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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung.

70. Jahrgang.

Bern, den 2. Oktober 1918.

Band IV.

Erscheint wöchentlich. Preis 12 Franken im Jahr, O Franken im Halbjahr, ,, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr : 15 Rappen die Zelle oder deren Raum. -- Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1918).

(Vom 30. September 1918.)

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten, Ihnen über folgende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen: 1. Karl Schmutz, geb. 1879, Landwirt, Seftigen (Bern).

(Lebensmittelpolizei.)

Karl Schmutz ist vom Gerichtspräsidenten von Seftigen am 15. März 1918 in Anwendung des Artikels 36 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 und Artikel 6 der zudienendeu Verordnung vom 8. Mai 1914 (A. S. n. F. XXX, 180) verurteilt worden zu 8 Tagen Gefangenschaft und Fr. 100 Busse.

Schmutz, der um Erlass der Gefängnisstrafe ersucht, hat von Mitte Januar bis Mitte Februar dieses Jahres die der Berna Milk Co. in Thun gelieferte Milch regelmässig gewässert; der Wasserzusatz betrug bis zu 20 °/0.

Zur Begründung des Gesuches behauptet Schmutz, damals in sehr bedrängter Lage gewesen zu sein. Mit seiner zahlreichen Familie habe er auf dem verschuldeten Heimwesen mit Mühe sein Auskommen gefunden. Da mangels Kraftfutters seine Kühe wenig Milch gegeben hätten, sei er auf den unglücklichen Ausweg geraten, die Milch zu wässern, in der Meinung, dadurch den vermöglichen Inhabern der Berna Milk Co. nicht stark Abbruch zu tun. Er habe, nachdem die Machenschaften beanstandet worden seien, ein offenes Geständnis abgelegt: In der Folge sei ihm von der. Berna Milk Co. gestützt auf ihre Réglemente die während drei Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. IV.

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Monaten gelieferte Milch im Betrage von Fr. 400 nicht vergütet und ihm ferner von der Käsereigenossenschaft Seftigen eine Busse von Fr. 500 auferlegt worden. Schliesslich sei er noch strafrechtlich verurteilt worden. Vorstrafen habe er keine. Um Frau und Kinder willen möge man ein Einsehen haben und ihm die Schande einer Gefängnisstrafe ersparen.

Aus den eingehenden Urteilserwägungen ergibt sich, dass Schmutz den Kessel jeweils nach dem Melken unter den Wasserhahn des Stalles hielt und die Milch absichtlich wässerte. Mit Recht wurde straferschwerend berücksichtigt, dass er damals Präsident der Käsereigenossenschaft war und das Amt eines Gemeindekassiers bekleidete. Ganz besonders missbilligte der Richter, dass Schmutz bei einem Viehstand von zehn Kühen, einem Pferd und vermutlich noch Jungvieh der Versuchung nicht standhalten konnte. Die Entschuldigungsgründe, die auch im Gesuche wiederkehren, wurden, weil ungenügend und nicht massgebend, zurückgewiesen, da eine wirkliche Notlage nicht vorhanden, wenn Schmutz auch nicht auf Rosen gebettet sei.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Gerichtes wurde der Ausspruch einer Gefängnisstrafe als unumgänglich erachtet.

Der Regierungsstatthalter von Seftigen beantragt Herabsetzung der Gefängnisstrafe auf 5 Tage, was er damit begründen will, der Milchpreis sei damals zu dem Gewinn aus Milchprodukten in keinem Verhältnis gewesen, was die Gefahr der Milchfälschung vergrössert habe. Dagegen beantragt die Polizeidirektion des Kantons Bern Abweisung des Gesuchstellers.

Wir schliessen uns diesem Abweisungsantrag an, wobei wir an die ähnliche Begnadigungssache Gottlieb Roth und die dortigen Verweisungen (zu vergleichen Bundesblatt 1918, Band II, S. 845) erinnern. Auch im vorliegenden Fall können unseres Erachtens die Anbringen des Gesuchstellers nicht veranlassen, die Zurückhaltung aufzugeben, die besonders in letzter Zeit derartigen Milchfälschern gegenüber von der Begnadigungsbehörde aus guten Gründen beobachtet worden ist.

A n t r a g : Abweisung.

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Albert Majoleth, geb. 1881, Fischer, Untervaz (Graubünden).

Josef Hürlimann, geb. 1888, Fischer, Kienholz (Bern).

Ernst Hubmann, geb. 1877, Handlanger, Zufikon (Aargau).

Johann Stoffen, geb. 1880, Landwirt, Leuzigen (Bern).

(Fischereipolizei.)

Gestützt auf das Bundesgesetz betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888 sind verurteilt worden:

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a. Albert Majoleth vom Kreisgerichtsausschuss V -Dörfer am 6. März 1916 in Anwendung des Artikels 32, Ziffer 2, zu Fr. 400 Busse; b. Josef Hürlimann vom Polizeirichter i. V. von Interlaken am 10. Mai 1918 in Anwendung der Artikel 2, 15 und 31, Ziffer 2, zu Fr. 50 Busse; c. Ernst Hubmann vom Bezirksgericht Bremgarten am 4. Dezember 1915 in Anwendung der Artikel 5, Ziffer l, und 31, Ziffer 3, zu Fr. 100 Busse ; d. Johann Steffen vom Polizeirichter von Buren am 29. Mai 1918 in Anwendung der Artikel 21 und 31, Ziffer 2, zu Fr. 50 Busse.

Zu a. Der gewohnheitsmässige Fischfrevler Majoleth ist zugleich ein hartnäckiger Gesuchsteller im Begnadigungsverfahren.

Das vorliegende Gesuch ist das dritte, das sich auf eine Verurteilung durch den Kreisgerichtsausschnss V Dörfer vom 6. März 1916 bezieht (zu vergleichen die von der Bundesversammlung bestätigten Anträge des Bundesrates, Bundesblatt 1916, Band U, S. 674, und 1917, Band III, S. 198). In diesem Zusammenhang ist ferner anzuführen eine frühere Abweisung durch die Begnadigungsbehörde aus dem Jahre 1914 (zu vergleichen Bundesblatt 1914, Band HI, S. 367).

'Majoleth stellt wie im Vorderjahr das Gesuch um Erlass von Fr. 100, so dass er von den verbleibenden, grösstenteils bezahlten Fr. 300 noch den Rest zu entrichten hätte. Er wiederholt die Darstellung seiner ärmlichen Verhältnisse und schweren Familienlasten.

Laut Bericht des Kreisamtes V Dörfer hat Majoleth beständig vor den Schranken der Strafgerichte zu erscheinen. Er wird geschildert als ,,ein ganz verkommener Mensch, der sein Auskommen am liebsten mit Lug und Trug finden möchte". lui vergangenen Jahr hatte er sich dreimal zu verantworten wegen Ehebruchs, begangen mit einem fünfzehnjährigen Mädchen. Um seine Familie soll er sich nicht viel kümmern. In Anbetracht dieser Verhältnisse bedeutet unseres Erachtens das erneute Gesuch Majoleths einen offenbaren Missbrauch des Begnadigungsrechtes.

Zu b. Josef Hürlimann hat am 21. April 1918 beim Ausfluss des Faulbaches in den Brienzersee ohne Bewilligung nach Laichhechten gefischt und hierzu, wie durch einen gerichtlichen Augenschein erwiesen, die Bachmündung vom Seegebiet aus beinahe vollständig mit Stellnetzen gesperrt.

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Im Gesuch um Erlass der Busse wird ausgeführt, die Bewilligung sei rechtzeitig verlangt worden, jedoch lange ausgeblieben und erst eingetroffen, als die meisten Hechte verlaicht gehabt hätten. Dies gehe daraus hervor, dass Hürlimann einzig Fischlaich zu Brutzwecken habe abliefern können, entgegen andern Fischern, die die verspätete Bewilligung abgewartet und in der Folge allerdings während der Schonzeit gefischt hätten, aber ohne die Fischzucht zu fördern.

Ferner wird beigefügt, der Gesuchsteller lebe in schwierigen Verhältnissen und habe lange Zeit ein krankes Kind gehabt, so dass die vorgesehene Busse über seine Kräfte ginge.

Das Gesuch wird vom Gemeinderat von Brienz mit Rücksicht auf den vorhandenen Rückfall nicht empfohlen, dagegen befürwortet vom Regierungsstatthalter von Interlaken und .auch vom schweizerischen Oberforstinspektor, der gänzlichen Erlass oder doch Herabsetzung auf Fr. 5 beantragt.

In seiner Vernehmlassung betont dieser, Hürlimann habe wie in den Vorjahren die nachgesuchte Bewilligung bestimmt erwarten dürfen. Dass er vor ihrem Eintreffen gefischt habe, sei allerdings dem Gesetze zuwider, jedoch für die künstliche Fischzucht von Nutzen gewesen. Ferner wird unter Berufung auf eine Skizze in den Akten angezweifelt, ob in dem Anbringen von Stellnetzen, das hier auf Seegebiet vorgenommen worden sei, ein unzulässiges Absperren eines Wasserlaufes im Sinne des Artikels 2 des Fischer.eigesetzes erblickt werden könne, und nicht Ziffer. 2, sondern lediglich Zifier l des Artikels 31 als anwendbar erklärt.

Angesichts der eingehenden gerichtlichen Feststellungen und des vorgenommenen Augenscheins sollte jodoch unseres Erachtens auf diese Fragen im Begnadigungsverfahren nicht eingetreten werden, dagegen schliessen wir uns den übrigen Ausführungen des schweizerischen Oberforstinspektorates an, die die Gesuchsanbringen bestätigen. Immerhin beantragen wir nicht den gänzlichen Erlass, sondern ordnungshalber und mit Rücksicht auf ähnliche Fälle Herabsetzung auf Fr. 5.

Zu c. Ernst Hubmann fing mehrmals Fische, die er vorher durch ins Wasser geworfene Kokuskörner, eine Mischung von Kokusbohnen und weichem Brot, betäubt hatte.

Für Hubmann, der an Busse und Kosten Fr. 79.80 angezahlt hat, wird vom reformierten Pfarramt Bremgarten mit Zuschrift vom 8. Juli 1918 um Erlasa der noch verbleibenden Fr. 32

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ersucht. Mit Brief vom 5. August 1918, begleitet von einem persönlichen Schreiben des Pfarrers von Bremgarten, ist der Verurteilte dem Gesuche beigetreten.

In diesen Schriftstücken wird ausgeführt, Hubmann leide an geistigen Störungen, weswegen er häufig ohne Verdienst und ausserstande sei, für den Unterhalt seiner Familie aufzukommen.

Die Hauptlast trage ein sechzehnjähriger Sohn. Es handle sich um achtbare Leute. Namentlich die Kinder hätten der Busse wegen schon viel leiden müssen, da sie nicht zugeben möchten, dass der Vater die Busse im Gefängnis tilgen müsse.

Im Anschluss an diese Anbringen, und da sich aus den Akten ergibt, dass die Familie überdies von der Armenpflege Frauenfeld unterstützt wird, beantragen wir, den noch ausstehenden Rest der Busse zu erlassen.

Zu d. Johann Stoffen wurde für den Abfluss von Jauche in ein Fischgewässer, wobei zahlreiche Forellen zugrunde gingen, verantwortlich gemacht.

Stoffen, der um möglichst weitgehende Herabsetzung der Busse ersucht, macht wie zum Teil schon in der Hauptverhandlung geltend, er habe damals beim Düngen den vom Hause ziemlich entfernten, in der Nähe des Dorfbaches befindlichen Auslauf der Leitung, sein zwölfjähriger Knabe den Verschluss beim Hause bedient.

