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Bericht der

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit seit der Neukonstituierung vom 16. Dezember 1917 bis 30. September 1918.

(Vom 11. November 1918.)

Hochgeachtete Herren !

In Ausführung des Artikels 12 des Regulativs der Finanzdelegation vom 25. November 1907 beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Bericht zu erstatten.

T. Personelles.

Am 19./20. Dezember 1917 bestellten der Nationalrat und der Ständerat folgende Finanzkommissionen : Nationalrat : Piguet, Spahn, Evéquoz, Peter, von Streng, Sträuli, Abt, Affolter, Jenny, Mermoud, Scheurer.

Ständerat : Düring, Pettavel, Wyrsch, Baumanu, Gabuzzi, Andermatt, Keller, Lsely, Rutty.

In den konstituierenden Sitzungen der genannten Kommissionen vom 20. Dezember 1917 wurden folgende Mitglieder in die Finanzdelegation gewählt: Nationalräte : Piguet, Präsident der Finanzkommission des Nationalrates, Spahn,von Streng; Ständeräte : Düring, Präsident der Finanzkommission des Ständerates, Pettavel, Baumann.

Als Ersatzmänner die Nationalräte : Evéquoz, Peter, Affolter ; Ständeräte: Wyrsch, Gabuzzi, Rutty.

Laut Art. 2 des Regulativs leitet die Geschäfte der Delegation der Präsident der Finanzkommission jenes Rates, dem jeweilen die Priorität für die Behandlung des Voranschlages zukommt.

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II. Sitzungen.

Vom 21. Dezember 1917 bis zum 30. September wurden 11 Sitzungen abgehalten.

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III. Yerhandlungsgegenstände.

Wir erwähnen hiervon nur die folgenden : 1. Die eidgenössische Staatsrechnung 1917. Aus den vielen Fragen, die über diesen Gegenstand in der Folge auch in den Finanzkommissionen und in den Räten zur Aussprache gelangten, heben wir einige hervor: a. Die Kompetenzausscheidung zwischen der Finanzdelegation resp. den Finanzkommissionen einerseits und der Kommission für Prüfung der Mobilmachungsausgaben anderseits.

Die Entstehungsgeschichte der Ablieferung einer ersten Abrechnung über die Mobilisationsausgaben 1914/1915 ist Ihnen aus unserm letztjährigen Berichte bekannt. (Bundesbl. 1917, IV, 960/61.) ' Die Vorlage über die Kosten der Kriegsmobilmachung ist am 15. Dezember 1917 erschienen und vom Bundesrate den eidgenössischen Räten unterbreitet worden. Sie figuriert als Verhandlungsgegenstand Nr. 22 erstmals im Verzeichnisse der Märzsession 1918 der Bundesversammlung und ist vom Bureau der eidgenössischen Räte an eine ad hoc gewählte Kommission zur Vorberatung gewiesen worden. Damit scheidet die Prüfung dieser Ausgaben aus dem Pflichtenkreis und der Tagesordnung der Finanzdelegation aus.

Es traten aber sofort neue Fragen auf. Die Kriegsmobilmachungskosten umfassen, wie aus der Rechnung 1917 hervorgeht, nicht bloss die Ausgaben der Armee, sondern eine ganze Reihe von Einnahmen- und Ausgabenpositionen, vor allen diejenigen der sogenannten Kriegsorganisationen.

Wer prüft diese Rechnungen ?

Sodann bezieht sich das Traktandum, Botschaft vom 15. Dezember 1917 betreffend die Abrechnung über die Kosten der Kriegsmobilmachung, nur auf die Jahre 1914/1915.

Wem ist die Prüfung der Rechnungen der spätem Jahre vorbehalten ?

Um Konflikte zwischen den beiden parlamentarischen Kommissionen zu vermeiden und die Kontinuität der Prüfung der

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Mobilisationsausgabcn nicht zu gefährden, wüuschte die Fiuunzdelegation eine bestimmtere Ausscheidung der Kompetenzen ; dies um so mehr, als nicht nur formelle Schwierigkeiten vorhanden sind. (Art. 26 B G vom 9. Oktober 1902 betreffend den Geschäftsverkehr zwischen den Räten und dem Bundesrate.)

