1193 # S T #

N o .

2 1

Bundesblatt 102. Jahrgang

Bern, den 25. Mai 1950

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis US Franken im Jahr, 15 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern

# S T #

5848

I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1950) (Vom 12. Mai 1950) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen unter Vorlage der Akten über 68 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

Gemäss Bundesgesetz vom 1. Oktober 1925 über das Zollwesen sind bestraft worden (l--32): 1. Pierre Duchoud, 1909, Kaufmann, St-Gingolph (Wallis), durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 4. Juli 1947 zu Fr. 12682.88 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er in den Jahren 1944 und 1945 unter verschiedenen Malen 1224 goldene Chronographen selbst ausgeführt und 400 weitere Stück zur illegalen Ausfuhr einem Dritten geliefert hat. Der Gesamtwert der Uhren betrug rund 133 000 Franken. -- Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 29. Dezember 1947 abgewiesen.

Der Verurteilte ersucht um Erlass oder Herabsetzung des sich noch auf Fr. 3182.38 belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, der Umsatz seines Lebensmittelgeschäftes sei beträchtlich zurückgegangen, da viele Schweizer ihren Lebensbedarf heute als Grenzgänger in Frankreich einkauften, und die französische Kundschaft immer mehr ausbleibe.

Duchoud, der für Frau und Kind aufzukommen hat, lebt aus dem Ertrag seines Geschäftes. Dass sein Einkommen zurückgegangen ist, wird wohl vom Gesuchsteller behauptet, ist aber, da eine Buchführung nicht vorhanden ist, Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. I.

84

1194 durch nichts bewiesen. Aber auch wenn ein gewisser Eückgang des Einkommens angenommen wird, so bildet dies noch keinen Begnadigungsgrund. Irgendeine Notlage wird weder geltend gemacht noch hat eine solche festgestellt werden können. Die bisherigen Zahlungen beweisen allerdings den Sühnewillen Duchouds. Die teilweise Tilgung einer Bussenschuld gibt jedoch keinen Anspruch auf Erlass des Eestbetrages.

Der Gesuchsteller hat in der Zeit, da sein Geschäft auch nach seinen Angaben einen befriedigenden Ertrag abwarf, sich nicht mit seinem ehrlichen Einkommen begnügt, sondern er hat sich aus Gewinnsucht dem Schmuggel mit Uhren verschrieben. In der Untersuchung suchte er sich zunächst durch Leugnen der Strafe zu entziehen. Bei dem Ausmass seiner verbotenen Tätigkeit musste er auch mit einer entsprechenden Busse rechnen. Er hat angesichts des in Aussicht stehenden Gewinnes -- der von ihm angegebene Erlös von Fr. 6000 dürfte bei einem Umsatz von über Fr. 130 000 höher gewesen sein -- das Eisiko auf sich genommen und muss nun auch die Folgen seines Verhaltens tragen. Wir sind mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion der Auffassung, dass die von Duchoud angeführten Gründe für einen Gnadenakt nicht hinreichen und b e a n t r a g e n die Gesuchsabweisung, unter Einräumung von Zahlungserleichterungen wie bis anhin.

2. Hans K u n z , 1923, kaufmännischer Angestellter, Zürich, durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 8. Juni 1948 und des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 5. Juni 1947 zu Bussen von Fr. 4666.67 und Fr. 1953.34 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Kunz hat für einen Geschäftsfreund einen Personenwagen Marke BMW mit provisorischer Eintrittskarte aus Deutschland in die Schweiz eingeführt, obschon er genau wusste, dass zuvor mit einem Grenzwächter vereinbart worden war, den Eintrittsschein nachher widerrechtlich zu löschen und den Wagen ohne Verzollung in der Schweiz weiterzuverkaufen. Ausserdera hat er im Jahre 1946 eine Lederjacke und mit dem Geschäftsfreund zusammen 250 kg Spezialstahl eingeschwärzt. Anderseits haben die beiden im gleichen Zeitraum Armbanduhren, Saccharin und Goldstücke über die Grenze nach Deutschland geschmuggelt. Der Gesamtbussenbetrag beläuft sich auf Fr. 6620.01. Daran sind im Februar 1949
Fr. 200 und ab Mai 1949 monatlich Fr. 100 bezahlt worden. Der ausstehende Betrag beziffert sich noch auf Fr. 5520.01.

Kunz ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu er sich namentlich über die näheren Umstände der Tatbegehung auslässt und auf seine schwierigen finanziellen Verhaltnisse hinweist. Seine Frau liege krank in München, und sein Einkommen sei sogar zu klein, ihr zu helfen. Er wisse nicht, wie er seine Schuld tilgen solle, er leide an Depressionen und sei in allem gehemmt.

Nach den von den Zollbehörden getätigten Erhebungen sind die in der Gesuchsbegründung enthaltenen Angaben nicht sehr zuverlässig. Kunz geht namentlich darauf aus, Mitleid zu erwecken. Seine finanzielle Lage ist zwar be-

1195 scheiden, doch nicht verzweifelt. Was seine sich in München aufhaltende Ehefrau anbetrifft, so sei diese dort erwerbstätig und verdiene ihren Unterhalt selber. Kunz sollte somit, wenn er sich wirklich anstrengt, durchaus in der Lage sein, weiterhin Teilzahlungen zu leisten.

Auch wenn ihm dies nicht möglich wäre, müssten wir uns übrigens gegen einen Gnadenakt aussprechen. Der Gesuchsteller hat zusammen mit seinem Geschäftsfreund die Schmuggelhandlungen planmässig vorbereitet und durchgeführt in voller Kenntnis der Strafbarkeit seines Tuns und im Bewusstsein des Umstandes, dass dabei ein schweizerischer Grenzwächter zu einer schweren Dienstpflichtverletzung veranlasst wurde. Er hat gewerbsmässig gehandelt und sich skruppellos über die bestehenden, ihm bekannten Vorschriften hinweggesetzt. Überdies hat er bereits während der Straf Untersuchung wiederum eine Deutsche angestiftet, ein von ihm in Deutschland gekauftes Ölgemälde sowie ein Nivelliergerät und andere Gegenstande in die Schweiz zu schmuggeln, was ihm eine weitere Busse eintrug. Der Gesuchsteller, der offenbar durch zweideutige Geschäfte mühelos zu Geld kommen wollte und ehrliche Arbeit scheute, ist eines Entgegenkommens nicht würdig. Ein Gnadenakt Kunz gegenüber würde ausserdem eine Ungerechtigkeit gegenüber den Mitverurteilten bedeuten (vgl. auch den abweisenden Entscheid der Bundesversammlung i. S. Bemund; Antrag 66 des Berichtes vom 13. Mai 1949, BEI I 1011).

Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

3. Serafino Campana, 1910, Arbeiter, Curtina (Tessin), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 26. September 1946 zu Bussen von Fr. 5685 und Fr. 260 verurteilt wegen Beihilfe bei verbotener Ausfuhr von Zigaretten und Autoreifen sowie beim Einfuhrschmuggel von Eeis und Fleischwaren.

Ein erstes Gesuch um Erlass der Bussen ist durch die Vereinigte Bundesversammlung in der Junisession ] 948 gemäss dem Antrag des Bundesrates abgewiesen worden (vgl. Antrag 291 des Berichtes vom 26. Mai 1948; BB1 II 562). Es wurde dort festgestellt, dass es sich bei Campana um einen unverbesserlichen, wiederholt vorbestraften .Schmuggler handle, der seit den ergangenen Strafverfügungen vom 26. September 1946 bereits erneut habe gebüsst werden müssen und der sich um die Bezahlung
der Bussen überhaupt nicht kümmere. -- Inzwischen sind die beiden Bussen am 11. Mai 1949 vom Gerichtspräsidenten von Lugano in 3 Monate und 26 Tage Haft umgewandelt worden.

Campana ersucht um Erlass dieser Haftstrafen, wozu er, wie in seinem ersten Gesuch, auf seine finanzielle Lage und die ihm obliegenden Familienpflichten hinweist. Müsse er die Umwandlungshaft verbüssen, so würde seine Frau mit den vier Kindern der Öffentlichkeit zur Last fallen.

Wie die Eidgenössische Oberzolldirektion hat feststellen können, haben sich die Verhältnisse des Gesuchstellers seit der Behandlung seines ersten

1196 Gesuches nicht geändert. Diese sind zwar bescheiden, und die gänzliche Zahlung der Busse dürfte Campana ausserordentlicb schwer fallen, wenn nicht überhaupt unmöglich sein. Da es sich jedoch um einen vielfach vorbestraften Gewohnheitsschmuggler und Hehler handelt, der auch gemeinrechtlich vorbestraft ist, erachten wir die Voraussetzungen für einen Gnadenakt in persönlicher Hinsicht als nicht gegeben und b e a n t r a g e n mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, wobei gleichzeitig eine Frist von zwei Jahren anzusetzen sei, wahrend welcher der Verurteilte sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

4. Claire Béguin, 1912, Haustochter, Lausanne (Waadt), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 17. Mai 1947 verurteilt zu Bussen von Fr. 4965 und Fr. 765, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie anlässlich ihrer wiederholten Eeisen nach Italien in den Jahren 1946/47 fortgesetzt Pelz- und Textilwaren im Wert von Fr. 4966 aus Italien einführte und anlässlich von Fahrten nach Italien, Frankreich und Belgien Waren im Werte von Fr. 2295 illegal ausführte.

Der Gesamtbetrag der Bussen beträgt Fr. 5730, jener der hinterzogenen Warenumsatz- und Luxussteuer sowie der Zollgebühren Fr. 1676.85. An die Bussen, die einzig Gegenstand der Begnadigung bilden können, hat Claire Béguin bisher Fr. 2274.80 bezahlt, an die Abgaben Fr. 647.20, somit insgesamt Fr. 2922.

Die Verurteilte ersucht durch einen Eechtsanwalt um Erlass des sich noch auf Fr. 3455.20 belaufenden Bussenrestes. Sie weist einleitend auf die Umstände hin, unter welchen die Schmuggelhandlungen begangen wurden und macht geltend, sie sei ein Opfer Dritter geworden. Die Folgen für sie seien sehr hart, da sie auch von der Schweizerischen Verrechnungsstelle verhalten werde, den Warenwert nachträglich einzuzahlen (Fr. 7105.50). Ohne Anstellung und von zarter Gesundheit habe sie mit Zahlungen begonnen, diese aber wieder unterbrechen müssen.

Nach den Ermittlungen der Vollzugsbehörde liegen die Verhältnisse der Gesuchstellerin ungünstig. Selbst kränklich hat sie ihre Erwerbstätigkeit aufgeben müssen, um die schwer erkrankte Mutter zu pflegen, die von ihrem Mann geschieden auf die Hilfe der Tochter angewiesen war und noch ist, da sie sich nicht mehr vollständig
erholte. Die finanzielle Lage der Familie wird als bescheiden bezeichnet. Die Eidgenössische Oberzolldirektion stellt fest, dass angenommen werden müsse, Claire Béguin habe sich, wenn auch nicht direkt aus Not, so doch im Bestreben vergangen, der kranken Mutter finanzielle Erleichterungen zu verschaffen. Die Gesuchstellerin sei keine Berufsschmugglerin und habe, einmal in Untersuchung gezogen, diese durch ihre offenen Aussagen erleichtert. Heute sei ihre Lage derart, dass sie wohl kaum mehr in der Lage sein werde, weitere Zahlungen zu leisten. Die Eidgenössische Oberzolldirektion befürwortet deshalb ein Entgegenkommen im Ausmass der Hälfte des Gesamtbussenbetrages.

1197 Wir stimmen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion darin uberein, dass sich im vorliegenden Fall, namentlich auch im Hinblick auf den bisher unter erschwerten Bedingungen gezeigten Zahlungswillen, eine Teilbegnadigung rechtfertigen lässt. Das Ausmass des Entgegenkommens ist eine Ermessensfrage.

In Anbetracht der zugunsten der Gesuchstellerin angeführten Tatsachen können wir dem von der Eidgenössischen Oberzolldirektion vorgeschlagenen halftigenErlass zustimmen. Wir beantragen deshalb die Herabsetzung der beiden Bussen auf die Hälfte, so dass der Gesuchstellerin nach Anrechnung ihrer bisherigen Zahlungen noch Fr. 590.20 zu tilgen verbleiben, wozu ihr weiterhin Zahlungserleichterungen in Aussicht gestellt werden.

5. Eis Gerfaut, 1915, Kaufmann, Genf, durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes am 8. Dezember 1947 zu Fr. 5490 Busse verurteilt, weil er für Dritte 1350 Goldstücke im Werte von Fr. 41175 widerrechtlich über die Grenze nach Frankreich geschafft hatte. Die gegen diese S traf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 3. Juni 1948 abgewiesen.

Ein erstes Begnadigungsgesuch Eis' ist in der Junisession 1949 von der Vereinigten Bundesversammlung abgewiesen worden (Antrag 78 des Berichtes vom 13. Mai 1949; BB1 I 1022). Es wurde damals davon ausgegangen, ein Entgegenkommen erscheine im Hinblick auf die keineswegs verzweifelte finanzielle Lage und die Schwere der Verfehlungen des Gesuchstellers, trotz der erfolgten Zahlungen (Fr. 2700), als verfrüht.

Am 1. Februar 1950 hat Eis sein Gesuch erneuert. Wie in seinem ersten Gesuch, macht er zur Begründung den schlechten Gesundheitszustand seiner Frau und die sich daraus ergebenden grossen Auslagen geltend. Wie einem der Zollverwaltung vorgelegten ärztlichen Zeugnis zu entnehmen sei, müsse sich Frau Eis noch einer Höhenkur unterziehen.

Der Gesuchsteller hat seit der Abweisung seines ersten Gesuches in regelmässigen Baten weitere Fr. 1710.50 bezahlt, so dass heute noch Fr. 1079.50 ausstehen, was einem Fünftel der Busse entspricht. Eis hat somit seinen Zahlungswillen unter Beweis gestellt. Wird zugleich berücksichtigt, dass die andauernde Schwäche und Erholungsbedürftigkeit seiner Ehefrau dem Gesuchsteller in vermehrtem Masse finanzielle Schwierigkeiten bereitet und dass tatsächlich eine Verschlechterung
seiner wirtschaftlichen Lage eingetreten ist, so steht einer Zustimmung zur empfehlenden Stellungnahme der Eidgenössischen Oberzolldirektion nichts entgegen. Wir beantragen mit dieser den Erlass des Bussenrestes.

6. Eobert Galli, 1928, Landwirt, Abbévillers (Frankreich), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 18. November 1948 wegen Bannbruchs zu Fr. 3750 verurteilt, ohne Nachlass, da rückfällig. Galli hat sich einem Dritten gegenüber bereit erklärt, gegen Entschädigung beim Aus-

1198 schmuggeln von Bechnungsmaschinen behilflich zu sein. Es wurden von ihm in der Folge drei solcher Maschinen im Werte von Fr. 5000 illegal nach Frankreich gebracht.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht Galli um Erlass der Busse. Er sei von seinem Auftraggeber, den der Zoll erwischt habe, denunziert worden. Das Protokoll habe er nur unterzeichnet, weil ihm der Zollbeamte erklärt habe, die Sache werde für ihn keine Folgen haben. Die erhaltene Belohnung sei gering gewesen. Seine wirtschaftliche Lage sei bescheiden. Obwohl im Ausland lebend, sei er in die Schweiz gekommen, um die Bekrutenschule zu bestehen, wo er sich gut gehalten habe.

Galli ist ledig und arbeitet im Betrieb seiner Eltern. Seine finanziellen Verhältnisse sind bescheiden, die Tilgung der Busse wird ihm deshalb nicht leicht fallen. Einen Erlass können wir jedoch nicht empfehlen, da Begnadigungsgründe nicht vorliegen. Vielmehr lässt der Verurteilte jede Einsicht vermissen, versucht seine Schuld "auf andere abzuwälzen und macht unwahre Angaben hinsichtlich der Strafuntersuchung. Dass ihm sein Auftraggeber zugesichert haben soll, er werde ihn den Behörden nicht preisgeben, falls er erwischt werde, kann hier nicht berücksichtigt werden; dieser Einwand zeigt indessen, dass Galli genau wusste, dass er im Falle der Entdeckung mit Strafe zu rechnen habe.

Die Behauptung hinsichtlich der angeblichen Zusicherung des protokollierenden Beamten auf Straffreiheit wird von der Eidgenössischen Oberzolldirektion als unwahr zurückgewiesen. Dass Galli «aus der Fremde» in die Bekrutenschule eingerückt ist, bildet kein besonderes Verdienst, liegt doch sein Wohnort in Frankreich ganze drei Kilometer von der Schweizergrenze entfernt. Endlich ist zu berücksichtigen, dass sich der Gesuchsteller trotz Zahlungsaufforderung um die Bezahlung der Busse überhaupt nicht gekümmert hat. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

7. Fritz Bender, 1903, deutscher Staatsangehöriger, Installateur, Zollikerberg (Zürich), verurteilt am 31. Januar 1947 wie folgt: Durch Straf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes zu Fr. 3077.50 Busse, ohne Nachlass, da rückfällig, wegen Ausfuhrbannbruchs und Anstiftung dazu, begangen durch die widerrechtliche Ausfuhr von Uhren und Lebensmitteln im Gesamtwert von über Fr. 12 000. Ferner
durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion zu Fr. 751.20, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, wegen Zollübertretung im Zusammentreffen mit Hinterziehung der Luxus- und Warenumsatzsteuer, begangen durch die widerrechtliche Einfuhr von Bijouterie waren, die einen Teil des Gegenwertes für die eingeschmuggelten Uhren darstellten. Das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement hat die gegen die Einfuhrbusse eingereichte Beschwerde am 14. Juni 1947 abgewiesen und die von ihm selbst ausgesprochene Ausfuhrbusse im Sinne der Wiedererwägung um einen Drittel auf Fr. 2051.60 herabgesetzt. Beide Bussen sind, da eine Weiterziehung an den Bundesrat unterblieb, am 15. Juli 1947 in Bechtskraft erwachsen. Durch die

1199 Zahlung von Fr. 600 und nach Anrechnung eines Verwertungserlöses ist die Einfuhrbusse gedeckt. Bender schuldet noch Fr. 1911.93.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages.

Er macht namentlich seine misslichen finanziellen Verhältnisse geltend. Sein Einkommen reiche kaum aus, um die nötigsten Anschaffungen zu machen.

Um die bisherigen Zahlungen leisten zu können, habe er ein ganzes Jahr lang auf ein warmes Mittagessen verzichtet.

Bender ist deutscher Staatsangehöriger, jedoch in der Schweiz geboren.

Seine Ehefrau ist gebürtige Schweizerin. Die Eheleute haben für zwei heranwachsende Söhne aufzukommen. Wahrend des Krieges, ini Jahre 1941, siedelte der Gesuchsteller unter Zurucklassung erheblicher Schulden offenbar freiwillig nach Deutschland über, wo er zur Wehrmacht eingezogen, als Hilfszollgrenzassistent im Zollanschlussgebiet Jestetten eingesetzt wurde. Der Wohnort seiner Familie war Lottstetten, von wo aus er im Jahre 1945 auch seine Verfehlungen beging.

Die finanziellen Verhältnisse Benders sind bescheiden, haben sich aber seit seiner Verurteilung nicht verschlechtert. Auch wenn die bisherigen Zahlungen anerkannt und zu seinen Gunsten gewertet werden, vermögen sie doch einen Gnadenakt nicht zu rechtfertigen. Wenn Bender in seinem Gesuch die Schweiz als seine «alte Heimat» bezeichnet, so ist diese Sympathiekundgebung angesichts der seinerzeitigen Beziehungen zum berüchtigten deutschen Konsul Ashton in Zürich vor seinem Wegzug im Jahre 1941 mit einiger Vorsicht aufzunehmen. Seine «Heimatliebe» hat ihn übrigens nicht abgehalten, die schweizerischen Zollvorschriften aus reiner Gewinnsucht zu verletzen, obschon ihm aus seiner Tätigkeit beim deutschen Grenzzoll sowohl die Unzulässigkeit seiner Handlungsweise wie auch die Straffolgen genau bekannt waren. Wir halten mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion einen Gnadenakt als nicht begründet und im gegenwärtigen Zeitpunkt zum mindesten als verfrüht. Wir b e a n t r a g e n die G e s u c h s a b w e i s u n g , unter Einräumung von Zahlungserleichterungen.

8. Bernhard Gottlieb, 1861. Kaufmann, Zürich, durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 3. Juni 1947 zu Fr. 2200 Busse verurteilt, unter Nacblass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Juli 1947 1100 Paar Seidenstrumpfe
kaufte, wobei er zugegebener massen angenommen hatte, sie seien unter Umgehung der Zollkontrolle in die Schweiz eingeführt worden. Beschwerden gegen diese Strafverfügung wurden am 25. Oktober 1947 vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement und am 27. Dezember 1948 vom Bundesrat abgewiesen.

Da Gottlieb die Zahlungsaufforderung unbeantwortet liess, wurde das Betreibungsverfahren eingeleitet. Das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls vom 9. März 1949 kam an die Zolldirektion Schaff hausen zurück mit dem Vermerk des zustellenden Beamten: «Ein Doppel dieses Zahlungsbefehls konnte nicht zugestellt werden. Schuldner ist hierorts fortgezogen, angeblich nach

1200 Palästina.» Die Vollzugsbehörde hat daraufhin die Umwandlung der Busse in 90 Tage Haft in die Wege geleitet, die am 13. September 1949 erfolgte.

Gottlieb wurde alsdann zur Verhaftung ausgeschrieben und anfangs Oktober festgenommen, worauf er den Bussenbetrag beim Polizeiposten Schwamendingen in Zürich bis zum Entscheid über das einzureichende Begnadigungsgesuch hinterlegte. Gottlieb wurde daraufhin aus der Haft entlassen.

Die Vollzugsbehörde hat sich, nachdem feststand, dass Gottlieb in Zürich nie abgemeldet und offenbar auch nie abwesend war, bemüht, beim Eichter die Aufhebung des Umwandlungsurteils zu erreichen, was von diesem jedoch abgelehnt worden ist. Der Verurteilte hat sich persönlich um die Rückwandlung nicht bemüht.

Gottlieb ersucht in seinem Begnadigungsgesuch um Erlass der Busse. Er polemisiert zunächst gegen die Strafverfügung, bezeichnet sich als zu Unrecht verurteilt und erklärt, in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt gewesen zu sein. Er sei bisher mit den Strafgesetzen noch nie in Konflikt gekommen, so dass seinen Aussagen schon aus diesem Grund Glauben zu schenken sei.

