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Bundesblatt 102. Jahrgang

Bern, den 12. Januar 1950

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis SS Franken im Jahr, IS Franken im Saltjahr saeitglich Nachnahme- und PostbestellnngsgeWlhr Mnrücknngsgebühr: 50 Rappen die Petitzeüe oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung eines zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Abkommens über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Vom 10. Januar 1950) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen das am 9. Juli 1949 in Paris zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossene Abkommen über die Alters- und Hinterlassenenversicherung zur Genehmigung zu unterbreiten.

I. Allgemeines 1. Die Notwendigkeit, die Stellung unserer Landsleute in Frankreich bzw.

der französischen Staatsangehörigen in der Schweiz auf dem Gebiete der Sozialversicherung durch ein Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich zu regeln, machte sich seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 (im folgenden «Bundesgesetz» genannt) immer stärker fühlbar. Die Bedeutung eines solchen Abkommens erhellt übrigens deutlich aus der Tatsache, dass derzeit an die 130 000 Schweizerbürger in Frankreich leben, die zum grossen Teil auf die Leistungen der französischen Sozialversicherung angewiesen sind. So kann es denn nicht verwundern, dass unsere Landsleute in Frankreich nach Einführung der Altersund Hinterlassenenversicherung in der Schweiz mit immer grösserem Nachdruck auf den Abschluss eines Abkommens drängten. Aber auch für Frankreich war es bedeutsam, seine Beziehungen mit der Schweiz auf dem Gebiete der Sozialversicherung vertraglich zu regeln, da gegenwärtig rund 30 000 französische Staatsangehörige in der Schweiz leben.

Endlich ist zu bedenken, dass sich die Schweiz nicht länger den umfassenden internationalen Bestrebungen, die auf Schaffung eines engen Netzes Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. I.

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von bilateralen, ja sogar multilateralen Abkommen auf dem Gebiete der Sozialversicherung hinzielen, verschliessen kann.

Vom 22. bis 25. Juni 1948 fand in Paris eine erste Fühlungnahme zwischen Herrn Dr. A. Saxer, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung, und Herrn P. Laroque, Generaldirektor der sozialen Sicherheit in Frankreich, statt.

Diese gestattete eine Anzahl Fragen grundsätzlicher Natur betreffend die französische und schweizerische Gesetzgebung abzuklären und die Möglichkeit des Abschlusses eines Gegenseitigkeitsabkommens zu prüfen. Anderseits liess sie aber auch die Notwendigkeit eines vorgängigen einlässlichen Studiums der französischen Sozialversicherungsgesetzgebung erkennen. Vor Aufnahme ,der offiziellen Staatsvertragsverhandlungen mit Frankreich mussten vorerst aber auch jene mit Italien zu einem Abschluss gebracht werden. Das Abkommen mit Italien ist am 4. April 1949 in Bern unterzeichnet worden; am 21. September 1949 wurde es vom Nationalrat und am 25. Oktober 1949 vom Ständerat genehmigt.

2. Die offiziellen Verhandlungen wurden am 4. Juli 1949 in Paris eröffnet und dauerten bis zum 9. Juli. Die schweizerische Delegation setzte sich wie folgt zusammen: Delegationschef: Dr. A. Saxer, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung; Mitglieder: Dr. P. Binswanger, Chef der Sektion AHV im Bundesamt für Sozialversicherung; B. Kaiser, Chef der Sektion Mathematik und Statistik im Bundesamt für Sozialversicherung; Fürsprech E. Bührer, juristischer Beamter beim eidgenössischen Politischen Departement ; G. Ghavaz, Sozialattache bei der schweizerischen Gesandtschaft in Paris. Die französische Delegation bestand aus Herrn P. Laroque, Generaldirektor der «Sécurité Sociale au Ministère du Travail et de la Sécurité Sociale», als Delegationschef, sowie aus Herrn Ph. Périer, bevollmächtigter Minister, Direktor der «Conventions Administratives et Sociales au Ministère des Affaires étrangères», vertreten durch Herrn Prunet-Foch vom selben Ministerium, Herrn F. Netter, stellvertretender Direktor der «Sécurité Sociale», Herrn Legras, stellvertretender Direktor der «Sécurité Sociale», Herrn E. Welhoss, Generalinspektor der «Sécurité Sociale», Fräulein M.-Th. Lanière, «administrateur civil à la Sécurité Sociale», und Herrn Larchevèque, Direktor der «Affaires professionnelles et sociales au
Ministère de l'Agriculture» vertreten durch Herrn Lauras, «administrateur civil» im genannten Ministerium, als Mitglieder.

3. Folgende drei Hauptfragen standen im Mittelpunkt der Verhandlungen: Das von Frankreich als Grundlage für das Abkommen beantragte System der Totalisation der Versicherungszeiten einschliesslich der Berechnung der Renten «pro rata temporis», die Frage der Gleichwertigkeit der schweizerischen und französischen Versicherung und die Durchführung der schweizerischen freiwilligen Versicherung in Frankreich.

a. Die französische Delegation verlangte anfänglich mit Nachdruck die Annahme des Systems der Totalisation der Versicherungszeiten und der Berechnung der Eenten «pro r a t a temporis».

91 Nach diesem System hat jedes der beteiligten Länder bei der Ermittlung des Bentenansprucb.es eines Versicherten auch die von diesem in den andern beteiligten Ländern verbrachten Beitragsdauern mitzuberücksichtigen und die Höhe der dem Versicherten zukommende Eente nach Massgabe der eigenen Gesetzgebung und nach Massgabe der im eigenen Land verbrachten Beitragsdauer zu berechnen. So würde beispielsweise ein Ausländer, der während 7 Jahren im Ausland und während nur 3 Jahren in der Schweiz Beiträge bezahlt hat, die Voraussetzung der 10jährigen Beitragsdauer im Sinne von Artikel 18, Absatz 3, des Bundesgesetzes erfüllen und daher auch in der Schweiz einen Eentenanspruch geltend machen können, wobei alle beteiligten Länder die Eenten pro rata temporis zu kürzen hätten. Dieses System liegt der vom Internationalen Arbeitsamt ausgearbeiteten Konvention (Nr. 48) aus dem Jahre 1935 zugrunde. (Übereinkommen über die Herstellung eines internationalen Gegenseitigkeitsverhältnisses für die Wahrung der Eechte in der Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung). Frankreich und zahlreiche andere Staaten haben dieses System zur Grundlage zwischenstaatlicher Verträge auf dem Gebiete der Sozialversicherung gemacht.