Durch eine Störung sei es dem Knaben nicht gelungen, die Leitung zu verschliessen. Sie weise ein starkes Gefalle auf, und obgleich er selbst sofort dem Hause zugeeilt sei, habe er die Entleerung der Jauchegrube und das Abfliessen der Jauche aus dem überquellenden Fass in den Dorfbach nicht verhindern können. Man möge ihm in. Anbetracht des erlittenen Schadens und des Fehlens eines direkten Verschuldens entgegenkommen.

Die kantonalen Behörden befürworten eine teilweise Begnadigung. Die schweizerische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei betont, der Umstand, dass der Jaucheauslauf sich in der Nähe des Dorfbaches befinde, verlange bei der Entleerung vermehrte Sorgfalt. Immerhin empfiehlt sie Herabsetzung auf Fr. 30, welchem Antrag wir uns, ohne auf die Schuldfrage zurückzukommen, anschliessen.

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A n t r ä g e : Abweisung Majoleths, Herabsetzung auf Fr. 5 bei Hürlimann, Erlass bei Hubmann, Herabsetzung auf Fr. 30 bei Stoffen.

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6. Christian Zumbrunn, geb. 1864, Sager, Unterbach bei Meiringen (Bern).

(Forstpolizei.)

Christian Zumbrunn ist vom Polizeirichter von Oberhasle am 30. Januar 1918 in Anwendung der Art. 18, Absatz 5, 27, 29, 46, Ziffer 7 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht. über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 verurteilt worden zu Fr. 639. 80 Busse.

Zumbrunn, der im Oktober 1915 von einem Mitverurteilten sämtliches auf einem ,,Stöckli" genannten Grundstück vorhandene Tannenholz von 12 cm Durchmesser aufwärts um den Preis von Fr. 250 gekauft hatte, erhielt am 28. Dezember 1915 eine Holzschlagbewilligung für 20 Ster aus dem Wald in der Fluh dieser Stöcklivorsass, aber mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, der Bestand ob dem Weidland daselbst dürfe nicht geschlagen werden, da das betreffende Holz zu jung sei. Trotzdem liess Zumbrunn vom Dezember bis März des folgendes Jahres auch diesen Bestand schlagen. Mit dem Holzschlag der 20 Ster aus dem Wald in d«r Fluh wurde überdies vor Eintreffen der Bewilligung begonnen.

Zumbrunn, der um Erlass der Busse ersucht, macht lediglich geltend, der Verkäufer des Holzes habe ihm versichert, der junge Waldstreifen müsse wegen einer geplanten Weganlage auf höher gelegene Alpen geschlagen werden, und falls Zumbrunn nicht erwerbe, werde er anderweitig verkaufen. Diesen Versicherungen will der Gesuchsteller geglaubt und in der Folge, namentlich auch mit Rücksicht auf die vom Verkäufer vertraglich übernommene allfällige Schadloshaltung, das Holz geschlagen haben. Jetzt sei er bestraft worden, ohne vom Verkäufer Ersatz erlangen zu können.

Der Amtsverweser von Oberhasle und die kantonalen Forstbehörden beantragen übereinstimmend Abweisung des Gesuches.

Zumbrunn, der trotz der hohen Busse noch Gewinn erzielte, ist nicht mit der Höchstbusse bestraft worden. Es handelt sich um den schonungslosen Holzschlag eines jungen Waldbestandes in gewinnsüchtiger Absicht.

Dem Begnadigungsgesuch fehlt dementsprechend eine ernsthafte Begründung, und die Abweisung des Gesuchstellers ist wie in den Begnadigungssachen Regez und Blum der Sommersession 1918 ohne weiteres gegeben (zu vergleichen Bundesblatt 1918, II, 846).

A n t r a g : Abweisung.

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Johann Zenger, geb. 1880, Zimmermann, Innertkirchen (Bern).

Johann Joss, geb. 1894, Melker, Biglen (Bern).

Alfred Jäger, geb. 1876, Maurer, Vättis (8t. Gallen).

Ludwig Schrepfer, geb. 1867, Metzger, Langgasse (3t. Gallen).

Karl Hänni, geb. 1883, Werkführer in Witzwil (Bern).

Hermann Bohny, geb. 1892, Hotelier, Kandersteg (Bern).'

(Jagd und Vogelschutz.)

Gestützt auf das Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz wom 24. Juni 1904 sind verurteilt worden: a. Johann Zenger vom Polizeirichter von Oberhaale am 15. Februar 1918 in Anwendung der Art. 6, lit. f, 7, 15, 21, Ziffer 3, lit. b, und Ziffer 5, lit. c, 22, 24 des Jagdgesetzes und kantonaler Ausführungserlasse zu Fr. 120 Busse, verbunden mit Konfiskation des Jagdgewehres; b. Johann Joss vom Polizeirichter von Konolfingen am 5. April 1918 in Anwendung des Art. 21, Ziffer 4, lit. a, des Jagdgesetzes zu Fr. 50 Busse ; ' 'C. Alfred Jager vom Bezirksammann von Sargans am 9. Februar 1918 in Anwendung des Art. 21, Ziffer 3, lit. &, des Jagdgesetzes zu Fr. 100 Busse; d. Ludwig Schrepfer vom Bezirksammann von Tablât am 8. Januar 1917 in Anwendung der Art. 6, lit. d, 19, 21, Ziffer 5, lit. a und b, und kantonaler Ausführungserlasse zu Fr. 40 Busse ; ·e. Karl Hänni vom Polizeirichter von Erlach am 26. April 1918 in Anwendung des Art. 21, Ziffer 3, lit. b, des Jagdgesetzes und kantonaler Ausführungserlasse zu Fr. 100 Busse ; /. Hermann Bohny vom Polizeirichter · von Frutigen am 6. Oktober 1917 in Anwendung der Art. 6, lit. d, 7, 21, Ziffer 4, lit. b, 23, Ziffer 2, und 26 zu Fr. 70 Busse und Entzug der Jagdberechtigung auf die Dauer von drei Jahren.

Zu a. Johann Zenger ersucht um bedingten Straferlass unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren oder doch um Herabsetzung der Busse auf Fr. 40.

Zenger begab sich anfangs Februar dieses Jahres, ohne ein Jagdpatent zu besitzen, mit dem wegen Jagdfrevels bereits vorbestraften Kaspar Nägeli auf die Gemsjagd; die beiden betraten mit zerlegten, in den Rucksäcken versteckten Gewehren einen Bannbezirk. Im Verlaufe des Jagdganges wurde geschossen. Auf dem Rückweg hielt ein Wildhüter, dem die Schneespuren aufgefallen

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waren, zusammen mit einem Landjäger die beiden auf, öffnete ihre Rucksäcke und nahm ihnen die Gewehre ab.

In seinem Gesuch bringt Zenger an, als Zimmermann habe er den Winter über nur geringen Verdienst. Da er von seiner Wohnung aus die. Gemsen rudelweise beobachten könne, sei es, besonders in diesen schweren Zeiten und mit Rücksicht auf seine unmündige Kinderschar, gewiss nicht unbegreiflich, dass er dazu gekommen sei, seinen Angehörigen einen seltenen Braten erjagen und eine kräftige Suppe verschaffen zu wollen. Er sei weder vorbestraft noch schlecht beleumdet und stets bestrebt, mit seiner Familie der Öffentlichkeit nicht zur Last zu fallen. Auf jenem Jagdgang seien sie zwei Tage erfolglos auf der Fährte gewesen und hätten im Bannbezirk selbst ihre Waffen nicht schussbereit gehalten, da sie dort nicht zu jagen beabsichtigten.

Der Polizeirichter von Oberhasle hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung den Tatbestand des Jagdfrevels mit dem unbefugten Betreten eines Bannbezirkes unter Mitfuhrung von Jagdgewehren als erfüllt betrachtet, in Konkurrenz damit das Tragen von zusammengeschraubten Flinten festgestellt und gemäss Art. 33 .des Bundesstrafrechts eine Gesamtbusse gesprochen.

Das Gesuch wird von den Gemeindebehörden von Innertkirchen mit Rücksicht auf die Vermögenslosigkeit und den guten Leumund Zengers empfohlen. Der Amtsverweser von Oberhasle befürwortet eine Herabsetzung der Busse auf Fr. 40. Dagegen äussert sich der Forstdirektor des Kantons Bern mit Nachdruck dahin, es sollte unter keinen Umständen auf eine Ermässigung der Busse eingetreten werden. Es wird hervorgehoben, dass zur Zeit des stattgefundenen Jagdganges die Jagd auf Gemsen überhaupt geschlossen und die Hut durch die Schnee- und Eisverhältnisse in hohem Masse erschwert war. Die ernstliche Weigerung der Frevler gegenüber dem Wildhüter, die Rucksäcke zu öffnen, wird als besonders erschwerend erachtet.

Im teilweisen Anschluss an die Ausführungen des Forstdirektors des Kantons Bern halten wir dafür, von einer gänzlichen Begnadigung könne nicht die Rede sein. Immerhin möchten wir den sonst guten Leumund und namentlich die schweren Familienlasten des Gesuchstellers durch eine "Herabsetzung der Busse auf Fr. 90 berücksichtigen. Weiter zu gehen, scheint uns nicht gerechtfertigt. Der Jagdgang war sorgfältig, vorbereitet, das Mittragen zerlegbarer Gewehre und die widerstrebende Haltung dem Wildhüter gegenüber verleihen der ganzen Unternehmung ein ungünstiges Gepräge.

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Unter diesen Gesichtspunkten braucht nicht darauf eingetreten zu werden, ob ein Begehren um bedingten Straferlass unter Auferlegung einer Probezeit an und für sich im Begnadigungswege gehört werden kann.

Zu b. Johann Joss ist mit dreizehn andern verurteilt worden wegen Ausgrabens einer Dachshöhle, wobei ein Dachs mit zwei Jungen getötet wurde. Die dreizehn Mitverurteilten gelangten bereits vorgängig der Wintersession 1917 an die eidgenössische Begnadigungsbehörde, die sämtlichen die Busse auf Fr. 20 ermässigte, ausgenommen Hans Kohler, der am stärksten belastet war, indem er einzig eine Flinte mitgetragen und zwei Tiere erschossen hatte. (Zu vergleichen Bundesblatt 1917, Band IV, Seiten 555 und 557, unten; Übersicht der Verhandlungen der schweizerischen Bundesversammlung, ordentliche Wintersession 1917, Seite 8.)

Johann Joss, dessen Strafverfahren wegen Militärdienstes erst nachträglich abgeschlossen werden konnte, ersucht nunmehr um Herabsetzung der Busse auf Fr. 20. Aus den Akten geht hervor, dass er sich bei jenem Anlass nicht anders betätigte, als die meisten frühern Gesuchsteller auch. Mit Rücksicht auf deren teilweise Begnadigung kann auch Johann Joss gegenüber die ersuchte Herabsetzung erfolgen.

Zu o. Alfred Jäger schoss anfangs Januar 1918 im Gebiet der Rüffenen hinter dem Steinwald bei Vättis eine Gemse.

Er ersucht um angemessene Herabsetzung der Busse von Fr. 100 und begründet dies mit seinen schweren Familienlasten.

Er ist Vater von sechs minderjährigen Kindern, wovon das älteste fünfzehnjährig ist, und will einzig aus Not zum Wildern gegriffen haben, um seiner Familie etwas Fleisch zu verschaffen. Der Bezirksammann von Sargans befürwortet das Gesuch, indem er die Angaben desselben bestätigt und namentlich den angeführten Beweggrund als glaubwürdig bezeichnet. Der eidgenössische Oberforstinspektor beantragt mit Rücksicht auf den guten Leumund und die Notlage des Gesuchstellers Herabsetzung der Busse auf Fr. 70.

Aus den Akten'.ist ersichtlich, dass der Gesuchsteller die Gesetzesübertretung den Wildhütern offen und freimütig eingestand.