Es würde eine ungerechtfertigte Härte bedeuten, wenn er nach einem Leben voll ehrlicher und harter Arbeit ohne Verschulden noch eine Strafe auf sich nehmen müsste.

Soweit sich das Gesuch Gottliebs gegen die Durchführung der Strafuntersuchung und gegen die Strafverfügung richtet, ist darauf nicht einzutreten. Im Beschwerdeverfahren haben sich bereits das Eidgenössische Finanzund Zolldepartement und der Bundesrat mit diesen Einwänden befasst und sie als unbegründet zurückgewiesen.

Andere Gründe für eine Begnadigung werden weder geltend gemacht noch liegen solche tatsächlich vor. Gottlieb hat sich um die Zahlung der Busse nicht gekümmert und den Vollzug derselben in jeder Weise erschwert. Dies trotzdem er über die zur Zahlung der Busse nötigen Mittel verfügte, wie die sofortige Hinterlegung des Bussenbetrages nach der Verhaftung eindeutig beweist.

Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, wobei Gottlieb durch nachträgliche Zahlung der Busse den Vollzug der Haftstrafe umgehen kann.

9. Heinz Fässler, 1915, Kaufmann, Zürich, 10. Willi Fässler, 1919, Kaufmann, Zürich, durch Straf Verfügungen vom l I.Februar 1947 der Eidgenössischen Oberzolldirektion zu Bussen
von Fr. 2066.67 bzw. Fr. 1038.34 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Heinz Fässler -- der früher in Berlin gewohnt hatte und im September 1943 in die Schweiz übergesiedelt war -- führte am 5. Juli 1946 ein Automobil in die Schweiz ein.

Er löste für den Wagen eine provisorische Eintrittskarte, auf der er sich als Eückwanderer bezeichnete und neben der Zürcher Adresse eine solche in Berlin angab. Am 11. Juli 1946 sprach er bei der Eidgenössischen Oberzolldirektion

1201 vor, um die Möglichkeit einer Zollermässigung abzuklären. Er wurde angewiesen, ein schriftliches Gesuch beim Zollinspektorat in Zürich einzureichen; irgendeine Zusicherung wurde ihm nicht erteilt. Noch am gleichen Tag beauftragte er seinen Bruder Willi, den Wagen auf dem Automarkt in Zürich zu verkaufen, was am 12. Juli 1946 geschah, wobei Willi Fässler zugegebenermassen wusste, dass der Wagen nicht verzollt war. Auf die Frage des Käufers nach der Verzollung des Wagens erklärte er, das Verzollungsverfahren sei bei der Zollverwaltung anhängig gemacht worden, was jedoch nicht zutraf. -- Die gegen die Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement und letztinstanzlich am 10. Juli 1947 vom Bundesrat abgewiesen.

Durch einen Eechtsanwalt ersuchen die beiden Verurteilten um Begnadigung. Nach einer umfangreichen Polemik gegen die Strafverfügungen und die Zollbehörden wird geltend gemacht, die Brüder Fässler hätten bei den ihnen vorgeworfenen Verfehlungen überhaupt keinerlei Vorteil erzielt. Der Zoll, die Warenumsatzsteuer und die übrigen Gebühren seien bezahlt. Es würde eine unbillige Härte bedeuten, den starren Standpunkt der Verwaltung: «Strafe muss sein» zu schützen in einem Falle, der weit über den Bekanntenkreis der Betroffenen bereits genügend Aufsehen erregt habe. Hier sei es Sache der Begnadigungsbehörde einzugreifen und eine Korrektur anzubringen.

Das Gesuch trägt ausschliesslich den Charakter einer Beschwerde- oder Appellationsschrift. Dabei wird von den Gesuchstellern völlig übersehen, dass die Begnadigungsbehörde kein Oberappellationshof ist und dass die Bundesversammlung es immer wieder abgelehnt hat, die den Gesuchen zugrunde liegenden Urteile einer Überprüfung zu unterziehen. Hier von dieser Praxis abzuweichen, besteht um so weniger Anlass, als die Vorbringen der Gesuchsteller bereits im Beschwerdeweg vom Finanz- und Zolldepartement sowie letztinstanzlich vom Bundesrat als nicht stichhaltig zurückgewiesen worden sind. Kommiserationsgründe, die allein einen Gnadenakt begründen könnten, werden überhaupt nicht geltend gemacht. -- Im übrigen erscheinen aber auch in persönlicher Hinsicht die Voraussetzungen für ein Entgegenkommen nicht gegeben. Heinz Fässler hat im Jahre 1947 wiederum versucht, ein Auto aus Deutschland in die Schweiz
einzuführen, ist dann aber von den französischen Besatzungsbehörden in Lörrach verhaftet worden. Im Jahre 1948 musste er erneut wegen Verkaufs eines unverzollten Kühlschrankes mit einer Zollbusse von Fr. 1636.82 belegt werden, die jedoch nicht Gegenstand dieses Gesuches bildet. Die finanzielle Lage scheint nicht besonders gut zu sein. Nach dem Bericht des Zollinspektorates Zürich soll dies jedoch nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass es dem Gesuchsteller am Willen fehle, richtige Arbeit zu leisten. -- Willi F ä s s l e r übt seinen gelernten Beruf als Coiffeur nicht aus, sondern betreibt Handel mit aller Art Waren. Seine finanzielle Lage sei ebenfalls nicht gut. Sein Leumund lässt zu wünschen übrig. Willi Fässler spiele sich gern als grosser Herr auf, ohne dabei einer ordentlichen Beschäftigung nach-

1202 zugehen. Er sei zurzeit in eine Strafuntersuchung wegen unlauteren Wettbewerbs und Betruges verwickelt.

Der von der Bundesanwaltschaft bei der Stadtpolizei Zürich eingeholte ergänzende Leumundsbericht vom 5./6. April 1950 bestätigt im wesentlichen die Feststellungen der Zollbehörden über die Gesuchsteller. Im Hinblick auf das Fehlen jeglichen Sühnewillens und die bisher gezeigte Einsichtslosigkeit b e a n t r a g e n wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

11. Giuseppe Frigerio, 1915, Landwirt, Soragno (Tessin), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion wie folgt verurteilt: Am 2. Mai 1946 zu Fr. 1500 Busse, weil er im Mai 1946 italienischen Schmugglern grössere Mengen Zigaretten zur illegalen Ausfuhr lieferte; am 6. Mai 1947 zu Fr. 414.80 Busse, weil er im Sommer 1946 von Schmugglern 150 Paar Schuhsohlen aus Gummi, die unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden waren, übernahm und zu einem Käufer brachte. Da nur Fr. 100 eingegangen waren, wurden die Bussen vom Gerichtspräsidenten Lugano-Land in 90 und 42 Tage Haft umgewandelt.

Ein erstes Begnadigungsgesuch Frigerios wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Junisession 1949 abgewiesen (Antrag 93 des Berichts vom 18. Mai 1949; BEI I 1031). Durch einen Eechtsanwalt erneuerte der Verurteilte sein Gesuch am 7. Dezember 1949. Er macht geltend, er habe inzwischen mit Hilfe seiner Verwandten Fr. 1000 an die Bussen bezahlt und damit seinen Sühnewillen bekundet. Er sei verheiratet und Vater zweier Kinder.

Sein Einkommen sei sehr gering und müsse er die Haftstrafen verbüssen, so würde seine Familie der Öffentlichkeit zur Last fallen. Er ersucht deshalb um Erlass des Bussenrestes bzw. der entsprechenden Haftstrafen.

Die Eidgenössische Oberzolldirektion äussert zu diesem Gesuch die Ansicht, es könnte im Hinblick auf die erfolgten Zahlungen und die Tatsache, dass es sich bei den drei früheren Zollübertretungen, die den Nachlass eines Drittels der beiden Bussen verunmöglichten, nur um Bagatellfälle gehandelt habe, ein Gnadenakt an sich in Erwägung gezogen werden, wenn Frigerio nicht erneut straffällig geworden wäre. Sie spricht sich immerhin für die verhältnismässige Anrechnung der bisherigen Zahlungen an die Umwandlungsstrafen und Herabsetzung derselben auf 59 Tage (statt 132) aus.
Wir stellen fest, dass Frigerio eines derart weitgehenden Entgegenkommens nicht würdig ist. Zu einer Zeit, da er bereits sein zweites Begnadigungsgesuch anhängig gemacht hatte, musste er erneut in ein Zollstrafverfahren einbezogen und gebüsst werden. Bei dieser Sachlage erheischen die drei Zollvorstrafen eine viel schwerere Bewertung. Das ganze Verhalten des Gesuchstellers zeigt eine derartige Leichtfertigkeit und Einsichtslosigkeit, dass ein Gnadenakt überhaupt nicht in Erwägung gezogen werden kann. Wir beantragen die Abweisung des Gesuches mit der besonderen Auflage, dass dieses vor Ablauf von zwei Jahren nicht erneuert werden darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

1203 12. Boger Pernod, 1911, Maler, Carouge (Genf), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 13. April 1949 zu Bussen von Fr. 400 und Fr. 762.40 sowie der Eidgenössischen Alkoholverwaltung vom 29. April 1949 zu einer Busse von Fr. 1114.50, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, verurteilt. Pernod hat eigens zu Schmuggelzwecken in seinem Automobil Verstecke anbringen lassen, in welchen er auf seinen Fahrten nach Frankreich hauptsächlich Kaffee illegal ausführte und auf dem Bückweg Likör, Branntwein, Fleischwaren und ein Herrenkleid unter Umgehung der Zollkontrolle in die Schweiz verbrachte. -- Im Beschwerdeverfahren hat das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement die Alkoholbusse am 22. September 1949 auf Fr. 743 herabgesetzt, im übrigen aber die Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion bestätigt. Pernod hat somit insgesamt an Bussen Fr. 1905.40 zu entrichten. Ausser einer am 7. April 1949 geleisteten Hinterlage von Fr. 400 hat Pernod aus freien Stücken bis jetzt überhaupt nichts bezahlt.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages.

wozu er seine schwierige finanzielle Lage geltend macht und anführt, er könne wegen der Verstümmelung seiner Hand seinen Beruf nicht mehr ausüben. Seit einem Jahr sei er immer krank, möglicherweise stehe ihm noch eine Operation bevor; ferner leide er zurzeit au Sehstörungen.

Das Ergebnis der von der Zolldirektion Genf durchgeführten Erhebungen zeigt, dass die Verhältnisse des Gesuchstellers keineswegs so schlecht sind, wie dieser darzutun versucht. Nicht nur ist er offenbar durchaus in der Lage, trotz der schon vor Jahren eingetretenen teilweisen Verstümmelung der linken Hand seinen Malerberuf nachzugehen, sondern auch die übrigen von ihm geltend gemachten Krankheiten sind nach den beigelegten Arztzeugnissen durchaus nicht so schwerer Natur. Von einer Operation und von Sehstörungen ist dort überhaupt nicht die Eede. Es wäre ferner durchaus möglich gewesen, aus dem Ertrag des von seiner Ehefrau unter seiner Mitwirkung geführten Lebensmittelgeschäftes Zahlungen an die Busse zu leisten. Wie die Zolldirektion Genf mitteilt, lebt die Familie Pernod auf einem überdurchschnittlichen Standard.

Anderseits stellt die Zollverwaltung fest, der Gesuchsteller mache den Eindruck eines
nicht sehr arbeitsfreudigen Mannes.

Pernod hat fortgesetzt und gewerbsmässig, somit unter erschwerenden Umständen den Zollvorschriften zuwidergehandelt. Er hat es zudem unterlassen, seinen Sühne willen zu bekunden, obschon er dazu bei gutem Willen durchaus in der Lage gewesen wäre. Wir erachten ihn deshalb eines Gnadenaktes als nicht würdig und b e a n t r a g e n mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die G e s u c h s a b w e i s u n g .

13. Otto Wild, 1890, kaufmännischer Angestellter, Basel, durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 1. April 1949 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Kugellagern zu Fr. 1407.50 Busse

1204 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung.

Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 25. Mai 1949 abgewiesen.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 607.50 belaufenden Bussenrestes. Zur Begründung führt er an, er sei bereits 60j ährig und habe bisher nie zu Klagen Anlass gegeben. Seine Frau sei schon seit Jahren erkrankt; Arztkosten und Pflege hätten seine Ersparnisse aufgezehrt und sein Gehalt reiche gerade zur Bestreitung des Lebensunterhalts.

Die Angaben, die der Gesuchsteller über die Arbeitsunfähigkeit seiner Ehefrau macht, treffen zu. Auch wird von der Zolldirektion Basel bestätigt, es handle sich bei Wild nicht um eine Schiebernatur, sondern um eine durchaus anständige Persönlichkeit, die lediglich einem Dienstkameraden einen Gefallen habe erweisen wollen.

Diese Umstände vermögen indessen ein Entgegenkommen nicht zu begründen. Einmal wusste Wild als Grenzbewohner genau, dass er sich strafbar machte, wenn er seinem Dienstkameraden beim Schmuggel behilflich sei.

Dass es sich dabei nicht bloss um einen uneigennützigen Freundschaftsdienst gehandelt hat, ergibt sich daraus, dass ei sich eine Entschädigung von Fr. 250 hat zusichern lassen. Aber auch in bezug auf die finanziellen Verhältnisse besteht trotz der Krankheit der Ehefrau kein Grund zu einem Gnadenakt. Wild weist ein Steuereinkommen und -vermögen aus, das die Abtragung des Bussenrestes in monatlichen Teilzahlungen, die ihm weiterhin zugesichert werden, ohne weiteres als zumutbar erscheinen lässt. Mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir deshalb die Gesuchsabweisung.

14. Jean Schoch, 1905, Vertreter, Lausanne, durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 8. April 1948 wegen Bannbruchs zu Fr. 1875 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er sich an einem Einfuhrschmuggel mit Lederwaren beteiligte und ausserdem einen Zylinderkopf für ein Auto illegal in die Schweiz verbrachte. Eine gegen diese Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 8. April 1948 abgewiesen.

Der Verurteilte hat bis zum Dezember 1949 in 16 regelmässigen Teilzahlungen monatlich Fr. 50 an die Busse entrichtet,
so dass nach Anrechnung eines Verwertungserlöses noch Fr. 393.65 ausstanden. Schoch ersucht um gnadenweisen Erlass des Bussenrestes, wobei er geltend macht, er sei während des Aktivdienstes in finanzielle Not geraten und habe sich deswegen zur Teilnahme an diesem Schmuggel verleiten lassen. Er sei heute überschuldet und allen seinen Anstrengungen, die von seiner Ehefrau -- die trotz ihres schlechten Gesundheitszustandes auch dem Verdienst nachgehe -- unterstützt würden, sei kein Erfolg beschieden gewesen. Seine Lage sei verzweifelt.

Nach dem Bericht der Vollzugsbehörde hat Schoch für seine Frau und ein Kind aufzukommen. Frau Schoch sei seit Jahren krank und bedürfe fortgesetzter ärztlicher Behandlung, was grosse Kosten verursache. Um den da-

1205 durch entstandenen finanziellen Schwierigkeiten Herr zu werden, habe Schoch seinen Beruf gewechselt, was jedoch nicht den gewünschten Erfolg gezeitigt habe. Die Eidgenössische Oberzolldirektion kommt in Würdigung der heute vorliegenden Verhältnisse zum Schluss, der gut beleumdete und nicht vorbestrafte Gesuchsteller sei im Hinblick auch auf seinen bisher bekundeten Sühnewillen und seine sowohl in der Strafuntersuchung wie auch im Vollzug gezeigte Einsicht eines Entgegenkommens würdig. Dieser Beurteilung des Falles durch die Eidgenössische Oberzolldirektion kann zugestimmt werden. Wir beantragen mit dieser den Erlass des Bussenrestes.

15. Hedwig Schilling, 1904, deutsche Staatsangehörige, Hausfrau, "Konstanz (Deutschland), durch Straf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 14. Dezember 1945 wegen Ausfuhrbannbruchs mit Damenkleidern und Damenwäsche zu Fr. 1200 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 21. März 1946 abgewiesen. Frau Schilling hat sich in der Zeit vom 13. Dezember 1944 bis 15. Januar 1945, als sie in Vertretung ihres kranken Ehemannes dessen Filialgeschäft in Schaffhausen kontrollierte, in der Schweiz gänzlich neu ausstaffiert und unter verschiedenen Malen eine erhebliche Zahl von Kleider- und Wäschestücken ohne Ausfuhrbewilligung und ohne Zollkontrolle illegal ausgeführt. Gegen Frau Schilling und ihren Ehemann, der ebenfalls in ein Zollverfahren einbezogen werden musste, wurde im Jahre 1946 eine fremdenpolizeiliche Einreisesperre verhängt.

Frau Schilling hat an die Busse überhaupt nichts bezahlt und sich um ihre Verpflichtung während Jahren nicht gekümmert. Als die Vollzugsbehörde im Juni 1949 die Umwandlung der Busse beantragte, versuchte sie auch dieses Verfahren zu verzögern, indem sie zunächst freies Geleit für die Teilnahme an den Verhandlungen verlangte. Später reichte sie ein Begnadigungsgesuch ein.

In ihrem Gnadengesuch macht sie geltend, sie sei damals nach 5 Jahren Krieg und Entbehrung in Deutschland durch die friedensmässigen Geschäftsauslagen in Schaffhausen in Versuchung geführt worden, der sie nicht habe widerstehen können. Sie bitte aus menschlichen Gründen um Gnade. Die Busse habe sie nicht aus
bösem Willen, sondern aus Unvermögen nicht bezahlt.

Sie sei herzleidend und die Zollstrafsache habe sich auf ihren Gesundheitszustand nachteilig ausgewirkt.

Die Vollzugsbehörde weist darauf hin, die Gesuchstellerin habe bereits die seinerzeitige Strafuntersuchung erschwert. Auf ihr Versprechen hin, zur weiteren Abklärung der Angelegenheit nach Schaffhausen zu kommen, sei sie dann entlassen worden; dieses Versprechen habe sie jedoch nicht eingehalten.

Erst durch weitere Fahndungen und eine Hausdurchsuchung hätte der Tatbestand anhand von Kassazetteln einigermassen festgestellt werden können.

Zwar soll Frau Schilling in Konstanz einen guten Euf gemessen. Auch sollen die Angaben über ihren Gesundheitszustand und die missliche finanzielle

1206 Lage zutreffen. Zudem bestehe für sie zurzeit wohl kaum eine Möglichkeit, die Busse zu tilgen. Trotz diesen Umständen können wir ein Entgegenkommen nicht befürworten. Frau Schilling hat sich in der Zeit der grössten Versorgungsschwierigkeiten mit vollem Bewusstsein gegen die Gesetze der Schweiz vergangen. Sie hat sich in keiner Weise bemüht, das begangene Unrecht wieder gut zu machen, sondern hat vielmehr die Untersuchung erschwert, und das ihr von den Zollbehörden entgegengebrachte Vertrauen getäuscht.

Unter diesen Umständen sehen wir keinen Grund zu einem Gnadenakt und b e a n t r a g e n mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

16. Onorato Lupi, 1909, Handlanger, Novazzano (Tessin), durch Strafverfügtmg der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 11. Januar 1946 zu Fr. 1200 Busse verurteilt, weil er für Dritte gegen Entgelt rund 200 kg Pfeffer nach Italien schmuggelte. Seine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 28. Februar 1946 abgewiesen. Da Zahlungen nicht eingingen, und die Zwangsvollstreckung mit einem Verlustschein endete, erfolgte die Umwandlung der Busse in 3 Monate Haft durch den Gerichtspräsidenten von Mendrisio.

Lupi ersucht um Erlass der Busse, wozu er schlechte finanzielle Verhältnisse und Unterhaltspflichten gegenüber seiner Mutter anführt. Er habe früher nie geschmuggelt, weshalb er auch sofort ertappt worden sei.

Lupi ist ledig und unterstützt seine Mutter, bei der er wohnt. Seine Einkommensverhältnisse sind bescheiden, über Vermögen verfügt er nicht. Es ist deshalb ohne Zweifel zutreffend, dass Frau Lupi, die nur über eine kleine AHVEente verfügt, der öffentlichen Hand zur Last fallen wird, wenn der Sohn die 'Umwandlungshaft verbüssen muss.

Trotzdem kann ein Entgegenkommen nicht empfohlen werden. Die Tatsache, dass ein Verurteilter seine Busse nicht bezahlen kann, bildet keinen Begnadigungsgrund. Besonders nicht in diesem Fall, wo es der Gesuchsteller am Sühnewillen überhaupt hat fehlen lassen und wo er im Gesuch sogar wahrheitswidrige Angaben macht. Musste er doch entgegen seiner Behauptung bereits im -Jahre 1944 wegen Einfuhrbannbruchs mit Textilwaren und Velomänteln mit Busse belegt werden. Wir b e a n t r a g e n mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

17. Pietro
Franconi, 1904, Taxichauffeur, Lugano, (Tessin), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 26. September 1946 zu Fr. 1720 Busse, ohne Nachlass da rückfällig, weil er im Jahre 1946 in einer Schmuggelorganisation mitgewirkt und wiederholt bereits als Traglasten verpackte und mit Tragriemen versehene Ware am Bereitstellungsort übernommen und in seinem Taxi an die Grenze verbracht hat. Die Busse wurde nach erfolglos durchgeführtem Betreibungsverfahren vom Gerichtspräsidenten in Lugano am 11. April 1949 in 90 Tage Haft umgewandelt.

Durch einen Kechtsanwalt ersucht Franconi um Begnadigung. Er macht geltend, am 7. Dezember 1949 in Strafhaft gesetzt worden zu sein. Von seinem

1207 Freund und Arbeitgeber habe er dann als Anzahlung an die Busse ein Darlehen von Fr. 1000 erhalten. Nach Entrichtung dieses Betrages sei er wiederum freigelassen worden. Angesichts seiner misslich'en finanziellen Lage werde es ihm aber nicht möglich sein, den Bussenrest von Fr. 720 zu bezahlen; verfüge er doch nicht einmal über die Mittel, um sich Kleider kaufen zu können. Müsse er die Haft verbüssen, so laufe er Gefahr, seine Stelle zu verlieren.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des ledigen Gesuchstellers sind bescheiden.

Sein Verdienst als Taxichauffeur ist völlig vom Fremdenverkehr abhängig und somit saisonmässig bedingt. Das Automobil gehört nicht ihm, sondern seinem Freund, dem er eine Kilometerentschädigung abliefert. Eine eigentliche Anstellung scheint somit nicht vorzuliegen. Vielmehr dürfte es sich um ein Freundschaftsverhältnis handeln, worauf auch die Gewährung des Darlehens von Fr. 1000 hinweist. Mit der im Gesuch angeführten Entlassung im Falle der Haftverbüssung ist unter diesen Uniständen eine Begnadigung nicht zu begründen.