Trotz der Vorteile, die dieses System allenfalls theoretisch bieten könnte, muss es von der Schweiz abgelehnt werden, weil dessen Grundsätze im Gegensatz zum Prinzip der unteilbaren Minimalrente stehen. Überdies würde die Totalisierung der Versicherungszeiten dazu führen, dass die Schweiz sehr viele, oft äusserst bescheidene Eenten nach dem Ausland zu überweisen hätte, was die Verwaltung sehr stark belasten würde. Endlich rnuss darauf hingewiesen werden, dass sich die Auswirkungen der Anwendung dieses Systems heute noch gar nicht überblicken lassen. Nach eingehender Erörterung dieser Frage gelang es der schweizerischen Delegation, ihren Standpunkt durchzusetzen. Das schweizerisch-französische Abkommen sieht demnach, im Gegensatz zu zahlreichen Abkommen, die andere Staaten während der letzten Jahre abgeschlossen haben, die Anwendung des Grundsatzes der Totalisation der Versicherungszeiten und der Berechnung der Eenten «pro rata temporis» nicht vor.

fe. Die Frage der Gleichwertigkeit der schweizerischen und französischen Versicherungen. Das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung
macht die Eechte des Ausländers weitgehend vom Wert der Leistungen, die von der Versicherung seines Heimatstaates unsern dort lebenden Landsleuten gewährt werden, abhängig. Die Frage der Gleichwertigkeit der Leistungen ist gemäss Artikel 18, Absatz 8, und Artikel 40 ausschlaggebend und daher das Kernproblem unserer zwischenstaatlichen Verhandlungen.

In bezug auf die französische Sozialversicherung muss diese Frage bejaht werden. Die französische Sozialversicherung erfasst nicht nur die gesamte erwerbstätige Bevölkerung, ohne Bücksicht auf die Höhe des Einkommens, sondern sie stellt auch hinsichtlich der gedeckten Eisiken eine umfassende Sozialversicherungsordnung dar. Die französische Sozialversicherungsordnung versichert nicht nur die Eisiken des Alters und des Todes, der Krankheit und

92 der beruflichen Invalidität, sondern auch jene der nichtberuflichen Invalidität und der Mutterschaft. Daneben kennt sie auch noch eine Versicherung gegen eine Anzahl Krankheiten, die eine besonders lange Behandlung notwendig machen (Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Bheumatismen u. a.), die sogenannte «assurance de la longue maladie». Überdies besitzt sie eine gut ausgebaute Familienzulagenordnung. Besondere Beachtung verdient ferner die Tatsache, dass die französische Sozialversicherungsgesetzgebung die Ausländer grundsätzlich den eigenen Staatsangehörigen gleichstellt, mit der einzigen Einschränkung, dass die Eenten an Ausländer nicht ins Ausland ausbezahlt werden.

Dagegen werden die zugunsten der Unbemittelten (die sogenannten «Personnes économiquement faibles») eingeführten Beihilfen (Beihilfen an Alte und an alte Arbeitnehmer, die sogenannten «allocations aux vieux et aux vieux travailleurs») -- wovon weiter unten noch die Eede sein wird -- den Ausländern nicht gewährt. Die Ausländer sind zudem insofern leicht benachteiligt, als ihnen die staatlichen Zuschüsse und die Mindestrenteii der früheren Sozialversicherungsordnungen vorenthalten bleiben. Diese Leistungen werden nur Ausländern gewährt, mit deren Heimatstaat Frankreich eine Vereinbarung getroffen hat. Die französische Delegation erklärte sich bereit, die einschränkenden Bestimmungen der französischen Gesetzgebung zugunsten der Schweizerbürger fallen zu lassen, sofern die Schweiz ihrerseits den französischen Staatsbürgern volle Gleichbehandlung zusichern würde.

c. Die freiwillige Versicherung. Der dritte Gegenstand, der zu längeren Auseinandersetzungen Anlass gab, betrifft die Durchführung der schweizerischen freiwilligen Versicherung in Frankreich. Die französische Delegation vertrat anfänglich den Standpunkt, dass diese Versicherung, wie die Privatversicherungen, gemäss der französischen Gesetzgebung nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Finanzministeriums zugelassen werden könnte.

Dennoch gelang es der schweizerischen Delegation, eine Erklärung über die Zulassung der schweizerischen freiwilligen Versicherung in Frankreich zu erlangen. So verankert Artikel? des Abkommens vom 9. Juli 1949 den Grundsatz, dass sich die schweizerische und französische Regierung für die Durchführung der beiderseitigen freiwilligen Versicherungen ihre
gegenseitige Hilfe zusichern.

Die Frage der Zulassung der freiwilligen Versicherung war für unsere Landsleute von grösster Bedeutung, da bei Abschluss des Abkommens bereits rund 11 000 Schweizerbürger der freiwilligen Versicherung -- die offensichtlich in Frankreich grossen Erfolg hat -- beigetreten waren. Daher legte die schweizerische Delegation auf die Erlangung dieses Zugeständnisses besonderen Wert.

II. Die Grundzüge des Abkommens 1. Alters- und Hinterlassenenversicherung und Gleichbehandlung Die in jüngster Zeit überall abgeschlossenen zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen zielen auf die völlige Gleichstellung aller Staatsangehörigen der vertragschliessenden Länder hin. Dieser Grundsatz ist auch

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im französisch-schweizerischen Abkommen vom 9. Juli 1949 weitgehend verwirklicht worden. So bestimmt Artikel l des Abkommens, dass die schweizerischen und französischen Staatsangehörigen, unter gewissen noch zu nennenden Bedingungen, den in der Schweiz bzw. in Prankreich geltenden Gesetzgebungen unterstehen und deren Vorteile unter den gleichen V o r a u s s e t z u n g e n wie die Angehörigen j e d e s dieser S t a a t e n gemessen. Dieser Grundsatz wirkt sich im vorliegenden Abkommen wie folgt aus: a. Ordentliche Eenten: Die französischen Staatsangehörigen haben unter den nachstehend umschriebenen Voraussetzungen Anspruch auf die ordentlichen Kenten der schweizerischen Versicherung, ohne dass diese gemäss Artikel 40 des Bundesgesetzes um ein D r i t t e l g e k ü r z t werden (Art. 5, lit. a). Gemäss Artikel 5, lit. b und c, werden den französischen Staatsangehörigen die ungekürzten ordentlichen Eenten gewährt: -- wenn sie insgesamt wahrend mindestens 5 vollen Jahren Beiträge an die schweizerische Versicherung bezahlt, oder -- wenn sie insgesamt während 10 Jahren in der Schweiz gewohnt und in dieser Zeit insgesamt während mindestens eines vollen Jahres Beiträge an die schweizerische Versicherung bezahlt haben.

