526

# S T #

d e s

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Worb (Station der Bern-Worb-Bahn und der Worblentalbahn) nach Biglen.

(Vom 16. September 1918.)

Die durch Bundesbeschluss vom 6. April 1911 (E. A. S.

XXVIT, 86) konzessionierte Worblentalbahn kann gemäss Art. 6 der Konzession sektionsweise erstellt werden. In Betrieb stehen seit einigen Jahren die beiden ersten Sektionen, während für die dritte Sektion Worb Dorf-Worb S. B. B. oder Worb Dorf-Anschluss an die Burgdorf- Thun - Bahn die vorschriftsmässigen Vorlagen noch nicht eingereicht worden sind. In einer gemeinschaftlichen Eingabe vom 7. März 1918 stellen nun die Gesellschaft der Worblentalbahn und ein neu gegründetes Initiativkomitee für eine Schmalspurbahn von Worb nach Biglen das Gesuch, es möchte die Konzession der Worblentalbahn für die Linie Worb Dorf-Anschluss an die Burgdorf- Thun-Bahn auf das genannte Initiativkomitee übertragen werden. Auf die Erstellung der Strecke Worb Dorf-Worb S. B. B.

verzichtet die Worblentalbahn endgültig. Zur Begründung dieses Gesuches wird im wesentlichen ausgeführt, die Verhältnisse hätten sich seit der Erteilung der Konzession der Worblentalbahn in der Weise geändert, dass an die Erstellung der III. Sektion durch die Konzessionärin kaum mehr zu denken sei. Die Verkehrsbedürfnisse des Worblentales seien durch die nun seit einigen Jahren in Betrieb stehende elektrische Schmalspurbahn hinlänglich befriedigt.

Ein Anschluss des Worblentales an die Station Worb S. B. B.

insbesondere sei seit der Eröffnung der Lutschbergbahn nicht mehr nötig. Aber auch der Anschluss an die Burgdorf-Thun-Bahn habe an Interesse für das Worblental so viel verloren, dass die Talschaft für die Finanzierung dieser Strecke nicht aufkommen werde.

527

Dagegen habe sich inzwischen für die Verbindung Worb DorfBurgdorf-Thun-Bahn ein anderer Interessentenkreis gefunden, der 'die Erstellung dieser Strecke ins Auge fasse und den Anschluss an die Burgdorf-Thun-Bahn in Biglen in Aussicht nehme. Dieser Interessentenkreis werde vorläufig durch das Initiativkomitee für die Worb-Biglen-Bahn vertreten, das sich bei der WorblentalbahnGesellschaft um die Abtretung der Konzession für die oben erwähnte III. Sektion beworben habe. Diesem Ansuchen habe die ·Generalversammlung der Worblenthalbahn-Gesellschaft seiner Zeit einstimmig entsprochen, in der Meinung, dass mit der Abtretung der Konzession für die Strecke Worb Dorf-Anschluss an die BurgdorfThun-Bahn die Konzession für die Strecke Worb Dorf-Worb S. B. B.

dahinfalle.

Es schien unserm Eisenbahndepartement aus verschiedenen Gründen angezeigt, für die neue Schmalspurbahn Worb-Biglen ·eine besondere Konzession in Aussicht zu nehmen, die sich materiell an diejenige der Worblental anlehnen und der Fassung nach den neuesten, durch die Bundesversammlung erteilten Konzessionen entsprechen würde. Der von ihm erstellte Konzessions·entwurf erhielt auf dem Korrespondenzwege die Zustimmung des Initiativkomitees und der Kantonsregierung. Wir beehren uns nun, Ihnen denselben ebenfalls durch Genehmigung des nachstehenden Beschlussesentwurfes zur Annahme zu empfehlen.

Wir benutzen auch diesen Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. September 1918.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Calonder.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. IV.

·

36

528

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Worb (Station der Bern-Worb-Bahn und der Worblentalbahn) nach Biglen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Worblentalbahn A.-G. und des Initiativkomitees für eine elektrische Schmalspurbahn von Worb nach Biglen, vom 7. März 1918, 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 16. September 1918,, beschliesst: I. Einem durch die Herren Oberst Albert Lenz und Notar S. Haldemann, beide in Biglen, vertretenen Initiativkomitee wird zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von W o r b (Station der Bern-Worb-Bahn und der Worblentalbahn) nach B i g l e n unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alleübrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren,, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 4.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Biglen.

529

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion, des Verwaltungsrates und eines allfälligen Ausschusses desselben soll aus Schweizerbürgern, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Das ständige Personal soll aus Schweizerbttrgern bestehen.