Franconi ist zudem r ü c k f ä l l i g . Wenn die drei früheren Bestrafungen wegen Zollvergehen auch nicht schwerwiegend waren, und die Zollbehörden erklären, der Gesuchsteller sei trotz dieser Vorstrafen kein gewerbsmässiger oder gewohnheitsmässiger Schmuggler, so erfordert doch die bisherige Praxis der Begnadigungsbehörde gegenüber Eückfälligen Zurückhaltung in der Antragstellung. Ein Erlass des Bussenrestes kann deshalb nicht in Frage kommen.

Dagegen können wir in Würdigung des durch die Zahlung von Fr. 1000 bekundeten Sühnewillens der von der Eidgenössischen Oberzolldirektion in Vorschlag gebrachten verhältnismässigen Anrechnung dieses Betrages an die Smonatige Umwandlungshaft zustimmen. Statt der 72 Tage, die Franconi heute noch zu verbüssen hätte, beantragen wir die H e r a b s e t z u n g der noch zu verb ü s s e n d e n H a f t auf 38 Tage.

18. Koger Farine, 1915, Vertreter, Biel (Bern), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 29. September 1947 zu Bussen von Fr. 416.67 und Fr. 732.80 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit 500 Uhren und wegen Zollhehlerei mit rund 1000 Hutstumpen und mit - Textilwaren. Die Bussen wurden, da nur Fr. 180
eingingen und das Betreibungsverfahren mit einem Verlustschein endete, vom Gerichtspräsidenten in Biel in 42 und 56 Tage Haft umgewandelt. Nach der Umwandlung hat der Verurteilte insgesamt Fr. 700 bezahlt, so dass heute noch Fr. 269.70 ausstehen, was 27 Tagen Haft entspricht.

Farine ersucht um Erlass des Bussenrestes. wozu er auf seine missliche finanzielle Lage hinweist. Trotz grosser Anstrengungen vermöge er nicht allen Verpflichtungen nachzukommen. Zudem lasse sein Gesundheitszustand zu wünschen übrig und mache ständig ärztliche Behandlung nötig.

Farine hat nach dem Bericht der Eidgenössischen Oberzolldirektion für eine 4köpfige Familie zu sorgen. Seine finanzielle Lage wird als prekär bezeichnet,

1208 was namentlich auf Krankheiten in der Familie zurückzuführen sei. Sowohl vom Zoll wie von den Ortsbehörden wird ihm, trotzdem sein Strafregister nicht blank ist, hinsichtlich seines Verhaltens und seines Leumunds ein gutes Zeugnis ausgestellt. Trotz allen Schwierigkeiten gebe sich Farine Mühe, seinen Verpflichtungen nach Möglichkeit nachzukommen. Die Zollbehörden geben deshalb der Auffassung Ausdruck, ein Entgegenkommen lasse sich rechtfertigen. Wir können dieser Beurteilung des Falles beipflichten. Wenn auch die 3 allerdings nicht sehr schwerwiegenden Vorstrafen -- 2 Bussen wegen Widerhandlungen gegen das Handelsreisendengesetz und eine militärgerichtliche Gefängnisstrafe wegen Wachtvergehen -- angesichts der strengen Anforderungen der Begnadigungsbehörde an die Würdigkeit der Gesuchsteller gewisse Bedenken gegen einen Gnadenakt aufkommen lassen, so glauben wir im Hinblick auf das weite Zurückliegen dieser Verfehlungen und die günstig lautenden Auskünfte der Ortsbehörden der Empfehlung der Vollzugsbehörde trotzdem zustimmen zu können. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des Bussenrestes.

19. Albert Schärer, 1890, Seidenweber, Lachen (Schwyz), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 80. August 1945 zu einer Busse von Fr. 1191.67 verurteilt, unter Nachlass eines Viertels wegen nachträglicher Unterziehung. Schärer hat im Jahre 1944 unter zwei Malen von einem Dritten insgesamt rund 55 kg Kohseide gekauft, obschon er wusste, dass diese Ware von italienischen Schmugglern unter Umgehung der Zollkontrolle in die Schweiz geschafft worden war.

Da Zahlungen nicht eingingen, wurde gegen Schärer von der Vollzugsbehörde bereits im Oktober 1945 das Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet. Da ihm vom zuständigen Betreibungsamt immer wieder Stundungen gewährt wurden, sah sich die Zollkreisdirektion Schaffhausen gezwungen, mit einer betreibungsrechtlichen Beschwerde an das Bezirksgerichtspräsidium March zu gelangen, welches das Betreibungsamt Lachen am 17. November 1949 verpflichtete, die Verwertung der Pfandsachen (ein Klavier und eine Schreibmaschine) vorzunehmen.

Unter Hinweis auf seine grossen geschäftlichen Schwierigkeiten, die bereits im Jahre 1945 eingesetzt und sich seither immer vergrössert hätten, und auf die auch seine Verfehlungen
zurückzuführen seien, hat Schärer am 14. Oktober 1949 um gnadenweisen Erlass des sich noch auf Fr. 741.67 belaufenden Bussenrestes ersucht. -- Die Bundesanwaltschaft hat diesem Gesuch auf Antrag der Eidgenössischen Oberzolldirektion aufschiebende Wirkung erteilt.

Nach dem Bericht der Eidgenössischen Oberzolldirektion, die die Verhältnisse des Gesuchstellers eingehend hat abklären lassen, ist dessen finanzielle Lage kritisch; seit Ausfällung der Busse sei eine weitere Verschlechterung eingetreten. -- In seinem Wohnhaus betreibt er seit 1982 eine kleine Seidenweberei, die jedoch, namentlich aus Mangel an Betriebskapital und wegen der schon bald nach Aufnahme des Betriebes einsetzenden Krise in der Seidenbranche

1209 keinen Erfolg zu zeitigen vermochte. Heute arbeitet er im Auftrag einer Grossfirma. Nach Auffassung der Zolldirektion Schaffhausen soll Schärer ein Opfer seines Sohnes gewesen sein, dem er eine Zeitlang die Leitung des Betriebes übergeben habe, und der den fast zum Stillstand gekommenen Betrieb durch allerlei Experimente, die jedoch fehlschlugen und mehr Schulden brachten, wieder in Gang zu bringen versuchte. So sollen auch die Hehlergeschäfte auf die Tätigkeit des Sohnes im Geschäft zurückzuführen sein. -- Der Gesuchsteller wird als gut beleumdeter, unermüdlicher Meister und guter, solider Arbeiter geschildert, der seinen eigentlichen Beruf als Webermeister ausgezeichnet verstehe, allen anderen Fragen jedoch ziemlich hilflos gegenüberstehe.

Schärer hat bisher Fr. 450 an die Busse bezahlt. Angesichts seiner schlechten finanziellen Lage ist dies als Zeichen seines Sühnewillens zu bewerten und darf bei der Beurteilung des vorliegenden Gesuches berücksichtigt werden. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion, Schärer die Busse zur Hälfte zu erlassen, so dass ihm nach Anrechnung des bereits bezahlten Betrages noch Fr. 145.85 zu tilgen bleiben. Die Vollzugsbehörde sichert ihm die Einräumung angemessener Zahlungserleichterungen zu.

20. Elsa Zingg, 1904, Hausfrau, Steckborn (Thurgau), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 24. April 1947 verurteilt zu Bussen von Fr. 871.11 und Fr. 110 wegen Zollhehlerei mit einem Pelzmantel, mit Branntwein, Lebensmitteln und einem Posten Silberbesteck sowie wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Zigaretten, Kaffee, Kakao, Saccharin und anderen Lebensmitteln: ausserdem von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung zu einer Busse von Fr. 46 wegen Widerhandlung gegen das Alkoholgesetz. Für alle Bussen konnte der Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung zugestanden werden. An den Gesamtbussenbetrag von Fr. 1027.11 sind bisher Fr. 440.70 entrichtet worden, so dass noch Fr. 586.41 ausstehen.

Die Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu sie geltend macht, sie hätte sich nur auf Drängen eines jungen Deutschen zu diesen Widerhandlungen verleiten lassen. Sie habe jetzt nahezu die Hälfte der Bussen bezahlt.

Nur wer in ihre Verhältnisse Einblick habe, sei imstande zu ermessen, was das heisse. Nun
stehe sie erneut vor dem Spitaleintritt (Operation), und es sei ihr unmöglich, weitere Zahlungen zu leisten. Frau Zingg bittet um Überprüfung ihrer Angaben, damit erkannt werde, wie schwer sie die Strafe treffe.

Die durchgeführten Erhebungen haben die Angaben der Gesuchstellerin durchwegs bestätigt. Ihre Verhältnisse sind äusserst bescheiden. Trotz Kränklichkeit und teilweiser Arbeitsunfähigkeit hat sie eigenen Verdienst gesucht in der Hoffnung, die Bussen tilgen zu können. Sie hat dadurch in bemerkenswerter Weise ihren Sühnewillen bekundet. Ein gnadenweises Entgegenkommen drängt sich auf. Da auch das mit den Verhältnissen der Gesuchstellerin vertraute Zollamt Kreuzungen, in Übereinstimmung mit den Bezirks- und Gemeindebehörden die Auffassung vertritt, Frau Zingg habe ihr Möglichstes getan, und werde angesichts ihres sich zusehends verschlechternden Gesundheitszustandes kaum mehr weitere Zahlungen leisten können, b e a n t r a g e n wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des Bussenrestes.

Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. I.

85

1210 21. Paul Waltz, 1897, Chemiker, Mendrisio (Tessin), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 13. Januar 1948 zu Fr. 1018.22 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Der Verurteilte hat in den Jahren 1946/47 aus Italien durch eine Drittperson vier Pelzmäntel und eine grosse Menge Textilien illegal in die Schweiz einfuhren lassen und an seinem damaligen Arbeitsort Kreuzungen verkauft. Ausserdem hat er weitere von der Drittperson selbständig geschmuggelte Waren übernommen und ebenfalls veräussert. Aus eigenen Mitteln hat Waltz unter dem Drucke der Betreibung in unregelmässigen Teilzahlungen Fr. 490 getilgt. Fr. 48 hat eine Mitbeklagte bezahlt. Ausstehend sind somit noch Fr. 480.22.

Der Verurteilte ersucht unter Hinweis auf seine durch vorübergehende Arbeitslosigkeit bedingte schwierige Lage um einen Teilerlass oder doch wenigstens um Zubilligung nicht zu hoher monatlicher Abzahlungsbetreffnisse. Die ihm gewährten Zahlungserleichterungen habe er nicht einhalten können, da er über kein Einkommen verfügt habe. Er sei sogar von Verwandten unterstützt worden.

Die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers sind bescheiden, doch hätte er bei dem von ihm ausgewiesenen Steuereinkommen in den seit der Eröffnung der Strafverfügung verflossenen mehr als zwei Jahren sicher regelmässig bescheidene Zahlungen leisten können. Dass dies nur unter grosser Einschränkung möglich gewesen wäre, bildet, namentlich auch im Hinblick auf die Schwere des Verschuldens, keine Entschuldigung für die Säumnis.

Sind doch seine Verfehlungen allein auf Gewinnsucht zurückzuführen, wobei erschwerend ins Gewicht fällt, dass er zur Zeit der Tatbegehung eine recht bezahlte Stelle hatte und dass er ausserdem noch eine Drittperson zur Gesetzesverletzung angestiftet hat. Die von Waltz bei Begehung der Verfehlungen bekundete Gesinnung ist auch bei der Beurteilung seines Gesuches zu berücksichtigen. In Übereinstimmung mit der Eidgenossischen Oberzolldirektion scheinen uns die Voraussetzungen für einen Gnadenakt nicht vorzuliegen, weshalb wir die Gesuchsabweisung beantragen. Die Vollzugsbehörde sichert dem Gesuchsteller weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen zu, unter der Bedingung allerdings, dass die einzelnen Betreffnisse regelmässig eingehen.

22. Jean Eobert,
1923, Maschinist, Le Locle (Neuenburg), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. April 1947 zu Bussen von Fr. 666.67 und 466.67 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die gegen die Strafverfügungen eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 22. Mai 1947 abgewiesen. Eobert hat vom Dezember 1946 bis Februar 1947 unter Umgehung der Zollkontrolle anlässlich verschiedener zum Teil illegaler Grenzübertritte widerrechtlich Tabak, Kaffee, Schokolade und Damenstrümpfe nach Frankreich gebracht und auf dem Eückweg zwei Pelzmäntel, gefütterte Lederhandschuhe und andere Gegenstände in die Schweiz eingeführt.

1211 Eobert hat bereits früher ein Begnadigungsgesuch eingereicht, das in der Dezembersession 1947 abgewiesen worden ist (Antrag 69 des Berichtes vom 6. November 1947; BEI III, 455). Inzwischen hat er in Teilzahlungen Fr. 720 an die Bussen entrichtet.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes von Fr. 418.34. Als Begründung führt er seine schwierige finanzielle Lage an. Er habe für zwei Kinder zu sorgen und seine Frau erwarte das dritte. Ein weiteres Kind sei gestorben. Die Geburten hätten grosse Kosten verursacht, wovon er einen Teil noch schulde. Auch mit den Steuerzahlungen sei er in Kückstand geraten und zudem habe er immer noch Abzahlungen an die Wohnungseinrichtung zu leisten.

Bobert hat seit Abweisung des ersten Begnadigungsgesuches während rund zwei Jahren in regelmässigen Zahlungen und ohne weitere Mahnung nahezu zwei Drittel seiner Bussenschuld getilgt. Die Eidgenössische Oberzolldirektion erachtet diese Leistung im Hinblick auf die von ihr als ärmlich geschilderten Verhältnisse des Gesuchstellers als sehr anerkennenswert. Sie empfiehlt in Übereinstimmung mit der Zolldirektion Lausanne den Verzicht auf den weiteren Bussenvollzug. Wir können uns dieser Beurteilung des Gesuches durch die Vollzugsbehörden anschliessen. Nach dem Erhebungsbericht der Zollbehörden ist der gut beleumdete Gesuchsteller namentlich durch die seit 1947 rasch aufeinanderfolgenden drei Geburten, nicht zuletzt aber auch durch die gewissenhafte Einhaltung seiner Teilzahlungen an die Busse in eine gewisse Notlage gekommen. Es darf ihm geglaubt werden, dass er sich fast nicht mehr zu helfen weiss. Ausserdem ist das Familieneinkommen, statt den weiteren Lasten entsprechend zuzunehmen, zurückgegangen, da die Ehefrau mit Eücksicht auf die Kinder und ihre neue Schwangerschaft ihre Erwerbstätigkeit hat einstellen müssen. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages.

23. Arthur'Wild, 1919, Vertreter, Basel, durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom I.April 1949 zu Fr. 938.34 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, wegen Mittäterschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Kugellagern im Dezember 1948. Eine gegen diese Strafverfügung gerichtete Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und
Zolldepartement am 25. Mai 1949 abgewiesen.

Wild ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 438.34 belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, seine Stellung verloren zu haben, was zum Teil auf dieses Zollvergehen zurückzuführen sei. Er lebe heute in misslichen Verhältnissen und müsse die Unterstützung von Verwandten in Anspruch nehmen.

Ausserdem sei seine Ehefrau noch krank gewesen und stehe immer noch unter ärztlicher Kontrolle.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesuchstellers haben sich seit der Ausfällung der Busse tatsächlich wesentlich verschlechtert. Indessen scheint

1212 dies nicht zuletzt auf eigenes Verschulden zurückzuführen zu sein. Nach den zur Verfügung stehenden Unterlagen ist der Verlust der innegehabten leitenden Stellung nicht der Zollbusse wegen erfolgt. Eine gut bezahlte Stelle, die ihm vom gleichen Geschäft als Arbeiter angeboten wurde -- Wild ist von Beruf Gürtler --, hat er angeblich auggeschlagen. Auch soll der Gesuchsteller gerne auf grossem FUSS leben. Einer Mitverurteilten, mit der er nach Frankreich auszureisen beabsichtigte, hat er, als diese wegen der geschuldeten Busse angehalten wurde, ohne weiteres Fr. 400 an die Busse bezahlen können, um die Eeise nicht unterbrechen zu müssen.

Unter diesen Umständen sind wir trotz der bisherigen Zahlungen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion der Auffassung, ein teilweiser Erlass der Busse lasse sich nicht rechtfertigen. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung, unter Einräumung von Zahlungserleichterungen wie bis anhin.

24. Kientz Louis, 1925, Kaufmann, früher in Basel, nun in Venezuela, 25. Meyer Hélène, 1915, französische Staatsangehörige, Gemüsehändlerin, Neudorf (Frankreich), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 21. Oktober 1948, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, zu Bussen von Fr. 920 wegen Anstiftung zu Bannbruch bzw. Fr. 460 wegen Ausfuhrbannbruchs verurteilt. Kientz wurde von einem inzwischen vom Appellationsgericht Basel-Stadt zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilten französischen Agent provocateur bearbeitet, Nylonstrümpfe nach Frankreich zu schmuggeln. Kientz gab dem Drängen nach und kaufte 200 Paar Strümpfe, die er durch Frau Meyer nach Frankreich verbringen liess. Bei der Übergabe der Ware an seinen Geschäftspartner in Frankreich wurde Kientz verhaftet.

An die Busse des Kientz sind bisher Fr. 465 bezahlt, an jene der Frau Meyer Fr. 240.

Vater Kientz ersucht für seinen Sohn und für die von diesem angestiftete Frau Meyer um Erlass der noch ausstehenden Bussenbeträge. Eine Zustimmungserklärung der letzteren liegt vor. Es wird geltend gemacht, Louis Kientz sei allein wegen des Drängens des französischen Agent provocateur straffällig geworden und habe die Strümpfe aus dem für die beabsichtigte Auswanderung Ersparten gekauft. Inzwischen habe sich für den Verurteilten eine Gelegenheit zur Auswanderung nach Übersee gegeben,
weshalb er, Vater Kientz, es übernommen habe, nach Möglichkeit die Busse seines Sohnes zu tilgen, damit dieser nicht durch Umwandlung der Busse an seiner bürgerlichen Ehre Schaden nehme. Nun habe er aber schon für die Befreiung des Sohnes aus der französischen Haft Fr. 1000 aufnehmen müssen, die es abzuzahlen gelte. Trotzdem habe er sich bemüht, auch die Busse abzutragen, was ihm aber im Hinblick auf seine Invalidität und die dadurch bedingte teilweise Arbeitsunfähigkeit bis jetzt noch nicht gelungen sei. Bei Frau Meyer handle es sich um eine anständige Frau, die schwer zu kämpfen habe. Da ihr Mann krank sei, ruhe die gesamte Last der Familie mit zwei Kindern auf ihren Schultern.

1213 Die Eidgenössische Oberzolldirektion bestätigt die Angaben des Gesuchstellers. Sie stellt ferner fest, der Verurteilte Louis Kientz sei nicht ausgewandert, um sich der Strafe zu entziehen, sondern habe diese Absicht bereits vorher gehegt. Wir stimmen mit der Vollzugsbehörde darin uberein, dass die besonderen Umstände, unter denen es zu dieser Widerhandlung kam, in Verbindung mit dem bekundeten Sühnewillen ein Entgegenkommen rechtfertigt und b e a n t r a g e n mit dei- Eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass der noch ausstehenden Bussenbeträge.

26. Angelo Croci-Torti, 1920, Handlanger, Stabio (Tessin), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 7. November 1946 zu Fr. 950 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, verurteilt. Croci-Torti wurde im Oktober 1946 von Grenzwächtern angehalten, als er im Begriffe stand, zusammen mit zwei anderen Personen, die unter Zurücklassung ihrer Lasten fliehen konnten, 1640 Pakete Zigaretten illegal auszuführen. Eine Beschwerde gegen die Strafverfügung wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement arn 7. Januar 1947 abgewiesen.

Nachdem der Verurteilte Fr. 223 an die Busse bezahlt hatte, ersuchte er um Erlass des Bussenrestes. Er macht geltend, sich seinerzeit aus Not vergangen zu haben, ohne sich im Augenblick über die Folgen Rechenschaft zu geben.

Seine Frau sei damals krank gewesen, erwarte nun das zweite Kind und stehe wieder in ärztlicher Behandlung. Er selbst sei inzwischen ebenfalls erkrankt und nur teilweise arbeitsfähig. Ausser seinem Arbeitseinkommen verfüge er über keine Mittel zur Bestreitung des Unterhalts seiner Familie.

Die Zolldirektion Lugano bestätigt sämtliche Angaben des Gesuchstellers.

Was die geltend gemachte Krankheit anbetrifft, so handelt es sich um ein Leiden, das nach den Angaben des eidgenössischen verwaltungsärztlichen Dienstes heute an sich heilbar sei, jedoch voraussichtlich jahrelange ärztliche Behandlung und auch Kuren erfordere. Dieses nach der Strafausfällung zum Ausbruch gekommene Leiden bedeutet bei Berücksichtigung der ohnehin schon sehr bescheidenen Verhältnisse des Gesuchstellers eine derartige Verschlechterung seiner Lage, dass sich ein Entgegenkommen aufdrängt. Die Empfehlung eines Erlasses fällt um so leichter, als Croci-Torti trotz misslicher Verhältnisse
seinen Zahlungswillen bekundet und sich ausserdem über einen guten Leumund und ein blankes Strafregister ausweisen kann. Wir b e a n t r a g e n mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des Bussenrestes.

27. Alfred Sonderegger, 1928, Landwirt, Lienz (St. Gallen), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. Februar 1949 zu Fr. 708.89 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Auftrag eines Dritten und gegen eine Entschädigung unter verschiedenen Malen in Kiesfuhren Kugellager aus Österreich einschmuggelte. Ein erstes Gnadengesuch wurde von der Bundesversammlung in der Junisession 1949 abgewiesen (Antrag 104 des Berichtes vom 13. Mai 1949; BEI 1,1036). Die Vollzugsbehörde hat in der Folge, da weitere Zahlungen

1214 nicht erhältlich gemacht werden konnten, die Umwandlung veranlasst. Diese wurde am 29. November 1949 ausgesprochen, lautend auf 71 Tage Haft.

Ende 1949 reichte Sonderegger ein neues Gesuch ein, in welchem er um Erlass der Haftstrafe ersucht. Er macht wiederum seine völlige Mittellosigkeit und sein zur Zeit der Tatbegehung noch jugendliches Alter geltend. Er arbeite im Betrieb seines ebenfalls mittellosen Vaters, der auf seine Mithilfe angewiesen sei. Die Entlöhnung bestehe aus einem bescheidenen monatlichen Sackgeld.