Die Herabsetzung der in Artikel 18, Absatz 3, des Bundesgesetzes vorgesehenen 10jährigen Karenzfrist auf 5 Jahre war insofern gegeben, als die der französischen Sozialversicherung unterstellten Schweizerburger gleichfalls nach Sjähriger Beitragsdauer einen Anspruch auf die Leistungen der französischen Versicherung haben. Die Eegelung, wonach die französischen Staatsangehörigen, die während mindestens 10 Jahren in der Schweiz gewohnt haben, schon nach einjähriger Beitragsdauer einen Eentenanspruch erhalten, ist nur für die nächsten 5 Jahre von Bedeutung und betrifft hinsichtlich der Altersrenten nur die am 1. Januar 1948 über GOjährig gewesenen Personen. Nachher kann sie fallen gelassen werden, weil dann alle Franzosen, die während mindestens 5 Jahren in der Schweiz waren, auch während der gleichen Zeit Beiträge bezahlt haben und somit ohnehin rentenberechtigt sein werden.

Als Gegenleistung sichert Frankreich den Schweizerbürgern und ihren Hinterlassenen unter den gleichen Voraussetzungen wie den f r a n z ö sischen Staatsangehörigen den Anspruch auf die Pensionen und die zusätzlichen
Leistungen der französischen Versicherung zu.

b. Die E ü c k e r s t a t t u n g der Beiträge. Sowohl die französischen Staatsangehörigen als auch die Schweizerbürger, denen bei Eintritt des Versicherungsfalles weder für sich selbst noch für ihre Hinterlassenen ein Anspruch auf die Leistungen der schweizerischen bzw. der französischen Versicherung zusteht, können die E ü c k e r s t a t t u n g der Beitrage verlangen (Art. 5, lit. d und Art. 6). Praktisch sind somit jenen Personen die Beiträge zurückzuerstatten, die während weniger als 5 Jahren Beiträge bezahlt haben.

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Im Gegensatz zum Staatsvertrag mit Italien vom 4. April 1949 -- gemäss dem die rüokerstatteten Beiträge zugunsten des Versicherten an das Istituto Nazionale della previdenza sociale überwiesen, also nicht dem Versicherten selbst ausbezahlt werden -- erfolgt nach dem vorliegenden Abkommen die Eückerstattung der Beiträge bei Eintritt des Versicherungsfalles direkt an den Versicherten oder an seine Hinterlassenen.

Die Frage, ob sich die Eückerstattung auf die persönlichen Beiträge beschränken, oder ob sie auch die Arbeitgeberbeiträge umfassen sollte, bildete den Gegenstand besonders einlässlicher Auseinandersetzungen. Die schweizerische Delegation hat schliesslich der Eückerstattung der vollen Beiträge beigepflichtet, weil die französische Gesetzgebung vorsieht, dass die Versicherten, die während weniger als 5 Jahren Beiträge bezahlt haben, oder deren Eente nicht einen bestimmten Mindestbetrag erreicht, Anspruch auf Eückerstattung sowohl der persönlichen als a u c h der Arbeitgeberbeiträge haben. Hätte man daher im Abkommen festgelegt, dass beidseitig nur die persönlichen Beiträge zurückerstattet werden, so wären unsere Landsleute in Frankreich nach Abschluss des Abkommens in dieser Beziehung schlechter gestellt gewesen als vorher, was als unbillig empfunden worden wäre. Im Gegensatz zum italienisch-schweizerischen Abkommen werden dagegen die rückerstatteten Beiträge nicht verzinst.

c. Die Übergangsrenten. Der Grundsatz der Gleichbehandlung führte im französisch-schweizerischen Vertrag vom 9. Juli 1949 nicht mir zu einer Eegelung hinsichtlich der ordentlichen, sondern auch bezüglich der Übergangsrenten.

Frankreich hat im Jahre 1945 eine Ordnung über die Beihilfen an alte Arbeitnehmer (allocations aux vieux travailleurs) und 1946 eine solche über Beihilfen an Alte (allocations aux vieux) eingeführt. Es handelt sich hiebei um Übergangsordnungen, die dazu bestimmt sind, Personen, die nicht in den Genuss der Vorteile der neuen Ordnung über die soziale Sicherheit gelangen können, zu helfen. Diese Beihilfen werden ausschliesslich französischen Staatsangehörigen gewährt, die über 65 Jahre alt sind, und deren Einkommen eine gesetzlich festgelegte Grenze nicht überschreitet. Sie sind demnach den in Artikel 42 ff. des Bundesgesetzes vorgesehenen Übergangsrenten sehr ähnlich.

Dem Bundesamt für Sozialversicherung
und der schweizerischen Gesandtschaft in Paris sind zahlreiche Klagen seitens unserer Landsleute in Frankreich zugekommen, worin sich diese darüber beschwerten, dass sie, mangels eines französisch-schweizerischen Abkommens, nicht in den Genuss dieser für sie angesichts ihrer bedrängten finanziellen Lage wertvollen Beihilfen gelangen können.

In einem Sonderprotokoll, das einen integrierenden Bestandteil des Abkommens vom 9. Juli 1949 bildet, wird nun bestimmt, dass den Schweizerbürgern unter den gleichen Voraussetzungen wie den französischen Staatsangehörigen ein Anspruch auf die Beihilfen für Alte bzw. für alte Arbeitnehmer zusteht, sofern sie im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches während min-

95 destens 15 Jahren -- worunter auch im letzten, dem Gesuch unmittelbar vorangehenden Jahr --- in Frankreich gewohnt haben. Als Gegenleistung räumt die Schweiz den französischen Staatsangehörigen unter den gleichen Voraussetzungen wie den Schweizerbürgern einen Anspruch auf die Übergangsrenten gemäss Artikel 42 ff. des Bundesgesetzes ein, sofern sie während mindestens 15 Jahren -- worunter auch im letzten dem Gesuch unmittelbar vorangehenden Jahr -- in der Schweiz gewohnt haben.

d. Die Zahlung der Eenten nach dem Ausland. Wie die meisten ausländischen Gesetzgebungen sieht Artikel 18, Absatz 3, des Bundesgesetzes vor, dass der rentenberechtigte Ausländer seinen Anspruch auf die Versicherungsleistungen verliert, sobald er seinen Wohnsitz in der Schweiz aufgibt.