In der Sitzung der Finanzdelegation vom 27. Februar 19J8 wurden diese Fragen mit den Vorstehern des Militärdepartements und des Finanzdepartements besprochen. Das Resultat dieser Aussprache ist im Schreiben des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 16. März 1918 bekanntgegeben worden. Dieses lautet am Schlüsse : ,,Wir beehren uns deshalb, Ihnen folgende Anregung zur Genehmigung zu unterbreiten : 1. Den zur Prüfung der Abrechnung über die Mobilisations ausgaben der Jahre 1914 und 1915 eingesetzten besondern Kommissionen werden auch die künftigen Abrechnungen aller Mobilisationskosten im engern Sinne (Militärverwaltung) zugewiesen, und zwar solange die Mobilisation überhaupt dauert, d. h. solange Mobilisationsausgaben gemacht und bezügliche Rechnungen erstellt werden müssen.

2. Der Finanzdelegation bzw. den Finanzkommissionen beider Räte wird ausser der Staatsrechuung die Prüfung der Rechnungen aller wirtschaftlichen Organisationen zugeteilt, die nicht unter der Militärverwaltung stehen."

Die Räte haben diesen Anträgen zugestimmt.

b. Frage der Änderung des Schemas für die eidgenössische Staatsrechnung. Der Übergang von der kameralistischen Buchführung zur kaufmännischen doppelten Buchführung ist von den Finanzkommissionen beantragt worden. Der Verlauf dieser Verhandlungen ist im Delegationsberichte 1912/13 (Bundesblatt 1913, Bd. 5, S. 21/22) niedergelegt. Die beiden Systeme nach Gutachten Henze-Rehr, als Vertreter der amerikanischen Buchführung, und nach Kantonsbuchhalter Jung, als Vertreter der konstanten Buchführung (System Hügli), wurden von der bestellten Subkommission dem Finanzdepartemente als gleichwertig empfohlen. Dieses entschied sich für die doppelte amerikanische Buchführung. Es kann sich nicht darum handeln, heute wiederum einen Wechsel im Buchhaltungssystem eintreten zu lassen, sondern nur darum, gewisse, dem eingeführten System noch anhaftende Mängel zu heben und formell eine richtige und klare Vermögensrechnung herzustellen, wobei die Defizite der engern Rechnung der Bundesverwaltung und die Defizite der Kriegsmobilmachung getrennt, aber

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richtig erscheinen. Die Delegation hat ihrerseits die Behandlung der Frage ihrer I. Sektion anvertraut, die als Experten Herrn Nationalrat G. Müller zugezogen hat. Dieser wird ein Gutachten ausfertigen. Die Finanzdelegation wird es sich angelegen sein lassen, Ihnen die Anträge und Wünsche zur definitiven Gestaltung des .Rechnungsschemas der eidgenössischen Staatsrechnng zuhanden des eidgenössischen Finanzdepartements zur Kenntnis zu bringen.

o. Die in der Rechnung 1917 erscheinenden Virements gaben der Finanzdelegation Anlass, auf das Schreiben des eidgenössischen Finanzdepartements vom 5. Februar 1917, respektive auf den Bundesratsbeschluss vom 2. März 1917 betreffend Nachtragskredite im Sinne der Vermeidung derselben durch Gestattung von Virements innert den Gesamtkrediten ganzer Abteilungen zurückzukommen. Es wäre wünschenswert, diesen Bundesratsbeschluss wieder aufzuheben, und zwar schon aus verfassungsmässigen Gründen, d. h. wegen des Budgetrechts der eidgenössischen Räte.

2. Prüfung der Rechnungen über die Kriegsorganisationen mit Ausschluss derjenigen, die dem schweizerischen Militärdepartement unterstellt sind. Die Finanzdelegation hat sich wiederholt nach der Rechnungsablegung der Kriegsorganisationsbureaux erkundigt. Monatliche Bilanzen sind nur von der Abteilung für Kriegswirtschaft erstellt worden. Eine vorschriftgemässe Abrechnung dieser Bureaux über die Jahre 1915, 1916 und 1917 ist nicht erfolgt. Mit Schreiben vom 16. Januar 1918 unterbreitete die Finanzdelegation dem Finanzdepartemente zuhanden des Volkswirtschaftsdepartements den Wunsch, es möchten dem parlamentarischen Kontrollorgane von sämtlichen Abteilungen der Kriegsorganisationen monatliche Bilanzen unter Beilage der Rechnungsbelege nach dem Muster der Abteilung für Kriegswirtschaft zur Prüfung eingehändigt werden. Wir haben mit Schreiben vom 27. April 1918 vom eidgenössischen Finanzdepartemeut die Auskunft erhalten, das Volkswirtschaftsdepartement habe seinem neugeschaffenen Kontrollorgane erster Instanz den Auftrag erteilt, den Wünschen der Delegation nach Möglichkeit nachzukommen.