Gleichzeitig stellte der Gesuchsteller Zahlungen in Aussicht.

Die Bundesanwaltschaft hat dem Gesuch auf Antrag der Eidgenössischen Oberzolldirektion aufschiebende Wirkung erteilt unter der Bedingung, dass Sonderegger sein Zahlungsversprechen einhalte. Nachdem Fr. 300 eingegangen waren, ist bis zum Entscheid über das Gesuch durch die Bundesversammlung auf weitere Einzahlungen verzichtet worden. Dies namentlich auf Grund des Ergebnisses der von der Bundesaqwaltschaft durch eigene Organe durchgeführten neuen Erhebungen, die zeigten, dass Sonderegger tatsächlich über keine eigenen Mittel verfügt, um weitere Zahlungen an die Busse zu leisten.

Sein ganzes Einkommen besteht aus einem bescheidenen Sackgeld, das ihm der Vater für seine Mitarbeit im Betrieb auszahlt. Da sich die Eltern selbst in ärmlichen Verhaltnissen befinden -- die Mutter ist zudem krank --, sind sie für die Bewirtschaftung des Betriebes auf die Mitarbeit des Sohnes angewiesen, und ihre Schwierigkeiten würden bedeutend anwachsen, wenn der Verurteilte sich nach einem richtig entlöhnten Arbeitsplatz umsehen würde. Sonderegger befindet sich somit in einer gewissen Zwangslage. Schon bei der Abweisung des ersten Gnadengesuches ist zwar davon ausgegangen worden, die finanzielle Lage des Gesuchstellers sei schwach. Sonderegger hat aber inzwischen Fr. 300 bezahlt, was unter den geschilderten Verhältnissen eine ansehnliche Anstrengung darstellt. Da nach den vorliegenden Berichten in persönlicher Hinsicht die Voraussetzungen für einen Gnadenakt gegeben scheinen, beantragen wir den Erlass der Bussenhälfte. unter Einräumung von angemessenen Zahlungserleichterungen für den noch zu erlegenden Bussenrest von Fr. 54.45.

28. Angelo Pozzi, 1915. Magazinarbeiter, Genestrerio (Tessin), durch Strafverfügung der Eidgenössischen
Oberzolldirektion vom 17. März 1948 zu Fr. 740 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Pozzi wurde im Januar 1948 von schweizerischen Zollorganen angehalten, als er im Begriffe stand, mit zwei Gehilfen widerrechtlich Zigaretten im Werte von Fr. 2200 nach Italien zu schmuggeln. Eine gegen diese Strafverfügung gerichtete Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 11. Mai 1948 abgewiesen.

Ein erstes Begnadigungsgesuch des Verurteilten wurde von der Vereinigten Bundesversammlung, da keine Begnadigungsgründe geltend gemacht wurden, in der Junisession 1949 abgewiesen (Antrag 20 des Berichtes vom 29. April 1949; BEI I, 864).

1215 Am 2. Dezember 1949 ersuchte Pozzi erneut um gnadenweisen Erlass der Busse, wozu er eine durch Krankheit in der Familie bedingte wesentliche Verschlechterung seiner finanziellen Lage geltend macht.

Die Erhebungen der Vollzugsbehörde haben ergeben, dass der gesundheitlich selbst nicht sehr starke Gesuchsteller heute für seine Frau, zwei Kinder und seine alte Mutter aufzukommen hat. Als Magazinarbeiter hat er ein bescheidenes Einkommen, das ihm gerade ermöglicht, seine Familie durchzubringen. Vermögen ist nicht vorhanden. Nun ist seit der Abweisung des ersten Gesuches sein Töchterchen an einer tuberkulösen Hirnhautentzündung erkrankt, was lange Spitalpflege in Mendrisio und Zürich sowie einen Kuraufenthalt in Davos bedingte, und weitere ärztliche Behandlung und Beobachtung auf Jahre hinaus erfordert. Besondere Kosten entstanden auch durch die Beisen der Eltern nach Zürich während des dortigen Aufenthaltes des Kindes.

Durch diese Umstände hat sich die ohnehin schon gespannte finanzielle Lage des Gesuchstellers seit Abweisung des ersten Gesuches ohne eigenes Verschulden ganz wesentlich verschlechtert. Wenn auch ein Teil der Pflegekosten zum vornherein von den Fürsorgebehörden übernommen wurden, so verbleiben Pozzi, ganz abgesehen von den zukünftigen Kosten für die Pflege des Kindes, Verpflichtungen in einer Höhe, denen er bei seinem Lohn auf Jahre hinaus nicht wird nachkommen können. Wir stimmen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion darin übereiu, dass unter diesen neuen Verhältnissen dem gut beleumdeten und nicht vorbestraften Pozzi gegenüber ein Entgegenkommen am Platze ist und b e a n t r a g e n mit dieser den gänzlichen Erlass der Busse.

29. Georges M o n n o t , 1916, Fabrikarbeiter, Courgenay (Bern), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 30. März 1948 verurteilt wie folgt: Wegen Bannbruchs, Zollübertretung und Hinterziehung der Tabak- und Warenumsatzsteuer zu Fr. 607.50 Busse, weil er Zigarettenpapier und grössere Mengen lebender Karpfen in die Schweiz einschmuggelte.

Ferner wegen Ausfuhrbannbruchs mit Kaffee und Autoreifen zusammen mit einem Mitbeschuldigten unter solidarischer Haftung zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 2237.50. Trotz vorbehaltloser Unterziehung konnte Monnot wegen Bückfälligkeit der Bussendrittel nicht erlassen werden. Die zweite
gemeinsame Busse wurde vom Mitverurteilten bereits bezahlt.

Monnot ersucht um Erlass der noch ausstehenden Fr. 607.50, wozu er geltend macht, aus Not gehandelt zu haben. Wohl habe er die Widerrechtlichkeit seines Verhaltens erkannt. Er sei aber damals krank und ohne Mittel gewesen und hätte für den Unterhalt seiner siebenköpfigen Familie aufkommen müssen.

Die Verhältnisse des heute arbeitslosen Gesuchstellers sind nach den durchgeführten Erhebungen schlecht, und er wird angesichts seiner Familienlasten kaum in der Lage sein, die Busse zu bezahlen. Trotzdem können wir ein Entgegenkommen nicht befürworten. Monnot ist zollrechtlich wegen Schmuggels

1216 mit Zigaretten bereits zweimal vorbestraft. Ausserdem wurde er im Jahre 1947 wegen Diebstahls zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Der bedingte Strafvollzug musste jedoch bereits im Jahre 1948 wegen einer erneuten Verurteilung widerrufen werden, was zeigt, dass sich Monnot eines Vertrauensbeweises nicht würdig zu zeigen vermag.

Unter diesen Umständen beantragen wir mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

30. Vincenzo Ferrari, 1924, Taglöhner, Arogno (Tessin), durch Strafverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 13. Juli 1946 zu Bussen von Fr. 110 und 306.67 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er bei einem italienischen Schmuggler bestellten Speck und Salami entgegengenommen hat und weil er dem Schmuggler und einer Drittperson Zigaretten lieferte, obschon ihm bekannt war, dass diese Ware zur widerrechtlichen Ausfuhr bestimmt war. Im Wege der Lohnpfändung sind Fr. 220 eingegangen. Der Bussenrest wurde am 21. Dezember 1949 in 20 Tage Haft umgewandelt.

Ferrari ersucht um Erlass des Bussenrestes von Fr. 196.67 bzw. der Haftstrafe. Er macht geltend, einen schweren Arbeitsunfall erlitten zu haben. Trotz vorhandenem Zahlungswillen habe er deshalb die Busse nicht tilgen können.

Der Gesuchsteller war von Beruf Holzfäller und hat seit dem Urteil durch einen Arbeitsunfall den rechten Unterarm verloren. Er bezieht heute eine Suvarente, aus der er seinen Lebensunterhalt bestreiten und ausserdem noch seine Eltern, für die er früher gesorgt hat, unterstützen muss. Über ein irgendwie in Betracht fallendes Arbeitseinkommen verfügt er angesichts seiner Invalidität nicht mehr. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion, es sei dem gut beleumdeten Gesuchsteller die R e s t b u s s e bzw.

die H a f t s t r a f e zu erlassen.

31. Cesarino De Maria, 1923, Holzer und Landwirt, Arogno (Tessin), durch Strafverfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 31. Januar 1948 zu Fr. 240 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Herbst 1947 für Dritte einen Schmuggel von Bestandteilen für kleine Flugzeugmodelle und kleine Explosionsmotoren organisierte. De Maria hat an die Busse nichts bezahlt, so dass nach Durchführung des Betreibungsverfahrens durch den
Eichter am 21. Dezember 1949 die Umwandlung in 24 Tage Haft ausgesprochen wurde. Auf Gesuch des Verurteilten hin hat das kantonale Justizdepartement den Strafvollzug aufgeschoben unter der Bedingung, dass De Maria bis Ende Februar 1950 Fr. 120 und bis Ende April den Restbetrag tilgt. De Maria hat am 19. Februar 1950 Fr. 100 bezahlt und alsdann ein Gnadengesuch eingereicht.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Haftstrafe und erklärt sich bereit, den Bussenrest von Fr. 140 in monatlichen Raten von Fr. 20 zu entrichten.

Er macht geltend, es sei ihm nicht möglich gewesen, die Busse zu tilgen. Trotz-

1217 dem er die Zahlung nie verweigert habe, sei er betrieben, die Busse in Haft umgewandelt und ausserdem die Ausstellung des Verlustscheines im Betreibungsverfahren im Amtsblatt veröffentlicht worden.

De Maria ist ledig, mit Unterstützungspflichten nicht belastet und wohnt bei seiner Mutter und seinem Stiefvater. Als tüchtiger Arbeiter, der selbständig Holzschläge übernimmt oder bei Dritten im Taglohn arbeitet, verfügt er über ein Einkommen, das ihm ohne weiteres ermöglicht hätte, die Busse seit Januar 1948 zu tilgen. Es fehlt ihm indessen, wie auch die Nichteinhaltung der ihm vom Justizdepartement des Kantons Tessin in zuvorkommender Weise eingeräumten letzten Zahlungsfrist zeigt, am guten Willen. Wir beantragen deshalb mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

32. Clorinda M a f f i o l i , 1899, italienische Staatsangehörige, Hausfrau, Cremona (Italien), durch Straf Verfügung der Eidgenössischen Oberzolldirektion vom 24. März 1949 zu Fr. 292.50 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Viertels wegen nachträglicher Unterziehung, weil sie im Oktober 1948 einen für ihre sich in der Schweiz aufhaltende Tochter bestimmten Pelzmantel als persönliches Gut einführte und nicht verzollte.

Die Tochter der Verurteilten, Frl. Nicetta Arrigoni, ist wegen Zollhehlerei ebenfalls gebüsst worden. Sie hat ihre eigene Busse getilgt und zugleich an jene ihrer Mutter in regelmässigen Teilzahlungen bereits Fr. 140 entrichtet. Mit Zustimmung ihrer Mutter ersucht Frl. Arrigoni um Erlass des Bussenrestes.

Sie macht geltend, Frau Maffioli sei krank und ohne eigene Mittel. Sie und das bei ihr lebende jüngste Kind werde von den drei in Genf als Hilfsschwestern tätigen Töchtern unterhalten.

Frl. Arrigoni, die als Hilfsschwester nur über ein bescheidenes Einkommen verfügt, hat nicht nur ihre eigene Busse sowie den umgangenen Zoll, die geschuldete Warenumsatz- und Luxussteuer bezahlt, sondern auch die von ihrer Mutter geschuldete Busse bis zur Hälfte getilgt. Es veranlasst dies die Eidgenössische Oberzolldirektion zu der Feststellung, dass am Sühnewillen nicht mehr zu zweifeln sei. Da es sich ausserdem um einen leichten Fall handle, könne ein Entgegenkommen befürwortet werden. In Übereinstimmung mit dieser Beurteilung der geschilderten Sachlage b e a n t r a g e n wir mit der Eidgenössischen
Oberzolldirektion den Erlass des Bussenrestes.

Gemäss den Vorschriften über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln sind verurteilt worden (83-58): 33. Aldo Fiori, 1912, Metzger und Viehhändler, Cevio (Tessin), verurteilt am 16. September 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils vom 13. November 1948, zu drei Monaten Gefängnis, abzüglich 38 Tage Untersuchungshaft, und zu Fr. 13 000 Busse. Es wurde der Strafregistereintrag verfügt. Fiori hat in den Jahren 1943 bis 1946 Grossvieh unter Umgehung der Annahmekommission gekauft, Schwarzschlachtungen in grossem Umfang durchgeführt und das angefallene

1218 Fleisch schwarz verkauft. Ausserdem hat er mit 240 kg Teigwaren, 200 kg Maismehl, 50 kg Weissmehl, 200 kg Eeis, 80 kg Butter und 150 kg Honig zu übersetzten Preisen Schwarzhandel getrieben.

Durch einen Rechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Brlass der Gefängnisstrafe oder wenigstens um Gewährung des bedingten Strafvollzuges. Zunächst übt er Kritik an der Durchführung des Ermittlungsverfahrens und am Strafmass. Sodann macht er geltend, dass heute, nachdem die Eationierung seit Jahren aufgehoben sei, die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe wegen kriegswirtschaftlicher Vergehen gegen das Volksempfinden und den Willen des Gesetzgebers verstosse.

Die Einwände gegen das Ermittlungsverfahren und das Strafmass wurden bereits vor der Berufungsinstanz vorgebracht und als gänzlich ungerechtfertigt und mutwillig bezeichnet. Es wurde anderseits vom Gericht festgestellt, dass der Gesuchsteller die Untersuchung mit allen Mitteln erschwert habe. Um die Einsichtslosigkeit und Skrupellosigkeit des Verurteilten darzutun, wurde vom Gericht auf folgenden Vorfall hingewiesen : Als der Verurteilte sich am 14. März 1946 in Locamo zur Einvernahme wegen Schwarzschlachtungen einzufinden hatte, habe er wenige Stunden vorher seinen Lastwagen mit geschlachteten Tieren beladen und diese vor der Einvernahme schwarz an Metzger in der Stadt geliefert. Fiori ist übrigens wegen ähnlicher Verfehlungen vorbestraft. Ein Begnadigungsgesuch um Erlass von zwei früheren Freiheitsstrafen wurde von der Bundesversammlung in der Junisession 1948 abgewiesen (vgl. Antrag 38 des Berichtes vom 4. März 1948; BEI I, 1138). Was die Strafzumessung anbetrifft, ging die Berufungsinstanz von der Feststellung aus, Fiori habe in schwerster Zeit der regulären Marktversorgung rund 25 000 kg Fleisch entzogen und sich zudem während des ganzen Strafverfahrens als verschlagener und zynischer Mensch ausgewiesen. Das erstinstanzliche Urteil sei sehr mild und trage der inzwischen erfolgten Aufhebung der Eationierung Eechnung.

Die Strafen hätten schwerer ausfallen müssen, wenn die Vergehen einige Jahre früher zur Beurteilung gelangt waren. Diese Umstände veranlassen uns zu der Feststellung, dass der Gesuchsteller eines Entgegenkommens überhaupt unwürdig ist.

Bleibt noch der Einwand, der Vollzug dieser Freiheitsstrafe widerspreche, nachdem die
Eationierungsvorschriften längst aufgehoben seien, dem Volksempfinden und verstosse gegen den Willen des Gesetzgebers. Wir vertreten diesbezüglich die Auffassung, dass es im Volk, im Gegensatz zur Auffassung des Verurteilten, geradezu mit Empörung aufgenommen würde, wenn ein derartiger Schädling, der sich aus Profitsucht jahrelang in zynischer Weise über alle kriegswirtschaftlichen Vorschriften hinweggesetzt hat, seine Strafe nicht verbüssen müsste. Namentlich könnte ein solcher Entscheid von all denen nicht verstanden werden, die sich zwar gegen die Versorgungsvorschriften auch vergangen, jedoch sich oft unter grossen Schwierigkeiten bemüht haben, ihre Verfehlungen zu sühnen. Aber auch gegen den Willen des Gesetzgebers verstösst der Vollzug des Urteils nicht, da in allen Aufhebungserlassen aus-

1219 drücklich vorbehalten wird, dass ' die vor Inkrafttreten der Aufhebung eingetretenen Tatsachen auch fernerhin gemäss den bisherigen Bestimmungen zu beurteilen sind. Ist die Verurteilung gesetzmässig, so ist es selbstverständlich auch der Vollzug der ausgefällten Strafen. Auch die Begnadigungskommission hat sich übrigens schon wiederholt mit diesen von Fiori zu seinen Gunsten aufgeführten Argumenten auseinandergesetzt, hat jedoch jedesmal die Gewährung eines Gnadenaktes auf Grund derartiger Erwägungen abgelehnt. Wir b e a n tragen entschieden die Gesuchsabweisung. Fiori ist ausserdem eine Frist von zwei Jahren anzusetzen, während welcher er das Begnadigungsgesuch nicht erneuern darf (Art. 895, Abs. 3, StGB).

34. Alfredo Moos, 1908, Metzger, Montreux (Waadt), verurteilt am 19. März 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu zwei Monaten Gefängnis, abzüglich fünf Tage Untersuchungshaft, und zu Fr. 12 000 Busse. Ferner wurde der Strafregistereintrag verfügt. Moos hat in Bellinzona in den Jahren 1945/46 51 Stück Grossvieh unter Umgehung der Viehannahmekominission gekauft und diese Tiere sowie 117 Kälber und 120 Schweine schwarz geschlachtet, 32 von einem Mitbeschuldigten gekaufte geschlachtete Schweine nicht in der Schlachtkontrolle eingetragen und den gesamten Fleischanfall ohne Entgegennahme der entsprechenden Eationierungsausweise und zu übersetzten Preisen verkauft.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Erlass der Gefängnisstrafe, der Busse und der Verfahrenskosten. Er führt aus, als Folge des erstinstanzlichen Urteils sei seinerzeit über ihn der Konkurs eröffnet worden, wobei er sein ganzes Vermögen verloren habe. Zurzeit arbeite er als Metzger im Angestellten Verhältnis. Mit seinem bescheidenen Verdienst müsse er für die Ehefrau und zwei Kinder aufkommen. Er sei deshalb gar nicht in der Lage, den Verpflichtungen aus dem Urteil nachzukommen. Die Verbüssung der Freiheitsstrafe würde für die Familie eine Katastrophe bedeuten. Es müsse berücksichtigt werden, dass der generalpräventive Zweck der Gefängnisstrafe weggefallen sei und deren Vollzug sich nicht mehr rechtfertigen lasse.

Der Konkurs wurde über den Gesuchsteller eröffnet, noch bevor ihm das erstinstanzliche Urteil eröffnet worden ist. Die Behauptung, der
Konkurs sei eine Folge der Verurteilung, dürfte somit nicht ernst zu nehmen sein. Aber auch wenn dies zutreffen würde, so liesse sich damit kein Gnadenakt begründen, da die Berufungsinstanz das erstinstanzliche Urteil in voller Kenntnis und nach gründlicher Abwägung aller Umstände bestätigt hat. Eine Überprüfung des Berufungsurteils ist aber hier nicht möglich.

Was die Gefängnisstrafe anbetrifft, so wurde der bedingte Strafvollzug vom Gericht verweigert, weil Moos rückfällig war und bereits 1946 wegen ähnlicher Vergehen zu Freiheitsstrafen von 10 bzw. 30 Tagen Gefängnis und zwei hohen Bussen hat verurteilt werden müssen. Diese Würdigung scheint uns durchaus zutreffend, und Gründe, den bedingten Strafvollzug im Gnaden-

1220 weg zu gewähren, fehlen. So ist vor allem der Hinweis auf den generalpräventiven Straf zweck nicht stichhaltig; die Strafe wurde nicht allein zum Zwecke der Abschreckung ausgefällt, sondern sie stellt auch die Sühne für begangenes schweres Unrecht dar. Hat doch Moos in Zeiten grosser Versorgungsschwierigkeiten der regulären Marktversorgung nicht weniger als 30 Tonnen Fleisch entzogen, nur um sein persönliches Einkommen zu erhöhen.

Ebensowenig kann hinsichtlich der Busse ein Entgegenkommen befürwortet werden. Schon das Gericht hat die Frage der Herabsetzung der Busse, die sich angesichts der damals schon misslichen finanziellen Lage des Moos aufzudrängen schien, ausdrücklich abgelehnt mit dem Hinweis auf den widerrechtlich erzielten Verdienst von rund Fr. 30 000, den besonders abzuschöpfen verzichtet wurde. Da eine Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse seit dem Urteil nicht nachgewiesen ist, würde auch hier ein teilweiser Erlass dem bisher streng eingehaltenen Grundsatz zuwiderlaufen, dass rechtskräftige Urteile im Gnadenweg nicht überprüft werden können und dass bescheidene finanzielle Verhältnisse an sich keinen Kommiserationsgrund darstellen. Angesichts des skrupellosen und unverbesserlichen Verhaltens Moos' während fast der ganzen Zeit der Kationierung und im Hinblick darauf, dass dem Gesuchsteller die früheren empfindlichen Strafen anscheinend nicht den geringsten Eindruck gemacht haben, halten wir ihn eines gnadenweisen Entgegenkommens ohnehin für wenig würdig. Es wird gerade hier Sache des Eichters sein, in einem allfälligen Umwandlungsverfahren die Umwandlung auszuschliessen, wenn der Verurteilte seine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen vermag.

Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

35. Hans Wittwer, 1918, Vertreter, Steffisburg (Bern), verurteilt am 8. April 1949 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 14 Tagen Gefängnis und Fr. 3000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages, weil er in den Jahren 1945/46 in grossem Umfang Schwarzschlachtungen vorgenommen, 4 Tonnen Fleisch schwarz von einem Dritten übernommen, die Schlachtgewichte unrichtig angegeben, grosse Mengen Fleisch schwarz verkauft und Schlachtschweine zu übersetztem Preis gekauft hat.
Wittwer ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe oder Gewährung des bedingten Strafvollzuges und um erhebliche Herabsetzung der Busse. Er behauptet, Anspruch auf eine gesamthafte Beurteilung gehabt zu haben.' Zudem habe er sich im Hinblick auf die Schwarzschlachtungen der anderen Metzger in Münchenstein in einer Zwangslage befunden. Nachher sei er in Konkurs geraten und habe lange Zeit keinen Verdienst gehabt. Müsse er die Freiheitsstrafe verbüssen, so laufe er Gefahr, seine heutige Stelle als Vertreter zu verlieren. Seine Pflichten gegenüber der Familie und das unregelmässige Einkommen machten es ihm völlig unmöglich, die Busse zu tilgen.