Art. 6. Binnen 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Binnen sechs Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen zwei Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden · und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Mit der Erstellung der Bahn und der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen darf erst begonnen werden, nachdem der Bundesrat die von der Gesellschaft vorgelegten Entwürfe genehmigt hat. Der Bundesrat ist berechtigt, nachträglich Änderungen der von ihm genehmigten Entwürfe zu verlangen, wenn er es für notwendig erachtet.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von i Meter erstellt.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften des Beschlusses des Grossen Rates des Kantons Bern vom 20. März 1911 betreffend Benützung der Staatsstrasse durch die Worblentalbahn, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlicher Bedeutung, die durch die Bauarbeiten zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen usw. sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, denen die Beaufsichtigung des Bahnbaues und Bahnbetriebes obliegt, ist zu jeder Zeit freier Zutritt zu allen Teilen der Bahn zu gewähren, sowie das zur Vornahme der Untersuchungen nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, die in der Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen Anlass geben, und gegen die nicht von

530

der Gesellschaft selbst eingeschritten wird, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden. Das gleiche gilt gegenüber Mitgliedern der Verwaltung, denen vorübergehend oder dauernd Dienstverrichtungen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind.

Art. 12. Es sollen täglich mindestens zwei Personenzüge in beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen geführt werden.

Art. 13. Die Anzahl der zu führenden Wagenklassen wird sowohl im allgemeinen als für jeden Zug vom Bundesrate festgesetzt.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass die Personenzüge eine dem zu erwartenden Verkehr entsprechende Anzahl Sitzplätze enthalten.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Güterzügen Personen zu befördern.

Art. 14. Für die Beförderung von Personen sind die Tarife der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden. Hinsichtlich der Preise der Abonnements können jedoch Abweichungen zugestanden werden.

Art. 15. Personen, deren Mittellosigkeit durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörden bezeugt wird, sind zum halben Preise zu befördern.

Für Polizeitransporte, die von eidgenössischen oder kantonalen Behörden angeordnet werden, setzt der Bundesrat die nähern Bedingungen fest.

Art. 16. Für die Beförderung von Gepäck, Gütern und lebenden Tieren sind die Tarife der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden.

Für eine einzelne Sendung dürfen mindestens 40 Rappen erhoben werden.

Art. 17. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für Getreide, Mehl, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Heu, Stroh usw. zeitweise niedrigere Beförderungspreise einzuführen, die vom Bundesrate festgesetzt werden.

Art. 18. Der Gesellschaft wird gestattet, die für die Berechnung der Beförderungspreise massgebenden Entfernungen in

531

der Weise festzusetzen, dass den wirklichen Entfernungen ein Zuschlag von höchstens 120 °/o zugerechnet wird. Dabei sich ergebende Bruchteile eines Kilometers dürfen, sofern sie mindestens l Meter betragen, für einen ganzen Kilometer gerechnet werden.

Art 19. Der nach Art. 18 zulässige Entfernungszuschlag ist herabzusetzen, wenn der Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6 % des Aktienkapitals übersteigt, sofern nicht die Gesellschaft den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Rechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Wenn der Jahresgewinn während drei aufeinanderfolgender Jahre 2 °/o des Aktienkapitals nicht erreicht, erlangt die Gesellschaft ein Anrecht auf .angemessene Erhöhung des in Art. 18 vorgesehenen Entfernungszuschlages. Über das Mass der Erhöhung entscheidet die Bundesversammlung.

Art. 20. Die Bahngesellschaft ist verpflichtet: a. für Äufnung eines Reservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen, sowie zur Deckung allfälliger Fehlbeträge dienen sollen, zu sorgen, durch jährliche Rücklage von mindestens 5 % des Jahresgewinnes, bis 10 °/o des Aktienkapitals erreicht sind ; b. für das Personal eine Krankenkasse einzurichten oder es bei einer Krankenkasse zu versichern ; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4 °/o des Aktienkapitals übersteigt; d. die Reisenden bei einer Anstalt oder einem Eisenbahnverband gegen diejenigen Unfälle zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

Art. 21. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen: «. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes. und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesell-

532

schaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

o. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Dritfcmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsfonds dazu nicht ausreichen, so ist ein Verhältnismassiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1955 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft angekündigt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und 1. Januar 1970 erfolgt, den 22Ysfachen "Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1970 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; :-- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller ändern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

·d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

c. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkt des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, .unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

533

Art. 22. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 21 vorgesehen ist, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem. Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II. Die Konzession der Worblentalbahn für ihre dritte Sektion Worb-Dorf (B. W. B.)-Worb S. B. B. oder Worb-Dorf {B. W. B.)-Anschluss an die ßurgdorf-Thun-Bahn (Bundesbeschluss vom 6. April 1911, E. A. S. XXVII, 86) fällt dahin.

III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, der am 15. Oktober 1918 in Kraft tritt, beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Worb (Station der Bern-Worb-Bahn und der Worblentalbahn) nach Biglen. (Vom 16. September 1918.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1918

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

38

Cahier Numero Geschäftsnummer

923

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.09.1918

Date Data Seite

526-533

Page Pagina Ref. No

10 026 858

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.