Anders als in der Begnadigungssache Zenger liegen erschwerende Umstände hier nicht vor. Wir beantragen deshalb Herabsetzung der Busse auf Fr. 40.

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Zu d. Ludwig Schrepfer hat während geschlossener Jagd in der Steinach Fangvorrichtungen (Angeln) angebracht, um Wildenten zu fangen.

In seinem Gesuch um Erlass der Busse bringt Schrepfer an, sein geringer Verdienst setze ihn ausserstande, die Busse zu entrichten. Seine Familien Verhältnisse seien- trostlos, trotzdem er von seiner Heimatgemeinde unterstützt werde. Man möge ihm mit Rücksicht auf seine sechs unmündigen Kinder den Makel erlassen, die Busse im Wege der Umwandlung in Gefängnis tilgen zu müssen. Wenn er ausreichenden Verdienst gehabt hätte, wäre es überhaupt nicht zum Jagdfrevel gekommen.

Der Bezirksammann von Tablât bemerkt hierzu, der Vollzug der Umwandlungshaft sei bis dahin unterblieben, um nicht mit der Verbüssung einer achttägigen Gefängnisstrafe den Verdienstausfall des Familienhauptes noch zu vergrössern. Ferner bestätigt er die Richtigkeit der Gesuchsanbringen. Erschwerende Verumständungen liegen keine vor. Anderseits hat der Gesuchsteller das nicht leicht zu nehmende Verbot des Vogelfanges mit Fangvorrichtungen missachtet und seine Machenschaften während geschlossener Zeit getrieben. Mit Rücksicht auf seine offenbare Dürftigkeit beantragen wir Herabsetzung der Busse auf Fr. 5.

Zu e. Karl Hänni wurde Ende Februar dieses Jahres mit geladener Flinte im Grossen Moos betroffen, als er im Begriffe war, auf Wildgänse zu schiessen.

Hänni bringt in seinem Gesuch um Erlass der Busse an, die Wildgänse hätten auf den angesäten Winterroggenfeldern der Strafanstalt Witzwil grossen Schaden angerichtet, weshalb die Anstaltsleitung bei der Forstdirektion des Kantons Bern um eine Abschussbewilligung einkam. Der Direktor der Anstalt habe ihn jedoch bereits vorgängig dem Eintreffen dieser Bewilligung mit der Hut der Getreideäcker betraut und ihn zum Abschuss der Schädlinge angewiesen. Es sei nur zu Nutz und Frommen der Allgemeinheit derart vorgegangen worden, um die bestehende Verheerung nicht noch grösser werden zu lassen. Diese Ausführungen werden von der Anstaltsleitung bestätigt, die im Hinblick auf die dringliche Anbauvermehrung das Strafverfahren unangebracht findet.

Die Forstdirektion des Kantons Bern bemerkt in ihrem Bericht, ein gänzlicher Erlass sollte mit Rücksicht auf andere Fälle nicht stattfinden. Dagegen hebt sie hervor, die Widerhandlung sei entgegen der Annahme des .Richters nicht in einem Bannbezirk, sondern lediglich in einem Gebiet mit militärischem Jagdverbot

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begangen worden, so dass als anzuwendende Gesetzesstelle nicht die besondere Vorschrift des Art. 21, Ziffer 3, lit. o, mit der hohen Mindestbusse von Fr. 100 in Betracht falle. Mit Rücksicht auf diese Umstände wird Herabsetzung der Busse auf Fr. 30 befürwortet.

Die schweizerische Inspektion für Forstwesen empfiehlt deshalb eine erhebliche Ermässigung, weil Hänni auf Weisung seines Vorgesetzten handelte.

Gestutzt auf die diesen Vernehmlassungen zugrunde liegenden besondern Verhältnisse beantragen wir Herabsetzung der Busse auf Fr. 10.

Zu f. Hermann Bohny jagte am 8. September 1917, ohne damals im Besitz des Jagdpatentes zu sein.

Im Gesuch um Aufhebung des Entzuges der Jagdberechtigung wird betont, Bohny habe sich rechtzeitig um die Bewilligung gekümmert und am 8. September die Patentgebühr der Post eingezahlt. Der Verstoss gegen die gesetzlichen Bestimmungen wird nicht bestritten, jedoch behauptet, die verspätete Ausstellung der Bewilligung beruhe auf einem Fehler der zuständigen Behörden.

Es sei begreiflich, dass ein Jäger die ersten Tage der Jagdzeit, die die ergiebigsten seien, nicht gerne preisgebe.

Wie die Akten zeigen, ist die Bewilligung von der Forstdirektion des Kantons Bern, der das Verzeichnis der Jagdbewerber aus dem Amtsbezirk Frutigen am 7. September zugekommen war, gleichen Tags ausgestellt worden. Die Forstdirektion betont, ein Versehen liege nicht vor. Immerhin wird einer teilweisen oder ganzen Aufhebung des Jagdberechtigungsentzuges zugestimmt.

Im Anschluss an diese Vernehmlassung beantragen wir Herabsetzung auf ein Jahr. Weiter zu gehen, scheint uns mit Rücksicht auf den vorhandenen Rückfall nicht angezeigt.

A n t r ä g e : Herabsetzung der Bussen auf Fr. 90 bei Zenger, auf Fr. 20 bei Joss, auf Fr. 40 bei Jäger, auf Fr. 5 bei Sehrepfer, auf Fr. 10 bei Hänni, des Jagdberechtigungsentzuges auf ein Jahr bei Bohny.

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13. Joseph Corbat, geb. 1885, Schuhmacher, Vendlincourt (Bern).

14. Abel Froidevaux, geb. 1889, Uhrenmacher, Renan (Bern).

15. Friedrich Aebi, geb. 1878, Postbureaudiener, Biel (Bern).

16. Gottfried Andres, geb. 1890, Karrer, Niederscherli (Bern).

17. Albin Häner, geb. 1882, Landarbeiter, Zwingen (Bern).

18. Karl Glatz, geb. 1894, Uhrenmacher, Grenchen (Solothurn).

(Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes.)

Wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes sind in Anwendung des Bundesgesetzes vom 29. März 1901 betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz verurteilt worden : a. Joseph Corbat vom Gerichtspräsidenten des Amtsbezirkes Pruntrut am 26. Dezember 1917 polizeilich zu 2 Tagen Gefängnis und Wirtshausverbot bis zur Entrichtung, die Ersatzabgabe von Fr. 37.30 für 1917 betreffend; b. Abel Froidevaux vom Gerichtspräsidenten des Amtsbezirkes Biel am 8. März 1918 korrektionell zu 4 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot, die Ersatzabgabe von Fr. 55. 30 für 1917 betreffend ; c. Friedrich Aebi vom Gerichtspräsidenten des Amtsbezirkes Biel am 1. Februar 1918 korrektionell zu 4 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot, die Ersatzabgabe von Fr. 38. 90 für 1917 betreffend ; d. Gottfried Andres vom Gerichtspräsidenten von Bern am 25. April 1918 zu 2 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot, die Ersatzabgabe von Fr. 34.60 für 1916 betreffend ; e. Albin Häner vom Amtsgericht Dorneck-Thierstein am 27. März/8. Mai 1918 zu 8 Tagen Gefängnis, die Ersatzabgabe von Fr. 18.60 für 1917 betreffend; /'. Karl Glatz vom Amtsgericht Solothurn-Lebern am 26. Februar 1918 zu 2 Tagen Gefängnis, die Ersatzabgabe von Fr. 33. 60 für 1917 betreffend.

Zu a. Anhand der Strafakten und des Dienstbüchleins ergibt sich, dass Corbat den schuldigen Betrag vor der Verurteilung entrichtete. Diese erfolgte in Unkenntnis der Bezahlung. Nach ständiger Übung kann das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe ohne weiteres befürwortet werden.

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Zu b. Abel Froidevaux hat, wie sich aus den Akten ergibt, insgesamt gerichtlichen Aufschub erhalten vom 25, Januar bis 8. März 1918, an welchem Tage das Urteil erging. Der Pflichtersatz wurde in drei Baten bis zum 30. März bezahlt.

In den Zuschriften des Verurteilten an die verschiedenen Behörden um Erlass der Gefängnisstrafe wird geltend gemacht, Froidevaux, der Vater eines Kindes sei, müsse für eine kränkliche Frau sorgen, befinde sich in schwierigen Verhältnissen und habe trotz seines guten Willens nicht früher bezahlen können.

Laut polizeilichen Erhebungen soll Froidevaux täglich 9 oder 10 Franken verdienen.

Der Bundesrat vertrat bereits in dem von der Begnadigungsbehörde abgewiesenen Gesuch Feller (zu vergleichen Bundesblatt 1918, II, S. 862) die Meinung, es sei unrichtig, grundsätzlich auf Begnadigung anzutragen, sobald hergestellt ist, dass nach verschiedenen Mahnungen, gerichtlichem Aufschub und erfolgter Verurteilung der Ersatzpflichtige endlich doch noch zur Zahlung veranlasst wurde, indem eine solche -Betrachtungsweise der Verschleppung und Nachlässigkeit Tür und Tor öffnen würde. Diese Überlegung drängt sich auch im heutigen Fall auf. Immerhin sprechen die Verumständungen nicht derart gegen Froidevaux wie in der damaligen Begnadigungssache Feller, so dass wir einen teilweisen Erlass der Gefängnisstrafe befürworten möchten. Weiter zu gehen scheint uns trotz der Empfehlung, die der Regierungsstatthalter von Biel ohne Begründung anbringt, schon mit Rücksicht auf die Verallgemeinerung derartiger Gesuchsfälle nicht angängig und würde sich auch nach wie vor in Anbetracht der offensichtlich stärkern Belastung der diensttuenden Bürger nicht rechtfertigen.

Wir beantragen deshalb Herabsetzung der Gefängnisstrafe auf einen Tag.

Zu c. Friedrich Aebi führt aus, er würde seine Anstellung verlieren, wenn er entgegen seinem Gesuch die vier Tage Gefängnis erstehen müsste. Die Nichtentrichtung des Pflichtersatzes sei nicht auf schlechten Willen, sondern auf seine misslichen Verhältnisse zurückzuführen. Seine Frau kränkle seit vielen Jahren, von seinen vier Kindern habe er eines im Spital gehabt, und er selbst sei an einer Lungenentzündung daniedergelegen.

Bei diesen teuren Zeiten sei es einfach nicht immer möglich, alles zu ordnen. Zugleich verspricht er in dem Gesuch vom 14. Mai Begleichung der Schuld bis Ende Juni.

Der zuständige Regierungsstatthalter unterstützt das Gesuch in überzeugender Weise, desgleichen empfiehlt es die Polizei-

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direktion des Kantons Bern. Es ist erbracht, dass Aebi seinen Zahlungsversprechen im Gesuch nachgekommen ist. In Berücksichtigung der festgestellten misslichen Verhältnisse und der schweren Familienlasten des Gesuchstellers kann den Anträgen der kantonalen Behörden zugestimmt werden.

Zu d. Gottfried Andres ersucht um Erlass der zwei Tage Gefängnis und der sechs Monate Wirtshausverbot. Den geschuldeten Betrag habe er anfangs Mai dieses Jahres bezahlt, vorher sei dies nicht böswillig versäumt worden, sondern aus Vergesslichkeit, weil er als Karrer viel und oft abwesend sei, auch möge etwas Gleichgültigkeit mitgespielt haben. Er sei nicht vorbestraft, gut beleumdet und gebe sonst zu keinen Klagen Anlass. Wenn er die Strafe absitzen müsse, werde dies zeitlebens etwas Entehrendes darstellen. Das Wirtshausverbot komme ihm als Karrer ungelegen, da er oft auswärts in Wirtshäusern zu essen habe. Sein nachlässiges Verhalten bereue er. Es werde sich auch nie mehr wiederholen.