Das Gericht hat die persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers in sehr weitgehendem Masse berücksichtigt und die Strafen entsprechend angesetzt.

1221 Es schenkte nicht nur den Familienlasten Beachtung, sondern ganz allgemein auch den bescheidenen finanziellen Verhältnissen des Gesuchstellers. Dabei war es aktenkundig, dass Wittwer in Konkurs geraten war, und es wurde ausdrucklich erwähnt, dass er noch die ganze Busse aus einem früheren Urteil zu bezahlen hatte. Das Gericht hat anderseits festgestellt, dass der Verurteilte trotz Einleitung der früheren Strafuntersuchung, und sogar fünf Monate nachdem ihm das frühere auf zwei Monate Gefängnis und Fr. 5000 Busse lautende Urteil eröffnet worden ist, seine Schwarzschlachtungen in skrupelloser Weise fortgesetzt hat. Hinsichtlich dieses früheren Urteils wurde ein Begnadigungsgesuch bereits in der Dezembersession 1947 abgewiesen (Antrag 26 des Berichtes vom 3. November 1947; BB1III, 426).

Es kann darauf verzichtet werden, auf die einzelnen Vorbringen Wittwers, die im wesentlichen einer sachlichen Überprüfung ohnehin nicht standhalten, näher einzugehen, weil der Gesuchsteller eines Entgegenkommens unwürdig ist. Sein schamloses Verhalten während und nach dem ersten Strafverfahren, seine gemeinrechtlichen Vorstrafen (Freiheitsstrafen wegen Fälschung amtlicher Zeichen und wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte und Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand) sowie auch sein allgemein schlecht lautender Leumund schliessen eine Begnadigung zum vornherein aus.

Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

36. Johann Flückiger. 1893, Müller, Schönenbühl bei Laupen (Bern), verurteilt am 1. Juli 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu drei Tagen Gefängnis und zu Fr. 200 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages wegen Herstellung zu hellen Backmehls. Busse und Verfahrenskosten sind beglichen.

Flückiger ersucht um Erlass 'oder bedingten Vollzug der Freiheitsstrafe, wozu er geltend macht, es sei dies die erste Freiheitsstrafe, die gegen ihn ausgefällt worden sei. Als einfachem und unbescholtenem Bürger sei ihm der Gedanke, die Strafe absitzen zu müssen, unerträglich. Seine finanzielle Lage sei immer noch ungünstig.

Der Gesuchsteller hat sich vor dieser Verurteilung bereits fünfmal in gleicher Weise vergangen. Im letzten dieser früheren
Urteile (5. November 1946) ist die Busse auf Fr. 500 erhöht und Flückiger bei Rückfälligkeit ausdrucklich eine Freiheitsstrafe angedroht worden. Dieser hat sich jedoch durch diese Drohung nicht von weiteren Widerhandlungen abhalten lassen. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht kam deshalb zum Schluss, die Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges seien nicht gegeben. Von dieser Feststellung der Berufungsinstanz ist bei der Beurteilung des Gnadengesuches auszugehen. Dabei fällt erschwerend ins Gewicht, dass Flückiger, der bereits für die früheren Bussen um Begnadigung nachgesucht hat und dem die Begnadigungsbehörde in zwei Fällen einen Teilerlass gewährte, das in ihn gesetzte Vertrauen getäuscht und sich, noch während seine Gesuche

1222 hängig waren, erneut vergangen hat (vgl. auch Antrag 10 des Berichtes vom 9. November 1945, BEI II, 323; Antrag 108 vom 6. Mai 1946, BEI II, 82; Antrag 111 vom 10. Mai 1948, BB1 II, 318).

Da seit der Verhängung der drei Tage Gefängnis in den Verhältnissen Flückigers überhaupt keine Veränderungen eingetreten sind, die den Vollzug dieser Strafe als eine besondere vom Gericht nicht gewollte Härte erscheinen Hessen, erachten wir einen Gnadenakt unter den geschilderten Umständen als nicht vertretbar. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

37. Jean Wälti, 1909, Metzger, Montreux (Waadt), verurteilt am 26. Oktober 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, zu drei Monaten Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 20 000. Gleichzeitig wurde die Urteilsveröffentlichung und der Strafregistereintrag verfügt. Wälti hat in den Jahren 1942 und 1943 7 Stück Grossvieh, 95 Kälber und 60 Schweine schwarz geschlachtet, 15-16 Tonnen Fleisch ohne Eationierungsausweise verkauft, 400 kg Fleisch sowie aus Notschlachtungen stammende 19 Stück Grossvieh, 20 Kälber und 8 Schweine übernommen, ohne sie in die Schlachtkontrolle einzutragen.

Ein erstes Begnadigungsgesuch wurde von der Bundesversammlung in der Dezembersession 1947 abgewiesen (Antrag 106 des Berichtes vom 6. November 1947; BB1 III, 476). Seither hat Wälti die Gefängnisstrafe verbüsst und an die Busse Fr. 10012.75 entrichtet.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Erlass des Bussenrestes von Fr. 9087.25 und um Verzicht auf den Einzug der Verfahrenskosten.

Er macht geltend, wegen des Urteils sei ihm die für einen Liegenschaftsumbau in Aussicht gestellte Subvention von Fr. 47 500 nur zum Teil, nämlich in der Höhe von Fr. 23 750 zugesprochen worden. Da das 10. kriegswirtschaftliche Strafgericht davon ausgegangen sei, die Subventionsangelegenheit werde durch das kriegswirtschaftliche Strafverfahren in keiner Weise berührt, und da somit eine allfällige Beduktion des zugesicherten Betrages bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt worden sei, wirke sich nun die tatsächlich erfolgte Reduktion der Subvention wie eine doppelte Bestrafung aus.

Auf das Erlassgesuch kann, soweit es sich auf die Verfahrenskosten
bezieht, nicht eingetreten werden, da es sich bei diesen nicht um eine Strafe handelt. Was die Subventionsangelegenheit betrifft, so sei zunächst richtiggestellt, dass überhaupt nie von einem Betrag von Fr. 47 500 die Eede war, sondern nur von Fr. 37 500. Davon wurde schliesslich die Hälfte ausbezahlt.

Ferner ist das 10. kriegswirtschaftliche Strafgericht nicht davon ausgegangen, das kriegswirtschaftliche Strafverfahren werde sich nicht auf die Subventionsangelegenheit auswirken, sondern es hat festgestellt, das Strafverfahren stehe überhaupt in keinem Zusammenhang mit dem Subventionsbegehren. Die Berufungsinstanz ist auf diese Frage nicht mehr eingetreten. Wälti bezweckt mit diesem Vorbringen nichts anderes als die Überprüfung der richterlichen

1223 Strafzumessung. Die Überprüfung rechtskraftiger Urteile ist jedoch im Begnadigungs-weg nicht möglich und wurde von der Begnadigungsbehörde immer wieder abgelehnt.

Bei der Beurteilung dieses Gnadengesuches ist somit einzig davon auszugehen, ob die finanzielle Gesamtlage Wältis heute die restliche Tilgung deiBusse als eine besondere, vom Gericht nicht gewollte Härte erscheinen lässt.

Dies darf angesichts der guten Einkommens- und Vermögensverhältnisse, wie sie aus der Wehrsteuerschätzung hervorgehen, verneint werden. Der Gesuchsteller ist ohne weiteres in der Lage, die Eestbusse zu tilgen. Wie bereits irn Antrag zum ersten Gesuch zum Ausdruck gebracht worden ist, bildet die Tatsache, dass die Strafe möglicherweise schwer auf dem Gesuchsteller lastet, keinen Anlass zu besonderer Milde. Angesichts der Schwere der Widerhandlungen Wältis, der widerrechtlich 37 Tonnen Fleisch umgesetzt hat, ist das bereits von der Berufungsinstanz gemilderte Urteil, durch das der hohe widerrechtliche Gewinn nicht besonders abgeschöpft wurde, keineswegs zu hart. Die skrupellose Handlungsweise des Gesuchstellers, der aus Gewinnsucht eine eigene Schwarzhandelsorganisation aufgezogen hat, verdient überhaupt keine Gnade. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes entschieden die Gesuchsabweisung.

Ausserdem sei Wälti eine Frist von zwei Jahren anzusetzen, während welcher er sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 895, Abs. 3, StGB).

38. Anton Wächter, 1886, liechtensteinischer Staatsangehöriger, Landwirt und Metzger, Vaduz (Fürstentum Liechtenstein), verurteilt am 9. November 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu 2% Monaten Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges, und zu Fr. 8000 Busse. Gleichzeitig wurde der Strafregistereintrag angeordnet. Wächter hat in den Jahren 1942 bis 1944 den kriegswirtschaftlichen Vorschriften im Sektor Fleisch in mannigfacher Weise zuwidergehandelt (Schwarzschlachtungen von Grossvieh, Kälbern und Schweinen in erheblichem Umfang; unrechtmässige Übernahme von 1% Tonnen Fleisch aus Hausschlachtungen; Gewichtsdrückungen; Überschreitungen der Schlachtgewichtszuteilungen ; umfangreiche Schwarzverkäufe ; verbotener Viehhandel).

Auf ein erstes Gesuch Wächters ist die
Begnadigungsbehörde entsprechend dem Ergebnis des in einem früheren Fall zwischen der Eegierung des Fürstenstums Liechtenstein und der Bundesanwaltschaft gepflogenen Meinungsaustausches eingetreten und hat es abgewiesen. (Antrag 5 des Berichtes vom 21. September 1948; BEI III, 215).

Wächter ersucht erneut um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 4700. Er macht geltend, er habe mit seinen bisherigen Leistungen sein Verschulden gebüsst. Die Begnadigungsbehörde sei bei der Beurteilung des ersten Gesuches hinsichtlich seiner finanziellen Lage von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Ferner beruft er sich auf Krankheit und Arbeitsunfähigkeit.

1224 Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Gesuchstellers haben sich seit Abweisung des ersten Gesuches nicht verschlechtert. Die finanzielle Lage Wächters wird von der Gemeindevorstehung Vaduz gleich beurteilt wie zuvor. Zwar trifft es zu, dass der Gesuchsteller inzwischen leidend geworden ist.

Dieser Zustand ist aber lang nach dem Urteil eingetreten und Wächter hätte die Busse in gesunden Tagen längst tilgen können. Seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse erlauben es ihm übrigens nach wie vor, die Eestbusse abzutragen; das Eintreten einer Notlage fällt hier überhaupt ausser Betracht.

Wächter ist zudem im Irrtum, wenn er glaubt, durch die Zahlung nicht einmal der Hälfte der ihm auferlegten Busse genügend gesühnt zu haben. Nur wenn die teilweise Tilgung einer Busse als eigentliche Anstrengung und als eigentlicher Sühnewille gewertet werden kann, könnte sie, in Verbindung mit anderen Kornmiserationsgründen, zu einer Begnadigung führen. Diese Voraussetzungen treffen jedoch hier nicht zu. Wächter zeichnet sich auch heute noch durch ganz besondere Einsichtslosigkeit aus. Entschieden gegen den Gesuchsteller spricht ausserdem, dass er, wie es im Eapport der Gemeindevorstehung Vaduz heisst, die Gemeindesteuerkasse Vaduz wiederholt dazu veranlassen wollte, gefälschte Auszüge über seine Einkommens- und Vermögenslage nach Bern zu schicken. Wir betrachten ihn angesichts dieses Verhaltens eines Gnadenaktes überhaupt als unwürdig und beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Gleichzeitig sei ihm eine Erist von zwei Jahren zu setzen, innerhalb der er sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

39. Provino Bottinelli, 1884, Wirt und Versicherungsagent, Gadempino (Tessin), verurteilt am 17. März 1949 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 45 Tagen Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges, und zu Fr. 2000 Busse. Es wurde der Strafregistereintrag angeordnet. Bottinelli hat in den Jahren 1945 bis 1947 in seiner Eigenschaft als Fleischschauer gegen Entgelt Schwarzschlachtungen und Gewichtsdrückungen verschiedener Metzger begünstigt und durch Zerstörung von Fleischschaukontrollen und andern amtlichen Dokumenten die Straf Untersuchung wesentlich erschwert. Bisher wurden Fr. 1000 bezahlt.

Der Verurteilte
ersucht um Herabsetzung der Busse und der Verfahrenskosten auf die Hälfte. Er habe nicht aus Gewinnsucht gehandelt, sondern sei ein Opfer des Krieges geworden. Er sei durch die Entsetzung vom Amt des Fleischschauers bereits sehr hart getroffen, indem ihm dadurch ein Verlust von jährlich rund Fr. 1000 entstehe.

Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Busse bezieht; in dieser Hinsicht ist es abzuweisen. Das Gericht hat bereits alle Milderungsgründe berücksichtigt und die ausgesprochene Strafe im Hinblick auf die schwere Amtspflicht Verletzung als sehr milde bezeichnet. Irgendeine Änderung in den von den Ortsbehörden als gut bezeichneten Verhältnissendes Gesuchstellers ist seit demUrteil nicht eingetreten.

1225 Die Bundesversammlung hat im übrigen von jeher Gnadengesuche kriegswirtschaftlicher Funktionäre, die sich in Verletzung ihrer Amtspflichten vergangen haben, in abweisendem Sinne entschieden. Zu einer Abweichung von dieser Praxis besteht angesichts der schweren Pflichtvergessenheit des Gesuchstellers kein Anlass. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

40. Victor S allin, 1894, Metzger, Villaz-St-Pierre (Freiburg), verurteilt am 8. Juni 1946 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Milderung des erstinstanzlichen Urteils, zu einem Monat Gefängnis und zu Fr. 10 000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages und der Urteilspublikation. Sallin hat in der Zeit vom Oktober 1940 bis Juni 1943 keine Schlachtgewichtskontrolle geführt und Schwarzschlachtungen im Ausmass von über 20 Tonnen Fleisch vorgenommen, das er zum Teil schwarz verkaufte. Ferner am 18. Dezember 1948 verurteilt vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1200 Busse wegen in der Zeit vom Juni 1943 bis Oktober 1945 begangener ähnlicher Verfehlungen. Die Gefängnisstrafe ist verbüsst und an die Bussen wurden bisher Fr. 9300 bezahlt.

Der Verurteilte ersucht um Brlass der sich noch auf Fr. 1900 belaufenden Bussenschuld und einen Teil der Verfahrenskosten, wozu er geltend macht, er habe durch die bisherigen Zahlungen seinen Sühnewillen bekundet und für seine Verfehlungen genügend gebüsst. Der Geschäftsgang sei schlecht, und die Unterhaltspflichten für die Familie verunmöglichten ihm weitere Leistungen. Hinsichtlich der Busse von Fr. 1200 bestreitet er ausserdem die ihm zur Last gelegten Widerhandlungen.

Es ist verständlich, dass der Gesuchsteller nach Zahlung von Fr. 9300 unter dem Eindruck steht, er habe genügend gebüsst. Doch übersieht er, dass er zu Bussen von insgesamt Fr. 11 900 verurteilt worden ist, die zu vollstrecken sind, sofern nicht ganz besondere Gründe vorliegen, die einen Gnadenakt rechtfertigen könnten. Dies trifft in seinem Fall nicht zu. Seine finanzielle Lage ist nach dem Steuerausweis heute bedeutend besser als zur Zeit des ersten Urteils, und seine Familienpflichten haben sich nicht vermehrt. Anderseits unterlässt er, für die behauptete rückläufige Geschäftsentwicklung irgendwelchen Beweis zu
erbringen. Nicht zu übersehen ist ausserdem, dass der bedeutende widerrechtlich erzielte Gewinn, der die Bussenbeträge übersteigen durfte, nicht besonders abgeschöpft worden ist. Es fehlen somit Kommiserationsgründe, die einen Gnadenakt rechtfertigen könnten, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung beantragen.

41. Hans Käser, 1909, Metzger, Wirt, Murgenthal (Aargau), verurteilt am 31. Mai 1947 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu vier Wochen Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug und zu Fr. 7000 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages. Käser hat in den Jahren 1942-1946 umfangreiche Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. I.

86

1226 Schwarzschlachtungen vorgenommen, die Schlachtgewichte um 4500 kg zu niedrig angegeben, Fleisch im Geschäft und in der Wirtschaft ohne entsprechende Entgegennahme von Kationierungsausweisen abgegeben und endlich gegen verschiedene für das Gastgewerbe aufgestellte kriegswirtschaftliche Vorschriften verstossen. An die Busse sind bisher Fr. 5700 bezahlt worden.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 1800 belaufenden Bussenrestes, wozu er namentlich den teuren Liegenschaftserwerb, die grossen Unkosten und den rapiden Geschäftsrückgang geltend macht. Über Barkapital verfüge er überhaupt nicht.

Der gutbeleumdete Gesuchsteller wäre an sich eines Entgegenkommens würdig, doch fehlt es an Kommiserationsgründen. Die finanzielle Lage Käsers, mit der er sein Gesuch begründet, hat sich nämlich gegenüber den Unterlagen, die dem Gericht zur Verfügung standen und es veranlassten, die Busse ganz erheblich herabzusetzen, nicht verschlechtert. Das Steuervermögen ist zwar wegen inzwischen erfolgter Umbauten der Liegenschaft etwas zurückgegangen, wird jedoch durch den Mehrwert der Liegenschaft, der sich steuerlich nicht voll erfassen lässt, zum grossen Teil aufgewogen. Anderseits ist nach dem Steuerausweis das Einkommen nach der Selbstschätzung Käsers auf nahezu den doppelten Betrag angestiegen. Eine Notlage ist nicht zu befürchten, auch wenn dem Verurteilten die Tilgung der noch ausstehenden Fr. 1300 zugemutet .wird. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

42. André Chatagny, 1906, Landwirt, Corserey (Freiburg), verurteilt wie folgt: Am 16. Juni 1947 vom Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Pr. 450 Busse und zur Zahlung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 581.10 an den Bund wegen Schwarzschlachtung eines Schweines und Schwarzhandels mit Schweinefleisch, Kaffee und Honig sowie wegen rnissbräuchlicher Verwendung und Handels mit Rationierungsausweisen.

Ferner am 11. Juli 1947 vom kriegswirtschaftlichen Straf appella tionsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu 15 Tagen Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges, und zu Fr. 1500 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung des Strafregistereintrages und der Urteilspublikation.

Chatagny hat in den Monaten
November und Dezember 1945 bei verschiedenen nicht mehr feststellbaren Personen rund 4500 kg Weissmehl schwarz zusammengekauft und dieses Mehl wiederum schwarz und zu übersetzten Preisen an Bäcker in Genf abgegeben. Chatagny erklärte, seine bisherigen Zahlungen im Betrage von Fr. 1480 seien vorab zur Begleichung der Verfahrenskosten (Fr. 479.68) bestimmt. Der Best sei an die Bussen anzurechnen. Wird diesem Wunsche entsprochen, so ist die erste Busse getilgt und es stehen von der zweiten Busse noch Fr. 950.40 aus.

Der Verurteilte ersucht um Erlass dieses Eestbetrages. Er macht geltend, das von ihm gelieferte Schwein, dessen Verwertungserlös anlässlich der Strafuntersuchung eingezogen wurde, sei ihm weder vom Käufer noch von der Eidgenossenschaft vergütet worden, was ihm schweren Schaden zugefügt

1227 habe. Im ersten Strafverfahren sei er von einem deutschschweizerischen Gericht abgeurteilt worden, wodurch er wegen Unkenntnis der Sprache in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt worden sei. Seine finanziellen Verhältnisse seien angesichts der Familienlasten (8 Kinder) schlecht, so dass er nicht mehr in der Lage sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Soweit Chatagny Kritik an den Urteilen übt, ist er nicht zu hören, da eine Überprüfung derselben hier nicht möglich ist. Immerhin sei zur Eichtigstellung der in der Gesuchsbegründung enthaltenen Behauptungen folgendes festgehalten: Was die beanstandete Einziehung des Verwertungserlöses eines Schweines anbetrifft, so erfolgte diese Massnahme zum Nachteil des Käufers.

Es steht Chatagny jederzeit frei, von diesem Mitbeschuldigten nachträgliche Zahlung zu verlangen. Im Begnadigungsweg kann jedoch auf diese rein zivilrechtliche Auseinandersetzung nicht näher eingetreten werden. Dafür, dass Chatagny im ersten Strafverfahren in seiner Verteidigung beeinträchtigt worden wäre, liefern die Akten nicht die geringsten Anhaltspunkte. Vielmehr ergeben sich ernsthafte Zweifel an der Behauptung des Verurteilten, er verstehe die deutsche Sprache überhaupt nicht. Hat er doch auf den ihm in deutscher Sprache durch das 5. kriegswirtschaftliche Strafgericht eröffneten Strafantrag ohne irgendwelchen Vorbehalt hinsichtlich der Sprache eine französisch formulierte Vernehmlassung eingereicht., in der er die ihm zur Last gelegten Widerhandlungen in allen Teilen anerkannte und nur die vorgesehene Bussenhöhe als mit seinen finanziellen Verhältnissen nicht in Einklang befindend, beanstandete. Dass dieser Straf fall überhaupt vor einem deutschsprachigen Gericht zur Beurteilung kam, ist darauf zurückzuführen, dass sich Chatagny in einen Schwarzhandel eingelassen hatte, dessen Zentrum sich im Kanton Graubünden befand. Hätte sich der Verurteilte übrigens zur Zeit der Urteilsausfällung benachteiligt gefühlt, so hätte er, wie bei seiner zweiten Verurteilung, zweifellos appelliert, um bei der mehrsprachigen Berufungsinstanz sein Eecht zu finden.

Die sehr bescheidene Lage des Gesuchstellers sowie seine auf einen in früheren Jahren erlittenen Schädelbruch zurückzuführende Behinderung wurden bereits von den Gerichten in Eechnung gestellt. Die einzige Tatsache, die als
Verschlechterung seiner Verhältnisse in Betracht gezogen werden kann, ist der inzwischen eingetretene Familienzuwachs von zwei Kindern. Diesem Umstand darf durch einen Teilerlass Eechnung getragen werden, wobei aber bei dessen Bemessung berücksichtigt werden muss, dass die Busse von Fr. 1500 zu einem wesentlichen Teil den bei den Widerhandlungen erzielten und vom Gericht nicht besonders abgeschöpften widerrechtlichen Gewinn umfasst, den zu erlassen kein Anlass besteht. Wir erachten mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes den Erlass von rund Fr. 450 als angemessen und beantragen die Herabsetzung des noch ausstehenden Betrages der Busse aus dem Urteil vom 11. Juli 1947 auf Fr. 500, unter Einräumung angemessener Zahlungserleichterungen durch die Vollzugsbehörde.