-Die französisch-schweizerischen Verhandlungen hatten sich daher auch mit dieser Frage zu befassen. Sie führten ohne Schwierigkeiten zu einer Begelüng, wonach sowohl die rentenberechtigten Schweizerbürger als auch die französischen Staatsangehörigen,, gleichgültig in welchem Lande sie wohnen, Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistungen der französischen bzw. der schweizerischen Versicherung haben. (Art. 5 und 6 des Abkommens.) Damit bleiben den Versicherten die erworbenen Eechte auch im Ausland erhalten. Der Transfer der Versicherungsleistungen unterliegt allerdings den Bestimmungen des im Zeitpunkt der Überweisung zwischen den beiden Ländern, geltenden Zahlungsabkommens.

Die Übergangsrenten, die Beihilfen an Alte und jene an alte Arbeitnehmer werden dagegen nicht ins Ausland ausbezahlt. Diese Leistungen werden nur unter der Voraussetzung gewährt, dass der Berechtigte im Inland wohnt.

2. Die, freiwillige Alters- und Hinterlassenenversicherung Die Durchführung der schweizerischen freiwilligen Versicherung in Frankreich stiess anfänglich, wie bereits vorstehend erwähnt, auf die ablehnende Haltung der französischen Delegation. Nach langen Unterhandlungen, in deren Verlauf die schweizerische Delegation klar zu verstehen gab. dass sie nicht in der Lage wäre, ein Abkommen zu unterzeichnen, wenn Frankreich die Durchführung der freiwilligen Versicherung nicht zulassen sollte, gelang es ihr, die Aufnahme einer Bestimmung zu erlangen, wonach sich die schweizerische und französische Eegierung für die Durchführung der, .beiderseitigen
freiwilligen Versicherung ihre gegenseitige Unterstützung zusichern (Art.7 des Abkommens).

Diese Bestimmung, die durch eine Erklärung des französischen Finanzministeriums ergänzt wird, worin dieses die Durchführung der schweizerischen freiwilligen Versicherung in Frankreich seinerseits bewilligt, ist für unsere Landsleute von grösster Bedeutung, sind doch bereits an die 11 000 Schweizerbürger in Frankreich der freiwilligen Versicherung beigetreten.

3. Die Unfallversicherung Die Beziehungen zwischen Frankreich und der Schweiz auf dem Gebiete der U n f a l l v e r s i c h e r u n g sind grundsätzlich durch das internationale Über-

96 einkommen Nr. 19 vom Jahre 1925 über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer bei Entschädigung aus Anlass von Betriebsunfällen, das von beiden Staaten ratifiziert wurde, geregelt. Im Generalprotokoll, das einen integrierenden Bestandteil des Abkommens bildet, wird die Gleichwertigkeit der beiden Gesetzgebungen festgestellt und demzufolge eine Eegelung hinsichtlich folgender Gegenstände getroffen: a. die Gleichbehandlung, fe. die Aufwertung der Leistungen der französischen Versicherung und die Gewährung der in der schweizerischen Gesetzgebung vorgesehenen Teuerungszulagen.

Ad a. Gemäss Artikel 90, Absatz 2, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung werden die Invalidenrenten der Angehörigen von fremden Staaten, deren Gesetzgebung den Schweizerbürgern nicht Vorteile bietet, die denen des schweizerischen Gesetzes gleichwertig sind, um einen Viertel gekürzt. Nachdem beide Gesetzgebungen als gleichwertig befunden wurden, erklärte sich die schweizerische Delegation bereit, diese einschränkende Klausel zugunsten der französischen Staatsangehörigen aufzuheben.

Ad b. Das Generalprotokoll sieht anderseits vor, dass die Bestimmungen der Gesetzgebungen der beiden vertragschliessenden Länder, wonach die Eechte der Ausländer eingeschränkt oder die Ausländer auf Grund ihres Aufenthaltsortes benachteiligt werden, auf die Angehörigen der beiden Staaten keine Anwendung finden sollen. Hinsichtlich der Teuerungszulagen wurde vereinbart, den französischen Staatsangehörigen, die Anspruch auf eine Unfallrente der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt haben, die Teuerungszulagen auch dann zu gewähren, wenn sie sich in Frankreich aufhalten. Als Gegenleistung gewährt Prankreich den Schweizerbürgern, die Anspruch auf die Leistungen der französischen Versicherung haben, gleichgültig, ob sie in Frankreich oder in der Schweiz wohnen, die Aufwertungszuschläge gemäss der französischen Gesetzgebung. Diese Zuschläge machen einen ansehnlichen Teil der französischen Versicherungsleistungeii aus.

III. Die finanziellen Auswirkungen l. Grundsätzlich ergeben sich aus dem Abkommen finanzielle Auswirkungen bezüglich der Alters- und Hinterlassenenversicherung und bezüglich der Unfallversicherung. Dabei braucht nicht untersucht zu werden, ob die von der Schweiz gemachten
Konzessionen diejenigen Frankreichs hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen überwiegen oder umgekehrt. Eine solche Untersuchung wäre schon deshalb illusorisch, weil die gegenseitige Ausgangslage nicht vergleichbar ist. So enthält beispielsweise die französische Gesetzgebung bereits den Grundsatz der generellen Gleichstellung der Ausländer mit den französischen Staatsbürgern, wogegen die schweizerische Gesetzgebung insbesondere bei der Alters-

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und Hinterlassenenversicherung für die Auslander drei weitgehende einschränkende Bestimmungen enthält. Unsere Ausführungen finanzieller Art betreffen also nicht das Ausmass der gegenseitigen Zugeständnisse; eine derartige Berechnungsweise ist im übrigen bei internationalen Verhandlungen über diese Materie auch nicht üblich. Wir haben lediglich festzustellen, ob die von der Schweiz gemachten Konzessionen das finanzielle Gleichgewicht der eigenen Versicherung beeinträchtigen oder nicht.

