dieser Hinsicht energische Beschwerden zu erneuern. Ebenso befürworten wir scharfe Wachsamkeit gegen den Missbrauch der Post zu an ti militaristischer Propaganda durch Druckschriften und Ansichtskarten, welche sich gegen
die Institution der schweizerischen Armee richten.

Der Postverkehr unserer Internierten, deren Zahl sich am Schluss des Berichtsjahres auf rund 28,000 belief, und der Postverkehr der Kriegsgefangenen und Internierten im Auslands,

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welcher durch die neutrale Schweiz geht, belastet die schweizerische Postverwaltung in ausserordentlicher Weise. Einzig die Briefe und Karten für Kriegsgefangene und Internierte machten im Berichtsjahr rund 151 Millionen Stück aus, seit Kriegsbeginn bis Ende 1917 360 Millionen. Die postalischen Vergünstigungen der Internierten in der Schweiz erfuhren bereits Einschränkungen.

Was die Kriegsgefangenen und Internierten im Ausland anbetrifft, so verursachten sie uns 1917 einen Taxausfall von 16,770,000 Franken und seit Kriegsbeginn einen solchen .von 45,800,000 Fr. D. h. diese Summe hätte uns der Transitverkehr der in Betracht fallenden Briefschaften und Pakete eingetragen, wenn nicht die Haager Vereinbarungen uns zu portofreier Beförderung verhalten würden. An die Postverwaltungen von Deutschland, Frankreich, Österreich-Ungarn, Italien und Grossbritannien wurde gegen Jahresschluss das Ansuchen gestellt, der schweizerischen Postverwaltung wenigstens für die Beförderung der Kriegsgefangenenpoststücke durch die Schweiz aus Billigkeitsgründen eine angemessene Entschädigung zu gewähren. 50 Rappen pro Stück sieht der Ppststückvertrag von Rom (für Friedenszeiten) vor ; man wollte sich mit 25 Rappen begnügen. Geantwortet haben bis jetzt einzig England und Frankreich. Sie offerieren, wie man hört, 10 Rappen pro Stück, was sehr bescheiden ist, aber immerhin 2--3 Millionen Fr. eintragen würde. Wir laden den Bundesrat ein, seine Bemühungen in dieser Sache energisch fortzusetzen.

Was ist in diesem Kriege aus den Haager Vereinbarungen geworden? Wir wollen sie unserseits im übrigen respektieren, aber wer hätte bei ihrem Abschluss an einen Krieg von so weltumspannender Bedeutung und so entsetzlicher Dauer denken können?

Der Bericht -verbreitet sieh zum Schluss über die derzeitigen Wirkungen der Portofreiheit überhaupt. Gab es 1913 19,283,000 portofreie Sendungen, so waren es 1915 ihrer 67 Millionen, 1916 noch 61 Millionen, 1917 noch 57,891,000, vom Transitverkehr abgesehen. Sie entfallen auf den Ausland- und den Inlandverkehr ; im letztern spielt selbstverständlich das Militär eine sehr hervorragende Rolle; dann sind auch alle die durch den Krieg ins Leben gerufenen Fürsorgestellen und Notstandsaktionen in Berücksichtigung zu ziehen. Die Erscheinung ist für die Postverwaltung administrativ und fiskalisch sehr
unerfreulich. Aber dass ·die heutigen Verhältnisse in all ihrer Kompliziertheit nicht dazu angetan sind, die vielbesprochene Frage nach der Aufhebung der Portofreiheit weiter zu diskutieren und zum Abspruch zu bringen, liegt auf der Hand, abgesehen davon, dass durch eine so radikale

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Massregel die Kantone und Gemeinden noch empfindlicher als in normalen Zeiten betroffen würden. Wir begrüssen deshalb den Entschluss des neuen Departementsvorstehers, die daherige Diskussion auf günstigere Gelegenheit zu vertagen, d. h. den den .Räten vorliegenden Beschlussesentwurf einstweilen zurückzuziehen.

III. Telegraphen- und Telephonverwalfung.

Das finanzielle Ergebnis dieser beiden Betriebe übertrifft wiederum alle Erwartungen und beziffert sich, selbst nach Abzug der auf die allgemeine Rechnung des Bundes übernommenen Aufwendungen an Teuerungszulagen und Kriegsbeihülfen für das Personal, noch auf Fr. 6,295,000 an Betriebsgewinn. Derselbe besteht zum weitaus grössern Teil aus Mehreinnahmen, zum kleinern Teil auch aus einer Minderung der Ausgaben und ist ausschliesslich der E n t w i c k l u n g des inländischen Verkehrs zuzuschreiben.