Der Gemeinderat von Köniz empfiehlt das Gesuch, weil Böswilligkeit nicht vorliege. Der Regierungsstatthalter I von Bern will dem Gesuchsteller die sonstige Unbescholtenheit zugute halten, vorausgesetzt, dass die Begnadigungsbehörde derartige Gesuchsfälle in Abweichung von der bisherigen Übung überhaupt berücksichtigen sollte. Die Polizeidirektion des Kantons Bern bemerkt in ihrem Abweisungsantrag namentlich, dass Andres sich auch die ihm vom Richter gewährte Zahlungsfrist nicht zunutze machte und der Hauptverhandlung unentschuldigt fernblieb. Auch wird darauf hingewiesen, dass Andres das ihm auferlegte Wirtshausverbot seither übertreten hat.

Gottfried Andres ist ledig. Noch aus dem Gesuch geht hervor, dass es ihm ohne besondere Anstrengung möglich gewesen wäre, den geschuldeten Betrag rechtzeitig zu entrichten.

Wir verweisen auf unsere Ausführungen in der Begnadigungssache Froidevaux hiervor und halten auch hier dafür, es liege keine Veranlassung vor, von den bisherigen Richtlinien in der Behandlung derartiger Gesuche abzugehen.

Zu e. Albin Häner versichert, die Säumnis in der Entrichtung des Militärpflichtersatzes sei nicht auf beabsichtigten Ungehorsam oder böswillige Hartnäckigkeit gegen das Gesetz zurückzuführen, sondern auf die Unmöglichkeit, zahlen zu können. Sechs Monate sei er infolge eines Nervenschlages augenkrank im Spital gewesen, der Wohnungswechsel von Aesch nach Zwingen habe grössere Auslagen verursacht, desgleichen ein Armbruch eines Kindes.

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Das Gesuch wird von den Gemeindebehörden voa Zwingen befürwortet.

In den Akten befinden sich ferner zwei Zuschriften des Gemeindepfarrers von Zwingen, woraus hervorgeht, dass Häner mit seiner Familie in grosser Armut nach Zwingen gelangte.

Seither hat er sich mit Frau und vier Kindern, von denen das älteste achtjährig ist, ehrlich durchgebracht. Häner wird als fleissiger Arbeiter bezeichnet, dem die Begnadigung die schmerzliche Sache ersparen könnte, ,,aus der Arbeit heraus, von der Familie weg, jeglichen Verdienstes bar, einer Gefängnisstrafe sich unterziehen" zu müssen. Schliesslich wird die nachträgliche Begleichung der Schuld zugesichert und betont, dies sei in letzter Zeit lediglich deshalb unterblieben, weil der Verurteilte die Bedeutung des hängigen Begnadigungsverfahrens verkannt habe.

Wie die Akten zeigen, sind die Verumständungen dem Gesuchsteller nicht ungünstig. Es kommen besonders schwierige Familienverhältnisse in Betracht. Mit Rücksicht darauf und angesichts der Rechtschaffenheit Häners können wir wie im Falle Aebi den gänzlichen Erlass der Gefängnisstrafe beantragen.

Zu f. Karl Glatz bringt an, seinen Verpflichtungen infolge längerer Krankheit seiner Frau nicht nachgekommen zu sein.

Mit drei Kindern reiche ein Taglohn von Fr. 7 nicht aus. Da er nachträglich die Schuld entrichtet habe, möge man ihn begnadigen.

Bei den Behörden des Kantons Solothurn eingezogene Erkundigungen ergaben, dass Glatz als nachlässiger Blaumacher bekannt ist, der sich um seine Obliegenheiten wenig kümmert.

Er scheint sogar seine Frau, die den Militärpflichtersatz vor der Urteilsfällung entrichten wollte, mit der Bemerkung davon abgehalten zu haben, sie möge es unterlassen, er werde dann absitzen.

Im Anschluss an die Vernehmlassung des Polizeidepartements des Kantons Solothurn halten wir deshalb dafür, es seien für eine Begnadigung trotz der nunmehr beglichenen Schuld keine Gründe vorhanden.

A n t r ä g e : Erlass der Gefängnisstrafe bei Gorbat, Herabsetzung auf-einen Tag ber Froidevaux, Erlass bei Aebi, Abweisung des Andres, Erlass bei Häner, Abweisung bei Glatz.

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19. Rudolf Hediger, geb. 1875, Reisender, Gränichen (Aargau).

(Patenttaxen der Handelsreisenden.)

Rudolf Hediger wurde am 26. Juni 1918 votn Polizeirichter von Trachselwald in Anwendung der Artikel 2, 4, 8, lit. a, und 8, letztes Alinea, des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 verurteilt zu Fr. 100 Busse.

Hediger ging in Huttwil darauf aus, Bestellungen von Bureauartikeln aufzunehmen, ohne die erforderliche Ausweiskarte zu besitzen.

Im Gesuch um Erlass der Busse bringt Hediger an, er sei damals Anfänger gewesen und habe, als er sich aus den Büchern die Kenntnis der alten Kunden verschaffen wollte, irrtümlich auch die Gemeindekanzlei Huttwil aufgeschrieben. Ohne Bedenken habe er diese in der Folge besucht, wobei er zu seinem Erstaunen angehalten worden sei. Er bedaure den Vorfall. Da er sich die Busse lediglich durch seine Unerfahrenheit zugezogen und aus Vertrag persönlich dafür aufkommen müsse, möge man sie ihm mit Rücksicht auf seine Familie erlassen.

Angestellte Erhebungen bestätigten diese Ausführungen nicht.

Die Vernehmlassung der Handelsabteilung des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements, die den Akten beigelegt ist, betont unter anderm, Hediger sei von seinem Geschäftsherrn angewiesen worden, derartige Bestellungen aufzunehmen: ,,Wenn es ihm gelinge, durchzukommen, sei es recht, andernfallls bezahle er ihm die Busse.ct Ferner wird auf die Anzeige verwiesen, nach der Hediger vorschützte, die erforderliche Ausweiskarte lediglich vergessen zu haben, währenddem er gar keine besass. Hediger ist überdies rückfällig.

Angesichts dieser Tatsachen drängt sich die Vermutung auf, der Gesuchsteller habe sein Spiel mit den Behörden auch im' Begnadigungsverfahren fortsetzen wollen. Sein Gesuch sollte deshalb unseres Erachtens ohne weiteres abgewiesen werden.

A n t r a g : Abweisung.

20. Josef Hausherr, geb. 1879, Bäcker, Auw (Aargau).

(Vorschriften für das Bäckereigewerbe.)

Josef Hausherr ist am 7. Januar 1918 vom Bezirksgericht Muri in Anwendung des Artikels l des Bundesratsbeschlusses

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betreffend das Verbot des Verkaufs von frischem Brot vom 18. Juni 1917 (A. S. n. P. XXXIII, 388) verurteilt worden zu Fr. 25 Busse.

Hausherr verkaufte am 1. Oktober 1917 in Beinwil Brot, das am 30. September gebacken worden war.

Im Gesuch um Erlass der Busse wird unrichtigerweise der Verkauf von zu frischem Brot bestritten, indem am 1. Oktober 1917 nur ,,ganz wenig zwei Tage altes" verkauft worden sei. Damit ist vielmehr, wie die Urteilserwägungen feststellen, der Tatbestand des Artikels l des genannten Bundesratsbeschlusses erfüllt.

Ferner verweist der Gesuchsteller auf die bekannte damalige Bestürmung der Bäckereien, die allgemeine Übertretung der Vorschriften durch die Bäcker in jenem Zeitpunkt und will zu seinen Gunsten gewürdigt wissen, dass er am 30. September noch 90 Brotlaibe vorrätig gehabt habe. Überdies beruft er sich auf die Begnadigungsgesuche Huwyler und Zwimpfer, welchen er sich anschliesst.

Diese beiden sind inzwischen von der Bundesversammlung abgewiesen worden (zu vergleichen Bundesblatt 1918, II, 865), und da Hausherr die gleichen Anbringen geltend macht, genügt es, auf unsere dortigen Ausführungen zu verweisen, von denen abzuweichen kein Grund vorliegt.

A n t r a g : Abweisung.

21. Ernst Stuck, geb. 1861, Sattler, Buren (Bern).

(Vorschriften betreffend Erhebung über die Brotversorgung.)

Ernst Stuck ist am 24. Januar 1918 vom Polizeirichter von Buren in Anwendung der Artikel 4, 11 und 19 des Bundesratsbeschlusses betreffend die Getreideernte des Jahres 1917 vom 2. August 1917 (A. S. n. F. XXXIII, 589) verurteilt worden zu Fr. 60 Busse.

Stuck gestand in der gerichtlichen Voruntersuchung, auf dem Erhebungsbogen für die schweizerische Anbaustatistik im Juli 1917 als Anbauflächen 18 Aren Hafer und 25 Aren Korn (Dinkel) richtig angegeben zu haben, währenddem er im Erhebungsbogen für die Brot Versorgung im September 8 Aren Hafer und 10 Aren Winterkorn zu wenig nannte.

In seinem Gesuch um Erlass der Busse führt Stuck aus, die Ernte sei hinsichtlich Menge und Güte derart schlecht gewesen, Bundesblatt. 70. Jahrg.

Bd. IV.

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dass der Ertrag, der -- wie er hier angibt -- 20 bis 21 Aren dem Ertrag von 14 Aren mittlerer Ernte gleichgekommen sei, indem er bloss 180 Garben betragen habe. Weisung 6 des Erhebungsbogens für die Brotversorgung habe per Are mit einem Körnerertrag von 21 kg gerechnet, was nach Weisung 10 auch für die Mehl- und Brotausbeute als Grundlage der Berechnung gelten sollte. Gestützt auf seine dreissigjährige Erfahrung habe er diese Rechnungseinheit nicht anerkennen können, jedoch von den Gemeindebehörden, die selbst im unklaren gewesen seien, auf Befragen keine Auskunft erhalten. Aus Weisung 4 der ^Nachträge11 zum Erhebungsbogen für die Brotversorgung gehe nun die Begründetheit seiner Zweifel hervor, indem diese entgegen der Weisung 6 des ersten Bogens bestimme, es sei bei der Versorgung lediglich mit einem Kernenertrag von 15 kg per Are zu arbeiten. Von den zuständigen Behörden sei nachträglich der Einheitsansatz auf den einzelnen Bogen selbst von 21 auf 15 herabgesetzt worden, was für die Berechnung der Endergebnisse eine grosso Mehrarbeit zur Folge gehabt habe.

Um nun seine Familie von vornherein vor brotlosen Tagen zu schützen, sei er gleich anfänglich von 15 kg per Are ausgegangen, was ihm aber den Vorwurf der Fruchtverheimlichung zugezogen habe. Da zur Zeit der Hauptverhandlung der Nachtragsbogen noch nicht bekannt gewesen sei, habe man ihn höchst ungerechter Weise verurteilt. Das Urteil, das der Gleichheit aller vor dem Geseta widerspreche und nur infolge der oft etwas überstürzten Erlasse zustande gekommen sei, möge deshalb im Begnadigungswege aufgehoben werden.

Das Begnadigungsgesuch ist dem eidgenössischen Brotamt, Abteilung Inlandgetreide, zwecks Stellungnahme zu den Gesuchsanbringen übermitttelt worden. Aus dieser Vernehmlassung ist zusammenfassend zu entnehmen, dass Weisung 4 des im Gesuch erwähnten Nachtragsbogens im Anschluss an die Weisungen des eigentlichen Erhebungsbogens und zu deren Erläuterung allerdings darauf aufmerksam macht, dass der Bruttoertrag von 21 kg unentspelzten Getreides einem zur Berechnung massgebenden Kernengewicht von 15 kg entspreche. Zutreffend wird aber anhand der Urteilserwägungen festgehalten, dass Stuck entgegen seiner Darstellung im Gesuch nicht lediglich mit 15 kg rechnete, sondern im Erhebungsbogen für die Brotversorgung eigenmächtig unrichtige Flächenmasse
angab. Dies muss ihm noch immer vorgeworfen werden und bleibt bestehen, trotz den Ausführungen im Begnadigungsgesuche, die gerade deswegen sich zum grossen Teil als unerheblich herausstellen.