2. Auf dem Gebiete der Alters- und Hinterlassenenversicherung ergeben sich Mehrbelastungen in dreifacher Hinsicht: durch die Lockerung der Bestimmungen hinsichtlich der ordentlichen Beuten, durch die Gewährung von Übergangsrenten und durch die Rückerstattung von nicht rentenbildenden Beiträgen. Einlässliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die finanziellen Auswirkungen auf diesen drei Sektoren sich in einem relativ bescheidenen Eahmen halten und deshalb das finanzielle Gleichgewicht der eidgenössischen Alters- und Hinterlassenenversicherung in keiner Weise gefährden können.

3. Die finanziellen Auswirkungen auf dem Gebiete der Unfallversicherung sind ebenfalls bescheiden. Einerseits betrifft das Aufheben der Viertelskürzung (Art.90KUVG) der Invaliden-und Hinterlassenenrenten, infolge des Bestehens der Genfer Konvention vom Jahre 1925, nur noch die Nichtbetriebsunfälle, und anderseits wird auch die Ausbezahlung von Teuerungszulagen an in Frankreich lebende SUVA-Rentner voraussichtlich geringe zusätzliche Belastungen nach sich ziehen. Die aus dem letzterwähnten Punkt resultierende Mehrbelastung ist übrigens vorübergehender Natur, da sich die Teuerungszulagen nur auf Unfälle beziehen, welche sich vor dem 1. Januar 1943 ereignet haben.

IV. Schlussbetrachtungen

Der Abschluss des vorliegenden Abkommens ist von unserer diplomatischen Vertretung und den Schweizerkolonien in Frankreich, deren Wünsche weitestgehend erfüllt wurden, wärmstens begrüsst worden. Wir sind überzeugt, dass das Abkommen nicht nur die sozialen Belange unserer Landsleute in Frankreich und der französischen Staatsangehörigen in der Schweiz in fortschrittlicher Weise regelt, sondern darüber hinaus auch die freundschaftlichen Bande mit unserem westlichen Nachbarn festigen wird.

Gestützt auf vorstehende Ausführungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen : es sei das am 9. Juli 1949 zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossene Abkommen über die Alters- und Hinterlassenenversicherung durch die Annahme des beiliegenden Entwurfes eines Bundesbeschlusses g u t z u h e i s s e n .

98 Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 10. Januar 1950.

Ln Namen des schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Vizekanzler: Ch. Oser

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Frankreich über die Alters- und Hinterlassenenversicherung

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. Januar 1950, beschliesst : Einziger Artikel Das am 9. Juli 1949 unterzeichnete Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich über die Alters- und Hinterlassenenversicherung wird genehmigt. Der Bundesrat wird ermächtigt, es zu ratifizieren.

Der Bundesrat wird ermächtigt, die für die Anwendung des Abkommens notwendigen Vorschriften zu erlassen.

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Übersetzung

Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich über die Alters- und Hinterlassenenversicherung

Der schweizerische B u n d e s r a t und

der Präsident der Französischen Eepublik, vom Wunsche geleitet, die Vorteile der in den vertragschliessenden Ländern in Kraft stehenden Gesetzgebungen über die Alters- und Hinterlassenenversicherung den Personen zukommen zu lassen, auf die sie anwendbar sind oder waren, haben vereinbart, ein Abkommen zu schliessen, und zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt: der schweizerische Bundesrat: -- Herrn Dr. Carl Burckhardt, ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, -- Herrn Dr. Arnold Saxer, Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung: der Präsident der Französischen Eepublik: ·-- Herrn Philippe Périer, bevollmächtigter Minister, Direktor der «Conventions Administratives et Sociales», -- Herrn Pierre Laroque, Maître des Eequêts au Conseil d'Etat, Generaldirektor der Sozialen Sicherheit beim Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit, die, nach gegenseitigem Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, die nachstehenden Bestimmungen vereinbart haben:

Art. l Unter den in diesem Abkommen und den dazugehörigen Protokollen vorgesehenen Vorbehalten und Bedingungen unterstehen die schweizerischen und französischen Staatsangehörigen den in Artikel 2 aufgezählten französischen oder schweizerischen Gesetzgebungen und geniessen deren Vorteile unter den gleichen Voraussetzungen in gleicher Weise wie die Angehörigen eines jeden der beiden Länder.

100 Unter den gleichen Vorbehalten und Bedingungen können die in der Gesetzgebung des einen Staates enthaltenen Bestimmungen, welche die Rechte der Ausländer einschränken, Aufenthaltsfristen vorsehen oder die Ausländer wegen ihres Aufenthaltsortes benachteiligen, den Angehörigen des andern Staates nicht entgegengehalten werden.

Art. 2 Paragraph l Die Sozialversicherungsgesetzgebungen, auf die die vorliegende Vereinbarung Anwendung findet, sind : 1. in der Schweiz : -- das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, einschliesslich der einschlägigen Vollzugsverordnung und Verfügungen, ausgenommen die Bestimmungen betreffend die freiwillige Versicherung; 2. in Frankreich : a. die Gesetzgebung über die Altersversicherung der Angehörigen nichtlandwirtschaftlicher Berufe ; b. die Gesetzgebung über die Altersversicherung der Angehörigen landwirtschaftlicher Berufe; c. die allgemeine Gesetzgebung über die Altersversicherung der Selbständigerwerbenden ; d. die Gesetzgebung über die Sonderordnungen der sozialen Sicherheit, soweit diese die Risiken und Leistungen betreffen, die durch die in den vorstehenden Absätzen aufgezählten Gesetzgebungen gedeckt werden, insbesondere die Ordnung über die soziale Sicherheit in den Bergwerken.

Paragraph 2 Das vorliegende Abkommen ist auch auf alle Gesetze und Verordnungen anwendbar, welche die im Paragraphen l dieses Artikels angeführten Gesetzgebungen abändern oder ergänzen.

Art. 3 Paragraph l Arbeitnehmer, die in einem Lande, wo sie nicht ihren ordentlichen Wohnsitz haben, von einem Arbeitgeber beschäftigt werden, der in ihrem Wohnsitzland eine Geschäftsniederlassung hat, bei der sie angestellt sind, bleiben der Gesetzgebung des Landes, in dem sie üblicherweise arbeiten, unterstellt, sofern die Dauer ihrer Tätigkeit im andern Lande 3 Monate nicht übersteigt.