Freilich haben die ausserord entliehen Zeitverhältnisse auch mitgewirkt, und insbesondere muss angenommen werden, dass die Verschlechterungen im Fahr- und Postverkehr ein Anschwellen der andern Verkehrsadern zur Folge hatten. Wir mögen jedoch das Ausserordentliche noch so hoch einschätzen, so vermag das nichts zu ändern an der Tatsache, dass die Betriebe des Telegraph und des Telephon auf durchaus gesunder Grundlage arbeiten.

Besonders erfreulich ist der Aufschwung, den das Telephon genommen hat. Nur ganz kurze Zeit blieb die Befürchtung, es könnte die vorgenommene Taxerhöhung einen Rückschlag bringen, aufrecht. Im Jahre 1916 zeigte sich eine kleine Abnahme der Zahl der Telephonabonnenten. Allein das Berichtsjahr brachte eine Vermehrung derselben um rund 5000, und wie man hört, hält die Nachfrage ungeschwächt an.

Mit Rücksicht auf die zunehmende Wertschätzung des Telephons und dessen gute Erträgnisse seien hier zwei Wünsche angebracht, die wir der wohlwollenden Prüfung und möglichsten Berücksichtigung des Departernentes empfehlen.

Der eine dieser Wünsche wurde schon letztes Jahr anlässlich der Behandlung des Geschäftsberichtes im Rate vernommen. Er geht darauf aus, A l p e n w e i l e r n und H ö h e n s t a t i o n e n die Einr i c h t u n g des Telephons d u r c h v e r b e s s e r t e s E n t g e g e n k o m m e n des Bundes zu ermöglichen. In der Tat gibt es in der Schweiz viele solcher abgelegener Orte, für welche eine telephonische Verbindung mit dem Tal eine eigentliche Wohltat bedeuten würde. Sie entbehren die Einrichtung, weil es ihnen

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an Mitteln fehlt oder weil ein spekulativer Bergwirt ihnen dieselbe erschwert. Es will uns scheinen, dass ein Zusammenwirken von Bund und Kantonen hier viele gerechtfertigten Ansprüche befriedigen könnte,- ohne die Verwaltung übermässig zu belasten.

Der zweite Wunsch ruft einer V e r m e h r u n g der Möglichkeit, das Telephon in grössern Ortschaften auch ausser der B u r e a u z e i t , b e s o n d e r s nachts, zu b e n ü t z e n . In der Tatsache, dass allein im Berichtsjahre die interurbanen Nachtgespräche sich um 32 °/o vermehrten, liegt wohl der Beweis dafür, dass hier Bedürfnisse vorliegen. Nun scheint aber bei den Bureaus III. Klasse eine gewisse Ungleichheit zu bestehen. In einer kleinern Ortschaft kann das Telephon ausser der Bureauzeit benützt werden, weil das Bureau mit der Wohnung des Beamten zusammenhängt, während grössern Ortschaften dieser Vorteil oft versagt ist, weil der Beamte abseits vom Bureau wohnt. Wir geben daher zu erwägen, ob nicht für und für durch Verbindung von Wohnung und Telephonstation immer mehr grössern Ortschaften die Möglichkeit, das Telephon ausser der Bureauzeit zu benützen, verschafft werden könnte.

In Beamtenkreisen wird einer E i n s c h r ä n k u n g des Sonnt a g s v e r k e h r s für Telegraph und Telephon das Wort gesprochen im Interesse der Sonntagsruhe der Beamten und auch des Fiskus.

Man glaubt diese Einschränkung durch erhebliche Taxzuschläge zu erreichen und rechtfertigt diese letztern damit, dass der Sonntagsverkehr zum grössten Teil nicht einem richtigen Bedürfnis, sondern dem Reiseverkehr und der Sonntagsunruhe diene und daher eine Verteuerung wohl ertragen könne. Wir sind uns wohl bewusst, das dieser Gedanke einen etwas reaktionären Beigeschmack und seine Schattenseite hat und wollen ihn hier nur mitteilen, ohne ihn zu beurteilen.

An Neuerungen des Jahres 1917 sind hervorzuheben: die O

Zulassung d r i n g e n d e r P r i v a t g e s p r ä c h e im inländischen und internationalen Telephonverkehr gegen dreifache Gebühr und die E r r i c h t u n g einer h a l b a u t o m a t i s c h e n Z e n t r a l e Z ü r i c h H o t t i n g e n für vorläufig 7000 Anschlüsse. In diesen Neuerungen liegt wohl ein Beweis, dass die Verwaltung bestrebt ist, ihre Betriebe auf der Höhe der Zeit zu halten.

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ßundesgericht.

Allgemeines.