661 Ferner bemerkt das Brotamt, dass Stuck, wenn er auch missverständlich mit 21 kg per Are gerechnet hätte, die einfache Möglichkeit hatte, seine Familie ,,vor brotlosen Tagen" durch die Erbringung des Minderertrages zu schützen.

Es ist deshalb mit den Urteilserwägungen davon auszugehen, dass eine strafbare Handlung vorliegt. Immerhin ist noch ein Punkt zu berühren. Der Richter hat den Tatbestand unter den zur Zeit der Begehung nicht mehr geltenden Bundesratsbeschluss vom 2. August 1917 betreffend die Getreideernte des Jahres 1917 subsumiert, statt die Strafbestimihungen des Bundesratsbeschlusses über die Brotversorgung des Landes und die Getreideernte des Jahres 1917 vom 21. August 1917 (A. S. n. F. XXXIII, 651) in Verbindung mit den Artikeln 2 und 3 der zudienenden Verfügung des schweizerischen Militärdepartements vom 25. August 1917 (A. S. n. F. XXXIII, 682) anzuwenden. Dies kann aber, da die Verfehlung an und für sich urteilsmässig feststeht, weder einen teil weisen noch den gänzlichen Erlass der Busse rechtfertigen, namentlich, da besondere Verumständungen, wie Armut, nicht vorliegen. Eine eigentliche Aufhebung des gerichtlichen Entscheides, wie sie von Stuck anbegehrt wird, fällt im Begnadigungsverfahren von vornherein ausser Betracht.

A n t r a g : Abweisung.

22. Odiile Mazzucoteüi, geb. 1887, Näherin, Biel.

(Bestimmungen über Lebensmittelkarten.)

Odiile Mazzucotelli ist vom korrektionellen Einzelrichter von Biel am 26. April 1918 in Anwendung des Artikels 2 des Bundesratsbeschlusses über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone vom 2. Februar 1917 (A. S. n. F. XXXIII, 46) in Verbindung mit Artikel 2 des ergänzenden und abändernden Bundesratsbeschlusses vom 30. Oktober 1917 (A. S. n. F.

XXXIII, 889) und dem Bundesratsboschluss über die Verteilung der Teigwaren durch Vermittlung der Kantone vom 9. August 1917 (A. S. n. F. XXXIII, 606), don Artikeln 9 ff., 52 des Bundesratsbeschlusses über die Brotversorgung des Landes und dio Getreideernte des Jahres 1917 vom 21. August 1917 (A. S. n. F.

XXXIII, 651), der Verfügung des schweizerischen Militärdepartements über die Brotkarte vom 14. September 1917 (A. S. n. F.

XXXIII, 745) und kantonalen Ausführungserlassen verurteilt worden zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 50 Busse.

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Odiile Mazzucotelli liess sich drei Monate lang Lebensmittelkarten für sich und ihr Kind aushändigen, trotzdem sie wissen musste, dass für ihren Knaben die Karten in seiner Aufenthaltsgemeinde ebenfalls bezogen wurden.

Im Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe führt die Verurteilte aus, sie habe keine Vorstrafen, lebe in ärmlichen Verhältnissen, sei ohne Hülfe und auf ihren kärglichen Tagesverdienst, von Fr. 5 angewiesen. Man möge mit Rücksicht auf ihre traurige Lage ein Einsehen haben und ihr die Gefängnisstrafe für ein Verhalten, dessen Folgen sie nicht überblickt habe, erlassen.

Der zuständige Regierungsstatthalter empfiehlt die Gesuch' stellerin in überzeugender Weise und betont ausser ihrer sonst rechten Aufführung namentlich, sie sei' zur Bezahlung von Busse und Kosten bereits gezwungen gewesen, bei ihrem Arbeitgeber Vorschuss zu verlangen. Auch die Polizeidirektion des Kantons Bern befürwortet das Gesuch. Das schweizerische Oberkriegskommissariat hält nachdrücklich dafür, dass die zahlreich vorkommenden Gesetzesübertretungen dieser Art eine scharfe Ahndung rechtfertigen, spricht sich jedoch angesichts der vorliegenden Verhältnisse nicht gegen den Erlass der Gefängnisstrafe aus.

Da es sich um eine arme und sonst unbescholtene Person handelt, der die Bezahlung der Busse offensichtlich sehr schwer wurde, so dass ihre Entrichtung für sie eine empfindliche Strafe bedeutete, kann unseres Erachtens die Gefängnisstrafe erlassen werden.

A n t r a g : Erlass der Gefängnisstrafe.

23. Charles Juillerat, geb. 1895, Uhrenmacher, St. Immer (Bern).

(Bestimmungen über die Brotversorgung.)

Charles Juillerat ist vom korrektionellen Einzelrichter von Courtelary am 7. Juni 1918 in Anwendung der Artikel 10 ff., 81, 86 und 112 der Verfügung des schweizerischen Militärdepartements betreffend die Brotkarte vom 14. September 1917 (A. S.

n. F. XXXÏÏI, 745) in Verbindung mit den Artikeln 52 ff. des Bundesratsbëschlusses über die Brotversorgung des. Landes und die Getreideernte des Jahres 1917 vom 21. August 1917 (A. S.

n. F. XXXIII, 651) verurteilt worden zu Fr. 3 Busse.

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Juillerat rückte in einen Ablösungsdienst ein mit einer Brotkarte, die, auf den Diensteintritt berechnet, zu wenig Abschnitte aufwies.

Der Gesuchsteller hält den Erlass für gerechtfertigt, weil die Versorgung des Haushaltes mit Brot seiner Mutter obliege, weshalb er seine Brotkarte nicht nachgeprüft habe und auch nicht sagen könne, ob ein Irrtum seiner Mutter vorliege. Er verweist mit Nachdruck auf seinen geleisteten Militärdienst und fühlt sich durch die Bestrafung um so mehr verletzt, da er eigentlich für das Vorkommnis nicht verantwortlich sei.

Das Gesuch ist verfasst vom Gemeindepräsidenten von St.

Immer, der es überdies ausdrücklich empfiehlt. Dagegen stellen Abweisungsanträge der zuständige Regierungsstatthalter und die Polizeidirektion des Kantons Bern, die beide die geringfügige Busse hervorheben. Wir schliessen uns an, in der Meinung, der Träger der Brotkarte, die persönlich ist, habe sich damit abzufinden, dass er für ihren Bestand verantwortlich gemacht wird.

A n t r a g : Abweisung.

24. Karl Streun, geb. 1866, Limonadenfabrikant, Bern.

25. Hermann Wehrli, geb. 1883, Wirt und Limonadenfabrikant, Neuenstadt (Bern).

(Verbotener Ankauf von Zucker.)

Gestützt auf die Verfügung des schweizerischen Militär départements betreffend Abgabe von Zucker vom 28. Februar 1916 (A. S. n. F. XXXII, 162) in Verbindung mit dem Bundesratsbeschluss über die Einfuhr und den Handel mit Zucker vom 8. Februar 1916 (A. S. n. F. XXXII, 15) sind verurteilt worden : a. Karl Streun vom Polizeirichter von Bern am 26. Februar 1918 in Anwendung des Artikels 4 der Verfügung vom 28. Februar 1916 und Artikel 14 des Bundesratsbeschlusses vom 8. Februar 1916 zu Fr. 100 Busse; b. Hermann Wehrli von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern am 25. März 1918 in teilweiser Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils des korrektioneilen Einzelrichters von Neuenstadt in Anwendung der Artikel 4, lit. 6, und 5 der Verfügung vom 28. Februar 1916 zu Fr. 80 Busse.

Beide ersuchen um. Erlass der Busse.

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Zu a. Streun hat im Sommer und Herbst 1916, statt die Bestellungen beim schweizerischen Oberkriegskommissariat zu machen, in Lebensmittelgeschäften der Stadt Bern annähernd 400 Kilogramm Zucker, der für den Verbrauch bestimmt war, eingekauft und zur Herstellung von Limonade, somit zu Industriezwecken, verwendet.

Streun macht geltend, der Tod seines Arbeitgebers, in dessen Apotheke er fünfundzwanzig Jahre angestellt gewesen sei, habe ihn veranlasst, sich zu verselbständigen. Es sei ihm nicht möglich gewesen, das nunmehr nach auswärts verlegte Unternehmen der Nachfolger zu begleiten, und anderseits habe er als Fünfziger auf dem Platze Bern 'sich vergeblich nach einer passenden Anstellung umgetan. Mit erspartem und geliehenem G-eld habe er deshalb im Juni 1915 eine kleine Mineral Wasserfabrik gekauft, die er jetzt betreibe. Als Ende 1916 sein bisheriger Grosslieferant weitere Zuckerbestellungen zurückwies und ihn auf die bestehenden Bestimmungen aufmerksam machte, sei er sofort an das Oberkriegskommissariat gelangt. Die von diesem vorgenommene Überprüfung seiner Zuckerbezüge habe zu einer Nachzahlung von Fr. 44.70 geführt und überdies die gerichtliche Verurteilung veranlasst.

Die behördlichen Erlasse seien ihm leider entgangen, sein früherer Lieferant habe ihn offenbar wider besseres Wissen nicht aufgeklärt und in diese schlimme Lage gebracht. Die Herstellung von Limonade bringe infolge der grossen Verteuerung der Rohmaterialien keinen Gewinn mehr; da die Kioske, seine Hauptabnehmer, Sonntags zu schliessen hätten, sei der Verbrauch stark zurückgegangen. Im Winter stehe die Fabrikation ohnehin still.

Sonstigen Verdienst oder Vermögen habe er nicht, zwei Söhne seien verheiratet, ein dritter, seine bisherige Stütze, infolge Erkrankung im Militärdienst nach 16 Monaten gestorben, eine ältere Tochter sei, ebenfalls infolge Krankheit, ein Jahr lang verdienstlos gewesen, eine jüngere bezahle ihm Kost und Wohnung mit Fr. 60 monatlich, dagegen sei der jüngste, sechzehnjährige Sohn noch in der Lehre. So liege die ganze Last in dieser schweren Zeit auf ihm, und man möge ihm deshalb die Strafe für eine lediglich aus Unkenntnis erfolgte Gesetzesübertretung in Gnaden erlassen.

Der Bericht der Polizeidirektion der Stadt Bern bemerkt unter anderm, dass es Streun ,,ohne Beschränkung des notwen digsten Lebensunterhaltes
schwerlich möglich wäre, die Busse aufbringen zu können". Es wird Erlass der Busse befürwortet, wogegen der Regierungsstatthalter I von Bern Herabsetzung auf Fr. 25 und die kantonale Polizeidirektion auf Fr. 10 beantragt.

665 Nach ständiger Übung wird die Berufung auf Gesetzesunkenntnis abgelehnt. Überdies handelt es sich um einen Gewerbetreibenden, von dem die Kenntnis der seinen Beruf betreffenden Erlasse ganz besonders verlangt werden darf. Anderseits dürfen nach der Darstellung des Gesuches und den günstigen amtlichen Berichten die Familienverhältnisse im Begnadigungswege in Betracht gezogen werden.

Der gänzliche Erlass der Busse scheint uns jedoch, schon mit Rücksicht auf die Verallgemeinerung derartiger Gesuchsbegründungen, nicht angezeigt, dagegen beantragen wir Herabsetzung auf Fr. 20.

Zu b. Auch Wehrli hat in Umgehung des Oberkriegskomrnissariates Zucker zu Industriezwecken von dritter Seite bezogen.