Falls die Beschäftigung im andern Lande aus nicht voraussehbaren Gründen die ursprünglich vorgesehene Frist von 3 Monaten überschreitet, kann

101 ausnahmsweise die Gesetzgebung des Landes, in welchem der übliche Arbeitsort liegt, mit Zustimmung der Verwaltungsbehörden des gelegentlichen Arbeitsortes weiterhin angewendet werden.

Paragraph 2 Pur Personen, die in Unternehmungen oder Betrieben tätig sind, die von der Grenze beider Länder durchschnitten werden, gilt der Sitz des Unternehmens als Arbeitsort.

Für Arbeitnehmer öffentlicher Transportunternehmen eines der vertragschliessenden Länder, die, sei es vorübergehend, sei es auf Verbindungsstrecken oder in Grenzbahnhöfen, dauernd im andern Land beschäftigt werden, gilt der Sitz des Unternehmens als Arbeitsort.

Für das Fahrdienstpersonal anderer als der im vorstehenden Absatz erwähnten Transportunternehmen, deren Tätigkeit sich auf das Gebiet beider vertragschliessender Länder erstreckt, gilt der Sitz des Unternehmens als Arbeitsort. , Paragraph 3 Die von einem vertragschliessenden Land in das andere entsandten Arbeitnehmer öffentlicher Verwaltungsdienste (Zoll, Post, Passkontrolle usw.) unterstehen den geltenden Bestimmungen des Landes, das sie entsandt hat.

Art. 4 Die gesetzlichen Bestimmungen eines jeden der vertragschliessenden Länder werden für Beamte und Angestellte schweizerischer oder französischer diplomatischer oder konsularischer Vertretungen, einschliesslich der in ihren persönlichen Diensten stehenden Personen, ohne Eücksicht auf deren Staatsangehörigkeit nicht aufgehoben.

Jedoch : 1. unterstehen Berufsdiplomaten und -konsularbeamte, einschliesslich des höheren Verwaltungspersonals des Kanzleidienstes, nicht der Gesetzgebung des Landes, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben; 2. können Arbeitnehmer, welche die Staatsangehörigkeit des durch den diplomatischen oder Konsular-Aussenposten vertretenen Landes besitzen und die sich im Lande ihrer Beschäftigung nicht endgültig niedergelassen haben, wählen, ob sie der Gesetzgebung des Landes ihres Arbeitsortes oder ihres Heimatstaates unterstellt werden wollen.

Art. 5 Vorbehaltlich der nachstehend umschriebenen Einschränkungen geniessen französische Staatsangehörige, gleichgültig in welchem Lande sie wohnen, unter denselben Voraussetzungen wie die Schweizerb ùrger die Vorteile sämtlicher

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Bestimmungen der in Artikel 2, Paragraph l, Ziffer l, dieses Abkommens erwähnten eidgenössischen Gesetzgebimg: a. Artikel 40 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung betreffend die Kürzung der Eenten, findet auf französische Staatsangehörige keine Anwendung.

b. Französische Staatsangehörige haben Anspruch auf die ordentlichen Altersrenten gemäss Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, wenn sie, bei Eintritt des Versicherungsfalles insgesamt während mindestens 5 vollen Jahren Beiträge an die schweizerische Versicherung bezahlt oder insgesamt während 10 Jahren in der Schweiz gewohnt und in dieser Zeit insgesamt während mindestens eines vollen Jahres Beiträge an die schweizerische Versicherung bezahlt haben.

Bei Anwendung des vorstehenden Absatzes auf die Grenzgänger wird jedes Jahr, in dessen Verlauf ein Grenzgänger französischer Staatszugehörigkeit während mindestens 8 Monaten in der Schweiz gearbeitet hat, einem vollen Aufenthaltsjahr gleichgestellt.

c. Stirbt ein französischer Staatsangehöriger, der die Bedingungen von lit. b hiervor erfüllt, so haben seine Hinterlassenen Anrecht auf die ordentlichen Eenten gemäss dem schweizerischen Bundesgesetz.

d. Französische Staatsangehörige und deren Hinterlassene, denen bei Eintritt des Versicherungsfalles kein Anspruch auf eine Eente der schweizerischen Versicherung zusteht, haben Anspruch auf Eückerstattung der vom Versicherten selbst und von dessen Arbeitgeber bezahlten Beiträge.

Französische Staatsangehörige, denen die Beiträge zurückerstattet wurden, können gegenüber der schweizerischen Versicherung keinerlei Eechte mehr geltend machen.

Art. 6 Schweizerbürger und deren Hinterlassene haben unter den gleichen Voraussetzungen wie die französischen Staatsbürger Anspruch auf die in der französischen Gesetzgebung vorgesehenen Eenten und Pensionen, gleichgültig in welchem Lande sie wohnen. Unter den gleichen Voraussetzungen kommen ihnen die Zuschläge zu den Eenteu und Pensionen zu. Ebenfalls haben sie, unter den gleichen Voraussetzungen wie die französischen Staatsangehörigen, Anspruch auf Eückerstattung der für die Altersversicherung bezahlten Beiträge.

Art. 7 Die schweizerische und französische Eegierung sichern sich bei der Anwendung der schweizerischen und französischen freiwilligen Versicherungen auf die auf ihrem Gebiet lebenden Angehörigen des andern Staates gegenseitige Hilfe zu.

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Art. 8 Paragraph l Die von den Gesetzgebungen der beiden vertragschliessenden Länder vorgesehenen Befreiungen von Register-, Gerichts-, Stempel- und Konsulargebühren für die den Verwaltungen oder Organisationen der Sozialversicherungen beizubringenden Unterlagen gelten auch für alle gemäss diesem Abkommen den Sozialversicherungsverwaltungen oder -Organisationen des einen oder andern Landes beizubringenden Unterlagen.

Paragraph 2 Sämtliche gemäss diesem Abkommen beizubringenden Urkunden, Doku, mente und übrigen Unterlagen sind vom Legalisationsvermerk der diplomatischen oder Konsularbehörden befreit.

Art. 9 Rechtsmittel, die binnen einer bestimmten Frist bei einer zur Entgegennahme von Eechtsmitteln in der Sozialversicherung zuständigen Stelle einzulegen sind, gelten als fristgerecht eingelegt, wenn sie innerhalb dieser Frist bei einer entsprechenden Stelle des anderen Staates eingebracht wurden. Diese Stelle hat die Rechtsmittelschrift unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten.