1. In der Zusammensetzung des Gerichtes ist keine Veränderung eingetreten. Die aus Gesundheitsrücksichten erfolgte Demission des Herrn Dr. Huber und die Ernennung des Herrn Dr. Piccard zum Vizepräsidenten des eidgenössischen Versicherungsgerichts haben die Wahl zweier neuer Bundesgerichtsschreiber zur Folge gehabt.

Die Zahl der Geschäfte der staatsrechtlichen Abteilung hat eine leichte Verminderung erfahren. Dagegen haben die Geschäfte der beiden Zivilabteilungen beträchtlich zugenommen. Die Zahl der Berufungen ist auf eine bisher nie erreichte Höhe angestiegen.

Die Folge davon ist, wie das Bundesgericht ausführt, dass die Erledigung vieler Prozesse eine bedauerliche Verzögerung erfährt, weshalb denn die Frage der Revision des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege allen Ernstes geprüft zu werden verdiene.

Die Kommission macht diese Bemerkung des Bundesgerichts zu der ihrigen. Eine Revision hat vor einigen Jahren stattgefunden, aber bloss eine partielle und, wie es sich herauszustellen scheint, ungenügende. Die Fassung von 1911, die sich auf das Gesetz vom Jahre 1893 stützt, ist mühsam zu handhaben. Eine umfassende Kodifikation erscheint wünschenswert. Sie wird auch die Bestimmungen über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts zu enthalten haben, dessen Schaffung von der Kommission als dringend notwendig erachtet wird. Nun ist das Verwaltungsgericht unseres Eraehtens als Abteilung des Bundesgerichts zu konstituieren und nicht als selbständiger Gerichtshof nach Art des Versicherungsgerichtes. Falls das System, das wir empfehlen, den Vorzug erhält, so werden in das Gesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege die Bestimmungen über das Vcrwaltungsgericht aufzunehmen sein. Man wird ferner prüfen müssen, ob dem Gericht bei dieser Zusammensetzung gewisse Materien der Disziplinai'gerichtsbarkeit zu übertragen seien oder ob diese einen» Spezialgericht zugewiesen werden sollen.

Das Bundesgericht bemerkt, dass es dem Departement des Innern einen weitern Bericht über die abgeänderten Pläne des neuen Bundesgerichtsgebäudes habe zukommen lassen.

Die Erstellung eines neues Gebäudes, das unserer höchsten Gerichtsbehörde Unterkunft gewähren soll, ist dringlich. Das

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Gericht leidet an Platzmangel: es hat dies zu wiederholten Malen in seinen Jahresberichten bemerkt.

Die Kommission drückt den Wunsch aus, dass die Pläne und Voranschläge für das neue Gebäude so rasch als möglich abgeschlossen werden, damit mit dem Wiedereintritt normaler Baubedingungen die Arbeiten sofort aufgenommen werden können.

Schuldbetreibung und Konkurs.

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer ist stark in Anspruch genommen. Beauftragt mit der Ausarbeitung des Entwurfes zu einer Verordnung über das Verfahren bei Liegenschaftsverwertungen, hat sie sich genötigt gesehen, diese Arbeit einer mit der Materie vertrauten ausserhalb des Gerichts stehenden Persönlichkeit zu übertragen, indem die Verordnung die einheitliche und vollständige Darstellung der durch die bundesgerichtliche Rechtsprechung statuierten Grundsätze bezweckt. Eine gewisse Entlastung der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer wäre somit wünschenswert. Sie könnte vielleicht durch eine Vermehrung der Zahl der Mitglieder der Kammer erreicht werden.

Überdies würde unseres Erachtens die Wiederaufnahme der regelmässigen Inspektionen der Konkursämter durch eine Delegation des Bundesgerichts eine Vermirideruug der Zahl der Betreibungsbeschwerden zur Folge haben, indem diese Inspektionen auf die Betreibungs- und Konkursbeamten belehrend und anspornend zu wirken pflegen.

Durch Beschluss vom 23. November 1917 hat der Bundesrat die Bewilligung oder Verlängerung der allgemeinen Betreibungsstundungen an die Bedingung geknüpft, dass der Schuldner Abzahlungen leiste. Diese Vorschrift ist von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer befürwortet worden, um die allgemeinen Betreibungsstundungen zu unterdrücken oder doch zu vermindern.

Die Kommission geht mit dieser Lösung durchaus einige Sie ist der Ansicht, dass die allgemeine Betreibungsstundung sine ausserodentliche Massnahme darstellt, eine Wohltat, die nur mit gutem Grund und nur denjenigen gewährt werden soll, die sie verdienen. Die Verpflichtung ,des Stundungsimpetranten zur Leistung von Abzahlungen wird unseres Erachtens günstig.

Folo-en zeitigen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Nationalrates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1917. (Vom 14. Mai 1918.)

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