Da aber vorerst vom genannten Kontrollbureau die laufende und künftige Rechnungstellung aller ausserordentlichen Abteilungen geordnet werden müsse, bittet das Volkswirtschaftsdepartement für die Rechnungstellung der Jahre 1915/17 um Geduld, da diese Arbeiten möglicherweise erst auf die Dezembersession 1918 hin beendigt werden können. Die Finanzdelegation hat hiervon

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3. Zulässigkeit der Postquittungen für die Rechnungsbelege der Bundesverwaltung. Diese Frage bildete schon letztes Jahr (VI./17) Gegenstand der Erörterung zwischen Finanzdepartement und Finanzdelegation. Teils aus rechtlichen, teils administrativen Gründen glaubte man darauf beharren zu müssen, die Unterschrift des Empfängers auf jedem Rechnungsbelege einzufordern.

Diese Ansicht musste aus praktischen Gründen fallen gelassen werden. Laut Bundesratsbeschluss vom 20. November 1917 dürfen nun Empfangsabschnitte im Postscheck- und im Postanweisungsdienst von den Verwaltungsabteilungen des Bundes als Quittungen zu den Rechnungen der Lieferanten anerkannt werden, in der Meinung, dass da, wo besondere Umstände dies erfordern, es den Verwaltungen anheimgestellt sei, handschriftliche Quittungen zu verlangen.

4. Frage der Bewirtschaftung der Wafienplatzliegenschaften.

Diese Frage ist seit 1915 Gegenstand der Untersuchung. Unsere I. Sektion hat im Januar 1918 einen eingehenden Bericht erstattet und kommt zum Schlüsse, es sei eine Änderung an der bisherigen Organisation der Verwaltung dieser Liegenschaften nicht wünschenswert. Bei der Verwaltung der Waffenplatzliegenschaften kollidieren zwei Interessen, das militärische und das wirtschaftliche, denen nach Möglichkeit Rücksicht getragen werden muss. Diese Interessen sind vertreten durch Aufsichtsorgane des Militärdepartements und des Finanzdepartements. Der einlässliche schriftliche Bericht steht Ihren Kommissionen zur Einsichtnahme zur Verfügung.

5. Revision des Bundesgesetzes betreffend Reiseontschädigungen an die eidgenössischen Räte vom 16. August 1878. Nachdem die ßahntaxen wiederholt erhöht worden sind, haben sich die Präsidien der beiden Finanzkommissionen auf Wunsch der Delegation mit dem Finanzdepartement ins Einvernehmen gesetzt.

Anlässlich der Beratung der Nachtragskredite I. Serie 1918 fand diese Frage eine vorläufige Erledigung durch den Bundesratsbeschluss vom 27. Juni 1918, wonach die bezüglichen Kredite erhöht werden, um die Kilometerentschädigung mit Wirkung vom 1. Juni 1918 an mit 30 Rappen per Kilometer ausrichten zu können.

6. Frage des Geldverkehrs der Kreispostkassen. Wenn auch die Arbeit der Kreispostkassiere durch die neuen Vorschriften betreffend den Geldumsatz des kleinern Bar.verkehrs wegen erleichtert wird, so sollte doch die organisatorische Frage der

79 Aufhebung dieser Stellen nicht mit der rein verkehrsteehnischeu Frage verquickt werden, obgleich hier ein gewisses Ineinandergreifen mitspielt. In Zürich, z. B., hat durch die Neuorganisation im Geldverkehr der Umsatz an den Sehalterkassen des Mandatbureaus eine Dimension erreicht, die zu den Kassen- und Lokaleinrichtungen nicht mehr im Einklänge steht und an die Arbeitskraft des Personals zu grosse Forderungen stellt. Unter solchen Verhältnissen muss die Sicherheit in der Abwicklung des Geldverkehrs leiden.

