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Botschaft

des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend theil.weise Ermäßigung des Durchfuhrzolles.

(Vom 6. Juli l 858.)

T i t. l Der Waarentranfit durch die Schweiz bilden s..it langen Jahren für 'die Bevölkerung unsers Landes einen wichtigen Erwerbszweig, und .erfreulich war es zu sehen, wie derselbe bis und mit dem Jahre 1856 zusehends gewachfen ist. Durch die Errichtung der Eisenbahnen haben sich nun aber die Verkehrsverhältnisse wesentlich umgestaltet, indem überall, wo solche Bahnen entstehen , der Waarentransport von ihnen absorbirt wird. Sie üben deßhalb selbstverständlich auch einen bedeutenden Einfluß ans die Richtung des Transites aus. Unsere Nachbarländer überzieht bereits ein sich immer mehr vervollständigendes Nez von Eisenbahnen , deren Tendenz unter Anderm auch dahin zielt , die Enrop.. umlagernden Meere durch einen ununterbrochenen Schienenweg unt...x sich zu verbinden. Frankreich und Oesterreich theilweise haben dieses Ziel bereits Deicht, und so sieht sich die Schweig in weitem Bogen durch diese Eisenarme umragt , während die Alpe.nkette dem Anschlusse unserer einheimischen Bahnen an ihre südlichen Schwestern ein Hinderniß entgegenthürmt dessen Ueberwindung noch der Zukunft anheim gegeben ist.

. ^ Die Befürchtung liegt son.it nahe der Transit durch die Schweiz dürfte unter den vorstehend entwikelten Verhä.ltuisseu ernstlich bedroht sein.

.Man wird in dieser Ansicht noch mehr bestärkt durch einen Blik ..us d........

Ergebniss

des

Transites

im

Jahr

1857

welches

laut

den Zolltabellen ...us

Waaren, d i e nach Z e n t n e r n z a h l e n , um zirka 19,000 Zentner gegenüber dem Jahre 1856 zurükgeblieben ist, ...iu Ausfall, der uoch an Bedeutung

zunimmt, wenn man in Betracht zieht, dass in den Jahren 1854--1856

eine durchschnittliche Vermehrung von zirka 80,000 Zentnern per Jahx.

stattgefunden hatte. wogegen jedoch auch angeführt werden muss, dass die

Handelskrifis jedenfalls ..uf das ungünstige Ergebniß des Jahres 1857 mit einwirkte.

Wir haben es daher in unferer Pflicht gehalten, diesem Gegenstande die vollste Aufmerksamkeit zuzuwenden , nn. wo möglich durch geeignete Maßregeln, so viel an uns, dem kommenden Uebel entgegen zu arbeiten.

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Mit Ausnahme des Transitzolles find die schweizerischen Hauptver^ ^ehrsstraßen frei von jeder Abgabe ; in diesem Tranfitzoll einzig liegt somit für die Bundesbehörden ein Mittel, anf die Ermäßigung der Frachten hinzuwirken. Obschon dieser Zoll an sich nicht hoch ist ..30 Eent. per Zentner auf langen Streken). so würde dessen Reduktion bei der bestehen..

den Konkurrenz zwischen den verschiedenen H.rnptverkehrslinien dennoch einen fühlbar günstigen Einfluß ausüben und zugleich die zu Ungunsten der einheimischen Linien bestehenden Mißverhältnisse wenigstens theilwe.ise be..

seitigen, wie nachstehend näher entwikeit werden wird. ...^r haben deß^ halb beschlossen , bei Jhnen, Tit., die Herabsezuug dieses Zolles auf eine kleine Kontrolgebühr von nur 5 Eentimen per Zentner zu beantragen, und beehren uns hiermit, diese.n Antrag näher zu begründen.