Art. 10 Paragraph l Die obersten Verwaltungsbehörden der beiden vertragschliessenden Staaten treffen direkt die einzelnen Massnahmen zur Durchführung des vorliegenden Abkommens, soweit diese Massnahmen ein gegenseitiges Einverständnis bedingen.

Sie geben sich zu gegebener Zeit von den eingetretenen Abänderungen ihrer in Artikel 2 genannten Gesetze und Verordnungen Kenntnis.

Paragraph 2 Die zuständigen Behörden oder Dienststellen beider vertragschliessender Parteien geben sich von den andern Massnahmen, die sie zwecks Anwendung dieses Abkommens im Innern des eigenen Staatsgebietes treffen, Kenntnis.

Art. 11 Die obersten Verwaltungsbehörden im Sinne des vorliegenden Abkommens sind: f ü r die Schweiz : das Bundesamt für Sozialversicherung in Bern; f ü r Frankreich: der Minister, in dessen Zuständigkeitsbereich die in Artikel 2 aufgeführten Gesetzgebungen fallen.

104 Art. 12 Die Organisationen, denen auf Grund des vorliegenden Abkommens die Ausrichtung von Versicherungsleistungen oder die Eückzahlung von Beiträgen obliegt, werden durch Zahlung in ihrer Landeswährung von ihrer Verpflichtung befreit.

Überweisungen, die in Ausführung des vorliegenden Abkommens vorzunehmen sind, erfolgen gemäss den im Zeitpunkt der Überweisung zwischen den beiden Ländern geltenden Zahlungsabkommen.

Art. 13 Die Bestimmungen der in Artikel 2 genannten Gesetzgebungen bezüglich der Ernennung von Verwaltungsrats- oder Direktionsausschussmitgliedern der Sozialversicherungsorganisationen werden durch dieses Abkommen nicht berührt.

Art. 14 Allfällige Formvorschriften der Gesetzgebungen der vertragschliessenden Länder bezüglich der Zahlungen oder Leistungen ihrer Sozialversicherungen nach dem Ausland gelten, unter den gleichen Voraussetzungen wie für die eigenen Staatsangehörigen, für alle Personen, denen auf Grund des vorliegenden Abkommens diese Leistungen zugute kommen.

Art. 15 Paragraph l Schwierigkeiten bei der Anwendung des vorliegenden Abkommens werden durch die obersten Verwaltungsbehörden der beiden vertragschliessenden Länder im gegenseitigen Einvernehmen gelöst.

Paragraph 2 Kann auf diesem Wege keine Lösung gefunden werden, so hat ein Schiedsgericht im Sinn und Geist dieses Abkommens zu entscheiden. Die beiden Regierungen regem gemeinsam das Schiedsverfahren.

Art. 16 Paragraph l Das vorliegende Abkommen bedarf der Eatifikation. Die Ratifikationsurkunden werden sobald als möglich in Bern ausgetauscht.

Paragraph 2 Das vorliegende Abkommen tritt rückwirkend auf den 1. Januar 1948 in Kraft.

Leistungen, die auf Grund der in einem der vertragschliessenden Länder geltenden Bestimmungen bisher nicht zugesprochen oder ausbezahlt werden konnten, werden jedoch erst mit Wirkung ab 1. Juli 1949 ausgerichtet.

105

Art. 17 Paragraph l Das vorliegende Abkommen wird für die Dauer eines Jahres abgeschlossen.

Hierauf wird es stillschweigend von Jahr zu Jahr erneuert, sofern es nicht vom einen oder andern Staate spätestens 3 Monate vor Ablauf einer Jahresfrist gekündigt wird.

Paragraph 2 Wird das vorliegende Abkommen gekündigt, so bleiben dessen Bestimmungen auf die bereits erworbenen Ansprüche weiterhin anwendbar, ungeachtet der einschränkenden Bestimmungen, die die Sozialversicherungsgesetzgebungen der beiden Länder für den Fall, dass sich der Versicherte im Ausland aufhält, vorsehen.

Paragraph 3 Auf die bis zum Ausserkrafttreten dieses Abkommens erworbenen Anwartschaften bleiben dessen Bestimmungen auch nach seinem Ausserkrafttreten gemäss den Bedingungen einer zusätzlichen Vereinbarung anwendbar.

Zu Urktmde dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Staaten das vorliegende Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

So geschehen, in doppelter Ausfertigung, in Paris, am 9. Juli 1949.

Für die Schweiz: (gez.) Carl J. Burckhardt (gez.) Arnold Saxer

Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. I.

Fiir Frankreich: (gez.) Philippe Périer (gez.) Pierre Larogue

106 Übersetzung

Generalprotokoll zum

Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich über die Alters- und Hiuterlassenenversicherung

Die hohen vertragschliessenden Parteien, von der Sorge getragen, den schweizerischen und französischen Staatsangehörigen die Vorteile der Sozialversicherungsgesetzgebungen beider Länder weitestgehend zu gewährleisten, sind übereingekommen, die nachstehenden Erklärungen zu unterzeichnen: 1. Es wird festgestellt: a. dass, unter Vorbehalt des in Paragraph 3 geordneten Gegenstandes, die französische Gesetzgebung keine Bestimmung enthält, wonach die schweizerischen und französischen Staatsangehörigen hinsichtlich der Eechte und Pflichten aus den Sozialversicherungsgesetzgebungen über die Kranken-, Mutterschafts-, Invaliden- und Altersversicherung, über die Familienzulagen und über die Arbeitsunfallversicherung irgendwie unterschiedlich behandelt würden; fc. dass, unter Vorbehalt der in den Paragraphen 2 und 3 geordneten Gegenstände, die schweizerische Gesetzgebung keine Bestimmung enthält, wonach die schweizerischen und französischen Staatsangehörigen hinsichtlich der Eechte und Pflichten aus den Gesetzgebungen über die Kranken- und Unfallversicherung, über die Tuberkuloseversicherung und über die Beihilfen an landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Bergbauern irgendwie unterschiedlich behandelt würden.

Die schweizerische und französische Eegierung erklären sich einverstanden, diese Gleichbehandlung in der Gesamtheit der sozialen Gesetzgebung nach Möglichkeit beizubehalten.