Es drängt dies die Frage auf, ob hier nicht das frühere Verfahren wieder herzustellen sei, dies um so mehr, als durch Beibehaltung des jetzigen Modus Mehrausgaben für Lokaleinrichtungen und Personal Vermehrung nicht zu umgehen wären, während bei der Kreispostkasse im ersten Stock des Gebäudes zweckentsprechende Lokale vorhanden sind, und das Personal dort nicht mehr genügend beschäftigt scheint, aber gleichwohl provisorisch beibehalten werden muss. Wir haben diesbezüglich mit dem Chef des Postdepartements Rücksprache genommen. Es wird diese Frage vom Departement weiter geprüft werden. Die Delegation gewärtigt das Resultat dieser Untersuchung.

IV. Durchsicht der Korrespondenz des Finanzdepartements und der Re Visionsprotokolle der eidgenössischen Finanzkontrolle.

Durch die stets neuen Kriegsmassnahmen und die dadurch entstehenden Kriegsorganisationen und deren Finanzierung wächst auch die Korrespondenz und der Pflichtenkreis des eidgenössischen Finanzdepartements. Aus der umfangreichen Korrespondenz geht hervor, dass der Ablieferung der Rechnungen über die Kriegsorganisationen zur Oberrevision die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, und dass die Anregung zur Einführung eines Kontrollorgans ersterlnstanz beim Volkswirtschaftsdepartement vom Finanzdepartement erfolgt ist. Die bisherige Revision der nur teilweise vorhandenen Rechnungen einzelner Kriegsorganisationen ist geeigneten Fachexperten übertragen worden.

Ein grosses neues Dossier umfassen auch die Revisionsprotokolle über die ausserordentlichen Kriegsbeihülfen und Kriegsteuerungszulagen.

Die Finanzdelegation konnte von all diesen Revisionsbemerkungen -- es waren im Jahre 1917 deren 2334 -- nur die wichtigeren Fälle behandeln. Es würde schon zu weit führen, auch nur Bufldesblatt. 70. Jahrg. Bd. V.

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diese hier zu erwähnen. Dagegen scheint es uns angezeigt, auf einen Punkt aufmerksam zu machen : Es sind dies dio im Jahre 1917/18 sich auffällig vermehrten Verluste aus Deliktfällen, besonders das Abhandenkommen von Paketpostsendungen im Postbetriebe, eine im Zeichen der Zeit stehende beunruhigende Erscheinung, der alle Aufmerksamkeit seitens der Bundesverwaltung geschenkt, und der mit allen Mitteln entgegengearbeitet werden muss.

Y. Inspektionen und Revisionen durch die Sektionen der Fiuanzdelegation.

Im abgelaufenen Geschäftsjahre haben folgende Inspektionen und Revisionen stattgefunden : Departement des Innern : Kassa dei Eidgenössischen Technischen Hochschule.

Finanz- und Zolldepartement: Zollkreiskasse Chur; Hauptzollämter : Buchs-Bahnhof, St. Margrethen.

Post- und Eisenbahndepartement : K r e i s p o s t k a s s e n : Zürich, Lausanne.

P o s t b u r e a u x : Burgdorf, Brig, Siders, Sitten.

M a n d a t b u r e a u x : Zürich, Lausanne.

T e l e g r a p h e n - u n d T e l e p h o n k a s s e n : Burgdorf, Zürich.

Zwei dieser Revisionen haben Anlass gegeben zu schriftlichem und mündlichem Meinungsaustausch. Im allgemeinen befriedigte das Resultat. Wo das nicht der Fall war, ist den Wünschen und Anregungen der Finanzdelegation von den betreffenden Departementsvorstehern Rechnung getragen worden.

Genehmigen Sie, hochgeachtete Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. November 1918.

Im Namen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte, Der Präsident: A. Piguet, Nationalrat.

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Bericht der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit seit der Neukonstituierung vom 16.

Dezember 1917 bis 30. September 1918. (Vom 11. November 1918.)

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Bundesblatt

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1918

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5

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47

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20.11.1918

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74-80

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