1228 43. Giovanni Grignola, 1898, Kantinenführer, Airolo (Tessin), verurteilt vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht wie folgt: Am 13. August 1946 zu Fr. 900 Busse, weil er im März/April 1946 200 gefälschte Mahlzeitenkarten zum Preise von Fr. 700 gekauft hat, wovon er 21 missbräuchlich für den eigenen Bedarf verwendete und 179 dem kantonalen Kriegswirtschaftsamt zum Austausch einreichte; am 22. November 1946 zu 7 Tagen Gefängnis, bedingt erlassen, und zu Fr. 400 Busse, bei gleichzeitiger Anordnung der Urteilspublikation und des Strafregistereintrages, weil er im Jahre 1945 einem Lieferanten Eationierungsausweise für 180 kg Käse zu Fr. 3 je Kilogrammcoupon verkauft hat; am 13. Dezember 1946 zu Fr. 60 Busse wegen Verkaufs von Kastanien ausserhalb des Kantons ohne Bewilligung; am 19. September 1947 endlich zu Fr. 400 Busse, weil er in den Monaten Oktober 1945 und Januar 1946 vier Schweine schwarz geschlachtet und im Jahre 1944 ein Schwein von 110 kg zu übersetztem Preise verkauft hat.

Grignola ersucht durch einen Bechtsanwalt um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr. 1460, wozu er missliche finanzielle Verhältnisse, Geschäftsrückgang und seine Versorgerpflichten gegenüber einer Familie mit vier Kindern geltend macht. Er habe sich aus Not vergangen. Die im Betreibungsverfahren gepfändeten Guthaben sollten der Befriedigung von Lieferanten dienen. Im Falle der Verwertung müsse mit seinem Konkurs gerechnet werden.

Für die Behandlung des Gnadengesuches, soweit es sich auf die Busse von Fr. 60 bezieht, wäre nach Art. 148, Abs. 2, des BEB vom 17. Oktober 1944 das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zuständig (Bussensachen bis und mit Fr. 100). Im vorliegenden Fall, wo sich die Bundesversammlung ohnehin mit Grignola zu befassen hat, erscheint es indessen zweckmässig, dass das Gesuch gesamthaft durch eine einzige Behörde beurteilt wird.

Die Verhältnisse des Gesuchstellers sind bescheiden. Seine Erwerbsmöglichkeiten als Kantinenhalter im Gotthardgebiet scheinen sich in letzter Zeit verschlechtert zu haben, da einige Bauunternehmungen eigene Kantinen eingerichtet haben. Immerhin hat sich seine finanzielle Lage, die bereits vom Gericht als bescheiden angenommen wurde, seit den Urteilen nicht wesentlich geändert. Gemäss Steuerausweis ist im Vermögen sogar eine
leichte Vermehrung festzustellen. Seine Lasten sind die gleichen geblieben. Grignola hat sich während Jahren nicht um die Tilgung der Bussen bemüht. Obschon er mehrfach zur Zahlung aufgefordert wurde, hat er entgegen seiner wiederholten Versprechungen die ihm eingeräumten Erleichterungen nicht benützt. Erst auf die eingeleitete Betreibung hin hat er unter vier Malen insgesamt Fr. 300 bezahlt. Im Verwertungsstadium reichte er ein Begnadigungsgesuch ein. Dieses Verhalten spricht gegen Grignola. Mit der Vollzugsbehörde sind wir der Ansicht, dass er in den verflossenen Jahren bedeutend mehr hätte leisten können, wenn ihm wirklich daran gelegen wäre, Sühne zu leisten. Ein gnadenweises Entgegenkommen erachten wir jedenfalls im heutigen Zeitpunkt, wo erst rund

1229 1

/ 6 des geschuldeten Gesamtbussenbetrages bezahlt ist, nicht am Platz. Sollte das Ausbleiben weiterer Teilzahlungen die Vollzugsbehörde zwingen, das Umwandlungsbegehren zu stellen, so wird der Eichter auf Grund der von ihm vorzunehmenden genauen Überprüfung der persönlichen und finanziellen Verhältnisse Grignolas von der Möglichkeit Gebrauch machen können, die Umwandlung der Bussen in Haft auszuschliessen (Art. 49 StGB). Wir b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

44. Ernest Scherler, 1895, Metzger, Chateau-d'Oex (Waadt), verurteilt wie folgt: Am S.Oktober 1945 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu vier Monaten Gefängnis und Fr. 10 000 Busse, am 16. Juni 1947 vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu einem Monat Gefängnis, unter Anrechnung von vier Tagen ausgestandener Strafhaft, und zu Fr. 8000 Busse, sowie am 17. Dezember 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu Fr. 3000 Busse. In allen drei Urteilen wurde die Urteilspublikation und der Strafregistereintrag angeordnet. Die beiden ersten Bussen wurden ausgesprochen wegen umfangreicher Schwarzschlachtungen und Schwarzverkäufe von Fleisch, die letzte wegen Verkaufs von Fleisch zu übersetzten Preisen.

Das zweite Urteil ist als Zusatzstrafe zu jenem vom 5. Oktober 1945 zu betrachten, was bereits bei Behandlung eines früheren Begnadigungsgesuches festgestellt wurde, das im Hinblick auf diese Frage eingereicht worden ist (Antrag 172 des Berichtes vom 22. Mai 1948; BEI II, 474).

Nach dem Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes hat Scherler bis jetzt an die Bussen und Verfahrenskosten rund Fr. 12 500 bezahlt. Es stehen heute noch Fr. 11 000 der sich auf Fr. 21 000 belaufenden Gesamtschuld aus.

Der Verurteilte ersucht um Erlass dieses Bussenrestes, wozu er geltend macht, er habe im Laufe des Jahres 1949 durch Konkurs verschiedener Schuldner grosse Verluste erlitten. Ausserdem habe er bei Hotels, Bauern und anderen Metzgern noch weitere erhebliche Ausstände, mit deren Verlust gerechnet werden müsse.

Die Vollzugsbehörde hat die Verhältnisse Scherlers untersucht und beurteilt seine gegenwärtige Lage als sehr schlecht. Die grossen Verluste hätten ihn seines gesamten Betriebskapitals beraubt,
und die Banken, mit denen er bisher im Verkehr stand, verweigerten jeden weiteren Kredit. Diese Schwierigkeiten seien namentlich auf verschiedene schlechte Jahre im Fremdenverkehr zurückzuführen, welche die gesamte Bevölkerung betroffen habe. Ein Konkurs Scherlers werde sicherlich auch einen Teil seiner Schuldner mitreissen. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vertritt die Auffassung, dass diese zu erwartenden Folgen eines Zwangsinkassos keineswegs Zweck der Strafe sei. Ein Entgegenkommen dürfe auch befürwortet werden im Hinblick auf die trotz der vorliegenden Schwierigkeiten geleisteten erheblichen Zahlungen. Da gegen Scherler nach dem Bericht der Ortsbehörden

1230 ausser diesen kriegswirtschaftlichen Widerhandlungen nichts Nachteiliges vorliegt, können wir den Erwägungen des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes beipflichten und beantragen mit diesem die Herabsetzung der noch ausstehenden Bussenbeträge auf ges a m t h a f t Fr. 3000, unter Einräumung von Zahlungserleichterungen nach Anordnung der Vollzugsbehörde.

45. Hans Stebler, 1921, Metzger, Laufen (Bern), verurteilt am 28. Februar 1948 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 8000 Busse, wegen zum Teil fahrlässig, zum Teil vorsätzlich, zusammen mit seinem Vater in grossem Umfang begangener Schwarzschlachtungen sowie wegen Gewichtsdrückungen, Nichtführens der vorgeschriebenen Kontrollen, Schwarzabgabe von Fleisch, unerlaubter Manipulationen mit Eationierungsausweisen und Überschreitungen der Schlachtgewichtszuteilungen. An die Busse sind Fr. 4400 bezahlt.

Stebler ersucht um gänzlichen oder wenigstens teilweisen Erlass seiner aus dem Urteil sich noch ergebenden Verpflichtungen. Er macht geltend, die dem Urteil vorangegangenen Begleitumstände könnten heute besser gewürdigt werden als bei der Urteilsausfällung. Er persönlich habe zudem keinen widerrechtlichen Gewinn erzielt, er sei noch heute bloss Angestellter seines Vaters.

Endlich verweist er auf seine zahlreichen Aktivdiensttage.

Auf das Gesuch ist nur hinsichtlich der Eestbusse von Fr. 3600 einzutreten.

Ebenso können die Vorbringen, die sich auf Vorgänge vor dem Urteil beziehen, hier nicht gehört werden. Was im besonderen die erwähnten «Begleitumstände» anbetrifft, so waren es gerade der Gesuchsteller und dessen mitbeschuldigter Vater, die die Beurteilung des Falles durch die Bestreitung des Sachverhalts hinausgezögert haben. Das Gericht bezeichnete die Strafanträge als sehr mild und bemerkte, dass, hätte die Beurteilung im Jahre 1946 stattfinden können, sich eine unbedingte Gefängnisstrafe nicht hätte umgehen lassen. Durch die Vater und Sohn Stebler auferlegten Bussen sei nicht einmal der sich auf rund Fr. 20 000 belaufende widerrechtliche Gewinn abgeschöpft worden. Gegen das Urteil wurde denn auch wohlweislich nicht appelliert. Dass dem Gesuchsteller die Aktivdienstleistung hier als besonderes Verdienst angerechnet werden soll, kann er wohl kaum im Ernste erwarten. Er hat damit, wie jeder andere
Wehrmann, nur seine Pflicht getan.

Da sich seit dem Urteil die finanzielle Lage des Gesuchstellers nicht verschlechtert hat, auch sonst keine Kommiserationsgründe vorliegen und von einer Notlage nicht die Eede sein kann, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

46. Albert Baumann, 1911, Metzger, Balsthal, verurteilt am 8. Mai 1948 vom 1. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 6000 Busse, bei gleichzeitiger Verfügung des Straf registerein träges. Baumann hat vom März 1942 bis März 1945 in seiner Metzgerei in Holderbank mindestens 16 Schweine und 20 Kälber

1231 schwarz geschlachtet, Schlachtgewichtsdrückungen von rund 2600 kg vorgenommen und grosse Mengen Fleisch schwarz verkauft. Ein erstes Gesuch wurde von der Bundesversammlung in der Dezembersession 1948 abgewiesen (Antrag 214 des Berichtes vom 11. November 1948; BB1 III, 776).

Baumann ersucht neuerdings um Begnadigung. Er macht geltend, seine finanzielle Lage habe sich weiterhin verschlechtert. Er habe inzwischen seine Liegenschaft in Solothurn, in der er eine Metzgerei führte, ungünstig verkauft und versehe heute bei geringem Lohn eine Aushilfstelle.

Wie das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes mitteilt, hat sich die finanzielle Lage Baumanns tatsächlich verschlechtert. Sein Einkommen ist wesentlich zurückgegangen und hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse, die sich nach Aufgabe seines Geschäftes in Solothurn ziemlich genau überblicken lassen, ist eine leichte Verschuldung festzustellen. Da der Gesuchsteller über einen guten Leumund verfügt, im Strafregister nur mit dem hier in Frage stehenden Urteil verzeichnet ist und offenbar nicht aus Gründen, die ihm zur Last gelegt werden können, in die gegenwärtigen Schwierigkeiten geraten ist, kann, in Übereinstimmung mit der im Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes geäusserten Auffassung, ein teilweises Entgegenkommen in Erwägung gezogen werden. Ein gänzlicher Erlass kommt jedoch nicht in Betracht, da bereits das Gericht die finanzielle Lage als schwach bezeichnet, auf eine,« Gefängnisstraf e verzichtet und die Busse entsprechend niedrig angesetzt hat. Der Gesuchsteller befindet sich in den besten Jahren, hat nur für eine kleine Familie zu sorgen und ist mit anderen Unterstützungspflichten nicht belastet. Baumann hatte bis zur Einreichung des ersten Gesuches Fr. 450 und nach dessen Abweisung weitere Fr. 1700 bezahlt. Es stehen heute somit noch Fr. 3850 aus. Wir beantragen den Erlass der H ä l f t e des noch a u s s t e h e n d e n Bussenbetrages, so dass dem Gesuchsteller noch Fr. 1925 zu zahlen verbleiben, für welchen Betrag ihm angemessene Zahlungserleichterungen zugesichert werden.

47. Otto Stahel, 1905, Metzger, Reinach (BaseHand), verurteilt am S.April 1949 vom l. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 4800 Busse, weil er 25 Kälber und 23 Schweine schwarz
geschlachtet, Schlachtgewichtsdrückungen im Umfang von 2,4 Tonnen vorgenommen, Kalbfelle verbrüht und verwurstet, widerrechtlich einen 15 %igen Zuschlag für Gewichts- und Verarbeitungsverlust in Anspruch genommen und den so erzielten Fleischanfall zum grössten Teil schwarz verkauft hat. An die Busse sind bisher Fr. 2500 eingegangen.

Stahel ersucht um Begnadigung, wozu er geltend macht, die Busse sei im Verhältnis zu seinem Verschulden und zu den den Mitbeschuldigten auferlegten Strafen zu hoch bemessen. Er sei nicht mehr voll arbeitsfähig, und die Zukunft daher unsicher. Er befürchte, sein Vermögen aufbrauchen zu müssen und dann der Armenbehörde zur Last zu fallen. Bei seinem Monatslohn ver-

1232 möge er kaum die Seinen durchzubringen, namentlich weil das eine der zwei Kinder oft krank sei.

Soweit Stahel die richterliche Strafzumessung angreift, kann er hier nicht gehört werden. Immerhin sei darauf hingewiesen, dass das Gericht die Aufgabe des Geschäftes, die nur noch beschränkte Arbeitsfähigkeit des Gesuchstellers und sein nunmehr bescheidenes Einkommen berücksichtigt und die Busse trotz der objektiven und subjektiven Schwere des Falles herabgesetzt hat.

Stahel ist angesichts seines beachtlichen und zum Teil flüssigen Vermögens durchaus in der Lage, die Busse zu bezahlen. Auf die blosse Befürchtung, es könnte dem Gesuchsteller in einer ferneren Zukunft finanziell einmal nicht mehr so gut gehen, kann bei Beurteilung seines Gnadengesuches nicht abgestellt werden. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Es werden ihm von der Vollzugsbehörde Zahlungserleichtemngen zugesichert.

48. Louis Dupraz, 1916, Viehhändler, La Chaux-de-Fonds (Neuenburg), verurteilt zu Zusatzstrafen zu einem früheren Urteil vom 14. Juni 1946 des 6. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts (38 Tage Gefängnis, getilgt durch die ausgestandene Untersuchungshaft, und Fr. 2500 Busse) wie folgt: Am 16. Dezember 1947 vom 3. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu 15 Tagen Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges, und Fr. 2500 Busse sowie am 12. März 1948 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu sieben Tagen Gefängnis, bedingt erlassen auf drei Jahre und zu Fr. 1500 Busse.

Dupraz wurden in diesen Urteilen umfangreiche Schwarzschlachtungen von Grossvieh und Schweinen sowie der Schwarzverkauf von Schweinen und von Heisch zu übersetzten Preisen zur Last gelegt.

Der Verurteilte ersucht um erhebliche Herabsetzung der Bussen und Verlängerung der Zahlungsfristen. Er macht geltend, die Untersuchungshaft in einem früheren Straffall sowie seine Militärdienstleistungen hätten sich für sein Geschäft sehr nachteilig ausgewirkt.

Dupraz wurde im November 1948 wegen leichtsinnigen Konkurses (Art. 165 StGB) zu fünf Tagen Gefängnis verurteilt. Seither haben sich seine Verhältnisse etwas verschlechtert, doch hat er, da seine Frau ebenfalls erwerbstätig ist, sein Auskommen und wäre bei gutem Willen nach wie vor in der Lage
gewesen, etwas an die Busse zu leisten. Trotzdem ihm auf sein Ersuchen hin schon vor langem kleine monatliche Teilzahlungen von Fr. 75 zugebilligt worden sind und somit sehr weitgehendes Entgegenkommen gezeigt wurde, hat er bisher überhaupt nichts bezahlt. Hätte dem Gesuchsteller nicht ein Verwertungserlös von Fr. 1075 angerechnet werden können, so stünden heute noch beide Bussen gänzlich aus. Die Aufforderung der Vollzugsbehörde, wenigstens mit der Abtragung der Verfahrenskosten zu beginnen, die im Wege der Begnadigung nicht erlassen werden könnten, hat er ebenfalls nicht beachtet.

Angesichts dieser Sachlage sowie im Hinblick auf die zahlreichen kriegswirtschaftlichen Vorstrafen erachten wir Dupraz eines Gnadenaktes als nicht

1233 würdig und b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement es die Gesuchsabweisung.

49. Serafino Z o r t e a , 1892, Landwirt, Bellinzona (Tessin), verurteilt am 13. November 1948 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 3000 Busse, weil er sich von 1942 bis 1946 gegen Entgelt an zahlreichen Schwarzschlachtungen und am Schwarzverkauf des angefallenen Fleisches beteiligt hatte; ferner weil er im Winter 1946/47 selbst 12 Schwarzschlachtungen vorgenommen und das Fleisch schwarz abgesetzt hatte. Zortea ersuchte um Bewilligung von Eatenzahlungen, die ihm auch bewilligt wurden. Statt aber dieses Entgegenkommen zu benutzen und seinen Zahlungswillen unter Beweis zu stellen, reichte er ein Gnadengesuch ein.

Zortea ersucht unter Berufung auf seine misslichen finanziellen Verhältnisse und die Unterhaltspflicht für ein noch minderjähriges Kind um Erlass der Busse. Er habe sich nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Kot vergangen.

Er habe bereits 20 Tage Untersuchungshaft ausgestanden.

Das Gericht hat die geschilderten Verhältnisse Zorteas gekannt und durchaus gewürdigt. Nicht zuletzt im Hinblick auf die ausgestandene Untersuchungshaft hat es auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe verzichtet. Eine Veränderung in den Verhältnissen des Gesuchstellers seit dem Urteil ist nicht nachgewiesen. Das Gericht hat ausserdem ausdrucklich festgestellt, der Gesuchsteller habe die Widerhandlungen ausschliesslich aus Gewinnsucht begangen. Zortea, der es bisher an jedem Zeichen guten Willens hat fehlen lassen, befindet sich auch heute nicht in einer Notlage, weshalb ihm Zahlungen zugemutet werden müssen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die G e s u c h s a b w e i s u n g .

Sollte es wider Erwarten zur Einleitung des Umwandlungsverfahrens kommen, so wird der Richter, sofern Zortea seine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen vermag, die Umwandlung ausschliessen können.

50. Franz Fleischmann, 1900, Schweinemäster, Schubelbach (Schwyz), verurteilt am 14. September 1949 vorn kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 1500 Busse und zur Zahlung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 1500 an den Bund.

Fleischmann hat
Schwarzschlachungen von Schweinen im Ausrnass von 4 Tonnen Fleisch vorgenommen. Die Ware lieferte er ohne Rationierungsausweise zu übersetztem Preis an einen Metzger in Zürich.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Busse und der Verpflichtung zur Zahlung eines widerrechtlichen Gewinnes. Er erklärt, sich nicht in schwerem Masse vergangen zu haben und nur ein kleiner kriegswirtschaftlicher Sünder zu sein. Die sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen stünden weder zu seinem Verschulden noch zu seiner misslichen finanziellen Lage in richtigem Verhältnis. Auch habe er nicht aus Gewinnsucht gehandelt. Im Jahre 1937 habe er beim Konkurs eines Schuldners einen grossen Verlust erlitten, und in den letzten Jahren hätte ihm die Schweinepest grossen Schaden gebracht.

1234 Die Gesuchsbegründung bildet weitgehend eine Kritik am Urteil, die hier nicht zu hören ist. Auszugehen ist von den Peststellungen des Gerichts, das die Verfehlungen als aus gewinnsüchtigen Beweggründen heraus begangen und als schwer bezeichnet hat. Den als bescheiden bezeichneten Verhältnissen Fleischmanns wurde durch Ausfällung einer gegenüber dem Strafantrag herabgesetzten Busse und durch nicht volle Abschöpfung des auf Fr. 8480 errechneten widerrechtlichen Gewinnes weitgehend entgegengekommen.

Diese Milderungsgründe hier nochmals zu berücksichtigen, besteht um so weniger Anlass, als sich inzwischen herausgestellt hat, dass der Gesuchsteller sogar über ein kleines Vermögen verfügt, was dem Eichter nicht bekannt war und das den Hinweis Fleischmanns auf eine Notlage in einem eigenartigen Licht erscheinen lässt. -- Was den im Jahre 1937 eingetretenen Verlust anbetrifft, so war dieser, wie auch die durch die Seuche erlittene Einbusse, vor dem Urteil eingetreten und kann zur Begründung eines Gnadengesuches nicht erneut herangezogen werden.

Eine Verschlechterung der persönlichen finanziellen Verhältnisse Fleischmanns seit dem Urteil ist in keiner Weise nachgewiesen. Die gezeigte Einsichtslosigkeit und die fehlende Sühnebereitschaft spricht gegen einen Gnadenakt. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung. Die Vollzugsbehörde sichert Zahlungserleichterungen zu. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes wird ausserdem in einem besonderen Verfahren prüfen, ob auf den Einzug des widerrechtlichen Gewinnes verzichtet werden kann (Art. 145 BEB vom 17. Oktober 1944).

51. Ernst Knubel, 1899, Magaziner, St. Nikiaus (Wallis), verurteilt am 9. Dezember 1947 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 700 Busse, weil er als Verwalter des Konsumvereins St. Nikiaus Zucker ohne Eationierungsausweise abgegeben und die Warenkontrolle mangelhaft geführt hat. Der Konsumverein St. Nikiaus wurde für die Zahlung von Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt. -- Gemäss der bei den Akten liegenden Pfändungsurkunde ist für die Busse und die Verfahrenskosten Deckung vorhanden. Im Verwertungsverfahren wurde eine Aufschubbewilligung erteilt.

Der Gesuchsteller hat in der Folge in
Teilzahlungen Fr. 409.10 bezahlt.

Für den Eestbetrag von Fr. 290.90 ersucht der Verurteilte um Begnadigung.

Er verweist auf seine ärmlichen Verhältnisse und seine Familienlasten. Der Gemeinderat von St. Nikiaus unterstützt das Gesuch.