Ein Rük^lik auf die Vorgänge des lausenden Dezenniums zeigt, welche Erleichterungen, im wohlverstandenen nationalökonomischen Jnteresse, mehrere Staaten haben eintreten lassen , um den Transit nach ihrem Territorium auf ihre Stra^n und Eisenbahnen zu leiten. Die daher^gen .^aßnahmeu ^bestehen hauptfächlich in möglichster Vereinfachung der Waarenmanipulation an den Gränzzollstätten, in bedeutender Ermäßigung und theilweifer gänz^ licher Aufhebung der Transitzölle. Wir verweisen rn dieser Beziehung nameutlich auf Sardinien, Oesterreich und Frankreich. Jm leztern Staate sind es vor Allem die nördlichen Häfe.. von H a v r e , D i e p p e und B o u l o g n e , ^ die für d^e Schweiz in den lezten Jahren bedeutend a^ Jnteresse gewonnen haben , indem gegenwärtig über dort der größte Theil des .Verkehrs ans England und Nordamerika nach und von .Italien , so wie der Verkehr der Schweiz selbst nach und von England und Nordamerika sich vermittelt , während früher die R h ein lin i e die bevorzugte Richtung für diese Bestim^ mungen war. Große Anstrengungen geschehen gegenwärtig , u.n einerseits die sardinisch^n Bahnen an die französischen anzuknüpfen, und andererseits, um durch Oesterreich eine möglichst direkte, kurze Verbindu^.g^nie mit der Lombardie zu gewinnen. Haben einmal diese Bestrebungen ihr Ziel .er-

reicht, so gestalten sich die Verhältnisse für den Transit durch ^ie Schweiz

noch ungünstiger, als sie es dermalen schon find.

Die vorerwähnten , zu Ungun^en der einheimischen Transitlinien bestehenden Mißverhältnisse, unter^denen namentlich die schweizerische Zentralund Nordoftbahn leidet , betreffen ^denjenigen Theil des Transites zwischen ^ B a s e l und S c h a f f h a u s e ^ . , welcher in lezterm Orte sich der Wasserstraße ..bedient. Während nämlich Waaren, die von Schaffhausen nach Basel un.d vice versa über badifches Gebiet ..ranspoxtirt werden , den Transitzoll für zwei kurze Streken, also l.) Eentimen per Zentner bezahlen, unterliegen Waaren, die von den Rhein^ und Bodensee^Uferpläzen durch das Jnnere der Schweiz nach Basel und umgekehrt transitireu , dem Durchsuhrzoll für lange Streken (30 Eentimen ..^er Zentner), zahlen demnach 20 Eentimen mehr als die über f r e m d e s Gebiet geführten. Obschon ...eßhalb ^on Gesellschaften und Privaten bei u.ns Beschwerde^ geführt wordeu i^, und wir die Begrü^detheit derselben anerkennen mußten, so konnten wi^

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dennoch zu einer einseitigen, nur e i n e Verkehrsrichtung begünstigende Vex-

^iigung nicht Hand bieten, namentlich auch deßhalb nicht, weil dieselbe,

gleich wie eine allgemeine Maßregel , eine theilweise Abänderung des Zolltarifes ersordert haben würde. Ohne nun den einheimischen Eisenbahnen Vortheile einräumen zu wollen, erscheint es gerecht und billig, fie wenigstens nicht ungünstiger zu stellen, als die mit ihnen konkurrirenden f r e m d eu .Bahnen. Es liegt hierin demnach ebenfalls ein nicht unwichtiges Motive ^en Durchfuhrzollansaz für lange Stxeken^ einer Revision zu unterwerfen.

Als Beleg für die aufgestellte Behauptung, daß auch nur kleine .Frachtdiffexenzeu auf die Verkehrsrichtung wesentlich einwirken können, führen wir hier die Frachtpreise an, wie fie in leztex Zeit auf einigen Haupttranfitlinien bestanden haben. ^.

Von L o n d o n nach M a i l a n d zahlen 100 Kilo rohe Seide, all...: Spesen Inbegriffen.

über Basel und den St. Gotthard

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.^nudesblatt. Ial^. X. Bd. II.

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^0 Sie ersahxen aus dieser Zusammenstellung, wie tief ein Theil dieser Brachten heruutergedrükt ist, und wie nahe sich manche Ansäze berühren.

.^uf der Linie Lindau und Basel, zum Beispiel, würde die Ermäßigung des schweiz. Durchfuhrzolles ein entscheidendes Gewicht zu Gunsten der Richtung durch die Schweiz in die Wagschale legen.

