410 # S T #

8 8 4

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung eines Nachtragskredites von Fr. 5,600,000 für die Anschaffung von elektrischen Lokomotiven.

(Vom 8. Juni 1918.)

Die Bundesbahnverwaltung hat bekanntlich in den letzten Jahren grosse Anstrengungen gemacht, um die elektrische Zugförderung bei den Bundesbahnen zu fördern. Zuerst wurde die Elektrifizierung der Bergstrecke Erstfeld-Bellinzona der Gotthardlinie in Aussicht genommen, neulich ist auch die beförderliche Ausrüstung der Linien Scherzligen-Bern und Brig-Sitten für den elektrischen Betrieb beschlossen worden. In der Annahme, dass die elektrische Ausrüstung der Gotthardlinie Anfang 1920 ausgeführt sein werde, und dass es sich empfehlen dürfte, vorerst Erfahrungen mit Probelokomotiven zu machen, um alsdann nach deren Betriebsergebnis die erforderliche Anzahl von weiteren Lokomotiven bestellen zu können, hat die Bundesbahn Verwaltung im Laufe .des letzten Jahres vier elektrische Probelokomotiven bei schweizerischen Firmen in Bestellung gegeben. Wegen der grossen, immer noch zunehmenden Schwierigkeiten der Materialbeschaffung hat sich aber die Erstellung dieser Probelokomotiven derart verzögert, dass das Ergebnis der Probefahrten, wie sich gegen Ende 1917 herausstellte, nicht mehr abgewartet werden konnte, um die für den Vollbetrieb nötigen elektrischen Maschinen definitiv zu bestellen, wenn man den elektrischen Betrieb mit der Vollendung der Wasserkraftanlagen (Ritomwerk) aufnehmen wollte. Die Generaldirektion der S. B. B. entschloss sich daher, die Anschaffung von 20 elektrischen Lokomotiven beförderlichst in die Wege zu leiten und unterbreitete am 26. März dieses Jahres einen dahinzielenden Bericht und Antrag dem Verwaltungsrat. Unterm 2. Mai . abbin hat diese letztere Behörde den Antrag der Generaldirektion und der ständigen Kommission, gemäss welchem der A.-G. Brown, ·Boveri & Co. in Baden und der Maschinenfabrik Oerlikon je 10 elektrische Lokomotiven für einen Gesamtbetrag von Fr. 16,800,000 in Bestellung gegeben werden, zum Beschluss erhoben. Die An-

411

Schaffungskosten der 20 Lokomotiven fallen zu Lasten der Baurechnungen 1918/1919, und es wird deshalb die Bewilligung eines Nachtragskredites für das laufende Jahr erforderlich. Die Generaldirektion stellt daher in einem Schreiben vom 31. Mai abhin an das Eisenbahndepartement das Gesuch, es möchte ihr ein solcher Kredit in der Höhe von Fr. 5,600,000 bewilligt werden.

Dabei führt sie aus, dass, da die Lieferanten bei der Materialbestellung Vorauszahlung leisten müssen, beim Vertragsabschlüsse in Abweichung vorn bisherigen Gebrauche vereinbart worden sei, dass ein Drittel des Gesamtpreises der Lokomotiven nach Bewilligung des Budgetkredites durch die eidgenössischen Räte zu bezahlen sei.

Über die Bediirfnisfrage^und die gegenwärtigen Preise der elektrischen Lokomotiven äusserte sich die Generaldirektion in ihrem oben erwähnten Berichte vom 2fc>. März an den Verwaltungsrat wie folgt : ,,Die Bestellung einer grössern Zahl von Lokomotiven könnte zurzeit an sich bedenklich erscheinen, da ihr Preis etwa dreimal so hoch ist als vor dem Kriege. Ungefähr in diesem Verhältnis sind aber leider auch die meisten anderen Erzeugnisse der elektrischen Industrie verteuert. Dies hat nicht davon abgehalten, die Elektrifizierung der Gotthardlinie mit aller Energie zu beschleunigen, übrigens auch nicht, neben ihr noch zwei andere Elektrifizierungen in Ausführung zu nehmen. Sollen die gemachten Anstrengungen nicht nachträglich als verfrühte erscheinen oder zum Teil nutzlos werden, so müssen jetzt elektrische Lokomotiven für den Gotthard bestellt werden, so abschreckend auch ihr jetziger Preis sein mag . . .

,,Es war leider nicht möglich, die für die Probelokomotiven vereinbarten, damals schon als sehr hoch bezeichneten Preise für die neue Bestellung beizubehalten. Die Verteuerung der Materialien und der Arbeitslöhne hat wiederum zu einer beträchtlichen Erhöhung der Lokomotivpreise geführt, wie aus folgender Zusammenstellung ersichtlich ist: Gewicht in t

Type

Stückpreise in Fr.

mech.jelektr. Total mech. elektr.

Kiloprcise in Fr.

Total mech. elektr. JTotaf

1 BB 1 Baden 56 48,o 104,e 258 700 546 000 804 700 4.62 11.25 7.69 1 CG 1 Oerlikon 69,5 55 124,6 313 000 555 000 868 000 4.50 10.10 6.97

56 47,5 103,5 168 000 347 500 515 500 3.-- 7.32 4.98 57 48 105 176 000 347 500 523 500 3.09 7.24 4.99 Die letztern zwei sind Probe lokomot iven nac h Offert e.