Knubel, dessen finanzielle Lage sich seit dem Urteil tatsächlich verschlechtert hat, kommt für seine Familie mit 4 Kindern auf und unterstützt ausserdem eine kranke Verwandte. Ein von seiner Frau bewirtschaftetes Eestaurant und Pension hat er aufgeben müssen. Sein Lohn als Magaziner, auf den er heute ausschliesslich angewiesen ist, erreicht nach dem Mitbericht des Generalsekretariates des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes das betreibungsrechtliche Existenzminimum nicht. Er habe deshalb neue Schulden

1235 eingehen müssen. Trotzdem bemüht er sich, wie das Betreibungsamt Visp meldet, redlich, die Gläubiger durch die vorgesehenen Raten zu befriedigen.

Das kleine Vermögen (Grundeigentum) ist seit 1947 auf einen Viertel zurückgegangen. Dass bis jetzt noch keine Verlustscheine hätten ausgestellt werden müssen, sei allein auf den Verkauf eines Teils seines Grundbesitzes zurückzuführen.

Unter den geschilderten Umständen lässt sich eine teilweise Begnadigung des gut beleumdeten und nicht vorbestraften Gesuchstellers rechtfertigen. Im Hinblick auf die vom Betreibungsamt Visp vertretene Auffassung. Knubel werde in der Lage sein, weitere Teilzahlungen zu leisten, wenn ihm dazu genügend Zeit gelassen werde, erachten wir den Brlass von rund Fr. 200 als angemessen. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Herabsetzung der Bestbusse auf Fr. 90, unter Einräumung angemessener Zahlungserleichterungen.

52. Thérèse B u r k h a r d , 1908, Hausangestellte, Zürich, verurteilt am 28. März 1949 vom 9. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 500 Busse wegen Schwarzbezuges von Käse und Fleisch in den Jahren 1942--1946 und, in gemeinsamer Tatbegehung mit ihrem früheren und mitangeschuldigten Ehemann, wegen Schwarzbezuges von 800 Eiern zu übersetztem Preis sowie von 130 Liter Eahm und ca. 240 kg Butter.

Die Verurteilte ersucht durch einen Eechtsanwalt um Herabsetzung der Busse auf Fr. 100. Sie macht geltend, aus England zurückgekehrt zu sein, wo sie zu einem kleinen Lohn als Hausangestellte tätig gewesen sei. Sie werde nun sofort in der Schweiz eine neue Stelle suchen. Über Vermögen verfüge sie nicht.

Die anlässlich der Scheidung im Jahre 1947 herausbekommene Summe sei nicht mehr vorhanden.

Bereits anlässlich der Gerichtsverhandlungen wurde darauf hingewiesen, die Gesuchstellerin verdiene ihr Brot als Hausangestellte und verfüge über keinerlei Reserven. Das Gericht hat somit die Busse in voller Kenntnis der bestehenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesuchstellerin festgesetzt. Seither haben sich diese überhaupt nicht geändert. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

53 Robert Debrot, 1900, Müller, Valangin (Xeuenburg), verurteilt am 17. Dezember 1946
vom 6. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu'Fr. 400 Busse und zur Zahlung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 1260 an den Bund. Debrot hat in den Jahren 1943 bis 1945 die Mahlvorschriften nicht eingehalten und bedeutende Mengen zu weissen Mehles widerrechtlich verkauft. -- Bis jetzt sind in verschiedenen Teilzahlungen Fr. 1000 eingegangen, die dem Verurteilten wunschgemäss an den widerrechtlichen Gewinn angerechnet worden sind.

Debrot ersucht um Erlass der Busse des noch ausstehenden widerrechtlichen Gewinnes sowie der Verfahrenskosten. Er fuhrt zunächst aus, wie er

1236 zu diesen Widerhandlungen gekommen sei. Ausserdem macht er geltend, seine erste Frau sei lange krank gewesen, was ihm grosse Kosten verursacht hätte.

Widerrechtliche Gewinne und Verfahrenskosten sind keine Strafen; auf das Gesuch kann deshalb nur hinsichtlich der Busse eingetreten werden. -- Der Hinweis auf die angeblichen Umstände der Tatbegehung ist hier nicht zu hören, da die Überprüfung des rechtskräftigen Urteils im Begnadigungsweg nicht angängig ist. Die geltend gemachten ärztlichen Behandlungskosten fallen in die Zeit lange vor dem Urteil und vermögen deshalb ein Entgegenkommen ebenfalls nicht zu begründen. Die Einkommens- und namentlich auch die Vermögensverhältnisse des Gesuchstellers sind nach dem bei den Akten liegenden Steuerausweis endlich so beschaffen, dass ihm die Zahlung der Busse ohne weiteres zuzumuten ist. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

54. Marcelle B e r n d t , 1917, Hausfrau, Genf, verurteilt am 7. November 1946 vom Einzelrichter des 3. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 400 Busse wegen Handels mit Kationierungsausweisen. Die Busse wurde am 20. Mai 1948 vom gleichen Eichter in 40 Tage Haft'umgewandelt. Das kriegswirtschaftliche Strafappellationsgericht hat ein Revisionsgesuch am 2. September 1949 abgewiesen.

Am 13. Dezember 1949 ersuchte der Vormund der Verurteilten um Erlass der Busse bzw. der Haftstrafe. Er macht geltend, sein Mündel sei unzurechnungsfähig. Als Mutter von 5 Kindern und bei dem geringen Lohn des Ehemannes sei die Tilgung der Busse gänzlich ausgeschlossen gewesen. Der Vollzug der Haftstrafe würde eine übertriebene Härte darstellen.

Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes bestätigt in seinem Mitbericht die bescheidenen finanziellen Verhältnisse. Er führt ausserdem aus, es sei im Zeitpunkt der Umwandlung der Busse weder der Vollzugsbehörde noch dem kriegswirtschaftlichen Richter bekannt gewesen, dass Frau Berndt in Genf durch das kantonale erstinstanzliche Gericht am 6. Februar 1946 als unzurechnungsfähig erklärt und unter Vormundschaft gestellt worden sei. Hätte es davon gewusst, so wäre im Umwandlungsverfahren der Ausschluss der Urnwandlung beantragt und vom Richter mit aller Wahrscheinlichkeit auch beschlossen worden. Die
Vollzugsbehörde spricht sich aus diesen Gründen für den Verzicht auf den weiteren Vollzug der Strafe aus.

Auch die Revisionsinstanz hat Frau Berndt auf den Gnadenweg verwiesen.

Unter diesen Umständen b e a n t r a g e n wir den Erlass der Busse bzw. der Haftstrafe.

55. Johannes Engler, 1880, Landwirt, Stein (Aargau), verurteilt am 10. Oktober 1949 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 350 Busse.

Engler hat in den Jahren 1944 bis 1947 4200 Liter Milch nicht abgeliefert und diese unerlaubterweise im eigenen Haushalt verbraucht und an Tiere verfüttert.

1237 Der Verurteilte ersucht um Erlass der Busse. Er bestreitet den dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt. Da ihn kein Verschulden treffe, könne er die Busse nicht bezahlen.

Engler macht überhaupt keine Kommiserationsgriinde geltend. Da ihm die Zahlung der Busse auch im Hinblick auf seine finanziellen Verhältnisse zugemutet werden darf, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen ,Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung, sofern erforderlich unter Einräumung angemessener Zahlungserleichterungen.

56. Léon P e t i g n a t , 1901, Landwirt, Alle (Bern), verurteilt am 25. September 1948 vom Einzelrichter des 8. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 300 Busse, weil er in den Jahren 1945 bis 1948 mindestens 31 000 Liter Milch nicht abgeliefert und die vorgeschriebene Lieferkontrolle nicht geführt hat.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Busse. Er bestreitet die Eichtigkeit des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts.

Der Gesuchsteller ficht ausschliesslich das rechtskräftige Urteil an, was einen Gnadenakt nicht zu begründen vermag. Der Eichter, den Petignat der Ausfällung eines Fehlurteils bezichtigt, hat die vorgebrachtenEinwände'übrigens gekannt. Sie gaben ihm sogar Anlass, die erste Gerichtssitzung zu vertagen und eine ergänzende Untersuchung anzuordnen. Im übrigen hätte es Petignat in der Hand gehabt, das Urteil durch die Berufungsinstanz überprüfen zu lassen.

-- Der Gesuchsteller hat sich bis jetzt dem Vollzug der Busse mit allen Mitteln widersetzt, die Behörden zur Einleitung der Betreibung gezwungen, in diesem Verfahren Eechtsvorschlag erhoben und sich ganz allgemein als gänzlich einsichtslos und eines Gnadenaktes wenig würdig gezeigt. Da auch hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse seit dem Urteil keine Verschlechterung eingetreten ist, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

57. Otto Lüscher, 1889, Anstaltsverwalter, Holderbank (Aargau), verurteilt am 18. Juli 1949 vom Einzelrichter des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 200 Busse. Lüscher hat in den Jahren 1943--1945 fortgesetzt fahrlässig Grossbezügerausweise für Lebensrnittel, Coupons von persönlichen Lebensmittelkarten von Anstaltsinsassen und
Mahlzeitencoupons der kollektiven Haushaltung widerrechtlich geschenkweise an Privatpersonen abgegeben, widerrechtlich Grossbezügercoupons für Butter gegen Fleischcoupons von persönlichen Lebensmittelkarten ausgetauscht und geschenkweise Lebensmittel aus der kollektiven Haushaltung an verschiedene Privatpersonen abgegeben.

Lüscher ersucht durch einen Eechtsanwalt um Begnadigung. Er macht geltend, zu Unrecht verurteilt worden zu sein. Nicht einmal die Behörden hätten sagen können, ob sein Verhalten erlaubt oder verboten war. Zudem habe er keinen persönlichen Vorteil gesucht, und die durch sein Verhalten bevorzugten Personen seien straflos ausgegangen. Auch habe man den Fall verschleppt.

1238 Nachdem bereits die Berufungsinstanz zu sämtlichen Einwänden des Verurteilten Stellung genommen und diese zurückgewiesen hat, kann im Begnadigungsweg, wo die Überprüfung rechtskräftiger Urteile nicht möglich ist, darauf nicht eingetreten werden. Da der Gesuchsteller nicht behauptet, die Busse nicht bezahlen zu können, irgendwelche andere Kommiserationsgründe weder geltend gemacht werden noch sonstwie bekannt sind, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparte mentes die Gesuchsabweisung.

58. Otto Arnold, 1900, Landwirt, Unterschächen (Uri), verurteilt am 80. August 1948 vom Einzelrichter des 2. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 200 Busse, weil er in den Jahren 1945 und 1946 bei der Schwarzschlachtung von 3 Schweinen und einem Kalb dadurch Mithilfe leistete, dass er das Kalb zur illegalen Schlachtung verkaufte und seine Eäumlichkeiten für die Schlachtungen zur Verfügung stellte. Er hat ferner zwei Schweine schwarz bezogen und 155 kg Kuhfleisch aus einer nicht gemeldeten Notschlachtung schwarz abgegeben. Arnold hat die Hälfte der Busse bezahlt.

Ein erstes Gnadengesuch wurde unter Einräumung von Zahlungserleichterungen in der Dezembersession 1949 abgewiesen (Antrag 124 des Berichtes vom 23. November 1949; BEI II1084). Der Verurteilte hat sein Gesuch sofort nach der Eröffnung dieses Entscheides erneuert. Er ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu er geltend macht, seinerzeit aus einer Notlage heraus gehandelt zu haben. Er sei in erster Linie für seine Familie verantwortlich, die er nicht darben lassen könne.

Arnold macht nichts geltend, was er nicht bereits im ersten Gesuch vorgebracht hätte. Nach dem Bericht der Ortsbehörde haben sich auch seine Verhältnisse seit Behandlung des ersten Gesuches in keiner Weise verändert.

Es fehlen somit alle Voraussetzungen für einen Gnadenakt, weshalb ' wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung beantragen. Ausserdem sei Arnold eine Frist von zwei Jahren anzusetzen, während welcher er sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3 StGB).

Gemâss den Vorschriften betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung sind verurteilt worden (59--68): 59. Jean Muhlematter, 1897, Kaufmann, Cortaillod (Neuenburg), verurteilt
am 1. Juli 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Milderung zweier erstinstanzlicher Urteile, zu Fr. 8000 Busse; die Firma «Eaisin d'Or S. A.» in Chez-le-Bart wurde für die Zahlung eines Bussenbetrages von Fr. 5000 sowie für einen Teil der Verfahrenskosten im Betrage von Fr. 1292.60 solidarisch haftbar erklärt und ausserdem verhalten, der Bundeskasse einen widerrechtlichen Gewinn von Fr. 20 000 abzuliefern. Mühlematter hat als Delegierter des Verwaltungsrates der genannten Firma in den Jahren 1944 und 1945 grosse volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigte Schiebungen

1239 mit getrockneten Weinbeeren vorgenommen sowie grosse Mengen Fruchtkonzentrat der vorgeschriebenen Qualitätskontrolle entzogen und zu Überpreisen verkauft.

Der Verurteilte ersucht um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse. Seine Ausführungen beziehen sich zunächst auf das Verschulden. Er macht namentlich geltend, bei den Weinbeeren habe es sich um leicht verderbliche Ware gehandelt. Einen persönlichen Vorteil habe er nicht erzielt. Der Firma «Eaisin d'Or S. A.» sei durch seine Bemühungen, dem Konsumenten in Form eines Fruchtkonzentrates einen Zuckerersatz zuzuführen, grosser Sehaden entstanden. Er sei kein skrupelloser Schieber, sondern habe im Gegenteil der Kriegswirtschaft auch auf anderen Gebieten gute Dienste zu leisten versucht und auch geleistet. Heute sei er finanziell vollständig ruiniert.

Auf das Gesuch ist nicht einzutreten, soweit sich die Begründung auf die Schuldfrage bezieht. Die Überprüfung des Berufungsurteils ist hier nicht möglich. -- Die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers waren nicht genau überprüfbar; auch die Gemeindebehörden von Cortaillod waren nicht in der Lage, Auskunft zu erteilen. Dagegen wies der Gemeindekassier darauf hin, dass Mühlematter vor kurzem mit seiner Ehefrau die Gütertrennung durchgeführt habe, was zweifellos auf gegenwärtige finanzielle Schwierigkeiten zurückzuführen sei. Anderseits teilte der Untersuchungsrichter in Neuenburg mit, Mühlematter sei auf Klage von Geschädigten hin am 22. Februar 1950 verhaftet, und es sei gegen ihn eine Strafuntersuchung eingeleitet worden wegen Veruntreuung, leichtsinnigen Konkurses, Unterlassung der Buchführung und allenfalls Betruges. Der Eichter konnte sich noch nicht abschliessend zu diesen Beschuldigungen äussern, doch schienen sie nicht aus der Luft gegriffen zu sein.

Unter diesen Umständen können wir ein Entgegenkommen nicht befürworten. Es wird ,vielmehr Sache des Umwandlungsrichters "sein, gegebenenfalls die Umwandlung der Busse in Haft auszuschliessen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hiezu erfüllt sein sollten. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

60. Eaisin d ' O r S. A., Chez-le-Bart (Neuenburg), am 1. Juli 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht in der Strafsache ihres früheren
Delegierten des Verwaltungsrates, Jean Muhlematter, betreffend volkswirtschaftlich ungerechtfertigte Schiebungen und Nichteinhalten der Qualitätsprüfungs- und Preisvorschriften (vgl. Antrag 59 dieses Berichtes) zur Zahlung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 20 000 an den Bund verurteilt und solidarisch haftbar erklärt für einen Bussenbetrag von Fr. 5000 und einen Anteil der Verfahrenskosten von Fr. 1292.60.

Über die Firma Eaisin d'Or S. A. ist inzwischen der Konkurs eröffnet worden. Der Konkursverwalter ersucht im Namen der übrigen Gläubiger um Erlass der der Firma aus dem Urteil vom 1. Juli 1949 entstandenen Verplichtungen. Er macht geltend, es befänden sich unter den Konkursgläubigern

1240 eine ganze Eeihe kleiner Weinbauern, welche Opfer des widerrechtlichen Geschäftsgebarens des früheren Verwalters geworden seien. Halte der Bund seine Forderung aufrecht, so würde dies für diese Leute zwangsläufig die Beduktion der an sich schon kleinen Konkursdividende bedeuten.

Gemäss Artikel 896, Absatz l, StGB können durch Begnadigung alle durch rechtskräftiges Urteil auferlegten S t r a f e n ganz oder teilweise erlassen werden. Auf das Gesuch kann somit zum vornherein nicht eingetreten werden, soweit es sich auf den widerrechtlichen Gewinn und die Solidarhaft für die Verfahrenskosten bezieht, die keine Strafen im Sinne des Artikels 396 darstellen. Aber auch hinsichtlich der Solidarhaft für die Busse ist ein Erlass im Gnadenweg aus dem gleichen Grunde nicht möglich. Gemäss Artikel 395, Absatz l, StGB kann ein Gnadengesuch vom Verurteilten -- d. h. in Verbindung mit der vorerwähnten Bestimmung des Artikels 896 StGB vom Bestraften -- eingereicht werden. Mit Busse belegt, also bestraft, wurde durch Urteil des kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgerichts einzig der Geschäftsführer Mühlematter. Die auf Grund des Artikels 8, Absatz l, des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege gegenüber der Firma Eaisin d'Or verhängte Solidarhaft macht den Solidarschuldner nicht zum «Bestraften» im Sinne des Artikels 396, Absatz l, StGB. Ist die Deliktsfähigkeit juristischer Personen ganz allgemein zu verneinen, so bestimmt der besagte Artikel 8 des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1944 noch ausdrücklich, dass bei den im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person begangenen Widerhandlungen die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung finden, die für sie gehandelt haben oder handeln sollen. Dass die der Firma Eaisin d'Or auferlegte Solidarhaft für die Busse keine Strafe darstellt, lässt sich übrigens auch aus Artikel 49 StGB ableiten, wo über den Bussen Vollzug unter Ziffer 3 bestimmt wird : «Bezahlt der Verurteilte die Busse nicht und verdient er sie auch nicht ab, so wird sie durch den Eichter in Haft umgewandelt.» Dies setzt voraus, dass der Gebüsste eine natürliche Person sein muss. -- Nach dein Gesagten sind somit die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Gnadenakt auch hinsichtlich der Solidarhaft
für die Busse nicht gegeben, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Nichteintreten beantragen.

61. Clément Bender, 1890, Lehrer, Fully (Wallis), verurteilt am 21. Februar 1947 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht zu Fr. 2500 Busse, in Verschärfung des erstinstanzlichen Urteils, weil er als Sekretär der «Société fruitière de Fully» an der Nichteinhaltung der Höchstpreise durch den Geschäftsführer dieser Organisation während der Jahre 1942 und 1943 mitverantwortlich war.

Einem ersten Begnadigungsgesuch hat die Vereinigte Bundesversammlung in der Dezembersession 1949 durch Herabsetzung der Busse auf Fr. 1000 teilweise entsprochen. (Antrag 67 des Berichtes vom 14. November 1949; BB1 II,

1241 897). Dieser Entscheid wurde Bender am 19. Januar 1950 eröffnet. Bereits am 9. Februar 1950 ersuchte er erneut um völligen Erlass der Busse. Er macht ·wiederum geltend, gänzlich zu Unrecht verurteilt worden zu sein. Ausserdem habe er 1949 in seinem Landwirtschaftsbetrieb mit Verlust gearbeitet.

Dem Gesuchsteller steht es frei, die Revision des Urteils zu verlangen, sofern er glaubt, dafür Gründe vorbringen zu können. Im Begnadigungsweg ist die Überprüfung des rechtskräftigen Urteils nicht möglich. Auch mit der in einem einzigen Satz hingeworfenen und mit nichts belegten Behauptung über den schlechten Ertrag in der von ihm und seiner Familie betriebenen Landwirtschaft kann ein Gnadenakt nicht begründet werden. Der erste Teilerlass ist übrigens gerade im Hinblick auf die finanzielle Lage des Gesuchstellers gewährt worden. Es hegen somit überhaupt keine Gründe vor, die ein weiteres Entgegenkommen rechtfertigen könnten. Dass Bender, ohne bis jetzt überhaupt irgendeine Zahlung geleistet zu haben, sofort nach Eröffnung des entgegenkommenden Entscheides über sein erstes Gesuch erneut den Erlass des Bussenrestes verlangt, spricht gegen ihn. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Ausserdem sei Bender eine Frist von zwei Jahren anzusetzen, während welcher das Gesuch nicht erneuert werden darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

62. Heinrich Wagner, 1908, Metzger und Liegenschaftsvermittler, Zürich, verurteilt am 28. April 1947 vom 8. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1300 Busse und zur Zahlung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 440 an den Bund, weil er Ende 1944 Schweine schwarz geschlachtet und ausserdem 800 kg Schweinefleisch zu übersetzten Preisen gekauft und im Kettenhandel unter Erzielung eines widerrechtlichen Gewinnes ebenso wieder veräussert hat. Die Busse wurde vom gleichen Gericht am 28. März 1949 in 3 Monate Haft umgewandelt. Das kriegswirtschaftliche Straf appellationsgericht hat das Eintreten auf die Appellation am 14. September 1949 verweigert, da Wagner der zweimaligen Aufforderung der Berufungsinstanz, die Appellation zu begründen, keine Folge leistete.

Wagner ersucht um Erlass der Busse bzw. der Umwandlungshaft, wozu er geltend macht, seine finanzielle Lage habe sich bedeutend verschlechtert.

Zahlreiche
Betreibungen seien gegen ihn ergangen und bereits im Jahre 1948 seien 6 Verlustscheine zur Ausstellung gelangt. Er und seine Familie seien heute von der Armenbehörde abhängig. -- Das Fürsorgeamt der Stadt Zürich unterstützt das Gesuch unter Hinweis auf die Interessen der rechtschaffenen Angehörigen und mit dem Bemerken, in finanzieller Hinsicht sei nichts mehr zu holen. Der Haftvollzug werde höchstens für die Armenbehörde noch eine vermehrte Belastung mit sich bringen.

Wagner hat bereits am 9. November 1949 ein Gesuch um gnadenweisen Erlass einer anderen in 8 Monate Haft umgewandelten Busse (Urteil des 9. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts vom 27. November 1946 wegen ähnlicher Vergehen) eingereicht. Da diese Haftstrafe bereits angetreten und zum Teil verBundesblatt. 102. Jahrg. Bd. I.

87

1242 büsst war, verweigerte das als Vollzugsbehörde hiezu zuständige Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes im Einvernehmen mit der Bundesanwaltschaft dem Gesuch die aufschiebende Wirkung.