Im Gesuch wird angebracht, Wehrli beziehe seit Jahren seinen sämtlichen Bedarf, sowohl für die Haushaltung, die Wirtschaft und die Limonadenfabrikation, vom gleichen Lieferanten in Neuenstadt. Zur Zeit der Gesetzesübertretung sei die Gegend voll Truppen und deshalb die Nachfrage nach Limonade gross gewesen. Er habe in jenen Tagen die Zeit nicht gefunden, das Amtsblatt regelmässig zu lesen, die betreffenden Bestimmungen seien ihm entgangen, so dass er sich gutgläubig nach wie vor in gleicher Weise versorgt habe. Als das Oberkriegskommissariat genauen Bericht über seine Vorräte, Bezüge, Lieferanten verlangt habe, seien die Angaben sofort wahrheitsgetreu gemacht'worden.

Ohne sein ehrliches Verhalten hätte man die Gesetzesübertretunggar nicht erkannt. Nach erhaltener Belehrung habe er sich ausschliesslich an das Oberkriegskommissariat gehalten. Wenn auch mangelndes Bewusstsein der Rechtswidrigkeit nicht vor Straft; schütze, so sollte dieser Grundsatz angesichts der Unzahl gesetzlicher Erlasse in unsern Tagen zum mindesten weitherzig angewendet werden. Man finde sich kaum mehr zurecht und laufe beständig Gefahr, sich so oder anders schuldig zu machen. Mit Rücksicht auf den guten Glauben und die beträchtlichen Gerichtskosten sei der Erlass der Busse gerechtfertigt.

Der zuständige Regierungsstatthalter unterstützt den Gesuchsteller, dagegen beantragt die Polizeidirektion des Kantons Bern mit Nachdruck seine Abweisung. Insbesondere wird betont, dass die Appellationsinstanz die Busse erheblich erhöht habe. Dies ist, wie sich aus den Akten ergiebt, zutreffend. Mit Recht hat die erste Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern den Entlastungsversuch Wehrlis als unbewiesen abgelehnt, wonach er mit seinem mitangeschuldigten Lieferanten Meier im Verhältnis

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einer einfachen Gesellschaft stehe, so dass jeder direkt vom Oberkriegskommissariat beziehen dürfe. Auch darin ist dem Gerichtshof beizustimmen, der Richter habe in der Anwendung der die Lebensmittelversorgung des Landes betreffenden Erlasse strenge zu verfahren. Der Gesuchsteller beruft sich richtigerweise nicht im Sinne eines Schuldausschliessungsgrundes auf seine Gesetzesunkenntnis.

Zieht man in Erwägung, dass eine mehrfache Übertretung vorliegt, dass der Verurteilte als Wirt das Amtsblatt hält und zu lesen hat, dass ärmliche oder andere ausserordentliche Verhältnisse nicht vorliegen, so erweist sich die ausgesprochene Busse als angemessen.

A n t r ä g e : Herabsetzung auf Fr. 20 bei Streun, Abweisung Wehrlis.

26. Fritz Kunz, geb. 1865, Notar, Biel (Bern).

27. Karl Burli, geb. 18.93, Chauffeur, Zürich.

(Vorschriften betreffend Motorfahrzeuge.)

Gestützt auf den Bundesratsbeschluss betreifend die Abgabe des Brennstoffes für Motorfahrzeuge vom 14. Juli 1917 (A. S. n. P.

XXXIII, 512) sind verurteilt worden: a. Fritz Eunz vom Polizeirichter von Biel am 18. Januar 1918 in Anwendung der Artikel l und 10 zu Fr. 100 Busse ; b. Karl Burli vom Bezirksgericht Baden am 12. Februar 1918 in Anwendung der Artikel l, Absatz l, 2, Absatz 3, und Artikel 10 zu Fr. 25 Busse.

Zu a. Kunz ist am 16. September 1917 mit seinem Motorfahrzeug von Biel nach Bern gefahren, ohne für diesen Monat die gemäss Artikel l, Absatz l, des Bundesratsbeschlusses vorgeschriebene Bezugskarte für Brennstoff zu besitzen.

In seinem Gesuch um Erlass der Busse führt Kunz aus, geglaubt zu haben, Brennstoff, der sich im Sinne von Artikel l, Absatz 3, am 31. Juli 1917 in seinem Besitz befand, ohne weiteres verwenden zu können, besonders weil damals (und bis zum 27. September) die Polizeiorgane des Ortes noch ohne Anweisung gewesen seien, Motorfahrzeuge anzuhalten, und er im August und anfangs September wegen Ferienabwesenheit keine einzige Fahrt unternommen habe. Artikel 3, Absatz 2, bestimme lediglich, die Bezugskarte sei den kantonalen Polizeiorganen vorzuweisen. Der Zivilist, der ihm die Ausweise in Bern ver-

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langte und in der Folge die Anzeige veranlasste, sei auch als Beamter der Warenabteilung zu diesem Vorgehen nicht befugt gewesen. Trotzdem habe Kunz der Aufforderung Folge geleistet.

Die Einrede betreffend den örtlichen Gerichtsstand sei vom Polizeirichter von Biel und der ersten Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Bern merkwürdigerweise abgewiesen worden. In den gerichtlichen Verhandlungen vor dem Polizeirichter habe er ,,einem gewissen Gefühl der Animosität nicht entgehen" können, indem der Richter von vornherein eine Busse von Fr. 100 in Aussicht stellte, obschon die Mindestbusse Fr. 25 betrage und es sich um eine erstmalige Übertretung dieser Vorschriften handelte. Endlich wird das Schreiben des Anwaltes wiedergegeben, worin Kunz nach Darlegung seiner Verteidigungsgründe erklärt, ,,um weitern Kosten und Umständlichkeiten aus dem Wege zu gehen, dass er den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Handlung anerkennt und sich einer Busse von Fr. 100 freiwillig unterzieht'1. Zum Schluss wird betont, die kantonale Fahrbewilligung sei für das ganze Jahr mit Fr. 110 bezahlt worden, und jedermann werde ,,das Gefühl bekommen, dass mit einer Busse von Fr. 100 ein starker Massstab angelegt wurde". In einem Nachtrag wird die Mainummer 1918 der offiziellen Zeitschrift des Automobilklubs der Schweiz beigelegt, aus der hevorgehen soll, dass zur Zeit der stattgefundenen Fahrt ein Fahrverbot nicht bestanden habe, so dass ein strafbarer Tatbestand überhaupt nicht vorliege.

Der Regierungsstatthalter von Biel beantragt Abweisung oder Herabsetzung auf Fr. 50, wogegen sich die Polizeidirektion des Kantons Bern und das Generalsekretariat des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements einzig für Abweisung aussprechen.

Den ausführlichen und teilweise weit hergeholten Anbringen ist vorab entgegenzuhalten, dass es nicht Sache der Bundesversammlung als Begnadigungsbehörde ist, auf den Vorwurf richterlicher Voreingenommenheit einzutreten. Es stand Kunz beispielsweise frei, nach kantonalem Strafprozess die Verwerfung des Richters nachzusuchen oder gegenüber dem Urteil den Weiterzug an die Appellationsbehörde zu erklären. Dies ist nicht geschehen. Desgleichen ist auch die Bemängelung des erst- und oberinstanzlichen Vorfrageentscheides den Gerichtsstand betreffend nicht zu überprüfen.

Es ist gerichtlich festgestellt und überdies vom Angeschuldigten im Laufe des Verfahrens zugegeben worden, dass er am 16. September 1917 von Biel nach Bern fuhr. Soweit er im

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Gesuch erneut den guten Glauben behauptet, wird damit wiederum die Schuldfrage angeschnitten, die in dem rechtskräftigen Entscheid ebenfalls ihre Erledigung gefunden hat. Gegenüber dem Entschuldigungsversuch, Kunz habe sich bei den Polizeiorganen der Gemeinde und des Bezirkes über die Handhabung des Bundesratsbeschlusses erkundigt, ist au sagen, dass ihn dies nicht entlasten kann. Mitte September 1917 war der Bundesratsbeschluss vom 14. Juli 1917 bereits seit zwei Mona,ten erlassen, und Kunz hatte bis dahin reichlich Gelegenheit, allfällig vorhandene Zweifel über die Tragweite der Bestimmungen zu heben, sei es, dass er durch Vermittlung des Vorstandes des Automobilklubs, auf dessen Tätigkeit er nachträglich hinweist, sich Aufklärung verschafft hätte oder unmittelbar an die eidgenössischen Behörden gelangt wäre. Dass eine Bezugskarte auch im September an und für sich zu lösen war, konnte Eunz nicht fremd sein, da er ja bereits für den Monat August sich damit hatte versehen müssen. Abgesehen von diesen Überlegungen, die sich aufdrängen, ist auch hier festzuhalten, dass das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit nicht als Tatbestandsmerkmal gefordert wird.

Mit Rücksicht auf das im Rechtsmittelwege nicht weitergezogene Urteil, das im Strafmass übrigens nicht höher ging, als vom Angeschuldigten in seinem Schreiben an den Richter selbst vorgesehen wurde, und im Hinblick auf eine Reihe ähnlicher Entscheide, ist deshalb lediglich zu untersuchen, ob anderweitige Verumständungen vorliegen, die als eigentliche Begnadigungsgründe einen teilweisen oder gänzlichen Erlass rechtfertigen könnten. Dies ist aber nicht der Fall. Die übrigen Anbringen des Gesuchstellers erweisen sich vielmehr, soweit sie hiervor nicht bereits ausdrücklich zurückgewiesen sind, als ungeeignet, um im Begnadigungswege von Einfluss zu sein.

Aus diesen Gründen beantragen wir deshalb im Anschluss an die Polizeidirektion des Kantons Bern und das Generalsekretariat des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements Abweisung des Gesuchstellers.

Zu b. Karl Burli fuhr am 22. Dezember 1917 mit einem Lastautomobil durch Baden, ohne die Bezugskarte für Brennstoff vorweisen zu können. Die Eigentümerin des Wagens, die Motorwagenfabrik Arbon, hatte die Bezugskarte für den Monat Dezember gelöst, jedoch trug sie Burli nicht auf sich.

Burli ersucht, ihm die Busse zu erlassen. Er sei ein gut beleumdeter, armer Familienvater und komme mit seinem spärlichen Lohn kaum aus. Er habe weder Nebenverdienst, noch

669 könne er sich, wie die Führer von Wagen zum Personenverkehr, an Trinkgeldern oder Einnahmen aus besondern Fahrten erholen, da er beständig unterwegs sei und ihm jede Fahrt nachgeprüft werde. Die Entrichtung von über 30 Fr. würde bei seinem Einkommen namentlich in diesen Zeiten einen schweren Schlag bedeuten. Die Firma, die sich nicht in die Angelegenheiten ihrer Leute mische, leiste ihm keinen Beitrag. Am 22. Dezember habe er die Bezugskarte in der Eile mit andern Briefsachen im Betriebsbureau liegen lassen. Diese blosse Vergesslichkeit wäre wenigstens für das erste Mal mit einer Mahnung genügend geahndet gewesen.

Von den Behörden des Kantons Zürich verlangte Erhebungen ergaben, dass der G-esuchsteller mit Frau und Kind in einfachen Verhältnissen lebt. Burli leistet viel Militärdienst. Die Entrichtung der Busse wird ihm nicht leicht. Anderseits ist er bereits vierzehnmal polizeilich vorbestraft wegen Velofahrens ohne Licht oder ohne Bewilligung, zu schnellen Automobilfahrens, Störung des Trambetriebes usw.

In Anbetracht dieser zahlreichen Polizeistrafen, die ähnliche Übertretungen betreffen, und da von einem Berufsfahrer die Einhaltung der gesetzlichen Fahrbestimmungen verlangt werden darf, halten wir dafür, es sollte eine Ermässigung der im Verhältnis zu andern Fällen nicht · übermässigen Busse abgelehnt werden.