2. Nach Feststellung, dass die französische Gesetzgebung auf dem Gebiete der Nichtbetriebsunfallversicherung, gesamthaft betrachtet, der entsprechenden schweizerischen Gesetzgebung gleichwertig ist, wird die einschränkende Bestimmung von Artikel 90 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung fallen gelassen.

3. Nach Feststellung, dass die französische Gesetzgebung über die Wiedergutmachung von Arbeitsschäden, gesamthaft betrachtet, der entsprechenden schweizerischen Gesetzgebung gleichwertig ist, sind die in diesen Gesetz-

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gebungen enthaltenen Bestimmungen, welche die Hechte der Ausländer einschränken oder die Ausländer wegen ihres Aufenthaltsortes benachteiligen, auf schweizerische und französische Staatsangehörige nicht anwendbar.

4. Die französische Eegierung bedauert, dass das abgeschlossene Abkommen zufolge des derzeitigen Standes der schweizerischen Gesetzgebung nicht durch Bestimmungen ergänzt werden konnte, wonach für die Entstehung des Bentenanspruchs und für die Auszahlung der Pensionen und Eenten Perioden, während denen die schweizerischen und französischen Staatsangehörigen der Sozialversicherung des einen oder des andern der beiden Länder angehört haben, zusammengezählt werden.

Die schweizerische Eegierung hat sich jedoch bereit erklärt, in einem spätem Zeitpunkt prüfen zu wollen, ob eine Ergänzung des Abkommens in dieser Beziehung möglich sei.

5. Um Schweizerbürgern den Vorteil der Bestimmungen von Artikel 127Ws der abgeänderten Verordnung vom 19. Oktober 1945 über die Nachzahlung von Beiträgen durch die höheren Angestellten (cadres) leichter zugänglich zu machen, wird die französische Eegierung die vor dem 1. April 1886 geborenen Beteiligten ermächtigen, ihre Nachzahlungsgesuche innert 6 Monaten ab Veröffentlichung des heutigen Abkommens einzureichen. Die entsprechenden Pensionen- oder Eentenrückstände werden jedoch erst mit Wirkung ab 1. Juli 1949 ausbezahlt.

6. Die französische Eegierung erklärt sich bereit, mit der schweizerischen Eegierung Abkommen zu treffen, wonach die Vorteile der heutigen Vereinbarung auch auf Altersversicherungen ausgedehnt werden, die möglicherweise in den Gebieten der französischen Union eingeführt werden. Das diesen Gebieten eigene Statut bleibt vorbehalten.

7. Die Bestimmungen des heutigen Abkommens finden einstweilen keine Anwendung auf das Eheinschiffahrtspersonal.

Das vorliegende Protokoll gilt unter denselben Voraussetzungen und für dieselbe Dauer wie das heutige Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich über die Alters- und Hinterlassenenversicherung.

So geschehen, in doppelter Ausfertigung, in Paris am 9. Juli 1949.

Für die Schweiz:

Für Frankreich:

(gez.) Carl J. Burckhardt (gez.) Arnold Saxer

(gez.) Philippe Périer (gez.) Pierre Laroque

108 Übersetzung

Protokoll betreffend

die Übergangsrenten der schweizerischen Bundesgesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie die Beihilfen an alte Arbeitnehmer (allocation aux vieux travailleurs salariés) und die Übergangsbeihilfen an Alte (allocation temporaire aux vieux) gemäss der französischen Gesetzgebung

Die hohen vertragschliessenden Parteien haben, von der Sorge getragen, den Alten beider Länder, die die Bedingungen für die Erlangung eines Anspruchs auf eine ordentliche Pension oder Eente nicht erfüllen, die Wohltat der Beihilfen bzw. der Übergangsrenten zu gewährleisten, und mit Bucksicht auf die Gleichwertigkeit der beiden diesbezüglichen Gesetzgebungen, vereinbart.

Paragraph l a. Die Beihilfen an alte Arbeitnehmer werden, unter den gleichen Voraussetzungen wie den französischen Arbeitnehmern, alten schweizerischen Arbeitnehmern ohne ausreichende Mittel gewährt, sofern sie sich im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf die Beihilfen während insgesamt mindestens 15 Jahren -- worunter auch das letzte dem Gesuch vorangehende Jahr -- in Frankreich aufgehalten haben.

b. Die Übergangsbeihilfen an Alte werden, unter den gleichen Voraussetzungen wie den alten franzosischen Staatsangehörigen, alten Schweizerburgern ohne ausreichende Mittel gewahrt, sofern sie sich im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf die Beihilfen während mindestens 15 Jahren -- worunter auch das letzte dem Gesuch vorangehende Jahr -- in Frankreich aufgehalten haben.

c. Die Schweizerbürgern gemäss lit. a und b gewährten Beihilfen an alte Arbeitnehmer und Übergangsbeihilfen an Alte werden ihnen nicht mehr ausgerichtet, sobald sie das französische Staatsgebiet verlassen.

Paragraph 2 Die Übergangsrenten des schweizerischen Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung werden, unter den gleichen Voraussetzungen wie den Schweizerbürgern, französischen Staatsangehörigen gewährt, sofern

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sie sich im Zeitpunkt des Entstehens des Kentenanspruchs während mindestens 15 Jahren -- worunter auch das letzte dem Gesuch vorangehende Jahr --- in der Schweiz aufgehalten haben.

Die Übergangsrenten werden den Berechtigten französischer Staatsangehörigkeit, die das Gebiet der Eidgenossenschaft verlassen, nicht mehr ausgerichtet.

Paragraph 3 Die Bestimmungen des vorliegenden Protokolls treten mit Wirkung ab 1. Juli 1949 in Kraft.

Die Beihilfen an alte Arbeitnehmer und die Übergangsbeihilfen an Alte gemäss französischer Gesetzgebung werden von diesem Zeitpunkt an ausgerichtet, sofern die entsprechenden Gesuche innert 3 Monaten nach Veröffentlichung des durch dieses Protokoll ergänzten Abkommens in Prankreich eingereicht werden.

So geschehen, in doppelter Ausfertigung, in Paris am 9. Juli 1949.

Für die Schweiz: (gez.) Carl J. Burckhardt (gez.) Arnold Saxer

Für Frankreich: (gez.) Philippe Périer (gez-) Pierre Laro que

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung eines zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Abkommens über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Vom 10. Januar 1950)

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1950

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02

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5696

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.01.1950

Date Data Seite

89-109

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