Dies im Hinblick auf ein von den Fürsorgebehörden der Stadt Zürich in Aussicht gestelltes und nun hier vorliegendes weiteres Begnadigungsgesuch für die Busse aus dem zweiten Urteil, und aus der Erwägung, dass aus den nachstehend angeführten Gründen der Erlass beider Bussen bzw. Haftstrafen ohnehin nicht in Betracht fallen könne.

Die finanziellen Verhältnisse Wagners haben sich seit dem Jahre 1947 ganz bedeutend verschlechtert. Der zur Zeit des Urteils gutgestellte Gesuchsteller ist heute armengenössig. Zahlreiche Betreibungen haben zur Ausstellung von 13 definitiven und 16 provisorischen Verlustscheinen geführt. Diese Entwicklung würde an sich ein Entgegenkommen aufdrängen, wenn nicht folgende Umstände entschieden gegen den Gesuchsteller sprechen würden. Wie das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes hat feststellen können, sind Wagner im Januar und Mai 1947 Provisionen von Fr. 8600 und Fr. 800 ausbezahlt worden. Daraus hätte der Gesuchsteller zum mindesten einen Teil seiner Bussen tilgen können. Er hat es indessen vorgezogen, diese Einkünfte anderweitig zu verwenden und mit der Abtragung seiner Bussenverpflichtungen zuzuwarten. Diese Säumnis durch einen nachträglichen Erlass gewissermassen zu belohnen, ist unseres Erachtens auch dann nicht angängig, wenn dadurch bedauerlicherweise die rechtschaffene Ehefrau und die heranwachsenden Kinder berührt, und die Armenbehörde zu weiteren Leistungen an die Familie gezwungen werden sollten. Den finanziellen Erwägungen der Armenbehörde kann im Begnadigungsweg kein entscheidendes Gewicht zukommen. -- Gegen eine Begnadigung spricht aber auch der Umstand, dass Wagner im Februar 1948 wegen wiederholten Diebstahls zu 5 Monaten Gefängnis (bedingt) hat verurteilt werden müssen und dass sein Leumund entsprechend zu wünschen übrig lägst. Unter diesen Umständen sowie auch im Hinblick auf die bereits vom kriegswirtschaftlichen Richter ausdrücklich hervorgehobene Einsichtslosigkeit des Gesuchstellers, seine gewinnsüchtigen Beweggründe und sein gleichgültiges Verhalten im Vollzugsverfahren könnte die Gewährung eines gnadenweisen
Entgegenkommens mit der bisherigen strengen Praxis der Begnadigungsbehörde, namentlich auch in bezug auf die Würdigkeit eines Gesuchstellers, nicht in Einklang gebracht werden, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung beantragen.

63. Jakob Moser, 1920, Velomechaniker, Zürich, verurteilt am 4. September 1946 vom 2. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1000 Busse und zur Bezahlung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 189 an den Bund. Moser hat vom November 1944 bis Januar 1945 im Tessin eine grosse Zahl Fahrradreifen und Schläuche schwarz gekauft und diese rechtswidrig und zu übersetzten Preisen an Personen abgesetzt, die in seinem Geschäft vor-

1243 gesprochen haben. Ein erstes Begnadigungsgesuch wurde in der Junisession 1949 von der Bundesversammlung abgewiesen (Antrag 178 des Berichtes vom 24. Mai 1949; BEI 1949, I, 1121). Bis zur Behandlung des ersten Gesuches waren, eingerechnet eine Konkursdividende, Fr. 173.15 getilgt. Seither hat er weitere Er. 600 bezahlt.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes von Er. 226.85, wozu er wiederum geltend macht, er habe sich aus einer bedrängten Lage heraus vergangen. Einen Gewinn habe er überhaupt nicht erzielt und nach dem Urteil Bei er in Konkurs geraten. Nun könne er eine englische Generalvertretung übernehmen, was jedoch die Eegelung der Konkurssache voraussetze. Für den Rückkauf des Verlustscheines habe ihm ein Bekannter ein Darlehen gewährt.

Davon habe er Fr. 600 für die teilweise Tilgung der Busse verwendet.

Obschon bereits im Antrag zum ersten Gesuch dargelegt worden ist, dass die auf eine Kritik des Urteils hinauslaufenden Einwände im Wege der Begnadigung nicht gehört werden können, führt sie Moser wiederum an. Die Hartnäckigkeit, mit der er an diesen Argumenten festhält, spricht gegen ihn und lässt auf seine Einsichtlosigkeit schliessen. Die finanzielle Lage des Gesuchstellers hat sich seit Abweisung des ersten Gesuches nicht verschlechtert, sondern gebessert. Er betreibt heute wieder ein eigenes Geschäft und hat die von ihm erwähnte Generalvertretung einer Fahrradfabrik in England bereits übernommen. Die Verlustscheine aus seinem Konkurs hat er, bis auf einen, zurückerwerben können, was auch dann eine Besserung seiner Verhältnisse darstellt, wenn er von befreundeter Seite ein Darlehen hat aufnehmen müssen.

Bei Berücksichtigung des weitgehenden Entgegenkommens des Gerichtes bei der Strafzumessung sowie der Vollzugsbehörde durch den Erlass der Verfahrenskosten und des widerrechtlichen Gewinnes besteht unter den heute vorliegenden Verhältnissen kein Grund zu einem Erlass des Bussenrestes, dessen Tilgung in Teilzahlungen dem kriegswirtschaftlich nicht weniger als fünfmal vorbestraften Gesuchsteller durchaus zuzumuten ist. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung unter Ansetzung einer Frist von 2 Jahren, während welcher Moser sein Gesuch nicht erneuern darf (Art. 395, Abs. 3, StGB).

64. Carlito Soldati,
1920, Bureauangestellter, Mareggia (Tessin), verurteilt am 9. August 1949 vom 7. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 1000 Busse und zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 1570 an den Bund. Soldati hat vom Oktober 1946 bis Januar 1947 von einem Mitbeschuldigten unrechtmässig 2200 kg Weissmehl bezogen, wovon er 2170 kg schwarz und zu übersetzten Preisen weiterverkaufte. Den mitbeschuldigten Dritten hat er zum Diebstahl dieses Mehls angestiftet und ihn mit einer Barzahlung von Fr. 130 sowie mit dem Versprechen auf Bezahlung von Fr. l je verkauftes kg Mehl entschädigt. Der Reingewinn des Verurteilten betrug Fr. 2470.

1244 Soldati ersucht um Erlass, eventuell Herabsetzung von Busse, Verfahrenskosten und der Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes.

Er sei wegen Anstiftung des Dritten zum Diebstahl bereits gemeinrechtlich zu einer bedingt ausgesprochenen neunmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden und habe deswegen seine Stelle aufgeben müssen. Zurzeit sei er arbeitslos. Da es sich um seine erste Verfehlung handle, würde der Erlass der geschuldeten Beträge ein gerechtfertigter Akt der Milde darstellen.

Auf das Gesuch kann nur hinsichtlich der Busse eingetreten werden, da es sich bei den Verfahrenskosten und dem widerrechtlichen Gewinn um keine Strafen handelt. -- Die finanziellen Verhältnisse Soldatis sind schlecht.

Er ist zurzeit arbeitslos. Auch hat er noch einen Betrag von Fr. 2700 an die geschädigte Müllereifirma zu zahlen. Trotzdem kann ein Gnadenakt nicht befürwortet werden. Der kriegswirtschaftliche Eichter hat sowohl die gemeinrechtliche Bestrafung und die missliche finanzielle Lage gekannt und bei der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt; er hat die Busse gegenüber dem Strafantrag auf die Hälfte herabgesetzt und auf die Einziehung des vollen widerrechtlichen Gewinnes verzichtet. Weder ist seither eine Änderung in den Verhältnissen des Gesuchstellers eingetreten noch sind besondere Umstände zu verzeichnen, die einen Gnadenakt rechtfertigen könnten. Vielmehr sind die Schwierigkeiten, denen Soldati heute gegenübersteht, ausschliesslich selbst verschuldet. Wir erachten die Anforderungen, die an die Würdigkeit eines Gesuchstellers gestellt werden müssen, als nicht gegeben. Auch ein teilweiser Erlass wäre angesichts des Fehlens jeder Anstrengung des Gesuchstellers zur Tilgung seiner sich aus dem Urteil ergebenden Verpflichtungen nicht zu verantworten. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

65. Josef Käslin, 1910, Landwirt und Viehhändler, Ennetbürgen (Nidwaiden), verurteilt wie folgt : am 7. Oktober 1947 vom Einzelrichter des 5. kriegswirtschaftlichen Strafgericht zu Fr. 300 Busse wegen Forderung übersetzter Preise für ISfussbaumrundholz und geschnittenes Nussbaumholz und wegen Nichtmeldens des Verkaufes von Nussbaumrundholz. Ferner am 30. Oktober 1948 vom Einzelrichter des 2. kriegswirtschaftlichen
Strafgerichts zu Fr. 500 Busse wegen Verkaufs, bzw. Vermittlung von 6 Stück Grossvieh unter Umgehung der Viehannahmekommission. -- Im Vollzug hat es der Verurteilte zum Eechtsöffnungsverfahren und in der Folge zur Ausstellung eines Verlustscheines kommen lassen. Kürzlich hat er eine erste Zahlung von Fr. 14 geleistet.

Mit Einwilligung Käslins ersucht die Vormundschaftsbehörde von Ennetbürgen um eine wesentliche Herabsetzung der beiden Bussen, die vom Verurteilten nicht bezahlt werden könnten. Die Umwandlung der Bussen in Haft würde für die Familie ein schweres Unglück darstellen, das es zu verhüten gelte. Käslin habe sich nicht zuletzt vergangen, um an den Unterhalt der Familie beitragen zu können.

1245 Die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers sind nicht gut. Er bewirtschaftet die verschuldete Hofstatt seiner Mutter als Pächter. Die drei letzten für die Landwirtschaft in dieser Gegend schlechten Jahre haben ihn gezwungen, durch Futterzukäufe neue Schulden einzugehen. Der Kleinviehhandel, dem er nebenbei obliegt, bringt ebenfalls nicht viel ein. Es kann somit davon ausgegangen werden, die finanzielle Lage Käslins, der für Frau und 3 Kinder unter 10 Jahren aufzukommen hat, habe sich seit dem Urteil tatsächlich verschlechtert. Ein Gnadenakt lässt sich somit aus diesen Gründen rechtfertigen. Der gänzliche Erlass der beiden Bussen kann jedoch im Hinblick auf das bisherige Verhalten Käslins im Vollzugsverfahren nicht befürwortet werden. Anderseits sollen durch einen Teilerlass die Voraussetzungen geschaffen werden, dass dem Verurteilten die Tilgung der Bussen bei gutem Willen auch tatsächlich möglich ist. Wir möchten aus dieser Erwägung heraus etwas weiter gehen als das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes, das den hälftigen Erlass der Bussen als angemessen erachtet, und beantragen die Herabsetzung der beiden Bussen um je zwei Drittel auf Fr. 100 und Fr. 165, unter Einräumung von angemessenen Zahlungserleichterungen nach Anordnung der Vollzugsbehörde.

66. Josef Bossardt, 1905, Viehhändler, Schötz (Luzern), verurteilt am 21. Dezember 1947 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichtes zu Fr. 400 Busse sowie zur Zahlung eines widerrechtlich erzielten Gewinnes von Fr. 856 an den Bund, wegen Preisüberschreitung im Betrage von Fr. 1963.50 beim Verkauf von 21 Tonnen Nasstorf zum übersetzten Preis von Fr. 105.50 anstatt zum Höchstpreis von Fr. 12 per Tonne. Der Verurteilte hat die Verfahrens-, Betreibungs- und Rechtsöffnungsspesen bezahlt. Die Vollzugsbehörde hat auf den Einzug von Fr. 300 des widerrechtlichen Gewinnes verzichtet, weil sie der Gesuchsteller direkt an die Käuferin bezahlt hatte.

Bossardt ersucht durch einen Eechtsanwalt uni Begnadigung. Er macht geltend, der Widerspruch zwischen der Beurteilung seiner Handlungsweise, in dem von der Käuferin angestrengten Mängelrügeprozess durch den Zivilrichter und jener im kriegswirtschaftlichen Strafverfahren sei unhaltbar. Solche Widersprüche müssten im Begnadigungsweg richtiggestellt werden. Übrigens
sei er finanziell nicht besonders gut gestellt.

Der kriegswirtschaftliche Eichter hat das zivilrechtliche Urteil gekannt und sich mit den Vorbringen des Gesuchstellers bereits eingehend auseinandergesetzt. Er bezeichnete den Einwand des Bossardt, die Käuferin habe es unterlassen, rechtzeitig die Mängelrüge zu erheben, als völlig belanglos, ebenso, was er daraus zivilrechtlich für Folgen ableiten wolle. Im vorliegenden Fall handle es sich um ein Strafverfahren, das von der Offizialmaxime beherrscht werde. Der Tatbestand sei durch die Behörden abzuklären und für Fiktionen, die das Zivilrecht allenfalls aus Handlungen oder Unterlassungen der Parteien knüpfe, bleibe kein Raum. Bossardt hätte gewusst, dass er Nasstorf geliefert habe und hätte den dafür zulässigen Höchstpreis gekannt. Er habe daher die Höchstpreisvorschriften wissentlich und willentlich, mithin vorsätzlich ver-

1246 letzt, indem er den unzulässigen Preis forderte. Diese Feststellungen des kriegswirtschaftlichen Richters sind für die Begnadigungsbehörde, die es seit jeher abgelehnt hat, rechtskräftige Urteile zu überprüfen, massgebend. Bossardt vermag daher mit seinen Einwänden, die er im Berufungsweg hätte anbringen müssen, hier nicht durchzudringen. Da ihm in finanzieller Hinsicht die Bezahlung der Busse ohne Bedenken zugemutet werden darf, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Gesuchsabweisung.

67. Gottlieb Wieser, 1884, Vertreter, Zürich, verurteilt am 1. Juli 1949 vom kriegswirtschaftlichen Strafappellationsgericht, in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils, zu Fr. 400 Busse und zur Zahlung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 600 an den Bund. Wieser hat in den Jahren 1942--1945 ein Rostschutzmittel zu übersetzten Preisen vertrieben. Die Herstellerfirma (Acar AG., Zürich) wurde für Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt.

Der Verurteilte ersucht um Verzicht auf den Urteilsvollzug. Er macht dazu seine schlechte finanzielle Lage und seinen misslichen Gesundheitszustand geltend.

Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Busse bezieht. Über den Erlass der Verfahrenskosten und die Verpflichtung zur Zahlung eines widerrechtlichen Gewinnes wird das zuständige Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in einem besonderen Verfahren entscheiden.

Die finanzielle Lage des Gesuchstellers ist bescheiden, was jedoch bereits vom Gericht bei der Strafzumessung berücksichtigt worden ist. Dagegen hat sich sein Gesundheitszustand in letzter Zeit offenbar wesentlich verschlimmert, was bei seiner finanziellen Lage eine in Betracht fallende Verschlechterung darstellt. Da Wieser gut beleumdet ist, kann unter diesen Umständen ein Teilerlass befürwortet werden. Wir beantragen mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die Herabsetzung der Busse auf Fr. 200.

68. Fritz Loosli, 1913, Viehhändler, Wynigen (Bern), verurteilt am 20. Juni 1949 vom Einzelrichter des 1. kriegswirtschaftlichen Strafgerichts zu Fr. 150 Busse wegen Preisüberschreitungen beim Verkauf von Schlachtschweinen. Die Firma F. Loosli & Sohn, Wynigen, wurde für Busse und Kosten solidarisch haftbar erklärt
und ausserdem zur Zahlung eines widerrechtlichen Gewinnes von Fr. 104.50 an den Bund verpflichtet.

Loosli ersucht um Erlass der Busse und um Verzicht auf die Einziehung eines widerrechtlichen Gewinnes. Sein Verschulden sei gering. In anderen Fällen sei überhaupt von einer Büssung abgesehen worden. Es sei unmoralisch, nur jene ins Recht zu fassen, die sich erwischen Hessen. Von einem Übergewinn könne nicht die Rede sein.

Die Verpflichtung zur Ablieferung eines widerrechtlichen Gewinnes kann im Wege der Begnadigung nicht erlassen werden, da es sich nicht um eine Strafe

1247 handelt. Auf das Gesuch kann somit nur hinsichtlich der Busse eingetreten werden; ein Entgegenkommen ist jedoch abzulehnen. Loosli führt keine Kommiserationsgründe an, sondern übt ausschliesslich Kritik am Urteil und an den Strafverfolgungsbehörden. Damit lässt sich kein Gnadenakt begründen. Irgendeine Veränderung in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist weder behauptet, noch sonst bekannt geworden. Wir beantragen deshalb mit dem Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes die Gesuchsabweisung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 12. Mai 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Leimgruber

1248

Anhang Verzeichnis der in diesem Bericht unterbreiteten Begnadigungsgesuche

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

24.

25.

26.

27.

28.

29.

30.

31.

32.

Zollvergehen: Pierre Duchoud, 1909, Kaufmann, St-Gingolph (Wallis), Hans Kunz, 1923, kaufmännischer Angestellter, Zürich, Serafino Campana, 1910, Arbeiter, Curtina (Tessin), Glaire Béguin, 1912, Haustochter, Lausanne (Waadt), Ris Gerfaut, 1915, Kaufmann, Genf, Robert Galli, 1928, Landwirt, Abbevülers (Frankreich), Fritz Bender, 1903, deutscher Staatsangehöriger, Installateur, Zollikerberg (Zürich), Bernhard Gottlieb, 1881, Kaufmann, Zürich, Heinz Fässler, 1915, Kaufmann, Zürich, Willi Fässler, 1919, Kaufmann, Zürich, Giuseppe Frigerio, 1915, Landwirt, Soragno (Tessin), Roger Pernod, 1911, Maler, Carouge (Genf), Otto Wild, 1890, kaufmännischer Angestellter, Basel, Jean Schoch, 1905, Vertreter, Lausanne, Hedwig Schilling, 1904, deutsche Staatsangehörige, Hausfrau, Konstanz (Deutschland), Onorato Lupi, 1909, Handlanger, Novazzano (Tessin), Pietro Franconi, 1904, Taxichauffeur, Lugano (Tessin), Roger Farine, 1915, Vertreter, Biel (Bern), Albert Schärer, 1890, Seidenweber, Lachen (Schwyz), Elsa Zingg, 1904, Hausfrau, Steckborn (Thurgau), Paul Waltz, 1897, Chemiker, Mendrisio (Tessin), Jean Robert, 1923, Maschinist, Le Locle (Neuenburg), Arthur Wild, 1919, Vertreter, Basel, Kientz Louis, 1925, Kaufmann, früher in Basel, nun in Venezuela, Meyer Hélène, 1915, französische Staatsangehörige, Gemüsehändlerin, Neudorf (Frankreich), Angelo Croci-Torti, 1920, Handlanger, Stabio (Tessin), Alfred Sonderegger, 1928, Landwirt, Lienz (St. Gallen), Angelo Pozzi, 1915, Magazinarbeiter, Genestrerio (Tessin), Georges Monnot, 1916, Fabrikarbeiter, Courgenay (Bern), Vincenzo Ferrari, 1924, Taglöhner, Arogno (Tessin), Cesarino De Maria, 1923, Holzer und Landwirt, Arogno (Tessin), Clorinda Maffioli, 1899, italienische Staatsangehörige, Hausfrau, Cremona (Italien).

1249

39.

40.

41.

42.

43.

44.

45.

46.

47.

48.

49.

50.

51.

52.

53.

54.

55.

56.

57.

58.

Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln: Aldo Fiori, 1912, Metzger und Viehhändler, Cevio (Tessin), Alfredo Moos, 1908, Metzger, Montreux (Waadt), Hans Wittwer, 1918, Vertreter, Steffisburg (Bern), Johann Flückiger, 1893, Müller, Schonenbühl bei Laupen (Bern), Jean Wälti, 1909, Metzger, Montreux (Waadt), Anton Wächter, 1886, liechtensteinischer Staatsangehöriger, Landwirt und Metzger, Vaduz (Fürstentum Liechtenstein), Provino Bottinelli, 1884, Wirt und Versicherungsagent, Cadempino (Tessin), Victor Sallin, 1894, Metzger, Vülaz-St-Pierre (Freiburg), Hans Käser, 1909, Metzger, Wirt, Murgenthal (Aargau), André Chatagny, 1906, Landwirt, Corserey (Freiburg), Giovanni Grignola, 1898, Kantinenführer, Airolo (Tessin), Ernest Scherler, 1895, Metzger, Château-d'Oex (Waadt), Hans Stehler, 1921, Metzger, Laufen (Bern), Albert Baumann, 1911, Metzger, Balsthal (Solothurn), Otto Stahel, 1905, Metzger, Beinach (Baselland), Louis Dupraz, 1916, Viehhändler, La Chaux-de-Fonds (Neuenburg), Serafino Zortea, 1892, Landwirt, Bellinzona (Tessin), Franz Fleischmann, 1900, Schweinemäster, Schübelbach (Schwyz), Ernst Knubel, 1899, Magaziner, St. Nikiaus (Wallis), Thérèse Burkhard, 1908, Hausangestellte, Zürich, Robert Debrot, 1900, Müller, Valangin (Neuenburg), Marcelle Berndt, 1917, Hausfrau, Genf, Johannes Engler, 1880, Landwirt, Stein (Aargau), Léon Petignat, 1901, Landwirt, Alle (Bern), Otto Lüscher, 1889, Anstaltsverwalter, Holderbank (Aargau), Otto Arnold, 1900, Landwirt, Unterschächen (uri)

59.

60.

61.

62.

63.

64.

65.

66.

67.

68.

Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung: Jean Mühlematter, 1897, Kaufmann, Cortaillod (Neuenburg), Raisin d'Or S. A., Chez-le-Bart (Neuenburg), Clément Bender, 1890, Lehrer, Fully (Wallis), Heinrich Wagner, 1908, Metzger und Liegenschaftsvermittler, Zürich, Jakob Moser, 1920, Velomechaniker, Zürich, Carlito Soldati, 1920, Bureauangestellter, Maroggia (Tessin), Josef Käslin, 1910, Landwirt und Viehhändler, Ennetbürgen (Nidwaiden), Josef Bossardt, 1905, Viehhändler, Schötz (Luzern), Gottlieb Wieser, 1884, Vertreter, Zürich, Fritz Loosli, 1913, Viehhändler, Wynigen (Bern).

33.

34.

35.

36.

37.

38.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1950) (Vom 12. Mai 1950)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1950

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

21

Cahier Numero Geschäftsnummer

5848

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.05.1950

Date Data Seite

1193-1249

Page Pagina Ref. No

10 037 043

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.