Mit Ausnahme der an unser Handels^ und Zolldepartement gerichteten, Speziell die Linie B a s e l und S c h a f f ^ a u s e n betreffenden Reklamationen find keine Eingaben an uns gelangt, die auf eine Herabsezung der Durchs fuhrzölle im Allgemeinen hinzielen ; allein wir haben uns überzeugt , daß das Bedüxfniß dazu vorhanden ist , und glauben deßhalb um so eher die Initiative ergreifen zu sollen, als einerseits mit Bestimmtheit vorausge...

sehen werden kann, daß früher oder später die Zeitverhältnisse peremtorisch.

zu einer solchen Maßregel hindrängen werden, andererseits dagegen von der sogleicheu Einführung derselben entschiedene Vortheile für das Land in Ausficht stehen , gegenüber welchen die finanziellen Opfer , die gebracht werden müssen, nicht in Betracht fallen dürfen, obschon sie, wie wir so.^ gleich zeigen werden, nicht ganz un.beträchtlich sind. Ein weiterer^ aller .Beachtung werther Wink liegt übrigens auch in den im Eingang augeführten , daherigen Maßnahmen der uns umgebenden monarchischen Staaten. Obschon mancher von ihnen stets noch mit Zähigkeit an seinem Prohibitive oder Schuzzolls^stem festhielt, so haben die meisten entweder die Transitzölle ganz abgeschafft, oder sie wenigstens wesentlich ermäßigt und unschädlich gemacht.

Zum s i n a n z i e l l e n Theil der Frage übergehend, würde das Resultat der beantragten Maßregel annähernd folgendes sein : Durchgeführt wurde bisher jährlich im Durchschnitt :

...^5,294 Ztr. auf Streken unter 8 Stunden, à 5 Rp.

Fr. 12,764.. 70 18,446 ,, zwischen Basel und Schaffhausen, à 10 Rp. per Ztr. .. 1,844. 60 I 36, 124 ,, auf Streken über ^ Stun^ den, .. 30 Rp. per Ztr. ,, 40,837. 20 Total jährlich 409,864 Ztr.

Zollertrag: Fr. 55,446. 50

Legt man die gleiche Zentnerzahl der Berechnung über das Erträgniß nach dem beantragten Einheitsansaz von 5 Eent. per Zentner zu Grunde, so würde die Zolleinnahme in Zukunft sich statt aus Fr. 5.^,446. 50

nur auf .

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,, 20,493. 20

belaufen, mithin sich ein Ausfall ergeben von .

Fr. 34,953. 30 Hebt sich der Transitverkehr wieder, wie zuversichtlich erwartet wer^ den darf, so vermindert sich dann auch die Einbuße.

Eine gänzliche Aufhebung des Durchfuhrzolles auf lange Streken glaubten wir nicht beantragen zu sollen , indem jedenfalls eine Kontrole beibehalten werden müßte, und der Bezug einer daherigen kleinen Gebühr

16l wesentlich auf die Genauigkeit derselben einwirkt, ohne nachtheilig aus die beabsichtigte Maßregel selbst zu influenziren.

Jn eine Revision des übrigen Theiles des Durchfuhrzolltarifes , betreffend die Ansäze per Stük , vom Werth und von der Zugthierlast, eiuzutreten, halten wir weder für zwekgemäß, noch für nothwendig. Theils üben die in diese Rubriken fallenden Gegenstände wenig oder keinen Einsluß aus den großen Transit aus und berühren mehr den Gränzverkehr..

theils find die daherigen Ansäze so mäßig , daß fie wenig gefühlt werden.

Dann aber liegt es noch ganz speziell in unserer Ansicht, es sollten dermalen nur die allernothwendigsten Abänderungen im Zolltarife vorgenommen werden.

Gestüzt auf die vorentwikelten Gründe haben wir die Ehre , Jhneu den nachstehenden Entwurf zu einem Bundesbeschluß vorzulegen und dessen Annahme bei Jhnen angelegentlich zu bevoxworten.

Genehmigen Sie, Tit. , die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

Bern, den 6. Juli l858.

Jm Namen des schweiz. Bundesrathes,

Der Vizepräsident: .^tämpsti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft.. Schieß.

Beschlußentwurf.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Vorschlages des Bundesraths, vom 6. Heumouat

^858,

b e schl i e ß t ^

1. Der in^der dritten Abtheilung unter Litt. C,

Z.ffer 11.,

2 de.^

Zolltarifs vom 27. Augstmonat 1851 (eidg. Gesezsamml. ll, 576) vorge-

schriebene Durchfuhrzoll von dreißig Rappen ist auf fünf Rappen vom Zentner heral.gefezt, fo daß nunmehr alle Transitwaren, die nach Zentnexu zahlen, ohne Rüksicht auf die Distanz, fünf Rappen vom Zentner Durchfuhrzoll zu entrichten haben.

2. Der Bundesrath austragt.

ist mit

der Vollziehung dieses Beschluß.... be..

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1858

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10.07.1858

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157-161

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10 002 520

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