A n t r ä g e : Abweisung in beiden Fällen.

28. Emil Hitz, geb. 1874, Dreher.

29. Josef Keller, geb. 1862, Schlosser, beide im Obersiggenthal (Aargau).

(Vorschriften über den Handel mit rohen Pelzfellen.)

Emil Hitz und Josef Keller sind vom Bezirksgericht Baden am 9. April 1918 in Anwendung der Artikel l und 8 der Verfügung des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements betreffend den Handel mit rohen Pelzfellen vom 25. November 1917 (A. S. n. F.

XXXni, 980) verurteilt worden je zu Fr. 25 Busse.

Beide ersuchen um Erlass der Bussen.

Zu a. Hitz, der seit zwanzig Jahren den Nebenberuf eines Landmetzgers ausübt, indem er Kaninchen, Ziegen und Kälber

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bei den Tierhaltern schlachtet, Hess sich auch nach dem 25. November 1917 jeweils als Lohn die Felle der geschlachteten Tiere übergeben. Ferner erwarb er gelegentlich ihm zum Kauf angebotene Kalb- und Kaninchenfelle, alles ohne vom schweizerischen Volkswirtschaftsdepartement eine Einkaufsbewilligung verlangt zu haben.

Im Begnadigungsgesuch wird angebracht, Hitz habe von der Verfügung vom 25. November 1917 keine Kenntnis gehabt, ferner sei von der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements auf eine von ihm nach der Verurteilung, ergangene Anfrage geantwortet worden, dass er den Einkauf von Häuten und Fellen aus Schlachtungen, die er bei Drittpersonen auf deren Rechnung vornehme, ohne besondere Bewilligung ausüben dürfe. Mit Rücksicht darauf möge ihm die Busse erlassen werden, die, wenn sie auch gering erscheine, einen Familienvater, der für eine zahlreiche Familie zu sorgen habe, in dieser Zeit der steigenden Teuerung doch empfindlich treffe.

Das Gesuch wurde der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft übermittelt. Diese bestätigt in ihrer Vernehmlassung ihre seinerzeitigen Ausführungen an Hitz. Im weitern wird jedoch darauf hingewiesen, dass Hitz für Einkäufe von Häuten und Fellen, die nicht anlässlich von Schlachtungen stattfanden, einer Bewilligung bedurfte. Auch heute ist der Einkauf von Kalb- und Ziegenfellen nicht frei, wohl aber seit dem 1. Juli 1918 der Handel mit Pelzfellen (Kaninchen usw.), wie sich aus Art. 2 und 3 der Verfügung betreffend Häute und Felle vom 21. Juni 1918 (A. S.

n. F. XXXIV, 718) ergibt.

Aus der gerichtlichen Abhörung vom 27. Februar 1918 und dem Urteilsbefund unter Ziffer l ist nun zu entnehmen, dass gelegentlich Hitz auch ihm zum Kaufe angetragene Felle von Kaninchen, Ziegen und Kälbern erwarb. Der damals an eine Bewilligung gebundene, somit von Hitz unbefugterweise betriebene Ankauf von Kaninchenfellen ist daher vom urteilenden Gerichte mit Recht unter Artikel l der Verfügung betreffend den Handel mit rohen Pelzfellen vom 25. November 1917 subsumiert worden.

Dagegen ergibt sich aus dem Urteilsdispositiv ausdrücklich nicht, ob auch der unbefugte Ankauf von Kalb- und Ziegenfellen, der ebenfalls eingeklagt und gerichtlich festgestellt war, im Urteil mitumfasst werden sollte, indem auf die hierfür damals massgebenden
Artikel I und III der Verfügung betreffend Lieferung und Höchstpreise von Häuten und Fellen vom 21. Mai 1917 (A. S. n. F. XXXIII, 283) nicht Bezug genommen wird.. Jedenfalls sind die einzelneu Tatbestände gerichtlich festgestellt und ist dem-

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gegenüber das Urteil, das auf die Mindestbusse von Fr. 25 lautet, offensichtlich nicht zu scharf ausgefallen. Ferner liegen unseres Brachtens nicht genügend Gründe vor, um im Wege eines Begnadigungsentscheides unter diese Mindestbusse zu gehen ; namentlich kann dies aus allgemeinen Erwägungen über Wesen und Bedeutung der Begnadigung nicht schon deshalb erwartet werden, weil in neuester Zeit die beurteilte Handlung nic.ht mehr unter den Tatbeständen der Verfügungen über diese Gebiete der Volkswirtschaft erscheint.

Zu b. Auch Josef Keller kaufte entgegen den damals bestehenden Bestimmungen nach wie vor ohne Bewilligung Kaninchen- und Ziegenfelle.

Keller, der um Erlass der Busse ersucht, musste schon im gerichtlichen Verfahren zugeben, von dem Erlass diesbezüglicher Vorschriften gelesen zu haben, will jedoch, ,,wie es bei der zurzeit im Erlass von Verordnungen und Verfügungen herrschenden Produktivität so geht, der Sache keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt" haben. Allerdings sei lediglich die Mindestbusse gesprochen worden, was ihn aber mit Rücksicht auf seine Familienlasten noch immer über Gebühr treffe. Falls er die Busse im Wege der Umwandlungshaft tilgen müsse, entstehe ihm dadurch ein empfindlicher Verdienstausfall.

Die Begnadigungsakten wurden den aargauischen Behörden zum Bericht übermittelt. Es ergab sich, dass Keller als Hülfsschlosser einen Stundenlohn von 75 Rappen bezieht, dass von den sechs Kindern die älteste Tochter ebenfalls verdient, ein Kind bei den Grosseltern lebt, die vier übrigen noch schulpflichtig sind.

An Vermögen versteuert Keller einen Betrag von Fr. 2000.

Es handelt sich somit um bescheidene aber nicht ärmliche Verhältnisse, so dass ein Erlass der nicht zu hohen Busse nicht genügend begründet erscheint.

A n t r ä g e : Abweisung in beiden Fällen.

30. Thekla Baur, geb. 1858, Händlerin, Wettingen (Aargau).

31. Christian Brawand, geb. 1867, Händler, Matten bei Interlaken (Bern).

(Vorschriften über den Handel mit Lump'en und Stoffabfällen.)

In Anwendung der Abschnitte III, Ziffer l, und VII der Verfügung des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements betref-

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fend den Handel mit Lumpen und neuen Stoffabfällen aller Art vom.3. Januar 1918 (A. 8. n. F. XXXIV, 13) in Verbindung mit Artikel 5 des gleichlautenden Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1916 (A. S. n. F. XXXII, 429) sind je zu der Mindestbusse von Fr. 50 verurteilt worden: a. Thekla Baur, vom Bezirksgericht Baden am 16. April 1818: b. Christian Brawand vom Polizeirichter von Interlaken am 19. April 1918.

Beide ersuchen um gänzlichen Erlass.

Zu a. Thekla Baur, die, wie sich -aus ihrer gerichtlichen Abhörung ergibt, den Handel mit Lumpen erst zu Beginn 1917 angefangen hatte, kaufte weiter auf, obschon ihr durch die Verfügung vom 3. Januar 1918 nötig gewordenes Gesuch um eine diesbezügliche Bewilligung noch unerledigt war.

Für die G-esuchstellerin, die in der Folge keine Handelsbewilligung erhielt, wird gesagt, sie habe diese sicher erwartet, besonders mit Rücksicht auf ihre Armut, die sie zu diesem Verdienst zwinge ; sie gebe die Gesetzesübertretung unumwunden zu, in Anbetracht ihrer bald sechzig Jahre und ganz ärmlichen Verhältnisse sei jedoch eine Begnadigung gerechtfertigt, namentlich da sie die Busse im Wege der Umwandlungshaft tilgen müsste.

Diese Anbringen sind, wie die Urteilserwägungen beweisen, richtig. Dagegen ist nicht ausser acht zu lassen, dass bereits die Mindestbusse gesprochen wurde und die Gesetzesübertretung wider besseres Wissen erfolgte. Immerhin scheint angesichts der Verhältnisse der Gesuchstellerin eine Busse von Fr. 10 als genügende Ahndung.

Zu b. Christian Brawand, der seit vielen Jahren mit Lumpen und dergleichen handelt, unterliess, die notwendig gewordene Bewilligung einzuverlangen, obschon ihn der Landjäger des Ortes auf die neue Verfügung aufmerksam machte.

Wie im gerichtlichen Verfahren wird geltend gemacht, Brawand habe den Landjäger lediglich dahin verstanden, fortan werde für Lumpensendungen durch die Bahn eine Bewilligung notwendig sein. Ferner wird zur Kenntnis gebracht, Brawand sei einarmig und deshalb in seiner Erwerbsfähigkeit stark gehindert. Trotzdem erhalte er seine grosse Familie ohne Unterstützung.

Er sei, als ihm die Bedeutung der neuen Erlasse klar geworden, sogleich um die Bewilligung eingelangt.

Das Gesuch wird von sämtlichen kantonalen Behörden befürwortet. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Brawand,

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der in der Folge die Bewilligung erhielt, ganz besonders verpflichtet war, sich gehörig umzusehen, nachdem ihn der Landjäger des Ortes auf das Bestehen gewisser Vorschriften aufmerksam gemacht hatte. Dennoch unterliess er vorerst, sich die genaue Kenntnis der seinen Beruf betreffenden Neuerungen zu verschaffen.

Dies darf mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeitverhältnisse nicht übersehen werden (zu vergleichen Bericht des Bundesrates über Begnadigungsgesuche, Sommer-Session 1918, z. B. Bundesblatt 1918, Band III, S. 27 oben). Zudem ist auch hier nur die Mindestbusse erkannt worden.

Wenn wir trotzdem in teilweisem Anschluss an die begutachtenden Behörden Herabsetzung auf Fr. 25 beantragen, geschieht es wie im Gesuchsfall Baur einzig mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers.

A n t r ä g e : Herabsetzung auf Fr. 10 bei Thekla Baur, auf Fr. 25 bei Brawand.

32.

33.

34.

35.

36.

Emanuei Stucki, geb. 1866, Coiffeur, Biberist (Solothurn).

Josef Leoni Vögeli, geb. 1875, Wirt, Baden (Aargau).

Kaspar Willi, geb. 1870, Wirt, Wettingen (Aargau).

Armin Meier, geb. 1873, Wirt, Obersiggenthal (Aargau).

Eduard Krüsi, geb. 1877, Wirt, Wettingen (Aargau).

37. Marie Lehmann-Blatter, geb. 1884, Modistin, Bern.

.(Laden- und Wirtschaftsschluss.)

Gestützt auf die Bundesratsbeschlüsse betreffend Massnahmen zur Einschränkung des Verbrauches an Kohle und elektrischer Energie vom 21. August und 10. November 1917 (A. S. n. F.

XXXIII, 665, 943) oder den Bundesratsbeschluss betreffend Laden- und Wirtschaftsschluss, sowie Einschränkung des Betriebes von Vergnügungsetablissementen vom 12. April 1918 (A. 8. n. F.

XXXIV, 431) sind verurteilt worden : a. Emanuei Stucki vom Amtsgericht Bucheggberg-Kriegstetten am 6. Februar 1918 in Anwendung der Artikel 8 und 9 des Bundesratsbeschlusses vom 21. August 1917 zu Fr. 5 Busse ; b, c, d und e : Josef Leonz Vögeli am 9. April, Kaspar Willi am 30. April, Armin Meier am 21. Mai und Eduard Krüsi am 18. Juni 1918 vom Bezirksgericht Baden :

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«. in Anwendung des Artikels 4 des Bundesratsbeschlusses vom 10. November 1917, der Artikel 8 und 9 des Bundesratsbeschlusses vom 21. August 1917 und kantonaler Ausführungserlasse Vögeli zu Fr. 25, Willi und Meier je zu Fr. 20 Busse, ß. in Anwendung des Artikels 4 des Bundesratsbeschlusses vom 12. April 1918 und kantonaler Ausführungserlasse Krüsi zu Fr. 50 Busse ; f. Marie Lehmann-Blatter am 25. Mai 1918 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern in Anwendung der Ausführungsverordnung des Kantons Bern zum Bundesratsbeschluss vom 12. April 1918 zu Fr. 50 Busse.