1 BB 1 Baden CG Baden

412 ,,Die neuen Vertragspreise sind zudem zum Teil nicht als streng verbindlich zu betrachten, weil der Unsicherheit der Marktlage Rechnung getragen werden musste."

Dem Berichte der Generaldirektion entnehmen wir ferner folgende Angaben technischer Natur: .,,Als Bauarten sind Drehgestell-Lokomotiven der Typen l BB l (Serie Fb2 2/s) Schnell- und Personenzugslokomotiven und l CG l (Serie F°2 8/i) Güterzugslokomotiven mit Laufachse in Aussicht genommen, da für die Bergstrecke Lokomotiven mit grosser Zugkraft benötigt werden. Die l BB l Lokomotive entspricht der Probelokomptive derselben Gattung. Statt der CG Bauart (Güterzugslokomotiven ohne Laufachse) der Probelokomotive wurde die l CG l Type aus folgenden Gründen bevorzugt : Bei gleicher Leistung und Zugkraft ergibt die l CG l Lokomotive günstigere Belastungsverhältnisse für den Oberbau wegen der an jedem Ende vorhandenen Laufachse und der geringen Achsdrücke der führenden Räder, grössere Schonung der Radreifen und ruhigeren Gang der Lokomotive. Einer Anregung der Maschinenfabrik Oerlikon entsprechend, wird der Lokomotivkasten dreiteilig ausgeführt, womit wiederum Vorteile für den Unterhalt und Betrieb und auch gewisse Vereinfachungen für den Bau der Lokomotive erreicht werden.tl Wie den Ausführungen der Generaldirektion über die Preisund Lieferungsverhältnisse für die elektrischen Lokomotiven zu entnehmen ist, befindet sich die Bundesbahnverwaltung in einer Zwangslage. Einerseits verlangen der immer drohender werdende Kohlenmangel und die gewaltige Erhöhung der Kohlenpreise gebieterisch die möglichste Förderung der Einführung der elektrischen Zugförderung, anderseits sind aber zur Stunde die Preise für die elektrische Linienausrüstung und namentlich für die elektrischen Lokomotiven hauptsächlich infolge der Schwierigkeiten in der Materialbeschaffung derart gestiegen, dass die künftige Wirtschaftlichkeit des elektrischen Bahnbetriebes ernstlich in Frage gestellt zu sein scheint. Es könnte daher auch die Frage aufgeworfen werden, ob es nicht zweckmässiger wäre, ein langsameres Tempo in den Ausführungsarbeiten der Elektrifikation eintreten zu lassen, um den gegenwärtigen unverhältnismässig hohen Preisen zu entgehen, und dafür die Elektrifizierung der Bahnen später, bei günstigeren Preiverhältnissen um so energischer weiterzuführen. Wir glauben,
diese Frage verneinen zu müssen. Wie lange die Schwierigkeiten in der Materialbeschaffung noch andauern können und ob sie nicht noch zunehmen werden, kann heute niemand sagen. Mit ziemlicher Sicherheit kann aber angenommen

413 werden, dass die früheren Preislagen, sei es für die Beschaffung von Kohlen, sei es für Materialien zur elektrischen Linienausrüstung oder zur Herstellung von elektrischen Lokomotiven, n i c h t wiederkehren werden. Man wird im Gegenteil, wenn nicht alles täuscht, auch nach der Rückkehr normaler Verhältnisse mit einer bleibenden, gegenüber den früheren Preisen bedeutenden Preiserhöhung bei allen in Betracht fallenden Materialien und Arbeitslöhnen rechnen müssen. Eine namhafte Ersparnis wäre daher bei einem langsameren Tempo in. der Elektrifizierung kaum zu erzielen, und was die künftige Wirtschaftlichkeit des elektrischen Bahnbetriebes an und für sich anbelangt, so wird sie infolge der Verteuerung des Dampfbetriebes durch die hohen Kohlenpreise zum mindesten in gewissem Masse bedingt. Wir empfehlen Ihnen deshalb den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und bemerken hoch, dass die Angelegenheit in der gegenwärtigen Session erledigt werden sollte, da die Bundesbahnverwaltung ansonst ab 31. Juli Verzugszinse zu bezahlen hätte.

Genehmigen Sie auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 8. Juni 1918.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Calonder.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

414 (Entwurf.

Bnndesbeschlusg betreffend

Bewilligung eines Nachtragskredites von Fr. 5,600,000 für die Anschaffung von elektrischen Lokomotiven.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Greneraldirektion der S. B. B. vom 31. Mai 1918 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 1918, beschliesst: 1. Der Bundesbahnverwaltung wird für die Anschaffung von 20 elektrischen Lokomotiven ein Nachtragskredit von Fr. 5,600,000 bewilligt.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung eines Nachtragskredites von Fr. 5,600,000 für die Anschaffung von elektrischen Lokomotiven.

(Vom 8. Juni 1918.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1918

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

884

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.06.1918

Date Data Seite

410-414

Page Pagina Ref. No

10 026 763

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.