Bevor die einzelnen Gesuche erörtert werden, ist zu bemerken, dass die Bundesversammlung in der letzten Sommersession in Übereinstimmung mit den Anträgen des Bundesrates sämtliche Gesuche betreffend Laden- und Wirtschaftsschluss abwies. (Zu vergleichen Bundesblatt 1918, II, 863 ff.) Ferner hat die häufige Übertretung der in Betracht kommenden Vorschriften inzwischen veranlasst, im Bundesratsbeschluss vom 12. April 1918, sofern vorsätzlich gehandelt worden ist, als Mindestbusse Fr. 50 vorzusehen.

Zu a. Emanuel Stucki hat am 24. Dezember und am Silvester des letzten Jahres sein Coiffeurgeschäft erst um 10 Uhr abends geschlossen.

Er ersucht um Erlass der Busse und betont vor allem, der Coiffeurverband sei zu diesem späten Ladenschluss vom kantonalen Fürsorgedepartement ermächtigt worden, und in andern ihm bekannten Fällen seien deshalb Freisprüche erfolgt ; in diesen ausserordentlichen Zeiten und bei den beständigen Krankheiten in der Familie würde ihm die Busse besonders schwer fallen.

Da eine Vernehmlassung des Justizdepartemeuts des Kantons Solothurn den Erlass einer derartigen Bewilligung bestätigt, kann mit Rücksicht auf Artikel 3, Absatz l, des Bundesratsbeschlusses vom 10. November 1917 schon deshalb der gewünschte Erlass der Busse beantragt werden, so dass davon abgesehen werden darf, auf die weitern Anbringen des Gesuchstellers einzutreten.

Zu b. Josef Leonz Vögeli hat am 19. Februar 1918, nach 11 Uhr abends, in seiner neben dem damals schon geschlossenen Wirtschaftslokal gelegenen Wohnstube an zwei Gäste Branntwein ausgeschenkt.

675 Vögeli, der um ganzen oder doch teihveisen Erlass der Busse ersucht, wiederholt die im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten und dort ausdrücklich berücksichtigten Anbringen.

Er habe in der Wohnstube noch Zeitungen gelesen, den beiden Gästen nur nach langem Drängen Einlass gewährt und einzig nachgegeben, weil der eine von ihnen über Leibschmerzen klagte. Eine böswillige Gesetzesübertretung sei nicht beabsichtigt gewesen. Er nehme es mit seinem Wirtschaftsbetrieb nicht leichtfertig. Mit Rücksicht auf diese Verumständungen und die schwierigen Zeiten möge man ihm entgegenkommen.

Das Gericht ist aus ähnlichen Erwägungen bereits unter den Antrag der Staatsanwaltschaft gegangen, und wir sehen uns gestützt auf unsere allgemeine, wiederholt begründete Stellungnahme derartigen Begnadigungssachen gegenüber nicht veranlasst, ein mehreres zu tun.

Zu c. Samstags den 6. April 1918 feierten Kochkursteilnehmer von Wettingen in der ,,Mooshalde" ihr Schlusskränzchen.

Um 12 Uhr bot Willi-Feierabend und begab sich zur Ruhe. Die Gäste verliessen die Wirtschaft, ausgenommen die Musikanten, die bei dem Anlass aufgespielt hatten. Diese kamen mit der Wirtin in ein Gepräch und boten ihr an, an einem der nächsten Sonntage unentgeltlich in der Mooshalde spielen zu wollen.

Dafür spendete ihnen die Wirtin einen Liter Wein, bei dem sie um !8/4 Uhr von dem die Runde machenden Polizisten betroffen wurden.

Das Gesuch um Erlass der Busse wiederholt, eine gewinnsüchtige Absicht habe gefehlt, Kosten und Zeitversäumnis seien Strafe genug, namentlich da der Betrieb als Sommerwirtschaft nur an einigen schönen Sonntagen etwas eintrage und die Wirtschaftsführung sonst zu keinen Klagen berechtige.

Auch hier haben wir keine besondere Veranlassung, das Gesuch zu befürworten.

Zu d. Armin Meier hat am 12. April 1918, einem Freitag, in seiner Wirtschaft nach 11 Uhr abends Gästen unentgeltlich noch Most ausgeschenkt.

Im Gesuch um Erlass der Busse wird ausgeführt, Meier, der nach 10 Uhr von einer Musikprobe heimgekommen sei, habe in seiner Wirtschaft einen sonst im Ausland weilenden Freund vorgefunden und sich mit ihm bis etwas nach 11 Uhr unterhalten.

Meier, der kein Priyatzimmer habe, sei mit dem Besuch in der Wirtsstube verblieben, was mitgebracht habe, dass daselbst noch drei weitere Bekannte an der Unterhaltung teilgenommen hätten.

Bundesblatt. 70. Jahrg. Bd. IV.

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Da ihnen unentgeltlich Most ausgeschenkt worden sei, handle es sich nicht um Wirtschaftsbetrieb. Meier fühle sich in seinen bürgerlichen Rechten eingeengt, wenn er Besuch um 11 Uhr verabschieden müsse, während hierin jeder andere Bürger uneingeschränkte Freiheit habe. Er sei sich nicht bewusst gewesen, mit seiner Handlungsweise gegen die Wirtschaftspolizei zu verstossen, und bisher auch nie mit dem Strafrichter in Berührung gekommen. Die Busse müsse deshalb als unbillig und für einen in allen Rechten stehenden Bürger ,,schikanös'1 erscheinen.

Meier hat, wie sich aus seinen Abhörungen im gerichtlichen Verfahren ergibt, trotz Polizeistunde, Mitgliedern eines Gesangvereins, die ihm dafür ein Ständchen in Aussicht stellten, noch Eintritt in die Wirtschaft gewährt und ihnen Most gespendet.

Die damalige Darstellung Meiers, von der abzuweichen kein Grund vorliegt, steht zu den Gesuchsanbringen im Widerspruch..

Wie in den Begnadigungssachen Vögeli und Willi hiervor kann der Sachverhalt unseres Erachtens eine Begnadigung nicht rechtfertigen.

Zu e. In der Samstagnacht vom 19./20. Mai befanden sich um 12 Uhr 30 noch Gäste in der Gartenwirtschaft zum Schartenfels.

Das Gesuch um Erlass der Busse hebt hervor, der abgelegene Schartenfels sehe bei ungünstigem Wetter oft wochenlang keinen Besuch, und die Sommereinnahmen reichten ohnehin kaum aus, die Schuldenlast zu verzinsen. Ferner wird wie im gerichtlichen Verfahren gesagt, nach der Polizeistunde seien den vier noch Anwesenden keine Getränke mehr verabfolgt worden ; die Lampen hätten, bis auf eine bei den Gästen im Garten, in den Wirtschaftsräumen nicht mehr gebrannt, auch habe der Wirt gehörig Feierabend geboten. Krüsi sei nicht vorbestraft und bestrebt, seinen Wirtschaftsbetrieb klaglos zu führen.

Das Bezirksgericht Baden, das in richtiger Weise wegen vorsätzlicher Übertretung des Bundesratsbeschlusses vom 12. April 1918 verurteilte, sprach die hier vorgesehene Mindestbusse.

Es würde nun, mangels besonderer Verumständungen, den Absichten des Gesetzgebers widersprechen, wenn im Begnadigungsverfahren ohne weiteres unter das Mindestmass gegangen würde. Besonderheiten liegen hier nicht vor, weshalb wir Abweisung brantragen.

Zu f. Frau Marie Lehmann hielt am 7. Mai dieses Jahres ihr Modewarengeschäft um 7 Uhr 35 noch offen und bediente eine Kundin.

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Im Gesuch um Erlass der Busse wird angebracht, Frau Lehmann habe bei Kriegsbeginn das kleine Geschäft eröffnet, um bei dem ungenügenden Verdienst ihres Mannes, der Einleger ist, etwas beizutragen und über die schweren Zeiten ohne Schulden hinwegzukommen. Die Widerhandluag wird nicht bestritten, jedoch beigefügt, das Vorkommnis werde bedauert, und die Verurteilte sei bestrebt, sich den Vorschriften zu fügen. Die Busse sei mit Rücksicht auf ihre Verhältnisse ausserordentlich hart.

Die Berichte der kantonalen Behörden lauten günstig, es bestehen bescheidene Verhältnisse, die Verurteilte ist Mutter von vier Kindern.

Wir beantragen deshalb Herabsetzung auf Fr. 25, in der Meinung, dieser Betrag bedeute unter diesen Umständen noch immer eine genügende Ahndung. Zu einer gänzlichen Begnadigung liegt dagegen schon mit Rücksicht auf ähnlich liegende Fälle und die Verallgemeinerung derartiger Gesuche keine Veranlassung vor.

A n t r ä g e : Erlass der Busse bei Stucki, Abweisung Vögelis, Willis, Meiers, Krüsis, Herabsetzung auf Fr. 25 bei Frau Lehmann.

38. Eugen Meier, geb. 1896, Landwirt und Viehinspektor, Rütihof-Dättwil (Aargàu).

(Bestimmungen über den Viehverkehr.)

Eugen Meier ist vom Bezirksgericht Baden am 9. Juli 1918 in Anwendung der Artikel 2 und 30 des Bundesratsbeschlusses betreffend den Verkehr mit Vieh vom 13. April 1917 (A. S. n. F.

XXXHI, 181) verurteilt worden zu Fr. 10 Busse.

Meier stellte einen Gesundheitsschein aus mit der Bescheinigung: ,,Obiges Tier ist vom Stallbann befreit." Damit sollte gesagt sein, es handle sich um ein Stück, das sich mindestens seit zwei Monaten im Besitze des Eigentümers befunden habe.

Meier ersucht um gänzliche Begnadigung und bringt an, er habe sich gedacht, ein Stück Vieh, das nicht zwei Monate im Besitze des Eigentümers gewesen sei, falle unter den Stallbann, da es ja nicht verkauft werden dürfe. In seiner allfällig unrichtigen Auslegung des Stallbannbegriffes sehe er für den Viehhandel keine Gefährdung, namentlich da im vorliegenden P^all das betreffende Tier sich sieben Monate im Besitze des Eigentümers

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befunden habe. Auch sei er erst seit Neujahr Viehinspektor und habe noch keinen Inspektorenkurs mitgemacht.

Wie sich aus den Urteilserwägungen ergibt, haben diese Verumständungen bereits zu der geringfügigen Busse geführt.

Eine Begnadigung, wie sie überdies vom Bezirksgericht Baden empfohlen wird, sollte abgelehnt werden. Die Kenntnis und Befolgung des Bundesratsbeschlusses vom 13. April 1917 muss von einem Viehinspektoren verlangt werden ; die Begnadigungsbehörde hat denn auch in den letzten Sessionen die ähnlichen Gesuche Widmer und Rohr abschlägig beschieden (zu vergleichen Bundesblatt 1917, IV, 664, und 1918, II, 856).

A n t r a g : Abweisung.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 30. September 1918.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Calonder.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

# S T #

Bundesbeschluss betreffend ter

die Aufnahme eines Art. 24 in die Bundesverfassung (Schiffahrt).

(Vom 24. September 1918.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 20. Oktober 1917, beschliesst:

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1918). (Vom 30. September 1918.)

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1918

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4

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02.10.1918

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